TE Vwgh Erkenntnis 2003/6/26 2003/18/0141

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Veröffentlicht am 26.06.2003
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des D, (geboren 1972), in Linz, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum LL.M., MAS (European Law), Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 10. April 2003, Zl. St 231/02, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 10. April 2003 wurde der Beschwerdeführer, (nach seinen Angaben) ein nigerianischer Staatsangehöriger, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aus Österreich ausgewiesen.

Die Erstbehörde habe folgenden Sachverhalt festgestellt:

"Wie Sie angeben, reisten Sie am 30.05.2001 illegal, unter Umgehung der Grenzkontrolle, auf der Ladefläche eines LKW versteckt, nach Österreich ein.

Ihr Asylverfahren wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates gemäß §§ 7 und 8 AsylG negativ entschieden. Die Behandlung einer gegen diesen Bescheid eingebrachten Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wurde abgelehnt. Ihr Asylverfahren ist demnach seit 13.05.2002 rechtskräftig negativ entschieden.

Sie sind nicht im Besitz eines Reisepasses oder einer fremdenrechtlichen Bewilligung, die Sie zum Aufenthalt in Österreich berechtigen würde. Sie halten sich demnach nicht rechtmäßig in Österreich auf.

Mit Schreiben vom 24.05.2002 wurde Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass die Behörde beabsichtigt Sie aus Österreich auszuweisen. Gleichzeitig wurde Ihnen Gelegenheit gegeben, Ihre Privat- und Familienverhältnisse bekanntzugeben, in den Akt Einsicht zu nehmen und zum vorliegenden Sachverhalt Stellung zu nehmen.

In Ihrer Stellungnahme vom 10.6.2002 gaben Sie zu Ihren Privat- und Familienverhältnissen an, dass Sie bei der Firma Botendienst ... beschäftigt sind und dass Sie mit dem Einkommen aus dieser Berufstätigkeit Ihren Lebensunterhalt zur Gänze alleine bestreiten können und somit keine finanzielle Belastung für eine Gebietskörperschaft darstellen."

In seiner Berufung vom 6. November 2002 habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass die Ausweisung im Sinn des § 37 Abs. 1 und 2 FrG nicht zulässig wäre. Er wäre in Österreich weder verwaltungsstrafrechtlich noch gerichtlich straffällig geworden und würde auch "zwei legalen Beschäftigungen" nachgehen. Darüber hinaus würde der Beschwerdeführer seinen gesamten Lebensunterhalt selbst verdienen und der Republik Österreich nicht zur Last fallen. Schließlich wäre er bemüht, (im Jänner 2003) "eine humanitäre Aufenthaltserlaubnis" erteilt zu bekommen.

Der Beschwerdeführer halte sich seit dem rechtskräftigen Abschluss seines Asylverfahrens, also seit dem 13. Mai 2002, insofern rechtswidrig im Bundesgebiet auf, als ihm seit diesem Zeitpunkt weder ein Einreisetitel noch ein Aufenthaltstitel erteilt worden sei. Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltsrecht entsprechend einer anderen gesetzlichen Bestimmung zukomme, fänden sich im Verwaltungsakt keine und seien vom Beschwerdeführer auch nicht geltend gemacht worden. Der Hinweis des Beschwerdeführers darauf, er würde sich bemühen, eine "humanitäre Aufenthaltserlaubnis" erteilt zu bekommen, reiche nicht aus, um seinen Aufenthalt zu legalisieren. Bei der Möglichkeit der Erteilung einer solchen Aufenthaltserlaubnis handle es sich nicht "um ein Auffangnetz für abgewiesene Asylwerber". Im Fall des Beschwerdeführers seien "keine humanitären Umstände" ersichtlich, weshalb auch nicht näher auf die Möglichkeit der Erteilung dieser Aufenthaltserlaubnis eingegangen zu werden brauche.

