TE Vwgh Erkenntnis 2004/2/26 2003/07/0071

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Veröffentlicht am 26.02.2004
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Index

L66506 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Steiermark;
80/06 Bodenreform;

Norm

AgrGG Stmk 1985 §1;
AgrGG Stmk 1985 §2 Abs2 idF 1984/069;
AgrGG Stmk 1985 §2 Abs2 idF 2001/078;
AgrGG Stmk 1985 §2 Abs2;
AgrGG Stmk 1985 §3;
FlVfGG §15;
FlVfGG §17;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde der M in B, vertreten durch Dr. Peter Ringhofer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 26. März 2003, Zl. FA10A - LAS 13 Ko 2/6 - 03, betreffend 1) Feststellung und

2) Abweisung eines Antrages und Einstellung eines Verfahrens auf Spezialteilung (mitbeteiligte Partei: J in B, vertreten durch Dr. Wolfgang Poleschinski, Rechtsanwalt in 8230 Hartberg, Raimund-Obendrauf-Straße 9), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin und der Mitbeteiligte sind gemeinsame Eigentümer der Liegenschaft EZ 88 KG K, "Gemeinschaftliche Bauerngründe" (Agrargemeinschaft K). Aus den im Akt erliegenden Grundbuchsauszügen der im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Liegenschaft EZ 50 sowie der im Eigentum des Mitbeteiligten stehenden Liegenschaft EZ 62 geht hervor, dass jede Liegenschaft jeweils bezüglich eines halben Anteilsrechtes am Gemeinschaftsbesitz "Gemeinschaftliche Bauerngründe" EZ 88 Stammsitzliegenschaft ist. Die Liegenschaft EZ 88 weist ihrerseits neben einer im Grundbuch ausgewiesenen Gesamtfläche von 452.921 m2 ein aus dem Jahre 1882 datierendes Belastungs- und Veräußerungsverbot sowie ein aus dem Jahr 1912 stammendes Absonderungsverbot auf.

Der Mitbeteiligte wandte sich im Jahr 1997 an die Agrarbezirksbehörde Graz (ABB) und regte die Teilung des agrargemeinschaftlichen Grundstückes EZ. 88 an.

Anlässlich einer vor der ABB aufgenommenen Niederschrift vom 16. April 1998 erklärten sowohl die Beschwerdeführerin als auch der Mitbeteiligte, einer Teilung (Spezialteilung) der agrargemeinschaftlichen Gründe der EZ. 88 zuzustimmen, allerdings nur dann, wenn die derzeit benutzten "Luse" in das jeweilige Einzeleigentum übertragen würden. Um die einzelnen künftigen Abfindungen pfleglich bewirtschaften zu können, sei des Weiteren eine Fahrterschließung notwendig.

Mit Bescheid der ABB vom 11. Mai 2000 wurde unter Spruchpunkt I gemäß den §§ 1, 7, 8, 9, 11, 33, 46 und 47 des Steiermärkischen Agrargemeinschaftengesetzes - StAgrGG 1985, LGBl. Nr. 8/1986, in der geltenden Fassung das Spezialteilungsverfahren zur Aufteilung der Liegenschaft EZ 88 mit den dazugehörigen Grundstücken eingeleitet.

Dieser Bescheid wurde rechtskräftig.

Anlässlich einer vor der ABB am 3. Oktober 2000 aufgenommenen Niederschrift erklärten die Beschwerdeführer und der Mitbeteiligte übereinstimmend, dass die Grenzen der Luse, wie sie in der Natur vorgefunden oder einvernehmlich festgelegt worden seien, von beiden Parteien als richtig anerkannt würden. Die Grenzen seien gemeinsam mit den Bediensteten der ABB und den Parteien begangen, vermarkt und vermessen worden. Beide Parteien erklärten, ihre Luse, wie sie zur Zeit benutzt werde, in das jeweilige Einzeleigentum übertragen haben zu wollen, unabhängig davon, ob sich nach Auswertung der Vermessungsaufnahmen ein Flächenunterschied in der Summe der Abfindungen ergebe oder nicht.

