TE Vwgh Erkenntnis 2004/3/23 2003/11/0307

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Veröffentlicht am 23.03.2004
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
12/05 Sonstige internationale Angelegenheiten;
41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

B-VG Art130 Abs2;
KriegsmaterialV 1977 §1 Abs1 lita;
WaffG 1986 §18 Abs2;
WaffG 1986 §18 Abs5;
WaffG 1996 §10;
WaffG 1996 §18 Abs2 idF 2002/I/134;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Pallitsch, Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des E in A, vertreten durch Dipl. Ing. Mag. Andreas Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 30. Oktober 2003, Zl. S90931/195-Recht/2003, betreffend Ausnahmebewilligung zum Erwerb und Besitz von Kriegsmaterial, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 30. Oktober 2003 wies der Bundesminister für Landesverteidigung einen Antrag des Beschwerdeführers vom 10. September 2002 auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung zum Erwerb und Besitz eines halbautomatischen Gewehres USR, Einzelschussversion, Kaliber 5,56 mm, gemäß §§ 10 und 18 Abs. 2 und 5 des Waffengesetzes 1996 (WaffG) in Verbindung mit der Verordnung der Bundesregierung vom 22. November 1977 betreffend Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 624, ab. In der Begründung führte der Bundesminister für Landesverteidigung aus, bei der antragsgegenständlichen Waffe handle es sich um ein USR (Universal Sport Rifle), Einzelschussversion, Kal. 5,56 mm. Diese Waffe stelle einen für den US Markt gefertigtes halbautomatisches Sturmgewehr 77 (StG 77) dar. Das Gewehr sei als halbautomatische Waffe gefertigt. Mit dem USR könne auf Grund der veränderten Schlageinrichtung kein Dauerfeuer geschossen werden. Dem einfachen Wechsel der Schlageinrichtung sei durch konstruktive Maßnahmen am Kolben, Gehäuse und Gleitstück entgegen gewirkt worden. Der Lauf sei bis zur Mündung glatt ausgeführt, d.h. er verfüge über keine Kühlrippen und kein Gewinde zur Aufnahme eines Mündungsstückes. Das Gehäuse sei geteilt, wobei der abnehmbare Oberteil mit einer Picatinny Montageschiene zur Aufnahme von Visiermitteln ausgestattet sei. Der Verschlussstückkörper und der Lauf sowie diverse Kleinteile seien mit dem StG 77 kompatibel. In seinem Antrag habe der Beschwerdeführer erklärt, Sportschütze und Mitglied bei mehreren Sportschützenvereinen zu sein. Der Bundesminister für Inneres habe in einer Note vom 24. Juli 2003 erklärt, auf Grund technischer Gegebenheiten bzw. der Wirkungsweise der gegenständlichen Waffe keine Zustimmung zur Erteilung der beantragten Ausnahmebewilligung zu erteilen.

Nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtslage führte der Bundesminister für Landesverteidigung aus, die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 18 Abs. 2 WaffG liege im Ermessen der Behörde. Im Rahmen der Ermessensübung und der Anwendung des § 10 WaffG sei das öffentliche Interesse an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahren dem privaten Interesse der Partei gegenüber zu stellen. Beim antragsgegenständlichen halbautomatischen Gewehr handle es sich nicht um ein Sportgewehr, sondern um Kriegsmaterial im Sinn des § 1 Abschnitt I Z 1 lit. a der Verordnung der Bundesregierung betreffend Kriegsmaterial. Da der Beschwerdeführer das 21. Lebensjahr vollendet habe, erfülle er die diesbezüglichen Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 WaffG. Das von ihm glaubhaft gemachte Interesse an der Verwendung der antragsgegenständlichen Waffe zu Sportzwecken könne nicht grundsätzlich als unberechtigt angesehen werden.

