TE Vwgh Erkenntnis 2004/1/14 2003/08/0002

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Veröffentlicht am 14.01.2004
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Index

E3L E05204010;
E6J;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

31979L0007 Gleichbehandlungs-RL Soziale Sicherheit Art4 Abs1;
31979L0007 Gleichbehandlungs-RL Soziale Sicherheit;
61991CJ0226 Molenbroek / Sociale Verzekeringsbank VORAB;
61994CJ0008 Laperre VORAB;
61994CJ0280 Posthuma-van Damme VORAB;
61999CJ0476 Lommers VORAB;
AlVG 1977 §18;
AlVG 1977 §33 Abs2;
AlVG 1977 §33 Abs3;
AlVG 1977 §33;
AlVG 1977 §36;
NotstandshilfeV §2 Abs1;
NotstandshilfeV §2 Abs2;
NotstandshilfeV §2;
NotstandshilfeV §6 idF 1996/240;
NotstandshilfeV §6;

Beachte

Besprechung in:RdW 2002, 672; DRdA 2003, 199;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der H in H, vertreten durch Dr. K, Referent der Arbeiterkammer für Oberösterreich, dieser vertreten durch Mag. German Storch und Mag. Rainer Storch, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Bürgerstraße 62, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 17. Dezember 2002, Zl. LGSOÖ/Abt.4/1282/0804/2002-2, betreffend Anspruch auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin mangels Notlage keine Notstandshilfe zuerkannt. Das gemäß § 6 der Notstandshilfeverordnung anzurechnende Einkommen des Lebensgefährten der Beschwerdeführerin übersteigt nach der Begründung das Ausmaß der Notstandhilfe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht die rechnerische Richtigkeit der Vorgangsweise der belangten Behörde. Sie behauptet, dass die Anrechnung von Einkommen eines Ehepartners oder eines Lebensgefährten einer arbeitslosen Person in der ganz überwiegenden Zahl von Fällen zu einem Entfall des Anspruchs auf Notstandshilfe für Frauen, aber nur in untergeordnetem Umfang auch für Männer führe. Die Beschwerdeführerin erblickt darin eine indirekte Diskriminierung weiblicher Arbeitsloser und vertritt die Auffassung, dass die Anrechnung des Partnereinkommens gegen Art. 4 der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit verstoße. Die Bestimmungen über die Einkommensanrechung von Partnereinkommen seien daher wegen Verstoßes gegen Gemeinschaftsrecht nicht anzuwenden. Im Einzelnen argumentiert die Beschwerde im Sinne von Klaus Mayr, Notstandshilfe und Partnereinkommen: Europarechtliche Gesichtspunkte, RdW 2002, 672 ff.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 19. März 2003 die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz VwGG dazu aufgefordert, sich zu den im Folgenden dargelegten Gründen zu äußern, von denen der Verwaltungsgerichtshof vorläufig angenommen hatte, dass sie für die Beantwortung der Frage von Bedeutung sein würden, ob die gesetzliche Anordnung der Berücksichtigung des Einkommens des Lebensgefährten bei Beurteilung der Notlage im Zusammenhang mit der Gewährung von Notstandshilfe dem Gemeinschaftsrecht entspreche, insbesondere ob darin nicht eine mittelbare Diskriminierung der betroffenen Frauen erblickt werden könne (vgl. die Kundmachung gemäß § 26a VwGG, BGBl. II Nr. 16/2003); diese Gründe waren folgende:

"1. Die Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (in der Folge: RL) hat ihrem Artikel 1 zufolge zum Ziel, ‚dass auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit und der sonstigen Bestandteile der sozialen Sicherung im Sinne von

Artikel 3 der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit schrittweise verwirklicht wird'. Gemäss ihrem Artikel 2 ‚findet (diese Richtlinie) Anwendung auf die Erwerbsbevölkerung - einschließlich der Selbständigen, deren Erwerbstätigkeit durch Krankheit, Unfall oder unverschuldete Arbeitslosigkeit unterbrochen ist, und der Arbeit Suchenden - sowie auf die im Ruhestand befindlichen oder arbeitsunfähigen Arbeitnehmer und Selbständigen'. Nach ihrem

Artikel 3 Absatz 1 findet die Richtlinie Anwendung

'a) auf die gesetzlichen Systeme, die Schutz gegen folgende Risiken bieten:

-

Krankheit,

-

Invalidität,

-

Alter,

-

Arbeitsunfall und Berufskrankheit,

-

Arbeitslosigkeit;

b) auf Sozialhilferegelungen, soweit sie die unter Buchstabe a) genannten Systeme ergänzen oder ersetzen sollen.'

