TE Vwgh Erkenntnis 2003/11/27 2002/06/0062

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Veröffentlicht am 27.11.2003
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Index

L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §42 idF 1998/I/158;
AVG §8;
BauO Tir 2001 §2 Abs1;
BauO Tir 2001 §25 Abs3;
BauO Tir 2001 §47;
BauO Tir 2001 §5 Abs4;
BauO Tir 2001 §6 Abs1;
BauO Tir 2001 §6 Abs3 litb;
BauO Tir 2001 §6;
BauRallg;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des K in R, vertreten durch Dr. Josef-M. Danler, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Colingasse 3, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 28. Februar 2002, Zl. Ve1-550-3035/1-1, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. M S, 2. W S, beide in R, vertreten durch Dr. G. Heinz Waldmüller, Dr. Peter Riedmann, Dr. Martin Baldauf, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Fallmerayerstraße 8, und 3. Gemeinde R), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und den erst- und zweitmitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligen Gemeinde vom 20. August 2001 wurde den Erst- und Zweitmitbeteiligten die (mit Eingabe vom 11. Juli 2001 beantragte) Baubewilligung für die Errichtung einer Wohnanlage mit 6 Wohneinheiten und 14 Unterstellplätzen samt Nebenanlagen auf dem Grundstück 4530 KG R unter Vorschreibung von Auflagen erteilt und die gegen das Bauprojekt erhobenen Einwendungen (u. a.) des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer (neben anderen Nachbarn) Berufung.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 17. Dezember 2001 (Tag der Ausfertigung) wurde diese Berufung abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung an die belangte Behörde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 17. Dezember 2001 als unbegründet ab.

Nach Darstellung des Ganges des Verwaltungsverfahrens und der Rechtslage führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, es stehe unbestrittenermaßen fest, dass das verfahrensgegenständliche Grundstück bereits nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 1984 als Bauland gewidmet gewesen sei. Ein allgemeiner und ergänzender Bebauungsplan bestehe nicht. Wenngleich von den Bauwerbern im Bauansuchen irrtümlicher Weise angegeben worden sei, dass ein allgemeiner Bebauungsplan bestehe, liege darin kein Verfahrensmangel, da im gesamten Verfahren richtiger Weise davon ausgegangen worden sei, dass kein Bebauungsplan bestehe. Im Zuge des Berufungsverfahrens sei ein raumordnungsfachliches Gutachten des Dipl. Ing.  O eingeholt worden. Dieser sei in seinem Gutachten vom 29. November 2001 zusammengefasst zum Schluss gekommen, dass sich das Bauvorhaben aufgrund der Baukörperorientierung in das derzeit überwiegend durch freistehende Ein- und Zweifamilienwohnhäuser charakterisierte Siedlungsgebiet einordne, diese zur Zielsetzung des Bodensparens im Gegensatz stehende Bebauungsform jedoch zu einer maßvollen Verdichtung weiterentwickle, sodass von einer zweckmäßigen und bodensparenden Bebauung ausgegangen werden könne. Das Bauvorhaben entspreche hinsichtlich der Geschoßflächendichte - unter Berücksichtigung der geplanten Aufteilung und Situierung der Baumasse und der Bebauungsform den gebietsbezogenen räumlichen Zielsetzungen des Entwurfes zum örtlichen Raumordnungskonzept. Das Bauvorhaben nütze infrastrukturell bereits voll erschlossenes, gewidmetes Bauland, es könne daher die Übereinstimmung mit den Zielen der örtlichen Raumordnung festgestellt werden. Vom Beschwerdeführer sei im wesentlichen die Schlüssigkeit dieser gutachtlichen Ausführungen des Sachverständigen bekämpft worden. Dazu sei festzustellen, dass gemäß § 58 Absatz 2 AVG Bescheide zu begründen seien, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen werde. In der Begründung seien die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen (§ 60 AVG). Nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes werde das Ausmaß der Begründungspflicht durch das von der Rechtsordnung anerkannte Rechtschutzinteresse der Partei bestimmt. Begründungsmängel seien dann wesentlich, wenn sie zur Folge hätten, dass der Beschwerdeführer über die von der Behörde getroffenen Erwägungen nicht ausreichend unterrichtet und die Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf die Rechtmäßigkeit seines Inhaltes gehindert werde. Zur Frage, ob im bekämpften Bescheid dieser Begründungspflicht entsprochen worden sei, sei zunächst zu prüfen gewesen, inwieweit den Vorstellungswerbern ein Mitspracherecht zustehe.

