TE Vwgh Erkenntnis 2003/11/18 2002/03/0167

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Veröffentlicht am 18.11.2003
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
BZPV 1994 §2 idF 2001/II/046;
GelVerkG 1996 §5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Bernegger, Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der AK in I, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 29. April 2002, Zl. IIa-53.017/7- 01, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde der Beschwerdeführerin mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid die Berechtigung zur Ausübung des Taxigewerbes gemäß § 3 Abs. 1 Z. 3 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes 1996 mit zwei Pkw an einem näher bezeichneten Standort gemäß § 5 Abs. 1 Z. 2 Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Z. 2 und Abs. 3 der Berufszugangsverordnung Kraftfahrlinien- und Gelegenheitsverkehr entzogen. In der Begründung ging die belangte Behörde im Wesentlichen davon aus, dass mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 30. April 2001 der Antrag auf Pfändung und Verwertung des Einzelunternehmens (Name der Beschwerdeführerin) und der demselben zu Grunde liegenden Gewerberechte, und zwar des Taxiunternehmens, durch Zwangsverwaltung, in eventu Zwangsverpachtung bewilligt worden sei. Von einer Entziehung der Gewerbeberechtigung wäre nur dann abzusehen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden könne, dass den mit der Ausübung des Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachgekommen werde, was jedenfalls voraussetze, dass die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden seien. Die Beschwerdeführerin habe zwar einige der laufenden Exekutionsverfahren zur Einstellung bringen können, aber den Nachweis über die Einstellung sämtlicher Exekutionsverfahren nicht erbringen können. Einige der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen, wie etwa der handschriftliche Vermerk der Geschäftsabteilung des Landesgerichtes Innsbruck vom 19. Februar 2001, seien für die belangte Behörde nicht nachvollziehbar. Weiters seien auch die mehrfachen, mit der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft abgeschlossenen Ratenvereinbarungen von der Beschwerdeführerin nie eingehalten worden. Neben den Entziehungsbestimmungen der GewO seien im Beschwerdefall die Bestimmungen über die Leistungsfähigkeit des GelverkG heranzuziehen. Die Beschwerdeführerin habe trotz mehrfacher Aufforderung keinen Nachweis des geforderten Eigenkapitals bzw. der unversteuerten Rücklagen vorgelegt und sei damit ihrer Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes nicht nachgekommen. Das Ermittlungsverfahren lasse Rückschlüsse auf die derzeitige wirtschaftliche Lage der Beschwerdeführerin somit nur insofern zu, als auf Grund der vorhandenen Verbindlichkeiten und nicht bezahlten Forderungen ganz offensichtlich keine liquiden Mittel, wie sie von der Berufszugangsverordnung Kraftfahrlinien- und Gelegenheitsverkehr gefordert würden, vorlägen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

§ 1 Abs. 2 Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 (GelverkG), BGBl. Nr. 112/1996, bestimmt:

"(2) Soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen trifft, gilt für die diesem Bundesgesetz unterliegenden Gewerbezweige (Abs. 1) die Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, mit der Maßgabe, dass die Gewerbe nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz als bewilligungspflichtige gebundene Gewerbe gelten."

§ 5 leg. cit. lautet (auszugsweise):

"§ 5. (1) Die Konzession darf nur erteilt werden, wenn neben den allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung eines bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbes

1.

die Zuverlässigkeit,

2.

die finanzielle Leistungsfähigkeit und

3.

die fachliche Eignung (Befähigungsnachweis) vorliegen. Der Bewerber hat überdies entsprechend dem beabsichtigten Konzessionsumfang (§ 4) in der in Aussicht genommenen Standortgemeinde oder einer daran unmittelbar angrenzenden Gemeinde über die erforderlichen Abstellplätze außerhalb von Straßen mit öffentlichem Verkehr zu verfügen. Sämtliche Voraussetzungen müssen während der gesamten Dauer der Gewerbeausübung vorliegen. Werden diese Voraussetzungen vom Gewerbetreibenden nicht mehr erfüllt, so ist die Konzession unbeschadet der §§ 87 bis 91 GewO 1994 von der zur Erteilung der Konzession zuständigen Behörde zu entziehen. ...

(4) Die finanzielle Leistungsfähigkeit ist gegeben, wenn die zur ordnungsgemäßen Inbetriebnahme und Führung des Unternehmens erforderlichen finanziellen Mittel verfügbar sind. Die zur Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit für die ordnungsgemäße Inbetriebnahme und Führung des Unternehmens heranzuziehenden Geschäftsdaten, aus denen die wirtschaftliche Lage des Unternehmens ersichtlich ist, und die erforderlichen finanziellen Mittel sind durch Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr festzulegen."

Die auf den Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen der Berufszugangsverordnung Kraftfahrlinien- und Gelegenheitsverkehr (BZP-VO), BGBl. Nr. 889/1994 (§ 2 in der Fassung BGBl. II Nr. 46/2001), lauten:

"§ 1. (1) Die Bestimmungen über die finanzielle Leistungsfähigkeit und die fachliche Eignung gelten für:

1.

..... und

2. a)

das Taxi-Gewerbe,

              b)              das mit Personenkraftwagen betriebene Mietwagen-Gewerbe sowie

              c)              das mit Omnibussen ausgeübte Gästewagen-Gewerbe (im weiteren kurz Z 2-Gewerbe genannt) ...