In Artikel 4 heißt es: ‚Der Grundsatz der Gleichbehandlung beinhaltet den Fortfall jeglicher unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand, und zwar im Besonderen betreffend: - den Anwendungsbereich der Systeme und die Bedingungen für den Zugang zu den Systemen; - die Beitragspflicht und die Berechnung der Beiträge; -  die Berechnung der Leistungen, einschließlich der Zuschläge für den Ehegatten und für unterhaltsberechtigte Personen, sowie die Bedingungen betreffend die Geltungsdauer und die Aufrechterhaltung des Anspruchs auf die Leistungen.'

2. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vertritt in ständiger Rechtsprechung (vgl. die Urteile vom 4. Dezember 1986, Rs 71/85 (‚FNV'), Slg. 1986, 3870, vom 24. März 1987, Rs 286/85 (‚McDermott und Cotter'), Slg. 1987, 1463, vom 27. Juni 1987, Rs 384/85 (‚Clarke'), Slg. 1987, 2877 ua) die Auffassung, dass Art. 4 Abs. 1 der RL für sich betrachtet unter Berücksichtigung der Zielsetzung der Richtlinie und ihres Inhalts hinreichend genau und unbedingt ist, um von einem Einzelnen in Anspruch genommen und vom Gericht angewandt zu werden. Auch wenn Art. 5 der RL den Mitgliedstaaten ein Ermessen in Bezug auf die Mittel einräume, so schreibe er doch das Ziel vor, das mit diesen Mitteln erreicht werden muss, nämlich die Beseitigung aller mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung unvereinbaren Vorschriften. Art. 4 Abs. 1 RL könne seit Ablauf der Umsetzungsfrist (bzw. seit dem Wirksamwerden der Richtlinie für neu beigetretene Mitgliedstaaten der Europäischen Union) bei Fehlen angemessener Durchführungsmaßnahmen von Einzelnen vor den innerstaatlichen Gerichten in Anspruch genommen werden, um die Anwendung jeder mit diesem Artikel unvereinbaren innerstaatlichen Vorschrift auszuschließen. Auf Grund des Art. 4 Abs. 1 haben Frauen Anspruch auf die gleiche Behandlung und auf Anwendung der gleichen Regelung wie Männer, die sich in gleicher Lage befinden, wobei die Richtlinie, soweit sie nicht durchgeführt wird, das einzige Bezugssystem bleibt (vgl. das o.a. Urteil in der Rs ‚Clarke', Rz 9 bis 11; ferner das Urteil vom 11. Juli 1991, Rs C- 31/90, ‚Johnson', Slg. 1991, I-3744).

Dem ist (ceteris paribus) der Fall gleichzuhalten, dass eine Maßnahme wesentlich mehr Frauen als Männer trifft, es sei denn, der Mitgliedstaat legt dar, dass die betreffende Regelung durch objektive Faktoren, die nichts mit einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes zu tun haben, gerechtfertigt ist (‚indirekte Diskriminierung' - Urteil vom 13. Juli 1989, Rs 171/88, ‚Rinner-Kühn'Slg. 1989, 2757).

3. Eine Leistung, die ein Mitgliedstaat einer Person gewährt und die zu einem System gehört, welches Schutz gegen eines der im Art. 3 RL genannten Risken bietet (wozu auch die Arbeitslosigkeit gehört), darf einer verheirateten Frau, die mit ihrem Ehemann zusammenlebt oder von ihm Unterhalt bezieht, dann nicht verweigert werden, wenn die Leistung einem verheirateten Mann in der gleichen Lage zusteht, da dies eine gegen Art. 4 Abs. 1 RL verstoßende Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes darstellen würde ( vgl. ua. das Urteil vom 24. Juni 1986, Rs 150/85, ‚Drake', Slg. 1986, 2002).

Art. 4 Abs. 1 RL bezieht sich aber nicht auf eine Leistung, die in bestimmten persönlichen Situationen Personen gewährt werden kann, deren Mittel nicht ausreichen, um ihre Bedürfnisse im Sinne des Gesetzes zu decken, wobei dies nicht davon abhängt, ob der Leistungsempfänger Opfer eines der in Art. 3 der RL genannten Risken ist (vgl. das Urteil vom 16. Juli 1992, Rs C 63/91, C- 64/91, ‚Jackson & Cresswell', Slg. 1992/I-4774).

