TE Vwgh Erkenntnis 2003/10/28 2002/11/0139

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Veröffentlicht am 28.10.2003
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §40a Abs7 Z2 litc idF 2002/I/080;
KFG 1967 §40a idF 1997/I/103;
KFG 1967 §40a idF 2002/I/080;
KFG 1967 §40b idF 1997/I/103;
KFG 1967 §40b idF 2002/I/080;
VwRallg;
ZustV 1999 §1 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der Y Versicherung AG in Wien, vertreten durch Onz-Onz-Kraemmer-Hüttler Rechtsanwälte GmbH, 1030 Wien, Ungargasse 59-61, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 28. Juni 2002, Zl. Senat-AB-02-0006, betreffend Widerruf der Ermächtigung zur Errichtung und zum Betrieb von Zulassungsstellen, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 40a Abs. 7 Z. 2 lit. c KFG 1967 die der Beschwerdeführerin erteilte Ermächtigung zur Errichtung und zum Betrieb von Zulassungsstellen im örtlichen Wirkungsbereich der Bezirkshauptmannschaft Mödling widerrufen. Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, dass am 3. Jänner 2000 ein für die H.S. GmbH reserviertes Wunschkennzeichen dieser Gesellschaft zugeteilt worden sei, in den Zulassungsunterlagen sei jedoch nur H.S. vermerkt worden. Am 25. April 2001 (nach der Aktenlage richtig: am 27. April 2001) sei ein Fahrzeug für die P. GmbH zugelassen worden. Diese Zulassung habe sich auf eine vom Amt der Niederösterreichischen Landesregierung am 26. April 2001 gemäß § 34 KFG 1967 vorgenommene Prüfung gestützt. Dabei sei festgestellt worden, dass die größte Länge des Fahrzeuges 13,3 m, das höchstzulässige Gesamtgewicht 33.000 kg und die höchstzulässigen Achslasten hinten 2 x 10.500 kg betrügen. Im Zeitpunkt der Zulassung sei eine Genehmigung gemäß § 39 KFG 1967 nicht vorgelegen. Bei der Abmeldung eines Fahrzeuges mit einem bestimmten Kennzeichen am 6. August 2001 seien beide Kennzeichen als verschrottet eingegeben worden, obwohl eine Verlustanzeige über das zweite Kennzeichen vorgelegt und daher nur ein Kennzeichen abgegeben worden sei. Am 13. August 2001 sei ein bestimmter Lkw ohne Einzelgenehmigung angemeldet worden. Bei der Anmeldung sei ein Gutachten gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967 vorgelegt und eine 18-monatige Frist gemäß § 37 Abs. 4 KFG 1967 eingegeben worden. Die Anmeldung des Fahrzeuges sei auf die D. KEG erfolgt, obwohl ein Firmenbuchauszug für die D. GmbH vorgelegt worden sei. Am 19. Februar 2002 sei ein Motorfahrrad abgemeldet worden, ohne die Kennzeichentafel einzuziehen. Der abmeldende Zulassungsbesitzer sei damals Außendienstmitarbeiter der Beschwerdeführerin gewesen; das Dienstverhältnis sei zwischenzeitig aufgelöst worden. Hinsichtlich der festgestellten Mängel seien jeweils Gespräche mit den für die aufgetretenen Mängel verantwortlichen Mitarbeitern geführt worden. Außerdem sei eine verstärkte generelle Schulung der Mitarbeiter sowie eine intensivierte Nachschulung einzelner Mitarbeiter erfolgt. Eine Mitarbeiterin sei von ihrer Funktion abgezogen worden, weil sie der Belastung nicht gewachsen gewesen sei.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde zum Vorfall vom 3. Jänner 2000 aus, gemäß § 48a Abs. 7 KFG 1967 sei "das Wunschkennzeichen ein höchstpersönliches Recht", das nicht auf andere Personen übertragbar sei. Im vorliegenden Fall sei zwar keine Übertragung erfolgt, jedoch eine fehlerhafte Eingabe (H.S. anstatt H.S. GmbH) getätigt worden.