Anlässlich einer weiteren Verhandlung vor der ABB vom 23. Mai 2001 wurde den Verfahrensparteien das Vermessungsergebnis bekannt gegeben. Es wurde festgestellt, dass die Fläche der agrargemeinschaftlichen Grundstücke in Bezug auf das Katasterausmaß nach der Vermessung um 4,45 ha weniger aufweise. Die Fläche der Luse ergebe für die Beschwerdeführerin 23,68 ha und für den Mitbeteiligten 17,14 ha. Die Beschwerdeführerin erklärte, nach wie vor ihre Luse ins Eigentum übertragen erhalten zu wollen. Der Mitbeteiligte verwies auf eine zu erstattende schriftliche Stellungnahme.

Mit Schreiben vom 17. Juni 2001 nahm der Mitbeteiligte zum Vermessungsergebnis Stellung und äußerte seine Überraschung über den Umstand, dass die Beschwerdeführerin ein um 6,5 ha größeres Grundstück als er genutzt habe. Er sei im Zuge des Spezialteilungsverfahrens immer davon ausgegangen, dass die Nutzungsfläche der von ihm bzw. der Miteigentümerin bewirtschafteten Flächen annähernd gleich groß sei, sodass alle Erklärungen, die er bisher abgegeben habe, stets auf dieser Annahme beruhten. Dem Teilungsergebnis könne er derzeit jedenfalls seine Zustimmung nicht erteilen, weil er Eigentümer der EZ 62 KG K und Hälfteigentümer der EZ 88 KG K sei und im Rahmen des Spezialteilungsverfahrens auch Anspruch auf 50 % der vorhandenen bewirtschafteten Grundfläche habe.

Auf Grund dieser Erklärung kam es am 2. Oktober 2001 zu einer weiteren mündlichen Verhandlung vor der ABB, in deren Rahmen ein Einigungsversuch zwischen den Parteien vorgenommen wurde. Der Mitbeteiligte beanspruchte für die Flächendifferenz entweder einen Barausgleich in der Höhe einer bestimmten Geldsumme oder einen Ausgleich in Grund und Boden, angrenzend an seine Luse.

Mit Schreiben vom 11. Dezember 2001 wandte sich die Beschwerdeführerin, nunmehr anwaltlich vertreten, an die ABB und teilte mit, dass sie die Bezahlung eines Ausgleichsbetrages ablehne. In diesem Zusammenhang wies sie unter Vorlage verschiedener Unterlagen darauf hin, dass der Mitbeteiligte selbst die Aufteilung der Gemeinschaftsfläche gewünscht und betrieben habe und dass er einer Trennung bzw. Teilung der Fläche nach Lusen, wie diese seit unvordenklichen Zeiten von den Parteien bewirtschaftet worden seien, ausdrücklich zugestimmt und anerkannt habe, dass diese Luse ins Alleineigentum der jeweiligen Partei übergehen sollte, unabhängig von Flächenunterschieden.

Die Beschwerdeführerin stellte mit Schriftsatz vom 10. April 2002 schließlich den Antrag, das gegenständliche Spezialteilungsverfahren fortzusetzen und es ohne einen Ausgleich in Grund oder Geld für den Mitbeteiligten zum Abschluss zu bringen.

Die ABB stellte daraufhin mit Bescheid vom 13. Mai 2002 gemäß den §§ 1, 2 Abs. 1 und 2, 3, 7, 47 und 48 Abs. 1 des StAgrGG 1985 fest, dass es sich bei der Agrargemeinschaft K EZ 88 nicht mehr um eine agrargemeinschaftliche Liegenschaft im Sinne des vorzitierten Gesetzes handle und wies den Antrag vom 16. April 1998 auf Durchführung der Spezialteilung ab.

Die entsprechenden grundbücherlichen Vorgänge wurden unter einem verfügt.