Art. 4 Abs. 1 RL wurde daher vom EuGH ua. dahin ausgelegt, dass ein System von Leistungsansprüchen bei Arbeitsunfähigkeit, bei dem die Höhe der Leistung durch den Familienstand und das Einkommen des Ehepartners aus oder im Zusammenhang mit seiner Arbeit mitbestimmt wird, im Einklang mit der RL steht, wenn dieses System den Anspruchsberechtigten mit Unterhaltsverpflichtungen gegenüber einem Ehepartner oder Kindern durch den Ausgleich ihrer im Vergleich zu Alleinstehenden höheren Belastungen mit Hilfe eines Zuschlages zu der Leistung ein angemessenes Existenzminimum garantieren soll. Es wurde daher die Garantie auf eine bestimmte Mindestleistung, die nur für Personen mit einem unterhaltsberechtigten Ehepartner oder mit einem Ehepartner gilt, der nur ein sehr niedriges Einkommen bezieht, als mit Art. 4 Abs. 1 RL vereinbar angesehen (Urteil vom 11. Juni 1987, Rs 30/85, ‚Teuling', Slg. 1987, 2516).

Gleiches wurde für ein System von Leistungen bei Arbeitslosigkeit und Invalidität entschieden, bei dem sich die Höhe der Leistung ua. in Abhängigkeit von Einkünften unterhaltsberechtigter Personen bestimmte: Artikel 4 Absatz 1 RL sei so auszulegen, dass ein System von Leistungen bei Arbeitslosigkeit und Invalidität, bei dem die Höhe der Leistung unter Berücksichtigung sowohl der Existenz von Personen, die dem Leistungsempfänger gegenüber unterhaltsberechtigt sind, als auch eventueller Einkünfte dieser Personen festgelegt wird, mit dieser Vorschrift vereinbar sei, wenn dieses System den Zweck habe, Familien ein Mindestmaß an Ersatzeinkünften zu garantieren und die Zuschläge, die den Personen gewährt werden, die mit einem Ehepartner oder Kindern ohne eigene Einkünfte zusammenwohnen, die Höhe der Belastungen, die bei vernünftiger Betrachtung mit dem Vorhandensein dieser Personen verbunden sind, nicht übersteigen. Ein solches System dient nämlich einem berechtigten Ziel der Sozialpolitik und setzt hiefür geeignete und erforderliche Mittel ein, sodass es aus Gründen, die nichts mit einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes zu tun haben, gerechtfertigt ist (Urteil vom 7. Mai 1991, Rs C-229/89, Kommission/Belgien, Slg. 1991, I-2223).

Auch der Ausschluss von Beschäftigungen mit geringem zeitlichen Ausmaß (regelmäßig weniger als fünfzehn Stunden in der Woche) und geringfügigem Entgelt (einem Arbeitsentgelt, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nicht übersteigt) von der gesetzlichen Rentenversicherung wurde vom EuGH als nicht gegen Art. 4 Abs. 1 der RL verstoßend beurteilt, und zwar auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass sie erheblich mehr Frauen als Männer betrifft, da der nationale Gesetzgeber in vertretbarer Weise habe davon ausgehen können, dass die fraglichen Rechtsvorschriften erforderlich waren, um ein sozialpolitisches Ziel zu erreichen, das mit einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes nichts zu tun hat (Urteil vom 14. Dezember 1995, Rs C-317/93, ‚Nolte', Slg. 1995, I-4650).

Ferner wurde vom EuGH entschieden, dass die RL der Anwendung einer nationalen Regelung der Altersversicherung nicht entgegensteht, nach der die Gewährung und die Höhe eines Zuschlags, auf den Rentenberechtigte Anspruch haben, deren unterhaltsberechtigter Ehepartner das Rentenalter noch nicht erreicht hat, unabhängig vom Geschlecht allein von dem Einkommen abhängig sind, das der Ehepartner aus oder im Zusammenhang mit einer Erwerbstätigkeit bezieht, auch wenn diese Regelung zur Folge hat, dass eine wesentlich größere Anzahl von Männern als von Frauen den Zuschlag erhält (Urteil vom 19. November 1992, Rs C- 226/91, ‚Molenbroek', Slg. 1992, I-5963).

Da beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts die Mitgliedstaaten für die Sozialpolitik zuständig sind, haben sie die geeigneten Maßnahmen zur Verwirklichung ihrer sozialpolitischen Ziele auszuwählen. Bei der Ausübung dieser Befugnis verfügen die Mitgliedstaaten über einen weiten Ermessensspielraum (vgl. das Urteil vom 8. Februar 1996, Rs C- 8/94, ‚Laperre', Slg. 1996, I-288 mit weiteren Hinweisen in Rz 18).