Aufgrund des im Sinne des § 25 Absatz 3 der auf das vorliegende Verfahren anzuwendenden Tiroler Bauordnung 1998 in der Fassung LGBl. Nr. 42/2001, beschränkten Mitspracherechtes hätten die hinsichtlich der Schlüssigkeit des eingeholten raumordnungsfachlichen Gutachtens erhobenen Einwände nicht mit Erfolg geltend gemacht werden können. Sie hätten keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens infolge unzureichender Begründung bewirkt, da sie den Beschwerdeführer nicht in der Verfolgung der ihm nach der angeführten Bestimmung des § 25 Absatz 3 leg. cit. zustehenden Rechte gehindert hätten. Von ihm sei keine Verletzung der in § 25 Absatz 3 lit. a, b oder c leg. cit. angeführten Vorschriften geltend gemacht worden. Aufgrund des eingeschränkten Mitspracherechtes der Nachbarn könne die nach Ansicht des Beschwerdeführers hinsichtlich der Bebauung des betreffenden Grundstückes, der Erschließung und zweckmäßigen und bodensparenden Bebauung nicht ausreichende Begründung zu keiner Mangelhaftigkeit des Verfahrens führen: Unabhängig vom fehlenden Mitspracherecht und der Tatsache, dass das örtliche Raumordnungskonzept der Gemeinde R erst im Entwurf vorliege und daher nicht bindend sei, vertrete die belangte Behörde die Rechtsansicht, dass die geplante Bebauung nicht dessen Festlegungen widerspreche (trotz des geplanten Bauvorhabens werde die Festlegung im entsprechenden Zählerstempel als überwiegende Einfamilienhausbebauung eingehalten). Ebenso könnten Einwendungen hinsichtlich des Orts- und Straßenbildes aufgrund des fehlenden Mitspracherechtes nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Der Vollständigkeit halber werde zum Einwand des Beschwerdeführers, wonach eine Mangelhaftigkeit des eingeholten raumordnungsfachlichen Gutachtens und damit der Begründung des bekämpften Bescheides hinsichtlich der Erschließung des betreffenden Gebietes mit Einrichtungen zur Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung geltend gemacht worden sei, da nicht begründet worden sei, ob die Erschließung auch noch nach Durchführung des Bauprojektes gegeben sei, festgestellt, dass in einem Gutachten gemäß § 113 TROG 2001 nicht geprüft werde, ob eine dem vorgesehenen Verwendungszweck entsprechende Wasser- und Energieversorgung sowie Entsorgung der Abwässer und der Niederschlagswässer sichergestellt sei (dies wäre eine Frage der Eignung des Bauplatzes gewesen, hinsichtlich welcher den Nachbarn ebenfalls kein Mitspracherecht zustehe), sondern zu beurteilen sei, ob die Bebauung eine solche Erschließung hindere. Auch der Einwand des Beschwerdeführers, die bei der Bauverhandlung vorliegenden Pläne hätten nicht jenen entsprochen, welche den Bescheiden zugrundegelegt worden seien, sei nicht zutreffend. Wie im Vorstellungsverfahren ermittelt worden sei, seien die Pläne ausschließlich vor der Bauverhandlung mehrmals geändert worden. Zur geltend gemachten Abstandsverletzung durch Errichtung einer Stützmauer an der Grundgrenze die nach Ansicht des Beschwerdeführers höher sein werde als 2 m sei festzustellen, dass aus dem Schnitt und der Ostansicht eindeutig hervorgehe, dass die geplante Stützmauer genau 2 m hoch sei. Sollte sie entgegen der erteilten Baubewilligung höher ausgeführt werden, wäre diese Abweichung Gegenstand eines baupolizeilichen Verfahrens.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.

Der Beschwerdeführer erachtet, sich in seinem Recht auf Einhaltung der Abstandsbestimmungen gemäß § 25 Abs. 3 lit. d TBO sowie in seinem Recht auf Einhaltung der Vorschriften des Bebauungsplanes über die Baufluchtlinien gemäß § 25 Abs. 3 lit. c TBO verletzt.

Die belangte Behörde erstattete - ebenso wie die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien - eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird und legte die Verwaltungsakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In Ausführung der Beschwerde macht der Beschwerdeführer auf das Wesentliche zusammengefasst geltend, die Festlegungen des Bebauungsplanes würden hinsichtlich der Baufluchtlinien nicht eingehalten. Diese Festlegungen dienten dem Schutz der Nachbarn. Für den gegenständlichen Bauplatz bestehe zwar kein Bebauungsplan, dadurch könne aber der Schutz des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nicht geschmälert werden; diese Bestimmung sei daher so auszulegen, dass der Nachbar jedenfalls zur Geltendmachung der anzuwendenden Bestimmungen über die Baufluchtlinien berechtigt werde. Dazu verweise er auf § 5 Abs. 4 TBO 2001, wonach bei Fehlen eines Bebauungsplanes bauliche Anlagen von Verkehrsflächen so weit entfernt sein müssen, dass weder das Orts- und Straßenbild noch die Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs beeinträchtigt würde.