Hinsichtlich des Vorfalles vom 25. April 2001 (richtig: 27. April 2001) sei zu bemerken, dass gemäß § 39 Abs. 1 erster Satz KFG 1967 Fahrzeuge, die unter der Bedingung genehmigt wurden, dass sie nur auf bestimmten Arten von Straßen verwendet werden, nur für bestimmte Straßenzüge dieser Art (Routen) zugelassen werden dürfen. Auf Grund der Überschreitung der gesetzlichen Werte für das höchstzulässige Gesamtgewicht und die höchstzulässigen Achslasten sowie die Fahrzeuglänge hätte eine Zulassung erst nach Vorliegen einer Genehmigung nach § 39 KFG 1967 vorgenommen werden dürfen.

Zu den Vorfällen vom 6. August 2001 und 19. Februar 2000 (richtig: 2002) sei auf § 40b Abs. 6 Z. 9 KFG 1967 hinzuweisen, wonach die Zulassungsstelle unter anderem die Verpflichtung habe, abgelieferte Kennzeichentafeln zu verschrotten, sodass jeglicher Missbrauch ausgeschlossen sei. Gemäß § 43 Abs. 1 zweiter Satz KFG 1967 seien bei der Abmeldung der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln abzuliefern. Durch die Verschrottungsmeldung für beide Kennzeichen, obwohl hinsichtlich einer der beiden Kennzeichentafeln eine Verlustanzeige vorgelegen sei, seien wahrheitswidrige Angaben gemacht worden. Infolge der Nichtablieferung der Kennzeichentafel am 19. Februar 2000 (richtig: 2002) hätte die beantragte Abmeldung nicht durchgeführt werden dürfen.

Hinsichtlich des Vorfalls vom 13. August 2001 sei auf § 37 Abs. 4 erster Halbsatz KFG 1967 hinzuweisen.

Die wiedergegebenen Sachverhalte beträfen Aufgaben im Sinne des § 40a Abs. 5 KFG 1967, die mit der Ermächtigung der Versicherer, Zulassungsstellen einzurichten und zu betreiben, auf diese übergegangen seien. Gemäß § 40a Abs. 7 Z. 2 lit. c KFG 1967 sei die Ermächtigung zu widerrufen, wenn durch die Zulassungsstelle eine ordnungsgemäße Abwicklung der Zulassung nicht gewährleistet werde, insbesondere die sonstigen übertragenen Aufgaben wiederholt nicht ordnungsgemäß erfüllt werden. Der Auffassung der Beschwerdeführerin, dass der Begriff "wiederholt" nicht schematisch auszulegen sei, sei zu folgen. Es müsse sich vielmehr um derart zahlreiche oder derart schwer wiegende Verstöße handeln, dass die ordnungsgemäße Abwicklung der Zulassung nicht gewährleistet sei. Die Verstöße seien daher zu werten und zu gewichten. Der Vorfall vom 25. April 2001 (richtig:

27. April 2001; Anmeldung eines Kraftfahrzeuges nach § 37 KFG 1967, obwohl § 39 leg. cit. anzuwenden gewesen wäre) sei besonders schwer wiegend, zumal die unbeschränkte Zulassung eines Kraftfahrzeuges, das nur für bestimmte Arten von Straßen zugelassen werden dürfte (eingeschränkte Zulassung), geeignet sei, wesentliche Behinderungen und Gefährdungen im Straßenverkehr zu bewirken. Genau so schwer wiegend seien die Vorfälle vom 6. August 2001 (Eingabe von beiden Kennzeichen als verschrottet, obwohl nur ein Kennzeichen abgegeben worden sei) und vom 19. Februar 2002 (Abmeldung eines Motorfahrrades ohne Einziehung der Kennzeichentafel) wegen der "immanenten" Missbrauchsgefahr zu werten. Die Zuteilung des Wunschkennzeichens an die H.S. GmbH, während in den Unterlagen nur die Einzelperson H.S. vermerkt worden sei (Vorfall vom 3. Jänner 2000) und die Anmeldung eines Fahrzeuges auf eine KEG, obwohl ein Firmenbuchauszug für eine GmbH vorgelegt worden sei (Vorfall vom 13. August 2001), stellten Verstöße dar, die auf eine sorglose und pflichtwidrige Erfüllung der Aufgaben hinwiesen. Diese Vorgangsweisen könnten zu groben Unsicherheiten im Rechtsverkehr führen. Hinsichtlich des Vorfalles vom 13. August 2001 sei festzuhalten, dass die befristete Zulassung nach § 37 Abs. 4 KFG 1967 eine Typenprüfung, eine Einzelprüfung oder eine besondere Überprüfung gemäß § 56 Abs. 1 KFG 1967 erfordern würde. Gemäß § 56 Abs. 1 KFG 1967 könne die Behörde an Stelle des gemäß § 57 Abs. 1 KFG 1967 einzuholenden Gutachtens auch die Beibringung eines Gutachtens gemäß § 57a Abs. 1 leg. cit. anordnen. Da eine solche behördliche Anordnung im konkreten Fall nicht erfolgt sei, sei die auf ein Gutachten gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967 gestützte Zulassung fehlerhaft erfolgt.