4. Der Verwaltungsgerichtshof geht auf Grund dieser Rechtsprechung des EuGH daher vorläufig davon aus,

a) dass die RL, soweit sie direkt oder indirekt nach dem Geschlecht diskriminierenden gesetzlichen Bestimmungen entgegensteht, unmittelbar anzuwenden ist und dass sich die betroffenen Personen auf diese Richtlinie berufen können;

b) dass die Regelungen über die Voraussetzungen für die Gewährung von Notstandshilfe, soweit die Anspruchsvoraussetzung des Vorliegens einer Notlage in Rede steht, dem sozialpolitischen Ziel dienen, Personen, die ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld erschöpft haben, ohne wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert zu sein, nur im Falle der Notlage ein Mindesteinkommen in Abhängigkeit von der Höhe des Arbeitslosengeldes zu sichern;

c) dass daher die Berücksichtigung von Einkünften des im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners bei Ermittlung der Notlage diesem sozialpolitischen Ziel dient, welches mit einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes nichts zu tun hat;

d) dass daher die Regelung Art. 4 Abs. 1 der RL auch dann nicht verletzt, wenn auf Grund der Berücksichtigung des Partnereinkommens innerhalb des Kreises der in Betracht kommenden Anspruchsberechtigten wesentlich mehr Frauen als Männer keine Notstandhilfe erhalten sollten, sowie letztlich

e) dass alle in diesem Zusammenhang zu beurteilenden gemeinschaftsrechtlichen Fragen durch die oben wiedergegebene Rechtsprechung des EuGH in einer Weise beantwortet sind, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (Urteil vom 6. Oktober 1982, Rs 283/81, ‚C.I.L.F.I.T.', Slg. 1982, 3415)."

Die beschwerdeführende Partei hat sich dazu im einem umfangreichen Schriftsatz geäußert. Darin bestreitet sie der Sache nach die vorläufige Annahme zu Punkt 4c mit der Begründung, die Regelungen über die Notstandshilfe dienten nicht der Sicherung eines Existenzminimums. Sie hebt Sachverhaltsunterschiede zwischen dem Beschwerdefall und den vom EuGH bisher entschiedenen Fällen hervor und beruft sich auf zahlreiche Literaturstellen.

Soweit die Beschwerdeführerin die Auffassung vertritt, die vom Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang in Betracht gezogenen Entscheidungen des EuGH würden sich vom vorliegenden Beschwerdefall unterscheiden, so ist dem insofern beizupflichten, als in manchen Fällen eine "Mindestnettoleistung" von der Anrechnung nicht erfasst gewesen ist (Urteil vom 11. Juni 1987, Rs 30/85 "Teuling", Slg. 1987, 2516 bzw. Urteil vom 7. Mai 1991, C- 229/89, Kommission gegen Belgien, Slg. 1991, I-2223) oder die Anrechnung erst nach einem Jahr des Bezuges begonnen hat (vgl. Urteil "Kommission gegen Belgien").

Der Verwaltungsgerichtshof hält jedoch dessen ungeachtet an seiner im oben wiedergegebenen Vorhalt geäußerten Rechtsauffassung fest. Die Hinweise der beschwerdeführenden Partei vermögen nämlich schon insofern nicht zu überzeugen, als diese darauf beruhen, argumentativ jeweils den gesamten Sachverhalt der in ihrer Stellungnahme angesprochenen Entscheidungen des EuGH als für die jeweilige Entscheidung maßgebend zu erachten und sodann aus den Unterschieden im Sachverhalt die Unanwendbarkeit der jeweiligen Entscheidung des EuGH auf den vorliegenden Fall und daraus die Vorlagepflicht abzuleiten sucht:

Zunächst ist der Beschwerdeführerin einzuräumen, dass nach der Rechtsprechung des EuGH eine Rechtfertigung indirekter Diskriminierung nur dann möglich ist, wenn die gewählten Mittel einem legitimen Ziel der Sozialpolitik des Mitgliedstaates dienen und zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich sind.