Auch die Abstandsbestimmungen des § 6 Abs. 3 TBO 2001 seien verletzt worden, weil die geplante, mittels Freitreppe zu erschließende Geländeaufschüttung, welche sodann auch als Terrasse, Spielplatz und Hauszugang begehbar gemacht werden solle, samt Stützmauer unmittelbar entlang der Grundstücksgrenze zu seinem Grundstück verlaufe.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, u. v.a.). Dies gilt auch für jene Nachbarn, die gemäß § 42 AVG ihre Parteistellung beibehalten haben.

Die Rechte der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nach der (mit 1. November 2001 in Kraft getretenen) Wiederverlautbarung der (gemäß § 60 der Wiederverlautbarung am 1. März 1998 in Kraft getretenen) Tiroler Bauordnung 1998, LGBl. Nr. 94/2001, (TBO 2001), werden in § 25 Abs. 3 leg. cit. wie folgt umschrieben (Hervorhebungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, sind berechtigt, die Nichteinhaltung folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:

a) der Festlegungen des Flächenwidmungsplanes, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;

b)

der Bestimmungen über den Brandschutz;

c)

der Festlegungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien, der Bauweise und der Bauhöhe;

              d)              der Abstandsbestimmungen des § 6."

Der Beschwerdeführer, dessen Grundstück Nr. 4531 unmittelbar an das Baugrundstück angrenzt, beruft sich auf eine Verletzung der Bestimmungen des § 25 Abs. 3 lit. c (I. betreffend die Baufluchtlinie) und d (II. betreffend die Abstandsbestimmungen). I. Wie der Beschwerdeführer selbst zugesteht und auch aus dem Akteninhalt ersichtlich ist, liegt ein Bebauungsplan für jenes Gebiet, in dem sich das Baugrundstück befindet, (noch) nicht vor, wobei es dahingestellt bleiben kann, aus welchen Gründen die mitbeteiligte Gemeinde einen solchen bisher noch nicht erlassen hat.

Gemäß § 5 Abs. 4 TBO 2001 müssen bauliche Anlagen dann, wenn für einen Bauplatz kein Bebauungsplan besteht, von den Verkehrsflächen mindestens so weit entfernt sein, dass weder das Orts- und Straßenbild noch die Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs beeinträchtigt werden. Soweit bestehende Gebäude einen einheitlichen Abstand von den Verkehrsflächen aufweisen, ist auch bei weiteren baulichen Anlagen mindestens dieser Abstand einzuhalten.

Abgesehen davon, dass die Liegenschaft des Beschwerdeführers westlich des Bauplatzes, die Verkehrsfläche mit Zufahrt zum Bauvorhaben jedoch nördlich davon liegt und dort auch endet, ist eine Beeinträchtigung subjektiv-öffentlicher Interessen des Beschwerdeführers durch die nördlich des Bauprojekts vorgesehenen PKW- Stellflächen nicht nachvollziehbar. Insoweit er die Sicherheit des Verkehrs im Hinblick auf die von und zu diesen PKW-Stellflächen fahrenden Fahrzeuge im Allgemeinen im Auge hat, macht er keine ihm zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechte geltend. Nach § 25 Abs. 3 TBO 2001 wird dem Nachbarn in Bezug auf die Abstandsbestimmungen des § 5 Abs. 4 leg. cit. kein Mitspracherecht eingeräumt, und somit auch nicht unter den Gesichtspunkten der Sicherheit, Flüssigkeit des Verkehrs oder des Schutzes des Orts- und Straßenbildes.

II. Gemäß § 6 Abs. 3 TBO 2001 dürfen folgende bauliche Anlagen oder Bauteile in die Mindestabstandsflächen von 3 bzw. 4 m ragen oder innerhalb dieser errichtet werden:

              a)              oberirdische bauliche Anlagen, die ausschließlich dem Schutz von Sachen oder Tieren dienen und deren mittlere Wandhöhe bzw. Höhe auf der der Grundstücksgrenze zugekehrten Seite 2,80 m, im Gewerbe- und Industriegebiet 3,50 m, nicht übersteigt, wenn sie in den Mindestabstandsflächen keine Rauchfang-, Abgasfang- oder Abluftfangmündungen aufweisen, einschließlich der Zufahrten; oberirdische bauliche Anlagen, die dem Schutz von Tieren dienen, dürfen in den Mindestabstandsflächen auch keine sonstigen Öffnungen ins Freie aufweisen; die Ausstattung von oberirdischen baulichen Anlagen mit begehbaren Dächern ist nur zulässig, wenn diese höchstens 1,50 m über dem anschließenden Gelände liegen oder wenn der betroffene Nachbar dem nachweislich zustimmt;