Die Interessenabwägung gemäß § 10 WaffG stelle sich wie folgt dar: Mit der gegenständlichen Schusswaffe sei ein hohes Gefährdungspotenzial verbunden. Die Erklärung des Beschwerdeführers, die Gefährlichkeit der Waffe gehe nicht über Waffen der Kategorie B des WaffG hinaus, gehe insofern ins Leere, als Gegenstand des Verwaltungsverfahrens lediglich die antragsgegenständliche Waffe sei. Der Besitz von gefährlichen Schusswaffen wie dem gegenständlichen Gewehr durch Privatpersonen stelle generell eine Sicherheitsgefährdung dar, weil nicht auszuschließen sei, dass dieses Kriegsmaterial gegebenenfalls (nicht notwendigerweise durch den Beschwerdeführer selbst) sogar gegen Sicherheitsorgane eingesetzt werden könnte, die ihrerseits im Normalfall nicht mit solch leistungsstarken Waffen ausgerüstet seien. Eine waffenmäßige Überlegenheit von Privatpersonen gegenüber den für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit und damit für den Schutz des Staatsbürgers verantwortlichen Sicherheitsorganen müsse aber strikt abgelehnt werden. Würde man daher eine stark verbreitete Überlassung des gegenständlichen Kriegsmaterials an Privatpersonen zulassen, so würde dies unter Umständen zu höchst unerwünschten Verhältnissen auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit, wie etwa die Häufung von Unfällen, Missbräuchen und Straftaten, führen. Das Interesse am Erwerb und Besitz des gegenständlichen Gewehres habe der Beschwerdeführer in seinem Antrag damit begründet, dass er die Waffe zu sportlichen Zwecken verwenden wolle. Stelle man jedoch sein Interesse dem öffentlichen Interesse, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahren bestehe, gegenüber, so zeige sich, dass das öffentliche Interesse weitaus gewichtiger sei als das private Interesse des Beschwerdeführers. Im Hinblick auf diese Überlegungen könne das private Interesse des Beschwerdeführers an der Nutzung der Waffe zu sportlichen Zwecken nicht berücksichtigt werden, ohne dadurch eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahren herbeizuführen. In diese Beurteilung sei auch der Umstand eingeflossen, dass die gegenständliche Waffe als halbautomatisches Gewehr konstruiert sei. Da das private Interesse des Beschwerdeführers nicht geeignet gewesen sei, gegenüber den in § 10 WaffG angeführten öffentlichen Interessen durchzuschlagen, sei eine positive Ermessensentscheidung zu Gunsten des Beschwerdeführers nicht zulässig. Ergänzend werde festgehalten, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Sportschützentätigkeit sowie der geplanten Verwahrung der gegenständlichen Waffe zu keiner Änderung der Beurteilung habe führen können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Gewährung einer Ausnahmebewilligung zum Erwerb und Besitz von Kriegsmaterial bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen als beschwert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (seine Zustellung erfolgte am 4. November 2003) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof das WaffG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 134/2002 maßgeblich.

1.1. Die einschlägigen Bestimmungen des WaffG lauten (auszugsweise):

"Kriegsmaterial

§ 5. Kriegsmaterial sind die auf Grund des § 2 des Bundesgesetzes über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 540/1977, durch Verordnung bestimmten Waffen, Munitions- und Ausrüstungsgegenstände.

...

Kriegsmaterial

§ 18. (1) Der Erwerb, der Besitz und das Führen von Kriegsmaterial sind verboten.

(2) Der Bundesminister für Landesverteidigung kann verlässlichen Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und ein berechtigtes Interesse für den Erwerb, Besitz oder das Führen von Kriegsmaterial glaubhaft machen, Ausnahmen von den Verboten des Abs. 1 bewilligen. Solche Ausnahmebewilligungen bedürfen des Einvernehmens mit dem Bundesminister für Inneres. Sie sind zu versagen, wenn gegen ihre Erteilung gewichtige Interessen, insbesondere militärischer oder sicherheitspolizeilicher Art sprechen."

1.2. § 2 des Bundesgesetzes über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 540/1977, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 30a/1991, lautet:

"§ 2. Die Bundesregierung bestimmt im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates durch Verordnung, welche Waffen, Munitions- und Ausrüstungsgegenstände nach dem jeweiligen Stand der militärtechnischen Entwicklung als Kriegsmaterial im Sinne dieses Bundesgesetzes anzusehen sind."

1.3. Die Verordnung der Bundesregierung betreffend Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 624/1977, lautet (auszugsweise):

"§ 1. Als Kriegsmaterial sind anzusehen: Waffen, Munition und Geräte

1.

...

a) Halbautomatische Karabiner und Gewehre, ausgenommen Jagd- und Sportgewehre, vollautomatische Gewehre, Maschinenpistolen, Maschinenkarabiner und Maschinengewehre;

..."

