TE Vwgh Erkenntnis 2003/9/3 2001/03/0167

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Veröffentlicht am 03.09.2003
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
StVO 1960 §52 lita Z10a;
VStG §25 Abs1;
VStG §25 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des AF in M, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Hanns Forcher-Mayr und Dr. Josef Kantner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Colingasse 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 29. März 2001, Zl. uvs-2000/18/060-5, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe am 17. August 1999 um 14.55 Uhr als Lenker eines nach dem Kennzeichen bestimmten Kraftfahrzeuges auf der Brennerautobahn A 13 bei km 5,760 im Gemeindegebiet Innsbruck, Fahrtrichtung Norden, die durch angebrachte Vorschriftszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 51 km/h überschritten. Damit habe der Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 gesetzt. Über ihn wurde deshalb gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von S 4.000,-- (ohne Festlegung einer Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Begründend wurde im Wesentlichen vorliegendes ausgeführt:

Nach der Anzeige seien die Verkehrszeichen betreffend die erlaubte Höchstgeschwindigkeit zum Zeitpunkt der Messung gut sichtbar angebracht gewesen, ferner sei die Geschwindigkeitsüberschreitung mit einem stationären Radargerät festgestellt und fotografiert worden sei. Diesbezüglich sei der Anzeige ein Lichtbild angeschlossen, auf dem das vom Beschwerdeführer gelenkte Fahrzeug abgebildet sei und als Tatzeit der 17. August 1999 um 14.55.23 Uhr bei einer gemessenen Geschwindigkeit von 151 km/h aufscheine. Am äußerst rechten Bildrand dieses Lichtbildes sei in der Mitte ein weiteres Fahrzeug abgebildet. Im Hinblick darauf und auf den Antrag des Beschwerdeführers, ein Sachverständigengutachten zum Beweis dafür einzuholen, dass die am Radarfoto angezeigte Geschwindigkeit nicht durch das Fahrzeug des Beschwerdeführers ausgelöst worden sei, sei das Landesgendarmeriekommando für Tirol um Stellungnahme ersucht worden, "ob und allenfalls aus welchen technischen Gründen ausgeschlossen werden kann, dass das am rechten Rand des Lichtbildes abgebildete weitere Fahrzeug die Geschwindigkeitsmessung ausgelöst hat".

In der Stellungnahme des Landesgendarmeriekommandos vom 7. Februar 2001 ist dazu Folgendes festgehalten:

"'Zum Fall selbst:

Bei Messungen vom rechten Fahrbahnrand aus ist ausschließlich die linke Fotohälfte relevant. Ein auf der rechten Bildhälfte sichtbares Fahrzeug hat überhaupt keinen Einfluss auf die Messung. Sobald ein weiteres Fahrzeug in die linke Bildhälfte ragt, wird die Aufnahme nicht verwertet, wenn auch die Messung vom Betriebsablauf her gültig wäre.

Der Messbereich der Radarsonde liegt bei 22º, der Fotowinkel bei 12º. Dies deshalb, weil das Foto erst ausgelöst wird, wenn die Messung bzw. Verifizierung (interne Kontrolle der empfangenen Messdaten) abgeschlossen sind.

Auf dem Foto sind oben zwischen Dateneinblendungsfeld und Fotobereich 3 Kerben sichtbar. Diese sind bereits werkmäßig in den Fototeil eingestanzt. Die mittlere Kerbe teilt das Bild in die linke und rechte Hälfte. Die Kerbe, die etwa 1/4 vom linken Bildrand zu sehen ist (auf dem beiliegenden Foto rot markiert), ist für die Identifizierung des gemessenen Fahrzeuges ausschlaggebend. Dasjenige Fahrzeug, das diese Kerbe mit dem Heck anschneidet oder gerade zuvor überfahren hat, ist das gemessene Fahrzeug. Zur näheren Information sind die entsprechenden Seiten der aktuellen Betriebsanleitung in Kopie beigelegt.