Es besteht aber als Ausgangspunkt der folgenden Argumentation zunächst kein Zweifel daran, dass hinsichtlich der Dauer des Anspruchs auf Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung gemeinschaftsrechtliche Vorgaben nicht bestehen, dh. dass das Gemeinschaftsrecht nicht dazu zwingt, solche Geldleistungen unbedingt auch für Zeiträume zu gewähren, für die nach derzeitigem österreichischem Arbeitslosenversicherungsrecht nur mehr ein Anspruch auf Notstandshilfe besteht.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag aber auch der Rechtsprechung des EuGH keine gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze zu entnehmen, aus denen abgeleitet werden könnte, dass in einem solchen Fall ein garantiertes "Mindesteinkommen" unabhängig von der wirtschaftlichen Lage einer arbeitslosen Person gewährt werden müsste und nur der ein solches (gleichsam: geschütztes) Mindesteinkommen übersteigende Betrag einer Minderung durch Einkommensanrechnung unterworfen werden dürfte. Ob und welche Transferzahlungen ein Staat unabhängig von Einkommen und Vermögen als "Grundlohn" gewährt (und darauf läuft dieses Argument der Beschwerdeführerin hinaus), liegt zweifelsfrei in dessen sozialpolitischem Ermessen. Ebenso liegt es im rechtspolitischen Spielraum des nationalen Gesetzgebers, die Aufgabenverteilung zwischen Arbeitslosenversicherung und Sozialhilfe in der Weise vorzunehmen, dass die Garantie eines Mindesteinkommens in Form eines für die Bestreitung des Lebensunterhaltes bestimmten (geschlechtsneutral festgelegten) Richtsatzes der Sozialhilfe überlassen wird, während in der Arbeitslosenversicherung ab dem Auslaufen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld ein Beitrag zur Existenzsicherung nur in Relation zum letzten Arbeitseinkommen gewährt wird (Versicherungsgedanke), der insoweit dem letzten Einkommen entsprechend daher auch verschieden hoch sein kann. Da es eines solchen Beitrages zur Existenzsicherung eine Person insoweit nicht bedarf, als ihr in entsprechendem Ausmaß anderweitig Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung stehen, kann es auch nicht dem Gemeinschaftsrecht widersprechen, diese Mittel bei Beurteilung der Frage der Notlage entsprechend mit zu berücksichtigen. In all diesen Fragen ist der jeweilige Mitgliedstaat in seiner Sozialpolitik autonom (vgl. das Urteil vom 8. Februar 1996, Rs C-8/94, "Laperre", Slg. 1996, I- 288 mit weiteren Hinweisen in Rz 18; zum Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten bei der Ausgestaltung der innerstaatlichen Rechtslage auch auf Grund budgetärer Erwägungen im Zusammenhang mit indirekter Diskriminierung vgl. das Urteil vom 1. Februar 1996, Rs C-280/94, "Posthuma-van Damme", Slg. 1996, I- 194).

Es kann daher für die Beantwortung der hier zu untersuchenden Frage der sozialpolitischen Rechtfertigung der Einkommensanrechnung beim Bezug von Notstandshilfe keinesfalls darauf ankommen, ob den "Diskriminierten" ein Mindesteinkommen ungeschmälert verbleibt, wie die Beschwerdeführerin meint, oder ob dies - bei Vorhandensein anderweitiger Mittel und dem sich daraus ergebenden Fehlen der Bedürftigkeit - nicht der Fall ist.

Erörterungsbedürftig könnte allenfalls sein, ob bei einer solchen Einkommensanrechnung nur eigene Mittel der arbeitslosen Person berücksichtigt werden dürfen, oder ob es gemeinschaftsrechtlich zulässig ist, insoweit zwischen allein stehenden Personen und in Hausgemeinschaft mit Partnern lebenden Personen zu unterscheiden, als das jeweilige Partnereinkommen als zumindest zum Teil zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung stehend angesehen wird.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass es zumindest zulässig ist (wenn nicht sogar verfassungsrechtlich geboten sein könnte, was aber hier offen bleibt), den unterschiedlichen wirtschaftlichen Situationen von allein stehenden Frauen und von Frauen, die in Ehe- oder in Lebensgemeinschaften leben, dadurch Rechnung zu tragen, dass einerseits Unterhaltsverpflichtungen dieser Personen, andererseits aber auch das zum gemeinsamen Wirtschaften zur Verfügung stehende Einkommen des jeweiligen Partners entsprechend berücksichtigt werden.

Der EuGH hat es bisher nicht nur als zulässig erachtet, Unterhaltspflichten von Beziehern einer Sozialleistung für die Höhe dieser Sozialleistung als maßgeblich festzulegen, sondern es auch zugelassen, das Erwerbseinkommen des Ehegatten zu berücksichtigen: Im Urteil vom 19. November 1992, C-226/91, "Molenbroek", ging es um Zuschläge zu Pensionsleistungen, die nach niederländischem Recht nur im Falle der Bedürftigkeit gewährt wurden und auf die das Einkommen des Ehepartners anzurechnen war, sodass dieser Zuschlag - vergleichbar der in Österreich in solchen Fällen vorgesehenen Ausgleichszulage im Sinne der §§ 292 ff ASVG - unter Umständen auch zur Gänze wegfallen konnte. Der EuGH hat seine Entscheidung nicht auf den Umstand gestützt, dass der betroffenen Person ihre Pensionsleistung jedenfalls zustehe und es daher auf die indirekte Diskriminierung beim Zuschlag nicht weiter ankomme; dies wäre im Übrigen sachlich fragwürdig, weil diese Pension ja vom Gesetzgeber definitionsgemäß als zur Bestreitung des Lebensunterhaltes nicht ausreichend erachtet und deshalb ein Zuschlag gewährt wurde. Dieser Fall ist daher - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - mit der hier zu beurteilenden Konstellation in einer Weise vergleichbar, dass kein vernünftiger Grund zu zweifeln übrig bleibt, dass unter Zugrundelegung der Grundsätze der "Molenbroek"-Entscheidung auch die Anrechnung von Ehepartnereinkommen auf die Notstandshilfe mit der möglichen Konsequenz, dass diese uU auch zur Gänze wegfallen kann, und trotz des Umstandes, dass hievon mehr Frauen als Männer betroffen sind, zulässig ist.