Als Begründung stützte sich die ABB auf die Bestimmung des § 2 Abs. 2 StAgrGG 1985 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 78/2001 (Hervorhebung im Original), wonach als agrargemeinschaftliche Grundstücke nur solche gelten würden, die von mindestens drei nicht identen Eigentümern von mindestens drei Stammsitzliegenschaften oder Personen, denen persönliche Anteile zustehen, gemeinschaftlich oder wechselweise genutzt würden. Gemäß § 3 des zitierten Gesetzes habe die Agrarbehörde festzustellen, welche Liegenschaften agrargemeinschaftliche Liegenschaften seien. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass an der Liegenschaft EZ 88 nur zwei Stammsitzliegenschaften anteilsberechtigt seien, sodass diese nicht mehr als Agrargemeinschaft im Sinne des StAgrGG 1985 gelte. Da die Liegenschaft EZ 88 keine agrargemeinschaftliche Liegenschaft sei, sei auch das Teilungsverfahren mangels Zuständigkeit der ABB abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung und vertrat die Meinung, entweder sei die Liegenschaft EZ. 88 nie eine Agrargemeinschaft gewesen, dann hätte der Antrag auf Spezialteilung (bereits ursprünglich) zurückgewiesen werden müssen. Oder aber die Miteigentumsgemeinschaft sei immer eine Agrargemeinschaft gewesen und geblieben, dann sei die Abweisung des Antrages auf Spezialteilung zu Unrecht erfolgt und daher rechtswidrig. Die Beschwerdeführerin rügte weiter einen Verstoß gegen das Überraschungsverbot, weil von der Behörde erster Instanz völlig unerwartet nicht allein in der Sache selbst, also zum Prozessgegenstand Spezialteilung, entschieden worden sei, sondern darüber hinaus auch über eine wesentliche Rechtsfrage von für die Beschwerdeführerin weitreichender Bedeutung abgesprochen worden sei. Die Behörde erster Instanz habe die völlig unerwartete Feststellung getroffen, dass eine Agrargemeinschaft nicht mehr vorliege.

Weiters machte die Beschwerdeführerin geltend, die Behörde erster Instanz habe zum Verfahrensgegenstand "Feststellung" kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und den Verfahrensparteien insbesondere keine Gelegenheit zu einer Äußerung oder Stellungnahme gegeben. Bei der Lösung der Rechtsfrage, ob die Miteigentümer der Liegenschaft EZ 88 eine Agrargemeinschaft bildeten oder nicht, handle es sich um eine Vorfrage, welche von der selben Verwaltungsbehörde in einem anderen Verfahren zu entscheiden sei. Die Entscheidung dieser Vorfrage sei aber nicht Gegenstand des seit 1998 anhängigen Spezialteilungsverfahrens gewesen. Die Behörde hätte richtigerweise die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung in einem gesonderten Verfahren prüfen und darüber gesondert entscheiden müssen. Es liege also eine rechtswidrige Vorfragebeurteilung auch deshalb vor, weil die Beurteilung der Vorfrage nicht in den Spruch des Bescheides, sondern in dessen Begründung aufzunehmen gewesen wäre.

Schließlich sei auch die Bezugnahme auf § 3 StAgrGG 1985 unzutreffend, weil die Behörde nach dieser Bestimmung festzustellen habe, welche Liegenschaften agrargemeinschaftliche Liegenschaften seien. Nach § 3 sei die Behörde also nicht befugt, festzustellen, dass es sich bei einer Liegenschaft nicht mehr um eine agrargemeinschaftliche Liegenschaft handle. Gemäß § 13 leg. cit. sei eine von der Behörde erster Instanz getroffene Feststellung nur im Streitfall zulässig; einen Streit darüber habe es bis dato nicht gegeben. Schließlich macht die Beschwerdeführerin noch geltend, sie habe ausdrücklich die Vornahme der Spezialteilung ohne Ausgleich in Grund oder Geld für die Mitbeteiligte beantragt; über diesen Antrag sei von der Behörde zu Unrecht nicht entschieden worden.

Sie beantrage daher nach Durchführung eines Einigungsversuches vor der ABB, dass diese ihren Bescheid selbst entsprechend abändern wolle; in eventu möge die Berufungsbehörde der Berufung Folge geben und erkennen, dass der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben werde; in eventu, dass der angefochtene Bescheid behoben und nach einer mündlichen Verhandlung in der Sache selbst entschieden werde und zwar dahingehend, dass die Spezialteilung ohne Ausgleich in Grund oder Geld für den Mitbeteiligten erfolge; in eventu, dass der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen werde.