Insgesamt ergebe sich, dass wiederholt Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllt worden seien, sodass durch die Zulassungsstelle eine ordnungsgemäße Abwicklung der Zulassung nicht gewährleistet sei. Die aufgetretenen Mängel verletzten "geradezu die wesentlichen Elemente der Zulassung bzw. Abmeldung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr". Insbesondere handle es sich dabei um den Ausschluss von nicht zum Verkehr zugelassenen und somit auch nicht haftpflichtversicherten Kraftfahrzeugen vom Verkehr, weiters um die Nachvollziehbarkeit und somit Rechtssicherheit sowohl für behördliche Zwecke als auch im privatrechtlichen Verkehr. Dem Hinweis der Beschwerdeführerin, dass bezogen auf die Gesamtzahl der abgewickelten Geschäftsfälle nur eine Fehlerquote von 0,055 % vorliege, sei zu erwidern, dass "elementare Elemente" des Zulassungswesens auch in einem geringen Prozentausmaß zur Gesamtzahl der abgewickelten Geschäftsfälle nicht verletzt werden dürften. Für jeden Zulassungsstellenbetreiber sei vorhersehbar, dass eine entsprechend große Zahl von Geschäftsfällen auftreten werde, woraus sich die Verpflichtung zur entsprechenden Vorsorge (organisatorisch, Ausbildung der Mitarbeiter usw.) ergebe. Für die von der Beschwerdeführerin vermisste Nachfristsetzung gebe es keine Rechtsgrundlage. Der Spruch des Erstbescheides sei insofern abzuändern gewesen, als es für die (von der Erstbehörde mit einem Jahr ausgesprochene) Befristung des Widerrufes keine gesetzliche Grundlage gebe. Im Hinblick auf diese Änderung des Spruches stehe es der Beschwerdeführerin jederzeit offen, einen Antrag auf Erteilung der Ermächtigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Zulassungsstelle im örtlichen Wirkungsbereich der Bezirkshauptmannschaft Mödling zu stellen, über den abzusprechen sein werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens haben gemäß § 36 Abs. 8 zweiter Satz VwGG je einen weiteren Schriftsatz eingebracht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des KFG 1967 (in der Fassung der 21. KFG-Novelle BGBl. I Nr. 80/2002) maßgebend:

"Beleihung von Versicherern zum Zwecke der Zulassung

§ 40a. (1) Der Landeshauptmann hat durch Verordnung Behörden zu bestimmen, in deren örtlichem Wirkungsbereich Versicherer, die eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung anbieten (§ 59 Abs. 1), auf Antrag ermächtigt werden, Zulassungsstellen einzurichten und zu betreiben. ...

(2) Durch Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie sind die näheren Bestimmungen festzulegen hinsichtlich

1.

der Leistungsfähigkeit der Zulassungsstellen,

2.

der Anforderungen in räumlicher und personeller Hinsicht, die an Zulassungsstellen zu stellen sind,

              3.              der persönlichen Voraussetzungen, die die verantwortliche Person der Zulassungsstelle erfüllen muss,

              4.              der bestimmten Zeichen, durch die die Zulassungsstellen von außen als solche erkennbar gemacht sein müssen,

              5.              der Systematik, der Formatierung und der Qualität der zu erfassenden und zu übermittelnden Daten (§ 47 Abs. 1,

              6.              des Umfanges des Datenaustausches der Zulassungsstellen mit den Behörden und der zentralen Zulassungsevidenz des Bundesministers für Inneres sowie auf welche Weise und in welchem zeitlichen Rahmen der Datenaustausch zwischen den Zulassungsstellen und den Behörden zu erfolgen hat,

              7.              der bei der Antragstellung vorzulegenden Unterlagen sowie der Form und des Umfanges der Aktenführung durch die Zulassungsstellen und

              8.              der Grundsätze der Kennzeichenverwaltung durch die Zulassungsstellen.

