TE Vwgh Beschluss 2004/3/24 2004/12/0034

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Veröffentlicht am 24.03.2004
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
23/01 Konkursordnung;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

ABGB §1024;
AVG §10 Abs2;
BDG 1979 §10 Abs2;
KO §1;
KO §26 Abs1;
KO §26;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 99/12/0063

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, 1. über den Antrag der G in S, vertreten durch Dr. Karl Fischer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Wiener Straße 12, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der (unter Zl. 99/12/0063 protokollierten) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 29. Dezember 1998, Zl. 27570/6-III 7/98, betreffend die Kündigung eines provisorischen Dienstverhältnisses gemäß § 10 Abs. 4 Z 4 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes (BDG) 1979, und

2. über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Wiedereinsetzungsantrag und die Beschwerde werden zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 5. Februar 1998 ernannte der Bundesminister für Justiz die Beschwerdeführerin "auf Grund ihrer Verwendung als Rechtspflegeranwärterin für das Arbeitsgebiet in Zivilprozess-, Exekutions- und Insolvenzsachen beim Bezirksgericht J" mit Wirksamkeit vom 1. März 1998 auf eine Planstelle des Allgemeinen Verwaltungsdienstes in der Grundlaufbahn der Verwendungsgruppe A2 (Gehobener Dienst) im Planstellenbereich des Bundesministeriums für Justiz - Justizbehörden in den Ländern. Der Bescheid enthält den Hinweis, dass das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis zunächst provisorisch sei und erst bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auf Antrag des Beamten definitiv werde. Am 17. März 1998 beurkundete der Bundesminister für Justiz auf Grund des § 4 des Rechtspflegergesetzes, dass die Beschwerdeführerin die im § 3 des Rechtspflegergesetzes genannten Voraussetzungen erfülle und die Befähigung zur Besorgung der in den §§ 16, 17 und 17a des Rechtspflegergesetzes angeführten Geschäfte der Gerichtsbarkeit in Zivilprozess-, Exekutions- und Insolvenzsachen für das Bundesgebiet erlangt habe. Sie wurde daraufhin am Bezirksgericht J. verwendet.

Nach einem - mit der damals unvertretenen Beschwerdeführerin abgeführten - Verwaltungsverfahren kündigte der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien mit Bescheid vom 6. Oktober 1998 ihr Dienstverhältnis unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum 31. Jänner 1999 auf. Er führte (zusammengefasst) aus, durch das "ungezügelte Wirtschaften" und daraus resultierend das Auflaufen zahlreicher Exekutionen müsse in den Augen der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen, dass die Beschwerdeführerin einer gewissenhaften Tätigkeit als Exekutionsrechtspflegerin nicht nachkommen könne. Dieses außerdienstliche Verhalten sei daher pflichtwidrig im Sinn des § 10 Abs. 4 Z 4 iVm § 43 Abs. 2 BDG 1979, weshalb aus diesem Grund die Kündigung auszusprechen sei. Der Bescheid wurde der Beschwerdeführerin zu eigenen Handen am 13. Oktober 1998 zugestellt.

Am 27. Oktober 1998 langte im Präsidium des Oberlandesgerichtes Wien eine Berufung gegen den vorgenannten Bescheid ein. Für die Beschwerdeführerin schritt hiebei Mag. A., eine Sekretärin des Österreichischen Gewerkschaftsbundes - Gewerkschaft öffentlicher Dienst - ein, die geltend machte, gemäß § 10 Abs. 4 AVG bevollmächtigt zu sein. Der Berufungsantrag lautete auf Aufhebung des bekämpften Bescheides; außerdem beantragte die Beschwerdeführerin, der Berufung gemäß § 12 Abs. 2 DVG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Die Bevollmächtigung wurde im Verwaltungsverfahren nicht in Zweifel gezogen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29. Dezember 1998 gab der Bundesminister für Justiz (= belangte Behörde) der Berufung nicht Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. In der Sache teilte er die Ansicht über das Vorliegen eines pflichtwidrigen außerdienstlichen Verhaltens, sodass bei objektiver Betrachtungsweise eine weitere Verwendung der Beschwerdeführerin im Justizdienst nicht tragbar sei. Eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erfolgte nicht, weil der unter Berücksichtigung der gesetzlichen Kündigungsfrist festgesetzte Endtermin (31. Jänner 1999) dadurch nicht berührt werde. Der Bescheid wurde Mag. A. als ihrer Rechtsvertreterin am 15. Jänner 1999 zugestellt.