Die belangte Behörde führte am 26. März 2003 eine mündliche Verhandlung durch, in deren Rahmen der Vertreter der Beschwerdeführerin im Wesentlichen seine Berufungsausführungen wiederholte und darüber hinaus weiters ausführte, dass es schon früher eine Agrargemeinschaft gegeben habe. Ein Spezialteilungsverfahren sei rechtskräftig eingeleitet worden und an Stelle der Aufteilung sei nun aber der Feststellungsbescheid der ABB erlassen worden. Dieser Bescheid hätte aber nicht erlassen werden dürfen, da bei anhängigen Verfahren Feststellungsbescheide nicht erlassen werden könnten.

Die Vertreterin des Mitbeteiligten führte im Wesentlichen aus, die Entscheidung der ABB sei richtig; sie beantragte, die Berufung der Beschwerdeführerin abzuweisen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 26. März 2003 wurde unter Spruchpunkt I die Berufung der Beschwerdeführerin, insoweit sie sich gegen die Feststellung richtete, dass es sich bei der Agrargemeinschaft K, EZ 88, nicht mehr um eine agrargemeinschaftliche Liegenschaft handle, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 1 AgrVG 1950 als unbegründet abgewiesen.

Die belangte Behörde ergänzte aus Anlass der Berufung mit Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides den Spruch des Bescheides der ABB vom 13. Mai 2002 dahingehend, dass das mit Bescheid der ABB vom 11. Mai 2000 eingeleitete Spezialteilungsverfahren für abgeschlossen erklärt wurde.

Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der bezughabenden Bestimmungen des StAgrGG begründet die belangte Behörde Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides damit, dass den Ausführungen der Beschwerdeführerin hinsichtlich des Vorliegens einer Agrargemeinschaft entgegen zu halten sei, dass zum Zeitpunkt der Einleitung des Spezialteilungsverfahrens unbestritten "formal" eine Agrargemeinschaft vorgelegen sei. Dies ergebe sich u.a. auch aus dem Umstand, dass die Anteilsrechte an der EZ 88 mit den Stammsitzliegenschaften EZ 62 und EZ 50 verbunden gewesen seien. Bei einer Agrargemeinschaft handle es sich um eine juristische Person des öffentlichen Rechtes; ob die Voraussetzungen für das Bestehen einer Agrargemeinschaft noch vorliegen, bedürfe gemäß § 48 in Verbindung mit § 3 StAgrGG einer Feststellung der ABB. Bis zur gegenteiligen Feststellung sei daher davon auszugehen, dass eine Agrargemeinschaft vorgelegen sei.

Auf Grund des Antrages des Mitbeteiligten sei ein Spezialteilungsverfahren eingeleitet und danach von der ABB ein Ermittlungsverfahren durchgeführt worden. Wenn in diesem Ermittlungsverfahren nun hervorkomme, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Agrargemeinschaft nicht mehr gegeben seien, so stehe der ABB gemäß § 48 leg. cit. auch in einem eingeleiteten Verfahren die Entscheidung über die Frage zu, ob eine Agrargemeinschaft im Sinne des Gesetzes vorhanden sei. Im gegenständlichen Ermittlungsverfahren sei unbestritten hervorgekommen, dass an der Agrargemeinschaft K vulgo "Gemeinschaftliche Bauerngründe" lediglich zwei Stammsitzliegenschaften anteilsberechtigt seien und auch keine walzenden (persönlichen) Anteilsrechte bestünden. Aus dem Verwaltungsakt und den Angaben der Parteien gehe darüber hinaus unbestritten hervor, dass die Bewirtschaftung der EZ 88 derart erfolge, dass je ein Hälfteeigentümer ein in der Natur abgegrenztes Nutzungslos selbstständig bewirtschafte und eine gemeinschaftliche oder wechselweise Nutzung der Grundstücke der EZ 88 nicht erfolge.