(3) Als Zulassungsstelle kommt nur eine Einrichtung von in Österreich zum Betrieb der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung berechtigten Versicherern, die hierzu durch Bescheid des Landeshauptmannes ermächtigt worden sind, in Betracht, die im Sprengel der Behörde, im Sprengel der unmittelbar angrenzenden Behörde desselben Bundeslandes oder am Sitz der Behörde einen Standort aufweist.

(4) Auf Antrag hat der Landeshauptmann in Österreich zum Betrieb der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung berechtigte Versicherer mit Bescheid zu ermächtigen, Zulassungsstellen einzurichten, wenn

1. auf Grund der namhaft zu machenden verantwortlichen natürlichen Person zu erwarten ist, dass diese die für die Ausübung der Berechtigung erforderliche Zuverlässigkeit besitzen, und

2. die durch Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie und des Landeshauptmannes festgelegten besonderen Voraussetzungen erfüllt werden. ...

(5) Mit der Ermächtigung werden folgende Aufgaben übertragen:

1. die Zulassung (§ 37) und damit verbunden die Zuweisung von Kennzeichen, ausgenommen die im § 48 Abs. 1 Z 1 bis 3 und § 54 Abs. 3 und Abs. 3a lit. a und b angeführten Fahrzeuge (Sachbereichskennzeichen),

2. die Vornahme von Eintragungen gemäß Z 8, 9 und 10 in den Typenschein, Einzelgenehmigungsbescheid und in den Nachweis für die Zulassung (§ 30 Abs. 1 letzter Satz),

...

6.

die Ausstellung des Zulassungsscheines (§ 41 Abs. 1),

7.

die Vornahme von Ergänzungen im Zulassungsschein oder Ausstellung eines neuen Zulassungsscheines (§ 41 Abs. 4, § 49 Abs. 3),

              8.              Bestätigung der Zulassung im Typenschein, Einzelgenehmigungsbescheid und dem Nachweis für die Zulassung (§ 41 Abs. 5),

...

              11.              Abmeldung (§ 43 Abs. 1), ausgenommen die im § 48 Abs. 1 und § 54 Abs. 3 und Abs. 3a lit. a und b angeführten Fahrzeuge (Sachbereichskennzeichen),

              12.              Bestätigung der Abmeldung im Typenschein, Einzelgenehmigungsbescheid oder dem Nachweis für die Zulassung (§ 43 Abs. 2),

...

              19.              Ausgabe von Kennzeichentafeln (§ 49 Abs. 1 und Abs. 3), ausgenommen die im § 48 Abs. 1 und § 54 Abs. 3 und Abs. 3a lit. a und b angeführten Fahrzeuge (Sachbereichskennzeichen),

...

(6) Die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese, für deren Sprengel eine Zulassungsstelle eingerichtet ist, kann jederzeit überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Ermächtigung noch gegeben sind und die übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß besorgt werden. Weiters kann die Vorlage von Unterlagen betreffend die übertragenen Aufgaben verlangt werden. Einem solchen Verlangen hat die Zulassungsstelle unverzüglich nachzukommen. Weiters kann die Behörde Anordnungen zur Behebung von Mängeln treffen. Den Anordnungen der Behörde ist unverzüglich zu entsprechen.

(7) Die Ermächtigung ist zu widerrufen, wenn

1. die Voraussetzungen für die Erteilung nicht mehr gegeben sind, oder

2. durch die Zulassungsstelle eine ordnungsgemäße Abwicklung der Zulassung nicht gewährleistet wird, insbesondere

a) die Zulassung unbegründet nicht unverzüglich vorgenommen worden ist,

b) Anordnungen der Behörde zur Vollziehung des vorliegenden Gesetzes nicht befolgt werden oder

c) die sonstigen übertragenen Aufgaben wiederholt nicht ordnungsgemäß erfüllt werden.