Dies wird noch durch zwei Überlegungen erhärtet: erstens würde es dem nationalen Gesetzgeber unmöglich gemacht, eine Leistung der hier vorliegenden Art im Falle der Notlage zu gewähren, wenn es ihm gemeinschaftsrechtlich verwehrt wäre, dabei die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse der arbeitslosen Person einschließlich des Ehepartnereinkommens zu berücksichtigen. Zweitens hat es der EuGH auf Grund des von ihm angenommenen rechtspolitischen Spielraums des nationalen Gesetzgebers für nicht gemeinschaftsrechtswidrig erachtet, wenn eine Leistung davon abhängt, dass vorher ein Einkommen über einer bestimmten Grenze bezogen wurde und dadurch mehr Frauen als Männer (von vornherein) vom Leistungsanspruch ausgeschlossen werden (Urteil vom 1. Februar 1996, Rs C-280/94, "Posthuma-van Damme"). Es kann daher auch nicht gegen das Gemeinschaftsrecht verstossen, wenn die Höhe eines Beitrages zur Existenzsicherung mit der Höhe des Arbeitslosengeldes und damit des seinerzeit erzielten Erwerbseinkommens in Relation steht.

Nur dann, wenn dasselbe sozialpolitische Ziel (Leistung beschränkt auf Fälle der Notlage) auch dann erreicht werden könnte, wenn die Anrechnung des Partnereinkommens unterbliebe, könnte die Regelung als unverhältnismäßig qualifiziert werden (vgl. ua. die von der Beschwerdeführerin zitierte Rz 42 der Entscheidung des EuGH vom 19. März 2002, Rs C-476/99, "Lommers", Slg. 2002, I-2921). Dies ist aber offenkundig hier nicht der Fall und wird auch von der Beschwerdeführerin nicht behauptet.

Auch die Einkommensanrechnung selbst ist nicht unverhältnismäßig:

Sie ist in § 36 AlVG determiniert und entsprechend dieser gesetzlichen Determinierung in § 6 der Notstandshilfeverordnung, BGBl. Nr. 352/1973, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 490/2001 wie folgt geregelt:

"§ 6. (1) Bei Heranziehung des Einkommens des Ehepartners (Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin) des (der) Arbeitslosen für die Beurteilung der Notlage ist wie folgt vorzugehen: Von dem Einkommen ist ein Betrag freizulassen, der zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhaltes des Ehepartners (Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin) und der allenfalls von ihm zu versorgenden Familienmitglieder bestimmt ist (Freigrenze). Der die Freigrenze übersteigende Teil des Einkommens ist auf die Notstandshilfe anzurechnen.

(2) Die Freigrenze beträgt pro Monat 430 Euro für den das Einkommen beziehenden Ehepartner (Lebensgefährten bzw. die Lebensgefährtin) und die Hälfte dieses Betrages für jede Person, für deren Unterhalt der Ehepartner (Lebensgefährte bzw. die Lebensgefährtin) auf Grund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht tatsächlich wesentlich beiträgt.

(3) Die Freigrenze beträgt das Doppelte des jeweils maßgeblichen Betrages gemäß Abs. 2, wenn der Arbeitslose nach dem 50. Lebensjahr einen Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer von 52 Wochen (§ 18 Abs. 2 lit. b Arbeitslosenversicherungsgesetz) oder länger erschöpft hat.

(4) Die Freigrenze beträgt das Dreifache des jeweils maßgeblichen Betrages gemäß Abs. 2, wenn der Arbeitslose bei Eintritt der Arbeitslosigkeit nach dem 55. Lebensjahr einen Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer von 52 Wochen oder länger erschöpft und auf die Anwartschaft anrechenbare Zeiten (§ 14 Abs. 4 AlVG) von mindestens 240 Monaten oder von 1 040 Wochen nachgewiesen hat. Das Gleiche gilt, wenn eine Arbeitslose das 54. Lebensjahr vollendet hat und in den letzten 25 Jahren vor Vollendung des 54. Lebensjahres mindestens 180 Monate arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war.

(5) Die im Abs. 3 und 4 genannten höheren Freigrenzen sind jeweils nur anzuwenden, wenn das Arbeitsmarktservice dem Arbeitslosen auch unter weitestmöglichem Einsatz von Beihilfen keine zumutbare Beschäftigung vermitteln konnte.

