TE Vwgh Erkenntnis 2003/6/30 2000/02/0234

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Veröffentlicht am 30.06.2003
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Index

L00306 Bezüge Bürgermeisterentschädigung Steiermark;
L10016 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Steiermark;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12 Abs3;
AlVG 1977 §12;
ASVG §253a Abs2;
ASVG §253b idF 1997/I/139;
ASVG §572 Abs8;
ASVG §91 idF 1997/I/139;
GdBezügeG Stmk 1997 §10 Abs1;
GdBezügeG Stmk 1997 §18 Abs1;
GdBezügeG Stmk 1997 §4;
GdO Stmk 1967 §14 Abs1;
GdO Stmk 1967 §18 Abs1;
GdO Stmk 1967 §44 Abs3;
GdO Stmk 1967 §85 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde des Ing. WA in K, vertreten durch Dr. Nicoletta Wabitsch, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Klosterwiesgasse 7, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 20. Juli 2000, Zl. LGS600/ALV/1218/2000-Mag.Ed/Kö, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 19. Juni 2000 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 1. Juni 2000 auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gemäß § 7 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit § 12 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977, "mangels Arbeitslosigkeit" abgelehnt.

In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass der Beschwerdeführer Stadtrat bei der Gemeinde sei und ein Einkommen erziele, das über der Geringfügigkeitsgrenze liege.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. Juli 2000 wurde der Berufung von der belangten Behörde nicht stattgegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Begründet wird dieser Bescheid im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer Stadtrat in einer steiermärkischen Gemeinde sei und als solcher ein monatliches Einkommen von S 17.114,-- erziele. Als Stadtrat und Obmann des Fachausschusses für Bauangelegenheiten übe der Beschwerdeführer eine Beschäftigung im Sinne des Arbeitslosenversicherungsgesetzes aus, die den für die Beurteilung der Arbeitslosigkeit anzuwendenden Prüfungskriterien unterliege. Demnach liege Arbeitslosigkeit trotz Ausübung einer Beschäftigung nur dann vor, wenn aus dieser Beschäftigung ein Einkommen erzielt werde, das die Geringfügigkeitsgrenze von S 3.977,-- nicht überschreite. Der Beschwerdeführer gelte daher im Sinne des Arbeitslosenversicherungsgesetzes nicht als arbeitslos.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 12 Abs. 1 AlVG ist arbeitslos, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat.

Nach § 12 Abs. 3 AlVG gilt als arbeitslos im Sinne der Abs. 1 und 2 insbesondere nicht:

a)

wer in einem Dienstverhältnis steht;

b)

wer selbstständig erwerbstätig ist;

c)

.....

d)

wer, ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Betrieb des Ehegatten, der Eltern oder Kinder tätig ist....

Nach § 3 Abs. 1 des Steiermärkischen Gemeinde-Bezügegesetzes (Stmk. GBezG) beginnt der Anspruch auf Bezüge mit dem Tag der Angelobung und endet mit dem Tag des Ausscheidens aus der Funktion.

Gemäß § 4 leg. cit. gebührt außer den Bezügen dem Organ der Gemeinde für jedes Kalendervierteljahr eine Sonderzahlung in der Höhe von einem Sechstel der Summe der Bezüge, die ihm nach diesem Landesgesetz für das betreffende Kalendervierteljahr tatsächlich zustehen (13. und 14. Monatsbezug).

In § 6 leg. cit. wird der Bezug des Bürgermeisters (abgestuft nach der Einwohnerzahl der Gemeinde) näher geregelt.

Gemäß § 10 Abs. 1 Stmk. GBezG gebührt den übrigen Gemeindevorstandsmitgliedern ein Bezug in der Höhe von 20 % des Bezuges des Bürgermeisters.

Nach Abs. 2 leg. cit. kann den Obmännern der Ausschüsse, den Ortsvorstehern und solchen Gemeinderatsmitgliedern, die vom Gemeinderat mit besonderen Aufgaben betraut werden, nach Maßgabe ihrer Tätigkeit ein Bezug gewährt werden. Dieser Bezug darf den Bezug, der sich aus Abs. 1 ergibt, nicht überschreiten.

Nach § 18 Abs. 1 leg. cit. gebührt den Mitgliedern der Organe der Gemeinden, mit Ausnahme der Landeshauptstadt Graz, die Vergütung der tatsächlichen, mit der Geschäftsführung verbundenen Barauslagen.

Gemäß § 24 leg. cit. dürfen die Organe der Gemeinden auf Geldleistungen nach diesem Landesgesetz nicht verzichten.

Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, dass unter einer Beschäftigung im Sinne des § 12 AlVG lediglich eine Erwerbstätigkeit zu verstehen sei. Gemeinsames Merkmal der selbständig wie auch der unselbständig Erwerbstätigen sei, dass sie eine nachhaltige Tätigkeit entfalteten, die die Schaffung von Einkünften in Geld- oder Güterform bezweckten. Davon sei bei einem Mitglied des Stadtsenates als Organ der Stadt nicht auszugehen. Der Wirkungskreis der Stadtsenatsmitglieder sei gesetzlich geregelt, ebenso wie weit den Mitgliedern des Stadtsenates für den mit der Ausübung ihres Mandates oder Amtes verbundenen Aufwand eine Entschädigung gebühre. Die Ausübung der Funktion des Stadtrates sei nicht einem der Tatbestände des § 12 Abs. 3 AlVG zu subsumieren. Es sei daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer arbeitslos sei.

