TE Vwgh Erkenntnis 2004/2/27 2002/11/0129

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Veröffentlicht am 27.02.2004
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Führerscheingesetz;

Norm

FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §26 Abs1 Z3;
FSG 1997 §26 Abs4;
FSG 1997 §7 Abs3 Z1;
FSG 1997 §7 Abs5;
StVO 1960 §99 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Pallitsch, Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Dr. H in W, vertreten durch Dr. Eric Agstner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Tuchlauben 11, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 23. April 2002, Zl. MA 65 - 8/120/2002, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus einem im Verwaltungsakt erliegenden Computerausdruck der Verkehrsamtes der Bundespolizeidirektion Wien vom 15. Jänner 2002 geht hervor, dass dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung bereits u.a. für die Zeit vom 9. Jänner 1995 bis zum 9. April 1996 und vom 14. Jänner bis 14. April 2001 entzogen worden sei, und zwar jeweils auf Grund von Alkoholdelikten (AS 134).

In Erledigung der gegen ihren Mandatsbescheid vom 17. Jänner 2002 gerichteten Vorstellung entzog die Bundespolizeidirektion Wien gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 des Führerscheingesetzes (FSG) dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Klassen A und B für die Zeit von 15 Monaten, wobei die Entziehung mit 8. Jänner 2002 (Datum der vorläufigen Abnahme des Führerscheines) beginne und am 8. April 2003 ende. Einer allfälligen Berufung wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe am 8. Jänner 2002 um

22.40 Uhr im 18. Wiener Gemeindebezirk einen nach dem Kennzeichen näher bestimmten PKW in alkoholisiertem Zustand gelenkt, wobei der Alkoholgehalt der Atemluft 0,77 mg/l betragen habe. Es habe sich dabei um die zweite Trunkenheit innerhalb eines Jahres gehandelt.

Die dagegen erhobene Berufung wies der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 23. April 2002 gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und bestätigte den erstbehördlichen Bescheid. Begründend führte der Landeshauptmann von Wien nach Wiedergabe des Inhaltes des erstbehördlichen Bescheides und der Berufung aus, der festgestellte Sachverhalt sei vom Beschwerdeführer hinsichtlich des ermittelten Atemluftalkoholgehaltes zur Tatzeit nicht in Abrede gestellt worden, weshalb auch die Behörde zweiter Instanz auf Grund der unbestrittenen Anzeigeangaben davon habe ausgehen können. Die von der Behörde erster Instanz festgesetzte Entziehungsfrist müsse als Minimum des Erforderlichen angesehen werden, weil frühestens nach Ablauf dieser Bewährungsfrist aus einem bis dahin gezeigten Wohlverhalten auf eine entsprechende Änderung der Sinnesart geschlossen werden könne. Hiebei sei auch zu berücksichtigen, dass dem Beschwerdeführer bereits mehrmals die Lenkberechtigung entzogen worden sei und diese Maßnahmen offenbar keinen nachhaltigen Eindruck auf ihn hinterlassen hätten. Zutreffend habe die Erstbehörde im Rahmen der gemäß § 7 Abs. 5 FSG vorzunehmenden Wertung berücksichtigt, dass Alkoholdelikte zu den schwerst wiegenden Delikten im Straßenverkehr zählten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (seine Zustellung erfolgte am 14. Mai 2002) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof das FSG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 32/2002 maßgeblich.

Die im Beschwerdefall einschlägigen Bestimmungen des FSG lauteten (auszugsweise):

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

...

2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),

...

Verkehrszuverlässigkeit

§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.

...

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

...

(5) Für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

...

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z. 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

...

Dauer der Entziehung

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

...

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrzuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

...

Sonderfälle der Entziehung

§ 26. (1) Wird beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 begangen, so ist, wenn es sich nicht um einen Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klasse C oder D handelt, die Lenkberechtigung für die Dauer von 4 Wochen zu entziehen. Wenn jedoch

...

3. der Alkoholgehalt des Blutes 1,2 mg/l (1,2 %o) oder mehr, aber weniger als 1,6 mg/l (1,6 %o), oder der Alkoholgehalt der Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l, beträgt,

so hat die Entziehungsdauer mindestens 3 Monate zu betragen.

(4) Beträgt bei einem Lenker eines Kraftfahrzeuges der Alkoholgehalt des Blutes 0,5 mg/l (0,5 %o) oder mehr aber weniger als 0,8 mg/l (0,8 %o) oder der Alkoholgehalt der Atemluft 0,25 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,4 mg/l, und ist dies der zweite Verstoß gegen § 14 Abs. 8 innerhalb eines Zeitraumes von 12 Monaten ab dem ersten Verstoß, und liegt bei keinem der Verstöße auch eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 vor, so ist ihm die Lenkberechtigung für mindestens 3 Wochen zu entziehen; bei einem dritten derartigen Verstoß innerhalb desselben Zeitraumes für die Dauer von mindestens vier Wochen. Beim ersten Verstoß gegen § 14 Abs. 8 ist die Entziehung anzudrohen.

..."

2. Unstrittig ist im Beschwerdefall, dass der Beschwerdeführer am 8. Jänner 2002 in alkoholisiertem Zustand ein Kraftfahrzeug gelenkt hat, wobei der Alkoholgehalt der Atemluft bei einer kurze Zeit später durchgeführten Alkomatuntersuchung 0,77 mg/l betragen hat. Der Beschwerdeführer räumt selbst ein, dass es sich bei diesem Alkoholdelikt um das zweite innerhalb einer Zeit von einem Jahr gehandelt hat, und lässt die Feststellung der belangten Behörde, es sei ihm in der Vergangenheit bereits mehrmals die Lenkberechtigung entzogen worden, unbestritten.

Wie die belangte Behörde zutreffend erkannte, hatte sie vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinn des § 7 Abs. 3 Z. 1 FSG auszugehen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers liegt aber angesichts seines Alkoholisierungsgrades kein Fall vor, der nach § 26 Abs. 4 FSG zu beurteilen wäre. Ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,77 mg/l hätte vielmehr selbst im Falle erstmaliger Begehung eines derartigen Delikts nach § 99 Abs. 1 StVO 1960 gemäß § 26 Abs. 1 zweiter Satz Z. 3 FSG eine Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens drei Monaten nach sich zu ziehen.

Gegen die Verneinung der Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers im Rahmen der nach § 7 Abs. 5 FSG vorzunehmenden Wertung durch die belangte Behörde, die sich erkennbar auf die früheren Entziehungen der Lenkberechtigung wegen der Begehung von Alkoholdelikten bezogen hat, hegt der Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken. Im Hinblick auf das einschlägige Verhalten des Beschwerdeführers vor dem nunmehr verfahrensgegenständlichen Verstoß gegen die Alkoholvorschriften der StVO 1960 sowie auf den nicht geringen Grad der Alkoholisierung hegt er auch gegen die von der belangten Behörde zu Grunde gelegte Annahme, der Beschwerdeführer sei für die Zeit von 15 Monaten (gerechnet ab der vorläufigen Abnahme seines Führerscheines) verkehrsunzuverlässig, ungeachtet der äußerst knappen Bescheidbegründung im Ergebnis keine Bedenken (vgl. zur Bemessung der Entziehungszeit bei mehreren Alkoholdelikten z.B. die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2002, Zl. 2000/11/0099, und vom 13. August 2003, Zl. 2002/11/0168, jeweils m.w.N.).

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 27. Februar 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002110129.X00

Im RIS seit

30.03.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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