Aus den Erläuterungen zur Novelle LGBl. Nr. 78/2001 des StAgrGG gehe hervor, dass unter die Bestimmungen des StAgrGG nur solche gemeinschaftlich oder wechselweise genutzten Grundstücke fallen sollten, die von mindestens drei nicht identen Eigentümern von mindestens drei Stammsitzliegenschaften oder Personen, denen persönliche Anteile zustünden, genützt würden. Als Inhalt und Ziel würden in den Erläuterungen zu dieser Novelle die Deregulierung und die Verwaltungsvereinfachung explizit angeführt. Dem klaren Wortlaut und der Intention des § 2 Abs. 2 StAgrGG folgend, lägen somit bei der EZ 88 die Formalvoraussetzungen für ein agrargemeinschaftliches Grundstück nicht mehr vor.

Durch die Feststellung, dass die Voraussetzungen für eine agrargemeinschaftliche Liegenschaft nicht vorlägen und somit eine Agrargemeinschaft nicht mehr bestünde, sei die sachliche Zuständigkeit zur Durchführung eines Teilungsverfahrens für die ABB nicht mehr gegeben und "das eingeleitete Teilungsverfahren abzuweisen" gewesen. Inwieweit sich die Beschwerdeführerin durch die gegenständliche Feststellung beschwert erachte, sei in der Berufung nicht dargetan worden. Durch den Bescheid sei weder ein Eingriff in das Eigentum der Beschwerdeführerin erfolgt noch werde die bisherige Nutzung der Liegenschaft EZ 88 durch diese Entscheidung beeinträchtigt. Welche schutzwürdigen öffentlichen Rechte der Beschwerdeführerin durch die Anwendung des § 2 Abs. 2 StAgrGG, welcher als Inhalt und Ziel die Deregulierung und die Verwaltungsvereinfachung habe, verletzt worden seien, vermöge der LAS nicht zu erkennen.

Zu Spruchpunkt II führte die belangte Behörde aus, durch die Feststellung, dass im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für eine agrargemeinschaftliche Liegenschaft nicht vorlägen und somit eine Agrargemeinschaft nicht mehr bestünde, sei die sachliche Zuständigkeit zur Durchführung eines Teilungsverfahrens für die ABB nicht mehr gegeben; das eingeleitete Teilungsverfahren sei daher formell abzuschließen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Mitbeteiligte erstattete eine schriftliche Äußerung und (anwaltlich vertreten) eine Gegenschrift; in der Gegenschrift beantragte er die Abweisung der Beschwerde unter Kostenersatz.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in ihrem Recht darauf verletzt, dass in Ansehung einer ihr gehörenden Liegenschaft nicht gesetzwidrig - nämlich im Widerspruch zum StAgrGG, insbesondere dessen § 2 Abs. 2 - über die Zugehörigkeit zu einer Agrargemeinschaft - nämlich dahingehend, dass die Liegenschaft früher zu einer Agrargemeinschaft gehört habe - abgesprochen werde." (Der so formulierte Beschwerdepunkt deckt sich mit der Begründung der ursprünglich von der Beschwerdeführerin selbst eingebrachten Beschwerde, in welcher sie ausdrücklich die Feststellung beantragte, dass eine Agrargemeinschaft an der Liegenschaft EZ 88 zwischen den Mitbeteiligten und ihr zu keiner Zeit bestanden habe.)

In Ausführung dieses Beschwerdepunktes macht die Beschwerdeführerin unter Punkt I (Entscheidungsinhalt) ihrer Beschwerde geltend, die belangte Behörde habe unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, von einem "früheren" Bestehen der Agrargemeinschaft auszugehen. Es liege eine Entscheidung vor, die verbindlich dahingehend abspreche, dass es eine Agrargemeinschaft gegeben habe, und zwar (mindestens) beginnend von der Einleitung des erstinstanzlichen Verfahrens bis zur nunmehrigen Zustellung der Entscheidung zweiter Instanz. Der Bescheid sei allerdings deshalb in seiner Gesamtheit anzufechten, weil, wenn man von einem Fortbestehen der Agrargemeinschaft ausgehe, die Frage offen sei, was ohne sachverhaltsmäßige Änderung Grundlage für eine Entscheidung hinsichtlich des Erlöschens der Agrargemeinschaft sein könnte. Das Fortbestehen hätte zur Konsequenz, dass die vorgenommene Verfahrenseinstellung ebenfalls nicht gerechtfertigt gewesen sei.