Der Begriff des Erwerbseinkommens umfasst nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ohne Weiteres alle Einkünfte, die mit der Ausübung eines öffentlichen Mandates verbunden sind. Erwerbseinkommen im Sinne des § 12 AlVG sind im gegenständlichen Zusammenhang vielmehr nur dann gegeben, wenn die Bezüge eines öffentlichen Mandatars ein Ausmaß erreichen, welches zeigt, dass sie nicht nur den Zweck haben, mit der Ausübung des Mandates in der Regel verbundene Aufwendungen abzugelten, sondern auch z.B. einen angemessenen Beitrag zum Lebensunterhalt der betreffenden Person zu bilden (vgl. die Zusammenfassung und Bekräftigung der bisherigen Rechtsprechung im hg. Erkenntnis vom 9. August 2002, Zl. 2002/08/0048, welches zum Fall eines Gemeindekassiers im Sinne des Stmk. GBezG ergangen ist).

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 13. November 1990, Slg. Nr. 13.308/A, im Zusammenhang mit der Ausübung der Funktion eines Bürgermeisters nach der NÖ. Gemeindeordnung näher ausgeführt hat, kann die Ausübung einer derartigen Funktion weder unter den Tatbestand des § 12 Abs. 3 lit. a, noch unter jenen des § 12 Abs. 3 lit. d AlVG subsumiert werden. Diese Tätigkeit ist aber auch nicht als selbstständige oder sonstige unselbstständige Erwerbstätigkeit zu werten. Dies kann sinngemäß auch auf den Beschwerdefall übertragen werden, zumal die Gemeinde, in der der Beschwerdeführer eine Funktion als Stadtrat ausübt, keine Stadt mit eigenem Statut ist und daher die Bezüge auch nicht über den durch die 44. ASVG-Novelle in § 253a Abs. 2 ASVG eingefügten Satz, welcher anordnete, dass auch die im § 23 Abs. 2 des Bezügegesetzes bezeichneten Bezüge als Erwerbseinkommen auf Grund einer Erwerbstätigkeit gelten, als derartiges Erwerbseinkommen zu werten sind (vgl. dies diesbezüglichen Ausführungen im vorzitierten Erkenntnis vom 13. November 1990). Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer für seine oben genannte Tätigkeit entsprechende Bezüge als Stadtrat während der Dauer jenes Zeitraumes, für den er Arbeitslosengeld beantragte, nach dem Stmk. GBezG erhielt.

Da der Beschwerdeführer seine Funktion vor dem 31. Dezember 2000 angetreten hat, war auf ihn auch nicht § 91 Abs. 1 dritter Satz ASVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 139/1997 zufolge der Übergangsbestimmung des § 572 Abs. 8 ASVG (vgl. die diesbezüglichen Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 2001, Zl. 2001/19/0048) anwendbar.

Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch bereits in dem vorzitierten Erkenntnis vom 13. November 1990 darauf hingewiesen, dass der Aufzählung der Tatbestände des § 12 Abs. 3 AlVG nur veranschaulichende Bedeutung für die Definition der Arbeitslosigkeit durch § 12 Abs. 1 leg. cit. zukommt (arg.: "insbesondere") und unter den Begriff "Beschäftigung" im Sinne des zuletzt genannten Absatzes nicht nur die im § 12 Abs. 3 lit. a, b und d leg. cit. angeführten Tätigkeiten fallen.

Angesichts der regelmäßigen monatlichen Bezüge und vierteljährlichen Sonderzahlungen, der separaten Vergütung von Barauslagen, die mit der Geschäftsführung verbunden sind, und der festgestellten Höhe der vom Beschwerdeführer für seine Tätigkeit als Stadtrat nach § 10 Abs. 1 Stmk. GBezG regelmäßig bezogenen Geldleistungen in der Höhe von monatlich S 17.114,-- sind diese Bezüge als Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit zu werten, weshalb die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht den Anspruch des Beschwerdeführers auf Bezug des Arbeitslosengeldes abgewiesen hat (vgl. in diesem Zusammenhang das zum Fall eines Bürgermeisters nach dem Stmk. GBezG ergangene hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2002, Zl. 99/02/0210). An diesem Ergebnis vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass nach der u.a. im hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2002, Zl. 2002/08/0239, zusammengefassten Rechtsprechung zu Einkünften öffentlicher Mandatare im hier maßgeblichen Zusammenhang auch die Entscheidung des OGH 17. Oktober 1995, 10 ObS 169/95, angeführt wurde, wonach bei Anwendung des § 12 AlVG im Zusammenhang mit dem Sonderunterstützungsgesetz eine Aufwandsentschädigung von S 19.777,-- nicht als die Arbeitslosigkeit ausschließend angesehen worden sei, liegt doch dieser Entscheidung ein Sachverhalt zu Grunde, aus dem hervorgeht, dass der damalige Kläger zwar gemäß § 35 der Steiermärkischen Gemeindeordnung eine Aufwandsentschädigung von S 19.777,-- monatlich erhalten, sich jedoch aus den erstgerichtlichen, vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen ergeben habe, dass dieser Aufwandsentschädigung tatsächliche Aufwendungen des Klägers von monatlich ca. S 15.000,-- zumindest teilweise gegenübergestanden seien. Bei dieser Sachlage (Anm.: frei verfügbarer Anteil an der Aufwandsentschädigung allenfalls nur S 4.777,--) hat der OGH daher nicht angenommen, dass die Aufwandsentschädigung dazu bestimmt war, einen angemessenen Lebensunterhalt des politischen Mandatars sicherzustellen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 30. Juni 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2000020234.X00

Im RIS seit

29.07.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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