Durch den Umstand, dass der Beschwerdeführer einer legalen Beschäftigung nachgehe, werde sicherlich durch die Ausweisung "zumindest" in das Privatleben des Beschwerdeführers eingegriffen. Diesen Umstand habe der Beschwerdeführer jedoch während der Phase seines Asylverfahrens geschaffen und habe daher nicht damit rechnen dürfen, bei negativem Ausgang seines Asylverfahrens allein auf Grund des Umstands seiner "kurzfristigen Erwerbstätigkeit in Österreich" im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen. Der Beschwerdeführer halte sich seit mehreren Monaten illegal in Österreich auf. Die Übertretung fremdenpolizeilicher Vorschriften stelle einen gravierenden Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung dar. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Beachtung durch die Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Die öffentliche Ordnung werde schwerwiegend beeinträchtigt, wenn einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, sich unerlaubt nach Österreich begeben würden, um damit die österreichischen Behörden "vor vollendete Tatsachen" zu stellen. Ebenso, wenn Fremde nach Auslaufen einer "vor Aufenthaltsbewilligung (Einreise- und Aufenthaltstitel)" bzw. nach Abschluss eines Asylverfahrens das Bundesgebiet nicht rechtzeitig verlassen würden. Die Ausweisung sei in solchen Fällen erforderlich, um jenen Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte. Vor diesem Hintergrund habe auch "von der Ermessensbestimmung des § 33 Abs. 1 FrG Gebrauch" gemacht werden müssen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, dass der Beschwerdeführer nach Abweisung seines Asylantrages mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates seit dem 13. Mai 2002 über keinen Einreise- oder Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfüge. Von daher begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und somit der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG verwirklicht sei, keinem Einwand.

2.1. Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid im Grund des § 37 FrG. Der Beschwerdeführer habe sich seit seinem Aufenthalt in Österreich weder verwaltungsstrafrechtlich noch gerichtlich straffällig gemacht und sei durch den Aufbau eines großen Freundes- und Bekanntenkreises in die Gesellschaft sehr gut integriert. Er sei bei einem näher genannten Botendienst-Unternehmen beschäftigt und könne aus diesem Einkommen seinen Lebensunterhalt zur Gänze allein bestreiten, er stelle somit keine finanzielle Belastung für eine Gebietskörperschaft dar. Aus diesem Grund habe der Beschwerdeführer in Österreich ein "gefestigtes Privat- und Familienleben". Unter Berücksichtigung der Lebensumstände des Beschwerdeführers hätte die belangte Behörde zum Ergebnis gelangen müssen, dass eine Ausweisung zur Erhaltung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten Ziele nicht dringend geboten sei. Ferner hätte die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung die näheren Umstände des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich angemessen berücksichtigen und sich mit den diesbezüglichen Umständen näher auseinandersetzen müssen; hätte sie dies getan, wäre sie zu einem inhaltlich anders lautenden Ergebnis gelangt, weshalb sie den angefochtenen Bescheid auch mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet habe.

2.2. Die belangte Behörde hat unter Zugrundelegung der - unbestrittenen - Feststellungen zur Dauer des Aufenthalts und zu den privaten Interessen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in sein Privatleben angenommen. Wenn der Beschwerdeführer (erkennbar) behauptet, dass ihm auch familiäre Interessen an einem Verbleib in Österreich zukämen, vermag er die Feststellungen im angefochtenen Bescheid, die lediglich vom Vorliegen privater Interessen des Beschwerdeführers ausgehen, nicht zu erschüttern, hat er es doch unterlassen, diesen Feststellungen konkret - unter näherer Angabe seiner familiären Bindungen in Österreich - entgegenzutreten. Die Auffassung der belangten Behörde, dass den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich keine solche Bedeutung zukomme, dass seine Ausweisung nicht dringend geboten wäre, ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Der Beschwerdeführer hat durch seinen unberechtigten Aufenthalt seit Beendigung seines Asylverfahrens in der Dauer von etwa elf Monaten (bei einer Aufenthaltsdauer von insgesamt etwa 23 Monaten) das hier maßgebliche öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch den Normadressaten, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 31. Oktober 2002, Zl. 2002/18/0213, mwH), gravierend beeinträchtigt. Die auf Grund seines Aufenthalts während des durch den negativen Asylbescheid abgeschlossenen Asylverfahrens bestehenden persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet werden dadurch maßgeblich relativiert, dass dieser Aufenthalt - selbst wenn ihm für die Zeit des Asylverfahrens eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zugekommen sein sollte - lediglich auf einem Asylantrag beruht, der sich letztlich als unbegründet erwiesen hat. Dass der Beschwerdeführer aus seinem Einkommen auf Grund seiner Beschäftigung bei dem genannten Unternehmen (wie er angibt) seinen Lebensunterhalt zur Gänze bestreiten könne, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern.

Schließlich gelingt es der Beschwerde nicht, mit der Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe die näheren Umstände des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich nicht angemessen berücksichtigt, einen wesentlichen Verfahrensmangel (§ 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG) aufzuzeigen, hat sie es doch unterlassen, andere als die von der belangten Behörde bei ihrer Beurteilung gemäß § 37 Abs. 1 FrG ohnehin berücksichtigten Umstände darzutun.

3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 26. Juni 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003180141.X00

Im RIS seit

23.07.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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