Unter Punkt II der Beschwerde wird zum Aspekt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gerügt, dass die belangte Behörde die Bejahung des Bestehens einer Agrargemeinschaft in der Vergangenheit nicht schlüssig begründet habe. Unklar sei auch die Dauer der Existenz der Agrargemeinschaft.

Unter Punkt III der Beschwerde führt die Beschwerdeführerin als inhaltliche Rechtswidrigkeit schließlich aus, es sei für sie nicht erkennbar, welche Gesetzesgrundlage für den behördlichen Standpunkt sprechen könnte. Zweifellos sei das einzig konkret angeführte Argument, wegen der Herstellung einer Verbindung mit Anteilen an einer Stammsitzliegenschaft sei vom Bestehen der Agrargemeinschaft auszugehen, verfehlt; das wäre so, als wenn man annehmen würde, dass durch eine Erklärung, dass irgendwelche Rechte einer juristischen Person übertragen würden, diese juristische Person geschaffen würde. Es werde zweifelsfrei davon auszugehen sein, dass eine solche Entscheidung ins Leere gehe, da für sie nichts anderes gelte, als wenn mit gleicher Konsequenz versehentlich die Existenz einer natürlichen Person angenommen würde. Auch durch eine rechtskräftige Verfahrenseinleitung könne keine juristische Person geschaffen werden. Abschließend sei auch noch bemerkt, dass es überhaupt nicht erkennbar sei, was die belangte Behörde meine, wenn sie sage, dass die Agrargemeinschaft "formal" bestanden habe.

Diese Beschwerdeausführungen sind nicht nur nicht geeignet, eine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin aufzuzeigen, sondern sind auch - von dem im Verfahren eingenommenen Standpunkt der Beschwerdeführerin aus betrachtet - nicht nachvollziehbar. Dies aus folgenden Gründen:

1. Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides bestätigt die Feststellung der BH, wonach es sich bei der Agrargemeinschaft K EZ 88 nicht mehr um eine agrargemeinschaftliche Liegenschaft im Sinne des vorzitierten Gesetzes handle.

Es kann im vorliegenden Fall dahin stehen, ob dieser Feststellung nur eine für die Zukunft wirkende Aussage oder auch (implizit) die Aussage zu entnehmen ist, dass bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides eine Agrargemeinschaft bestanden habe.

1.1. Geht man davon aus, dass dieser Feststellung hinsichtlich des zeitlichen Rechtsfolgenbereiches entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nur zu entnehmen ist, dass die EZ. 88 jedenfalls ab Rechtskraft des angefochtenen Bescheides keine Agrargemeinschaft darstellt, so bedeutet dies, dass der angefochtene Bescheid eine Aussage darüber, welche Rechtsform im Zeitraum vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides vorgelegen ist, nicht enthält. Insbesondere ist die - von der Beschwerdeführerin als unzutreffend gerügte - Aussage, es habe sich demnach bis zu diesem Zeitpunkt um eine Agrargemeinschaft gehandelt, dieser Feststellung nicht zu entnehmen.

Der angefochtene Bescheid enthält in seinem Spruchpunkt I bei diesem Verständnis die von der Beschwerdeführerin als Rechtsverletzung gerügte Aussage nicht, weshalb auch die von der Beschwerdeführerin aufgezeigte Rechtsverletzung nicht vorliegt.

1.2. Wenn man hingegen der Ansicht sein sollte, Spruchpunkt I umfasse durch die Verwendung der Worte "nicht mehr" doch auch eine Aussage darüber, dass im Zeitraum vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides eine Agrargemeinschaft vorgelegen sei, so wird mit einer Feststellung dieses Inhaltes auch keine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin aufgezeigt.