2. Nicht zu beanstanden ist im Beschwerdefall zunächst die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, bei dem in Rede stehenden Gewehr handle es sich nach § 1 Abschnitt I Z 1 lit. a der Verordnung der Bundesregierung betreffend Kriegsmaterial um Kriegsmaterial. Die Kriegsmaterialeigenschaft wird auch vom Beschwerdeführer nicht in Zweifel gezogen.

Es steht weiters nicht in Streit, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Erteilung der Ausnahmebewilligung gemäß § 18 Abs. 2 WaffG erfüllt.

Wie sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides unzweifelhaft ergibt, hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid eine Ermessensentscheidung getroffen. Bei Ermessensentscheidungen hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich zu prüfen, ob die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen Gebrauch gemacht hat oder ob dies - in Form einer Ermessensüberschreitung oder eines Ermessensmissbrauches - nicht der Fall gewesen ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 13. August 2003, Zl. 2001/11/0170 mwN). Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zur Auffassung gelangt ist, dass bei Abwägung des vom Beschwerdeführer geltend gemachten privaten Interesses, nämlich seines Interesses an der Verwendung einer eigenen (militärischen) Waffe zu Sportzwecken, mit dem öffentlichen Interesse, derartige Waffen aus allgemeinen Sicherheitsgründen privater Hand nicht anzuvertrauen, dem Beschwerdeführer die beantragte Ausnahmebewilligung nicht zu erteilen ist, stellen sich diese Erwägungen als durchaus mit dem Gesetz in Einklang stehend dar und lassen nicht erkennen, dass die belangte Behörde ihr Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes gehandhabt hat.

Die Richtigkeit der vom Beschwerdeführer aufgestellten Behauptung, dass von der in seinem Antrag genannten militärischen Waffe kein höheres Gefahrenpotenzial ausgehe als von Selbstladegewehren nach Kategorie B des Waffengesetzes 1996, war für die von der belangten Behörde zu treffende Entscheidung nicht von ausschlaggebender Bedeutung, weil die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Überlegung, dass Sicherheitskräfte im Normalfall nicht mit derart leistungsstarken Waffen (im Beschwerdefall: einer Waffe, die mit Ausnahme der Dauerschussvorrichtung im Wesentlichen dem StG 77 entspricht) ausgerüstet seien, jedenfalls zutrifft (vgl. das eine halbautomatische Version des StG 77 betreffende hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1998, Zl. 97/11/0367). Daran vermag auch das Vorbringen des Beschwerdeführers nichts zu ändern, dass er als Sportschütze mit großen schießsportlichen Erfolgen "nahezu ständig mit militärischen Waffen auf Schießständen schieße und zur Erreichung von höheren Ringzahlen und zur Steigerung seines eigenen Leistungspotenzials eine eigene Waffe in dieser Kategorie benötige".

Soweit der Beschwerdeführer ausführt, er würde die antragsgegenständliche Waffe in einem Panzerschrank verwahren, sodass auch die Möglichkeit einer unberechtigten Entnahme oder Benützung äußerst unwahrscheinlich, wenn nicht faktisch ausgeschlossen sei, ist er darauf zu verweisen, dass dieser Umstand im Rahmen der Verlässlichkeitsprüfung ohnehin zu seinen Gunsten berücksichtigt wurde (vgl. erneut das erwähnte hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1998).

Vor diesem Hintergrund, insbesondere der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Erteilung von Ausnahmebewilligungen im Zusammenhang mit halbautomatischen Versionen des StG 77, ist schließlich nicht zu erkennen, wie die belangte Behörde bei Vermeidung des vom Beschwerdeführer behaupteten Verfahrensmangels, nämlich der Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens zum "Gefährdungspotenzial" der antragsgegenständlichen Waffe, zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können.

Da sich schon eine Ermessensübung, wie sie die belangte Behörde vorgenommen hat, nicht als rechtswidrig erweist, braucht auch die Frage, ob darüber hinaus Versagungsgründe im Sinne des § 18 Abs. 2 zweiter Satz WaffG vorliegen, nicht geprüft zu werden.

Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 23. März 2004

Schlagworte

Ermessen besondere RechtsgebieteErmessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003110307.X00

Im RIS seit

30.04.2004

Zuletzt aktualisiert am

03.04.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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