Wird durch ein rechtswidriges Verhalten einer ermächtigten Zulassungsstelle jemandem schuldhaft ein Schaden zugefügt, so finden die Bestimmungen des Amtshaftungs-Gesetzes, BGBl. Nr. 20/1949 idF BGBl. Nr. 91/1993, mit der Maßgabe Anwendung, dass der Rückersatzanspruch des Rechtsträgers gegenüber der ermächtigten Zulassungsstelle auch dann gilt, wenn es sich dabei nicht um eine natürliche Person handelt.

...

Zulassung durch beliehene Versicherer

§ 40b. (1) Nach der Einrichtung von Zulassungsstellen dürfen Anträge gemäß § 40a Abs. 5 nur bei den zuständigen Zulassungsstellen eingebracht werden. Im Rahmen der übertragenen Aufgaben (§ 40a Abs. 5) treten die Zulassungsstellen an die Stelle der Behörde und haben die ihnen übertragenen Aufgaben wahrzunehmen, wobei die Bestimmungen des IV. Abschnittes anzuwenden sind.

...

(6) Die Zulassungsstelle hat die Verpflichtung

1. die übertragenen Aufgaben im Rahmen ihrer Ermächtigung auf Antrag für ihre Versicherungsnehmer sowie für Versicherungsnehmer anderer Versicherer, die keine privaten Zulassungsstellen eingerichtet haben, ordnungsgemäß zu besorgen,

2. die gemäß § 47 Abs. 1 erforderlichen Daten zu erfassen und täglich im Wege der automationsunterstützten Datenverarbeitung der von der Gemeinschaftseinrichtung der zum Betrieb der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung berechtigten Versicherer geführten Zulassungsevidenz sowie über diese Gemeinschaftseinrichtung auch der zentralen Zulassungsevidenz des Bundesministers für Inneres zu übermitteln und für die Nachvollziehbarkeit sämtlicher Schritte der Datenverarbeitung zu sorgen,

..."

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht die von der belangten Behörde festgestellten und ihrer Beurteilung zugrunde gelegten Sachverhalte, sie vertritt jedoch die Auffassung, dass die festgestellten Fehlleistungen den Widerruf der Ermächtigung gemäß § 40a Abs. 7 Z. 2 lit. c KFG 1967 nicht rechtfertigten.