Dagegen richtete sich die am 2. März 1999 zur Post gegebene unter Zl. 99/12/0063 protokollierte Beschwerde der nunmehr durch einen - unter Berufung auf eine ihm "erteilte Vollmacht" - einschreitenden Rechtsanwalt vertretenen Beschwerdeführerin. Sie brachte vor, der bekämpfte Bescheid sei ihr "am 21.1.1999 zugegangen". Die Beschwerdeführerin erachtete sich "in ihrem Recht, dass ihr provisorisches Dienstverhältnis gekündigt wird, durch unrichtige Anwendung des § 10 Abs. 4 Z 4 BDG 1979 verletzt". Sie beantragte daher, den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Am 18. Februar 2004 wurde dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin der Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Februar 2004 zugestellt, binnen zwei Wochen folgende Mängelbehebungen vorzunehmen:

Es sei der Tag, an dem der angefochtene Bescheid zugestellt worden sei, anzugeben (§ 28 Abs. 1 Z 7 VwGG) und dazu Stellung zu nehmen, dass im Verwaltungsverfahren eine am 15. Jänner 1999 zu eigenen Handen vorgenommene Zustellung an die bevollmächtigte Rechtsvertreterin (§ 10 Abs. 4 AVG) Mag. A. ausgewiesen sei. Das für sich allein unmaßgebende Beschwerdevorbringen, der angefochtene Bescheid sei "der Beschwerdeführerin am 21.1.1999 zugegangen", sei daher nicht nachvollziehbar. Weiters sei das Recht, in dem die beschwerdeführende Partei verletzt zu sein behaupte (Beschwerdepunkte, § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), bestimmt zu bezeichnen.

Die Beschwerdeführerin brachte hierauf fristgerecht zwei Schriftsätze ein. In der ersten (am selben Tag zur Post gegebenen) Stellungnahme vom 27. Februar 2004 führte sie zur Frage nach dem Zustelldatum aus:

"Die am 15.1.1999 zu eigenen Handen vorgenommene Zustellung an die in Ihrem Schreiben als bevollmächtigt ausgewiesene Rechtsvertreterin (§ 10 Abs. 4 AVG) Mag. A. ist unwirksam, da die Rechtsvertreterin, Mag. A., zu diesem Zeitpunkt auf Grund § 26 KO keinerlei Vollmacht besaß. Gemäß § 26 KO erlischt ein vom Gemeinschuldner erteilter Auftrag mit Konkurseröffnung. Im vorliegenden Fall erfolgte die Konkurseröffnung bereits am 2.10.1998, sodass am Tag der Zustellung (15.1.1999) Frau Mag. A. nicht zur Rechtsvertretung von Frau G. (der Beschwerdeführerin) bevollmächtigt war. Die Frist beginnt daher erst mit 21.1.1999, dem Datum des Tages der Zustellung des angefochtenen Bescheides zu Handen des Masseverwalters zu laufen. Die Frist zur Erhebung des Rechtsmittels ist somit gewahrt."

Für den Fall, dass dieser Argumentation "nicht Folge geleistet" werde, beantragte die Beschwerdeführerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (protokolliert unter Zl. 2004/12/0034). Sie bringt dazu vor, weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus anderen Schriftstücken sei eine Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin durch Mag. A. ersichtlich. Auch der Masseverwalter habe sie zu keinem Zeitpunkt mit der rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt. Der mit der Zustellung verbundene Beginn des Fristenlaufes mit 15. Jänner 1999 sei daher unverschuldet nicht bekannt gewesen. Hieraus ergebe sich, dass der bevollmächtigte Rechtsvertreter durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis, nämlich die "unverschuldete Unkenntnis von der Existenz von Frau Mag. A." und der damit verbundenen unverschuldeten Unkenntnis von dem durch die Zustellung des Bescheides beginnenden Fristenlauf, nicht die Möglichkeit gehabt habe, die Frist zur Erhebung der Beschwerde einzuhalten. Dadurch habe die Beschwerdeführerin einen Rechtsnachteil erlitten, der im Ausschluss von der Erhebung der Beschwerde bestehe. Die Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages ergebe sich daraus, dass das die Nichteinhaltung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof verursachende unabwendbare und unvorhersehbare Ereignis erst am 18. Februar 2004, dem Tag der Zustellung des Mängelbehebungsauftrages, weggefallen sei. Erst zu diesem Zeitpunkt sei "die Existenz von Frau Mag. A." bekannt geworden.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Die Beschwerdeführerin macht - wie aus einer Beilage zur ergänzenden Stellungnahme vom 1. März 2004 hervorgeht - zunächst geltend, dass über ihr Vermögen (als Einzelunternehmerin) mit Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten vom 2. Oktober 1998 zu 27 S 269/98i das Konkursverfahren eröffnet worden sei. Dr. Michael S., Rechtsanwalt in St. Pölten, sei zum Masseverwalter bestellt worden.