Wenn man nun die gefahrene Distanz des gemessenen Fahrzeuges zwischen Foto A (1. Foto) und Foto B (2. Foto, wird 0,5 Sec. nach dem Erstfoto ausgelöst) grob errechnet, kommt man ebenfalls ungefähr auf die gefahrene Geschwindigkeit. Eine Leitlinie ist 6 m, der Abstand zwischen 2 Leitlinien 12 m. Vom Beginn einer Leitlinie bis zum Beginn der nächsten also 18 Meter. Beim zweiten Foto ist es über die nächste Leitlinie bereits hinaus. Dies ergibt eine gefahrene Distanz von ca. 22 m in einer halben Sekunde (1 Leitlinienabstand + nächste Leitlinie = 18 plus etwa 1 Fahrzeuglänge von 4 m entlang der vorigen Leitlinie ergibt gesamt ca. 22 m). Multipliziert man diese 22 m mit 7200 (eine Stunde hat 7200 'Halbsekunden'), so ergibt sich eine Stundenstrecke von 158400 m, als 158,4 km/h. Dies stimmt auch relativ genau mit der gemessenen Geschwindigkeit überein. Ggf. könnte vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen eine fotogrammetrische Auswertung anhand von Foto A und Foto B erfolgen. Diese Auswertung ergibt einen Wert, der vom gemessenen zwar etwas abweicht, aber innerhalb eines vorgegebenen Toleranzbereichs die Richtigkeit der Radarmessung bestätigt. Jedenfalls kann berichtet werden, dass es sich um eine eindeutige und richtige Messung handelt."

Die Angaben in dieser Stellungnahme, die durch die beigelegten Lichtbilder belegt seien, seien in sich schlüssig und für die belangte Behörde in jeder Weise nachvollziehbar. Aufgrund des nachvollziehbaren Umstandes, dass bei Messungen vom rechten Fahrbahnrand aus ausschließlich die linke Fotohälfte relevant sei, und dann, wenn ein weiteres Fahrzeug in die linke Bildhälfte rage, die Aufnahme nicht verwertet werde, sei für die belangte Behörde auszuschließen, dass das auf dem von der Messung stammenden Lichtbild auf dem äußerst rechten Lichtbildrand in der Mitte aufscheinende Fahrzeug allenfalls die Messung ausgelöst haben könnte. Vielmehr sei zweifelsfrei davon auszugehen, dass das vom Beschwerdeführer gelenkte Fahrzeug, das auf der linken Bildseite des Lichtbildes in der Mitte abgebildet sei, die Messung ausgelöst habe. Soweit in der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 12. März 2001 angegeben worden sei, dass auf dem zweiten Bild, welches der wiedergegebenen Stellungnahme angeschlossen sei, ein weiteres Fahrzeug auf der linken Bildhälfte aufscheine, sodass diese Messung ungültig sei, sei darauf zu verweisen, dass lediglich das Erstfoto, nicht aber das Zweitfoto, das eine halbe Sekunde nach dem Erstfoto ausgelöst werde, zur Messung herangezogen werde. Dies ergebe sich aus der Stellungnahme sowie auch aus Punkt 3. der "Bedienungsanleitung Multanova-Radar 6 F mit Jaknau-Kamera". Darin heiße es unter anderem:

"'Die Auswertung der ersten Aufnahme wird wie folgt vorgenommen:

-

Ein Viertel Bildbreite vom linken bzw. rechten Bildrand ist eine Kerbe abgebildet.

-

Man zeichne eine senkrechte Line durch die linke Kerbe für Messungen von der

rechten Straßenseite, bzw. durch die rechte Kerbe für Messungen

von der linken

Straßenseite

- Das Fahrzeug, dessen Heck diese Line anschneidet, oder das diese Linie gerade

überfahren hat, ist das gemessene Fahrzeug.

-

In Zweifelsfällen kann die zweite Aufnahme zu Hilfe genommen werde. Die zweite Aufnahme kann für eine Geschwindigkeitsberechnung mit Hilfe einer Weg-Zeit-Messung gebraucht werden. Die Zeit zwischen den zwei Aufnahmen beträgt 0,5 Sekunden +/- 1 %.'"

Somit sei ausgeschlossen, dass das auf dem zweiten Lichtbild abgebildete Fahrzeug die Geschwindigkeitsmessung ausgelöst habe, vielmehr sei eindeutig unter Berücksichtigung des "Lichtbildes 1" auszuführen, dass das vom Beschwerdeführer gelenkte Fahrzeug die Messung ausgelöst habe.