Die Behörde hat die Auffassung vertreten, dass es für die Anwendung dieser Gesetzesstelle nicht ausreiche, wenn in einer Zulassungsstelle insgesamt zwei (oder mehrere) Verstöße gegen die im Zusammenhang mit der Erfüllung der übertragenen Aufgaben zu beachtenden Vorschriften festgestellt werden könnten. Es müsse sich vielmehr um derart zahlreiche oder derart schwer wiegende Verstöße handeln, dass die ordnungsgemäße Abwicklung der Zulassung nicht gewährleistet sei. Die Verstöße seien daher zu werten und zu gewichten. Dieser Auffassung der belangten Behörde ist zuzustimmen. In diesem Zusammenhang ist zudem zu beachten, dass mit den durch die 19. KFG-Novelle eingeführten Bestimmungen der §§ 40a und 40b KFG 1967 ein System der Fahrzeugzulassung durch private Stellen geschaffen wurde. Nach § 40b Abs. 1 treten im Rahmen der übertragenen Aufgaben (§ 40a Abs. 5) die Zulassungsstellen an die Stelle der Behörde und haben die ihnen übertragenen Aufgaben wahrzunehmen. Auf Grund der jederzeitigen Überprüfungsmöglichkeit durch die Bezirksverwaltungsbehörde (Bundespolizeibehörde) gemäß § 40a Abs. 6 leg. cit. und der Verpflichtung der Zulassungsstelle zur täglichen Datenübermittlung gemäß § 40b Abs. 6 leg. cit. unterliegt die Zulassungsstelle der Kontrolle durch die Behörde der staatlichen Verwaltung. Ziel dieser Vorschriften ist es, die Vollziehung der Bestimmungen über die Fahrzeugzulassung im Wesentlichen in gleicher Weise zu gewährleisten, wie sie früher unmittelbar durch die Kraftfahrbehörden gepflogen wurde. In diesem Sinne bestimmt § 1 Abs.1 der Zulassungsstellenverordnung, BGBl. II Nr. 464/1998, dass die Zulassungsstelle alle gemäß § 40a Abs. 5 KFG 1967 übertragenen Aufgaben in gleicher Art und Weise wie eine Behörde auf Dauer erfüllen können müsse. In diesem Zusammenhang muss berücksichtigt werden, dass die Möglichkeit menschlicher Fehlleistungen auch bei den in der staatlichen Verwaltung tätigen Bediensteten nie völlig ausgeschlossen werden kann und dass von einer Zulassungsstelle im Laufe mehrerer Jahre eine sehr große Zahl von Geschäftsfällen zu bearbeiten ist. Im Hinblick darauf, dass die Fahrzeugzulassung durch private Stellen erst durch die 19. KFG-Novelle ermöglicht wurde - der Ermächtigungsbescheid für die gegenständliche Zulassungsstelle stammt nach der Aktenlage vom 4. November 1999 - ist zudem zu beachten, dass den ermächtigten Versicherern kaum Personal mit langjähriger Erfahrung im Zulassungswesen zur Verfügung stand. Auf alle diese Umstände hat die Behörde im Rahmen der gemäß § 40a Abs. 7 Z. 2 KFG 1967 vorzunehmenden Beurteilung, ob im Zeitpunkt ihrer Entscheidung die festgestellten Verstöße gegen die zu beachtenden Vorschriften auf Grund ihrer Art und Schwere, ihrer Zahl und ihrer zeitlichen Lagerung die Annahme rechtfertigen, durch die Zulassungsstelle sei eine ordnungsgemäße Abwicklung der Zulassung nicht (mehr) gewährleistet, Bedacht zu nehmen. Im Rahmen dieser Prognoseentscheidung ist auch zu beachten, wie der beliehene Versicherer auf festgestellte Fehlleistungen reagiert, weil vom Versicherer getroffene Vorkehrungen gegen die Wiederholung festgestellter Fehlleistungen die nach § 40a Abs. 7 Z. 2 KFG 1967 zu treffende Prognose, ob die ordnungsgemäße Abwicklung der Zulassung nicht gewährleistet ist, wesentlich beeinflussen.