Aus diesem Umstand kann sie jedoch nicht schlüssig die von ihr primär angestrebte Rechtsfolge ableiten, dass die Zustellung an Mag. A., die ohne Bevollmächtigung oder Billigung durch den Masseverwalter eingeschritten war, unwirksam wäre.

Die Beschwerdeführerin übersieht nämlich, dass die Arbeitskraft eines Gemeinschuldners kein Massebestandteil im Sinn des § 1 KO ist. Ihn trifft zwar die Pflicht zur Mehrung der Masse und damit zur Ausübung einer entsprechenden Erwerbstätigkeit. Was der Gemeinschuldner auf diese Weise während des Konkurses durch eigene Tätigkeit erwirbt, gehört grundsätzlich zur Konkursmasse und scheidet aus dieser erst dann aus, wenn und soweit es dem Gemeinschuldner vom Masseverwalter überlassen wird. Das ändert jedoch nichts daran, dass der Gemeinschuldner selbst die Dispositionsfähigkeit über ein Dienstverhältnis als solches behält. Von einer Beschränkung seiner Handlungsfähigkeit im Umfang der hier gegenständlichen Beendigung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses kann somit nicht die Rede sein (vgl. zu privatrechtlich begründeten Arbeitsverhältnissen die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 17. Juni 1980, 4 Ob 139/79 = SZ 53/92; allgemein Buchegger in Bartsch/Pollak/Buchegger4, Rz 82 zu § 1 KO, jeweils mit weiteren Nachweisen aus Lehre und Judikatur).

In dem die Kündigung eines provisorischen Dienstverhältnisses betreffenden Verwaltungsverfahren war somit weder eine Vollmachtserteilung durch den Masseverwalter (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 14. März 1995, Zl. 94/07/0095, mit weiteren Nachweisen der Vorjudikatur) noch eine Genehmigung der Verfahrensführung durch ihn vorgesehen. Eine solche war daher auch nicht erforderlich.

Der weiteren Argumentation mit dem Fehlen einer ausreichenden und fortdauernden Vollmacht der Mag. A. ist Folgendes zu entgegnen:

Gemäß § 10 Abs. 2 AVG richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen. Hiezu sieht § 1024 ABGB vor, dass dann, wenn der Machtgeber in Konkurs verfällt, alle Handlungen, die der Gewalthaber nach Kundmachung des Konkurses im Namen des Konkursschuldners unternommen hat, ohne Rechtskraft sind. Ebenso erklärt die Verhängung des Konkurses über das Vermögen des Machthabers schon an und für sich die erteilte Vollmacht für aufgehoben. Aus diesen Bestimmungen, die insoweit keine anderen Rechtsfolgen als der in der Beschwerde zitierte § 26 KO anordnen, folgt grundsätzlich, dass eine Bevollmächtigung mit der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Vollmachtgebers ex lege erlischt (vgl. den hg. Beschluss vom 23. Februar 1994, Zl. 93/09/0331, sowie das hg. Erkenntnis vom 29. November 2000, Zl. 99/09/0112, jeweils mit weiteren Nachweisen der Vorjudikatur).

Die Beschwerdeführerin übersieht jedoch, dass § 26 Abs. 1 KO - ebenso § 1024 erster Satz ABGB -, wonach ein vom Gemeinschuldner erteilter Auftrag mit der Konkurseröffnung erlischt, nur für Aufträge gilt, die sich auf Massebestandteile beziehen (vgl. Petschek/Reimer/Schiemer, Das Österreichische Insolvenzrecht, 275), also zu einer Schmälerung der Masse führen können (vgl. den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 30. August 1994, 5 Ob 93/93 = NZ 1996, 143). Dagegen werden andere Aufträge, also solche, die sich auf das konkursfreie Vermögen oder auf nicht zur Masse gehörende Rechte beziehen, durch die Konkurseröffnung nicht berührt (vgl. Gamerith in Bartsch/Pollak/Buchegger aaO., Rz 6 zu § 26 KO mwN in FN 15 ff; Strasser in Rummel3, Rz 30 zu §§ 1020 bis 1026 ABGB). Der von der Beschwerdeführerin an Mag. A. erteilte Auftrag ist durch die Konkurseröffnung über ihr Vermögen demnach nicht erloschen, weil hievon kein Bestandteil der Masse, sondern lediglich der Fortbestand ihres öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses betroffen war (vgl. zuletzt den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 30. Jänner 2002, 3 Ob 120/01w = RdW 2002/506 = ZIK 2002/122 mit weiteren Nachweisen).