§ 2. (1) Bei der Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit hat die zuständige Behörde insbesondere zu berücksichtigen:

1. den letzten Jahresabschluss des Unternehmens, falls ein solcher erstellt wurde;

2. die verfügbaren Mittel einschließlich Bankguthaben, mögliche Überziehungskredite und Darlehen;

3. als Sicherheit für das Unternehmen verfügbare Guthaben und Vermögensgegenstände;

4. die Kosten einschließlich der gesamten Anschaffungskosten und der Anzahlungen für Fahrzeuge, Grundstücke und Gebäude, Anlagen und Ausrüstungen sowie

5. das Betriebskapital.

(2) Das Unternehmen muss jedenfalls über Eigenkapital und unversteuerte Rücklagen verfügen, die sich

1. für den Personenkraftverkehr auf mindestens 18 000 Euro (247 685,40 S) für das erste und auf mindestens 10 000 Euro (137 603 S) für jedes weitere Fahrzeug belaufen, und

2. für die Z 2-Gewerbe auf mindestens 7 500 Euro (103 202,25 S) für jedes Fahrzeug belaufen.

(3) Für die Berechnung nach Abs. 2 sind hinsichtlich des Kraftfahrlinienverkehrs die einzusetzenden bzw. eingesetzten Fahrzeuge und hinsichtlich des Gelegenheitsverkehrs die beantragten bzw. die von der Konzession umfassten Fahrzeuge heranzuziehen."

Die Beschwerdeführerin hält dem angefochtenen Bescheid im Wesentlichen nur entgegen, dass sie einen Teil ihrer Schulden in kurzer Zeit abgedeckt und damit die Einstellung von Exekutionen erreicht habe. Sie habe weiters mit anderen Gläubigern Zahlungsvereinbarungen getroffen, sodass erwartet werden könne, dass sie auf Grund der wirtschaftlichen Lage den mit der Ausübung des Gewerbes verbundenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen werde. Sie nehme keinen Kredit in Anspruch und betreibe das Taxigewerbe seit 1997 problemlos und ohne Inanspruchnahme eines Bankinstitutes, sodass sich die finanzielle Leistungsfähigkeit als gegeben erweise. Es wäre leicht, bei kreditfinanzierten Fahrzeugen eine Bestätigung einer unversteuerten Rücklage von EUR 7.500,-- beizubringen, dies könne "jedoch nicht im Sinne der Gesetzesinterpretation über die finanzielle Leistungsfähigkeit sein".

Dem ist entgegenzuhalten, dass nach § 5 Abs. 1 Z. 3 GelverkG sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung einer Konzession während der gesamten Dauer der Gewerbeausübung vorliegen müssen. Bei der Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit im Sinne des § 2 BZP-VO sind die in Abs. 1 leg. cit. demonstrativ aufgezählten Kriterien zu berücksichtigen, wobei in Abs. 2 darüber

hinaus zwingend ("... muss jedenfalls ... ") angeordnet ist, dass

das Unternehmen jedenfalls über Eigenkapital und unversteuerte Rücklagen verfügen muss, die sich der Höhe nach auf EUR 7.500,-- für jedes Fahrzeug belaufen (Z. 2).

In diesem Zusammenhang ist auf die ständige hg. Rechtsprechung hinzuweisen, wonach dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens eine Verpflichtung der Partei korrespondiert, an der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken, wenn der amtswegigen behördlichen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmale faktische Grenzen gesetzt sind. Dies trifft in Ansehung der Vollziehung des § 5 GelverkG in Verbindung mit § 2 BZP-VO insoferne zu, als die damit im Zusammenhang stehenden Feststellungen notwendigerweise ein entsprechendes Vorbringen und Bescheinigungsanbieten der Partei voraussetzen (vgl. z.B. das zu § 87 Abs. 2 GewO 1994 ergangene hg. Erkenntnis vom 15. September 1999, Zl. 99/04/0092, mwN).

Die Beschwerdeführerin hat das Vorliegen des geforderten Eigenkapitals bzw. der unversteuerten Rücklagen gemäß § 2 Abs. 2 Z. 2 BZP-VO nicht nachgewiesen und behauptet gar nicht, ihrer Mitwirkungspflicht nachgekommen zu sein; vielmehr zieht sie die behördliche Feststellung, sie habe trotz mehrmaliger Aufforderung zu ihren liquiden Mittel nicht Stellung genommen und auch kein Bescheinigungsangebot gemacht, nicht in Zweifel.

Wenn die belangte Behörde daher ausgehend von den - gleichfalls unbestritten gebliebenen - Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens betreffend die gegen die Beschwerdeführerin unberichtigt aushaftenden (exekutiv betriebenen) Forderungen und (nicht eingehaltenen) Zahlungsvereinbarungen mit Gläubigern zum Ergebnis gelangte, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit als Voraussetzung für die Konzessionsausübung (§ 5 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit Abs. 4 GelverkG) nicht mehr gegeben sei, so ist das nicht als rechtswidrig zu beanstanden.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 18. November 2003

Schlagworte

Begründungspflicht Manuduktionspflicht Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002030167.X00

Im RIS seit

12.12.2003

Zuletzt aktualisiert am

19.09.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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