Die belangte Behörde macht in ihrer Gegenschrift und in ihrem weiteren Schriftsatz deutlich, dass sie die Auffassung vertritt, im Rahmen der von ihr zu treffenden Entscheidung sei nicht zu prüfen gewesen, wie die Zulassungsstelle der Beschwerdeführerin in Hinkunft die übertragenen Aufgaben erfüllen werde, weshalb die von der Beschwerdeführerin aus Anlass der Verstöße - zur Verhinderung künftiger Verstöße - behaupteten personellen und organisatorischen Maßnahmen im Widerrufsverfahren nicht zu berücksichtigen gewesen seien. Sie hat damit unter Berücksichtigung des zuvor Gesagten die Rechtslage verkannt. Bei der Beurteilung, ob die ordnungsgemäße Abwicklung der Zulassung nicht gewährleistet wird, ist im Rahmen einer Prognose auf die in Hinkunft zu erwartende Abwicklung der übertragenen Aufgaben in der Zulassungsstelle abzustellen. Hat ein Versicherer nach Feststellung einer Fehlleistung zielführende Maßnahmen gegen die Wiederholung derartiger Fehlleistungen getroffen, ist die Annahme, wegen der festgestellten Fehlleistung sei die ordnungsgemäße Abwicklung der Zulassung nicht gewährleistet, verfehlt. Für den Widerruf der Ermächtigung bedarf es in einem solchen Fall zusätzlicher Gründe, warum trotz der getroffenen Vorkehrungen die ordnungsgemäße Abwicklung der Zulassung durch die Zulassungsstelle nicht gewährleistet sei. Derartige Gründe hat die belangte Behörde nicht genannt, sie sind auch aus der Zahl und Schwere der festgestellten Fehlleistungen nicht ableitbar. Der Vorfall vom 3. Jänner 2000 ist im Hinblick darauf, dass das Wunschkennzeichen ohnedies der berechtigten GmbH zugeteilt wurde und nur eine Fehleintragung in den internen Unterlagen unterlaufen ist, als geringfügig anzusehen. Dazu kommt die bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides verstrichene Zeit von fast zweieinhalb Jahren. Der Vorfall vom 27. April 2001 (Zulassung einer selbstfahrenden Arbeitsmaschine, obwohl eine eingeschränkte Zulassung nach § 39 KFG 1967 erforderlich gewesen wäre, die erst nachträglich am 28. November 2001 beantragt wurde) stellt eine schwer wiegende Fehlleistung dar, lag aber im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides mehr als ein Jahr zurück, ohne dass es zu einer Wiederholung eines gleichartigen Fehlers gekommen wäre. Der Vorfall vom 6. August 2001 ist von geringem Gewicht, weil durch die Eingabe beider Kennzeichentafeln als verschrottet, obwohl hinsichtlich einer eine Verlustanzeige vorgelegt worden war, eine Erhöhung der Missbrauchsgefahr nicht herbeigeführt wurde. Dem Vorfall vom 13. August 2001 liegt die verfehlte Rechtsansicht der Beschwerdeführerin zugrunde, dass für die befristete Zulassung nach § 37 Abs. 4 KFG 1967 auch ein Gutachten nach § 57a Abs. 1 KFG 1967 ausreiche. Die Auffassung ist aber nicht als völlig unvertretbar zu bezeichnen, weil im Rahmen einer besonderen Überprüfung nach § 56 Abs. 1 KFG 1967 die Behörde an Stelle des gemäß § 57 Abs. 1 einzuholenden Gutachtens auch die Beibringung eines Gutachtens gemäß § 57a Abs. 1 anordnen kann. Die diesbezügliche Klarstellung ist erst durch die erste Novelle der Zulassungsstellenverordnung BGBl. II Nr. 200/2002 durch die Einfügung des § 7a (im Besonderen § 7a Abs. 2 Z. 8) erfolgt. Diesem Fehlverhalten kommt demnach nicht jenes Gewicht zu, das ihm die belangte Behörde beigemessen hat. Zu einer Wiederholung eines solchen Fehlers ist es zudem bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht gekommen. Die Zulassung erfolgte bei dieser Gelegenheit auf die antragstellende Gesellschaft, sodass nicht erkennbar ist, inwieweit dabei eine Fehlleistung unterlaufen ist. Dass der Firmenbuchauszug einer anderen Gesellschaft vorlag, machte die Zulassung nicht rechtswidrig. Im Übrigen ist auch in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Bestimmungen des § 7a der Zulassungsstellenverordnung über die bei der Antragstellung vorzulegenden Nachweise und Unterlagen erst durch die erste Novelle der Zulassungsstellenverordnung BGBl. II Nr. 200/2002 (ausgegeben am 24. Mai 2002) in die genannte Verordnung eingefügt wurden. Dem Vorfall vom 19. Februar 2002 (Abmeldung eines Motorfahrrades ohne Abgabe der Kennzeichentafel) kommt gleichfalls nicht das von der Behörde ihm beigemessene Gewicht zu, handelte es sich doch dabei nach der Aktenlage um die Täuschung einer Mitarbeiterin der Beschwerdeführerin durch einen Außendienstmitarbeiter der Beschwerdeführerin, dessen Dienstverhältnis mit der Beschwerdeführerin mittlerweile beendet ist. Nach der Aktenlage handelte es sich dabei zudem um die Abmeldung eines gestohlenen Motorfahrrades, sodass die Abgabe der Kennzeichentafel ohnedies nicht möglich gewesen wäre. Das Fahrzeug hätte unter Vorlage einer Bestätigung über die Diebstahlsanzeige abgemeldet werden müssen. Eine konkrete Erhöhung der Missbrauchsgefahr ist durch die Fehlleistung der Beschwerdeführerin nicht eingetreten.

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die festgestellten Fehlleistungen in ihrer Gesamtheit die Annahme, unabhängig von den von der Beschwerdeführerin ergriffenen Maßnahmen und Vorkehrungen sei durch die Zulassungsstelle die ordnungsgemäße Abwicklung der Zulassung nicht gewährleistet, nicht rechtfertigen. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 28. Oktober 2003

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002110139.X00

Im RIS seit

19.11.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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