Da sich die belangte Behörde aufgrund der dargestellten Stellungnahme samt den angeschlossenen Lichtbildern und der Bedienungsanleitung hinsichtlich des verwendeten Radargerätes jene Sachkenntnis habe aneignen können, die für die Beantwortung der Frage notwendig sei, ob das vom Beschwerdeführer gelenkte Fahrzeug die Messung ausgelöst habe oder nicht, sei die Aufnahme eines Sachverständigengutachtens nicht erforderlich, um die Angelegenheit abschließend beurteilen zu können. Hinsichtlich der beantragten Einvernahme des Beschwerdeführers sei auszuführen, dass dieser zur Berufungsverhandlung geladen worden, jedoch trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen sei, sodass er sich dieses Beweismittels "begeben" habe.

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

1.3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Soweit der Beschwerdeführer zur Begründung der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des Bescheides auf die Ausführung in seiner gegen den Erstbescheid gerichteten Berufung verweist, ist ihm zu entgegen, dass Verweisungen auf den Inhalt eines in einem anderen Verfahren eingebrachten Schriftsatzes keine gesetzmäßige Darlegung der Beschwerdegründe im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG darstellen und unbeachtlich sind (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 29. Juni 1995, Zl. 95/18/0883, mwH).

2.2. Die Beschwerde ist zwar damit im Recht, dass nach der hg. Rechtsprechung die Beantwortung der Frage, welches der beiden auf dem bei einer Geschwindigkeitsmessung angefertigten Radarfoto ersichtlichen Fahrzeuge die gemessene Geschwindigkeit eingehalten hat, an sich vom Fachwissen eines Sachverständigen getragen werden muss, und die Behörde diese Frage grundsätzlich nicht selbst beantworten darf (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 27. Mai 1992, Zl. 92/02/0127, vom 13. März 1994, Zl. 93/03/0317, und vom 5. November 1997, Zl. 97/03/0159).

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde aber ihre Beurteilung, dass die in Rede stehende Messung der Geschwindigkeitsüberschreitung von dem vom Beschwerdeführer gelenkten Fahrzeug und nicht von dem auf dem der Anzeige beigeschlossenen (ersten) Radarfoto ersichtlichen zweiten Fahrzeug ausgelöst wurde, nicht bloß auf ihre eigenen Kenntnisse, sondern auf die wiedergegebene Stellungnahme des Landesgendarmeriekommandos für Tirol vom 7. Februar 2001 sowie die vom Landesgendarmeriekommando damit vorgelegte, im angefochtenen Bescheid ebenfalls wiedergegebene (und aus den Verwaltungsstrafakten ersichtliche) Bedienungsanleitung für das technische Gerät, mit dem die Messung durchgeführt und das Lichtbild gemacht wurde, gestützt. Dass diese solcherart vorgenommene Beurteilung unschlüssig und von daher die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Beurteilung der Frage, welches der beiden auf dem der Anzeige beigeschlossenen Radarfoto (dem Erstbild) ersichtlichen Fahrzeuge die gemessene Geschwindigkeit eingehalten hat, erforderlich wäre, wurde vom Beschwerdeführer weder im Verwaltungsstrafverfahren noch in der Beschwerde vorgebracht. Auch der Verwaltungsgerichtshof vermag eine solche Unschlüssigkeit nicht zu erkennen. Mit seinem Einwand, er sei entgegen seinem Antrag nicht im Rechtshilfeweg einvernommen worden, tut der Beschwerdeführer die Relevanz des damit behaupteten Verfahrensmangels nicht dar, zeigt er doch nicht auf, welche - für den Ausgang des Verfahrens wesentlichen - Aussagen er getätigt hätte. Damit sind die von der Beschwerde behaupteten Verfahrensmängel aber nicht gegeben.

2.3. Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

2.4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 3. September 2003

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete StVO Beweismittel Sachverständigenbeweis Technischer Sachverständiger Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Sachverständigenbeweis Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Techniker freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001030167.X00

Im RIS seit

09.10.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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