(6) Wenn der Arbeitslose oder sein Ehepartner (Lebensgefährte bzw. Lebensgefährtin) das 50. Lebensjahr vollendet hat und einen Grad der Behinderung von mindestens 50 vH aufweist oder eine Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit bezieht, so ist in jedem Fall eine Erhöhung der Einkommensgrenzen um 50 vH vorzunehmen; der Nachweis der Behinderung hat gemäß § 14 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, zu erfolgen.

(7) Bei der Anrechnung ist § 5 Abs. 1 erster Satz und Abs. 4 sinngemäß anzuwenden. Bei der Anrechnung von Notstandshilfe als Einkommen ist nur die niedrigere Notstandshilfe auf die höhere Notstandshilfe anzurechnen. Bei der Ermittlung des Einkommens aus einer selbständigen Erwerbstätigkeit - ausgenommen einem Einkommen aus einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb - ist § 5 Abs. 3 anzuwenden.

(8) Hat der Ehepartner (Lebensgefährte bzw. die Lebensgefährtin) ein schwankendes Einkommen, wie zB Akkordverdienste, regelmäßige, aber ungleiche Überstundenleistungen, so ist der Anrechnung jeweils das durchschnittliche Erwerbseinkommen der letzten drei vollen Monate für den Anspruch auf Notstandshilfe für die darauf folgenden 52 Wochen zu Grunde zu legen. Zwischenzeitliche Erhöhungen oder Verminderungen des schwankenden Einkommens bewirken keine Änderung der zuerkannten Notstandshilfe. Fällt das schwankende Erwerbseinkommen zur Gänze weg, ist der Anspruch auf Notstandshilfe neu zu bemessen.

(9) Bei der Anwendung des Abs. 8 ist eine Neubemessung des Anspruches auf Notstandshilfe auf Antrag des Leistungsbeziehers auch dann vorzunehmen, wenn die Methoden der Entgeltfindung geändert werden, zB Übergang von Akkord- zu Prämienentlohnung, oder durch Neubewertung der Entgeltfindung der mittlere Verdienst im Beurteilungszeitraum nach unten absinkt".

Um überhaupt zu einer Anrechnung auf die Notstandshilfe zu führen, muss somit das Einkommen des Partners nach Abzug der Steuern, sozialen Abgaben und Werbungskosten (also netto) den jeweiligen Freibetrag übersteigen. Die Notstandshilfe fällt nur insoweit weg, als das Partner-Nettoeinkommen die Freigrenze überschreitet, und erlischt daher erst dann zur Gänze, wenn dieses Einkommen des Partners die jeweilige Freigrenze um das Ausmaß der Notstandshilfe überschreitet.

Eine solche Anrechnung, die genau im Verhältnis der Höhe des Partnereinkommens unter Schonung eines Sockelbetrages erfolgt, dessen Höhe auch von Unterhaltspflichten und vom Alter der arbeitslosen Person abhängt, ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch aus dieser Sicht nicht unverhältnismäßig.

Was schließlich die Gleichbehandlung von Lebensgefährten mit Ehepartnern betrifft, so ergibt sich ihre Zulässigkeit aus der Überlegung, dass die Bejahung des Bestehens einer Lebensgemeinschaft nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine nach dem Vorbild der Ehe geführte Wirtschaftsgemeinschaft definitionsgemäß voraussetzt (vgl. die Erkenntnisse vom 27. März 1990, Slg. Nr. 13151/A und vom 4. Oktober 2001, Zl. 96/08/0312), sodass in jenen Fällen, in denen das Bestehen einer Lebensgemeinschaft im Sinne dieser Rechtsprechung zu bejahen ist, auch die Gleichbehandlung mit der ehelichen Gemeinschaft im hier maßgeblichen Zusammenhang unbedenklich ist (zur Eignung des Partnereinkommens als Gradmesser der Wirtschaftskraft einer Lebensgemeinschaft vgl. u.a. das Erkenntnis vom 20. Februar 1996, Zl. 95/08/0287; zur Zulässigkeit der Berücksichtigung wirtschaftlicher Verhältnisse enger Familienangehöriger unabhängig vom Bestehen gesetzlicher Unterhaltspflichten vgl. VfSlg. 12641/1991 - Studienbeihilfe - und VfSlg. 12833/1991 - Anrechnung des Partnereinkommens von Lebensgefährten bei Notstandshilfebeziehern).