begehbare Dächer dürfen mit einer höchstens 1 m hohen Absturzsicherung ausgestattet sein;

              b)              oberirdische bauliche Anlagen, die dem Aufenthalt von Menschen dienen, wie Terrassen, Pergolen und dergleichen, wenn sie überwiegend offen sind, sowie offene Schwimmbecken;

              c)              Stützmauern, Geländer, Brüstungen, Einfriedungen und dergleichen bis zu einer Höhe von insgesamt 2 m, im Gewerbe- und Industriegebiet bis zu einer Höhe von insgesamt 2,80 m, jeweils vom höheren anschließenden Gelände gemessen, außer der betroffene Nachbar stimmt einer größeren Höhe nachweislich zu;

d)

Stellplätze einschließlich der Zufahrten;

e)

unterirdische bauliche Anlagen, wenn sie in den Mindestabstandsflächen keine Rauchfang-, Abgasfang- oder Abluftfangmündungen aufweisen;

              f)              Flutlichtanlagen und sonstige Beleuchtungseinrichtungen mit Zustimmung des betroffenen Nachbarn.

Im Beschwerdefall soll nach den bewilligungsgegenständlichen Plänen im Abstandsbereich eine 2 m hohe Stützmauer errichtet werden und eine Geländeaufschüttung erfolgen, die als Zufahrt, Kinderspielplatz und Terrasse verwendet werden soll. Wie aus den genehmigten Plänen ersichtlich, ist eine Überschreitung der gesetzmäßigen Höhe der Stützmauer im Sinne des § 6 Abs. 3 lit. c TBO 2001 nicht gegeben. Wie der Beschwerdeführer selbst in der Beschwerde richtig ausführt, sind Zufahrten, Terrassen und alle überwiegend offenen oberirdischen baulichen Anlagen, die dem Aufenthalt von Menschen dienen, im Abstandsbereich zulässig. Unter diese - demonstrative - Aufzählung des § 6 Abs. 3 lit. b TBO 2001 lassen sich somit auch Kinderspielplätze - wie etwa der projektierte - subsumieren.

Zufahrten sind nach § 6 Abs. 3 lit. d TBO 2001 von den Abstandsbestimmungen ausgenommen.

Zwar beruft sich der Beschwerdeführer auch hinsichtlich der Geländeaufschüttung ausdrücklich auf die Bestimmung des § 6 leg. cit., dass es sich bei dieser begrifflich jedoch nicht um eine "bauliche Anlage" handelt, hat bereits die belangte Behörde zutreffend dargelegt. Vielmehr sind nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 TBO 2001 "bauliche Anlagen" mit dem Erdboden verbundene Anlagen, zu deren fachgerechten Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind. Argumentum a contrario kann eine bauliche Anlage nicht mit dem Erdboden ident sein; es muss sich vielmehr um eine vom Erdboden verschiedene bauliche Anlage handeln. Überdies ist der belangten Behörde darin beizupflichten, dass schon mangels einer erkennbaren vom Landesgesetzgeber ungewollten Gesetzeslücke eine Analogie zwischen einer genutzten Geländeaufschüttung wie im Beschwerdefall und einem "begehbaren Dach" nicht hergestellt werden kann. Vielmehr ist auf die Bestimmung des § 47 TBO 2001 zu verweisen, nach deren Abs. 3 zweiter Satz das ursprüngliche Geländeniveau oder, wenn im Bebauungsplan eine Höhenlage festgelegt ist, das durch die Höhenlage bestimmte Geländeniveau in den Mindestabstandsflächen von 3 bzw. 4 m (§ 6 Abs. 1) durch die Aufschüttung oder Abgrabung höchstens um 2 m, im Gewerbe- und Industriegebiet höchstens um 2,80 m, auch ohne Zustimmung des Nachbarn verändert werden darf. Die gesetzliche Maximalhöhe von 2 m wird im Gegenstandsfalle nicht überschritten, so dass auch hier keine Verletzung subjektivöffentlicher Rechte des Beschwerdeführers zu erkennen ist.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandsersatz gründet sich auf die Bestimmung der §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003 BGBl. II Nr. 333/2003.

Die Abweisung des Mehrbegehrens der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien hatte zu erfolgen, weil die Umsatzsteuer im Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand bereits enthalten ist.

Wien, am 27. November 2003

Schlagworte

Baubewilligung BauRallg6 Baurecht Nachbar Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1 Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002060062.X00

Im RIS seit

25.12.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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