Die Beschwerdeführerin selbst nennt nämlich kein subjektivöffentliches Recht, in welches eine (gegebenenfalls unrichtige) Feststellung dieses Inhaltes eingriffe. Eine die Vergangenheit betreffende Fehlqualifikation einer Eigentümergemeinschaft allein stellte aber keinen Eingriff in das Eigentumsrecht der Beschwerdeführerin dar, welches in diesem Zusammenhang als verletzbares Recht in Frage kommt.

Dass bei weitem Verständnis des Inhaltes der Feststellung des Spruchpunktes I Rechte der Beschwerdeführerin verletzt wurden, wurde nicht dargetan und ist auch sonst nicht hervorgekommen.

1.3. Soweit sich die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides richtet, war sie daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2. Die Beschwerdeführerin bekämpft auch Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides und meint, wenn man vom Fortbestand der Agrargemeinschaft ausgehe, sei nicht erklärbar, welche Sachverhaltsänderungen das "Erlöschen" der Agrargemeinschaft bewirkt habe. Ohne eine wesentliche Sachverhaltsänderung dürfe eine Agrargemeinschaft nicht aufgelöst werden.

Auch in diesem Zusammenhang gelingt es der Beschwerdeführerin aus nachstehenden Gründen nicht, eine Rechtsverletzung aufzuzeigen.

2.1. Es erübrigt sich dabei, auf die Frage näher einzugehen, ob - im Verwaltungsverfahren von den Verfahrensparteien unbestritten und gerade von der Beschwerdeführerin, zB in der Verhandlung vor dem LAS, mit Vehemenz vertreten - in der Vergangenheit jemals eine Agrargemeinschaft vorlag oder nicht.

Sollte keine Agrargemeinschaft vorgelegen sein, haftete dem Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides schon deshalb keine Rechtswidrigkeit an.

Sollte hingegen ursprünglich eine Agrargemeinschaft vorgelegen sein, so zeigt ein Blick auf die Rechtslage allerdings, dass die als entscheidungswesentliche Grundlage herangezogene Bestimmung des § 2 Abs. 2 StAgrGG 1985 nicht erst durch die Novelle LGBl. Nr. 78/2001 - diesen Eindruck vermittelte die Hervorhebung der Novelle im Bescheid der ABB - die Fassung enthielt, wonach als agrargemeinschaftliche Grundstücke nur solche gelten, die von mindestens drei Eigentümern von Stammsitzliegenschaften oder Personen, denen persönliche Anteilsrechte zustehen, gemeinschaftlich oder wechselweise genutzt werden. Eine solche Fassung erhielt § 2 Abs. 2 leg. cit. vielmehr bereits durch die Novelle LGBl. Nr. 69/1984; die Novelle 2001 verschärfte diese Regelung nur insofern, als nunmehr von "mindestens drei nicht identen Eigentümern von mindestens drei Stammsitzliegenschaften" die Rede ist.

Das vorliegende agrargemeinschaftliche Grundstück wurde nach den im Akt erliegenden unbestrittenen Unterlagen aber nie von mehr als zwei Eigentümern von zwei Stammsitzliegenschaften genutzt. Sollte im vorliegenden Fall eine Änderung der rechtlichen Qualifikation von einer Agrargemeinschaft zu einer reinen Miteigentumsgemeinschaft eingetreten sein, dann wäre dies bereits mit Inkrafttreten der Novelle LGBl. Nr. 69/1984, somit mit 18. Oktober 1984, geschehen.

Sollte also eine Agrargemeinschaft vorgelegen sein, so hätte sie ihre rechtliche Qualifikation ex lege bereits im Jahr 1984 verloren. Die Abweisung eines im Jahr 1998 gestellten Antrages auf Spezialteilung und der Abschluss eines über diesen Antrag geführten Verfahrens (als Folge des von der ABB unzuständigerweise rechtskräftig eingeleiteten Teilungsverfahrens) mit Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides verletzt daher auch in diesem Fall keine Rechte der Beschwerdeführerin.

2.2. Soweit sich die Beschwerde gegen Spruchpunkt II wendet, war sie daher ebenfalls gemäß § 42 Abs.1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

3. Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 26. Februar 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003070071.X00

Im RIS seit

19.03.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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