Die von der Beschwerdeführerin herangezogenen Literaturstellen behandeln den hier zu entscheidenden Fall nicht, sondern gehen nur auf die allgemeine Problematik indirekter Diskriminierung ein und geben im Wesentlichen die Rechtsprechung des EuGH wieder. Nur Bieback (Die mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts, Nomos-Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 216) setzt sich mit der Frage der Anrechnung von Partnereinkommen ausdrücklich (kritisch) auseinander, räumt im Zusammenhang mit einer Kritik am Gesetzgeber durch seine Bezugnahme auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (aaO, 220) letztlich aber ein, dass eine solche Anrechnung unter Beachtung eines beim verdienenden Partner freibleibenden Existenzminimums den Anforderungen an eine sachliche und verhältnismäßige Regelung nicht widerspricht (ganz ähnlich auch VfSlg. 12833/1991 zum Freibetrag im Sinne des § 6 NHV).

Die Einwände der Beschwerdeführerin, die Regelung sei im gemeinschaftsrechtlichen Sinne unverhältnismäßig, laufen somit - zusammengefasst - entweder auf die Forderung nach einem garantierten Mindesteinkommen der arbeitslosen Person hinaus, das völlig unabhängig vom Einkommen ihres Partners zu gewähren ist, oder aber sie wären so zu deuten, dass der Sockelbetrag, der in § 6 der Notstandshilfeverordnung vorgesehen ist, als unzureichend betrachtet wird. Die erstgenannte Forderung steht mit dem grundsätzlichen und gemeinschaftsrechtlich nicht zu beanstandenden Anliegen des Gesetzgebers in Widerspruch, solche Geldleistungen nur bei Notlage zu gewähren, welches aber - wie vorstehend dargelegt - ohne Bedachtnahme auf die wirtschaftlichen Verhältnisse von Partnerschaften im Verhältnis zu Einzelhaushalten nicht verwirklicht werden kann. Die zweitgenannte Forderung setzt einen Maßstab voraus, an Hand dessen die Regelung des § 6 der Notstandshilfeverordnung als unverhältnismäßig beurteilt werden könnte. Ein solcher Maßstab steht dem Verwaltungsgerichtshof aber nur bedingt zu Gebote, da die Definition dessen, was unter Notlage zu verstehen ist, Sache des Gesetz- und Verordnungsgebers ist, dem demzufolge auch bei der Grenzziehung zwischen Freibetrag und anrechenbarem Einkommen ein erheblicher rechtspolitischer Spielraum zukommt. Weder kann der Verwaltungsgerichtshof finden, dass die in Betracht kommenden Normsetzungsautoritäten die ihnen dabei gesetzten Schranken überschritten hätten, noch findet sich dazu in den Schriftsätzen der Beschwerdeführerin eine konkretisierte Behauptung.

Der Verwaltungsgerichtshof hegt daher keine Zweifel an der Vereinbarkeit der Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht, und zwar ungeachtet dessen, dass zwar genau dieser Fall vom EuGH bisher nicht entschieden wurde, weil aber das vom EuGH in seiner Rechtsprechung zur indirekten Diskriminierung bei Sozialleistungen errichtete Gedankengebäude die Beantwortung aller hier entscheidungswesentlichen Fragen auf einer höheren Abstraktionsebene bereits vorweggenommen hat (vgl. im Übrigen die hg. Erkenntnisse vom heutigen Tage, Zl. 2002/08/0038 sowie Zl. 2002/08/0202).

Die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene weitere Frage, ob die Anrechnung von Ersatzzeiten für Zeiten des Bezuges von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung (§ 227 Abs. 1 Z. 5 ASVG) dem Gemeinschaftsrecht entspricht, obwohl auch dies zu einer indirekten Diskriminierung weiblicher Arbeitsloser führen kann, muss der Verwaltungsgerichtshof hingegen offen lassen. Der in diesem Zusammenhang zu beantwortenden Frage, ob die Beschränkung der Gewährung solcher Ersatzzeiten auf den Personenkreis von Beziehern und Bezieherinnen von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung sachlich gerechtfertigt werden kann, bzw. ob die Nichtberücksichtigung dieser Ersatzzeiten in der Pensionsversicherung bei jenen Arbeitslosen, die der Arbeitsvermittlung - (mangels Notlage freilich ohne Anspruch auf Notstandshilfe) - zur Verfügung stehen, vor dem Hintergrund des Art. 4 der RL 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 verhältnismäßig ist, kommt für den Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Verfahren nämlich keine Entscheidungserheblichkeit zu, sodass er gar nicht befugt wäre, diese Frage gemäß Art. 234 EG dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen. Diese Frage wäre vielmehr in erster Linie von den ordentlichen Gerichten in Leistungsstreitverfahren über Leistungen aus der Pensionsversicherung sowohl aus verfassungsrechtlicher als auch aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht zu beantworten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 14. Jänner 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003080002.X00

Im RIS seit

10.02.2004

Zuletzt aktualisiert am

11.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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