Weiters folgt aus dem Wortlaut der im Sinn des § 10 Abs. 2 AVG maßgebenden bürgerlich-rechtlichen Bestimmung des § 1024 ABGB, dass sich die dargestellte Rechtsfolge nicht auf eine Vollmacht erstreckt, die vom Gemeinschuldner erst nach Konkurseröffnung erteilt wird (vgl. Strasser in Rummel3, Rz 31 zu §§ 1020 bis 1026 ABGB).

Die Beschwerdeführerin ist bis zum 13. Oktober 1998 - also bereits nach der Eröffnung des Konkursverfahrens - im Verwaltungsverfahren ohne Vertretung eingeschritten. An diesem Tag ist sie letztmals selbst tätig geworden und hat den ihr von ihrer Gerichtsvorsteherin zugestellten Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien übernommen. Das Konkursverfahren hatte daher gemäß § 10 Abs. 2 AVG und § 1024 ABGB auf die (naturgemäß) spätere Beauftragung von Mag. A. zur Erhebung einer Berufung gegen diesen Bescheid keinen Einfluss. Das Verwaltungsverfahren betraf nämlich, wie bereits dargestellt, das nicht in die Masse fallende öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin. Es war daher nicht vom Masseverwalter zu führen.

Ausgehend von der demnach wirksamen Zustellung des angefochtenen Bescheides am 15. Jänner 1999 hat die Beschwerdeführerin mit ihrer am 2. März 1999 zur Post gegebenen Beschwerde die Beschwerdefrist versäumt, sodass ein Wiedereinsetzungsantrag zur Beseitigung damit verbundener Nachteile an sich in Betracht kommt.

Zum Wiedereinsetzungsantrag ist Folgendes zu bemerken:

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehens oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Ein derartiger Antrag ist beim Verwaltungsgerichtshof gemäß § 46 Abs. 3 VwGG binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

Im vorliegenden Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass die zweiwöchige Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages gewahrt wurde. Diese Frist beginnt laut Gesetz mit dem Aufhören des Hindernisses. Als Hindernis im Sinn des § 46 Abs. 3 leg. cit. ist jenes Ereignis nach § 46 Abs. 1 leg. cit. zu verstehen, das die Fristeinhaltung verhindert hat. Bei einem Tatsachenirrtum über den Ablauf der Frist hört das Hindernis auf, sobald der Beschwerdeführer oder sein Rechtsvertreter den Tatsachenirrtum als solchen erkennen konnte und musste (vgl. die hg. Beschlüsse vom 14. März 2001, Zl. 2001/08/0031, vom 21. November 2002, Zl. 2002/07/0126, und vom 17. Dezember 2002, Zl. 2002/14/0127, jeweils mit weiteren Nachweisen).

In der Beschwerde ist davon die Rede, dass der angefochtene Bescheid der Beschwerdeführerin am 21. Jänner 1999 "zugegangen" ist. Das schließt ein bloß faktisches Zukommen an die Beschwerdeführerin mit ein, sodass schon deshalb (wegen dieser Angaben) ein Aufklärungsbedarf des Beschwerdevertreters bestand, ob er diesen Zeitpunkt mit dem der wirksamen Zustellung gleichsetzen durfte. Gerade bei einem Auseinanderfallen zwischen Zukommen und wirksamer Zustellung liegen Irrtümer über den Zeitpunkt Letzterer nahe. Entsprechende Nachfragen beim Mandanten zählen daher (jedenfalls in diesem Fall) zu den grundlegenden, von jedem Rechtsanwalt zu fordernden Obliegenheiten. Die aus der Beschwerdeschrift vom 2. März 1999 hervorgehende (nach dem Inhalt des nunmehrigen Wiedereinsetzungsantrages ungeprüft gebliebene) Annahme der Identität des faktischen Zuganges des letztinstanzlichen Bescheides an die Beschwerdeführerin am 21. Jänner 1999 mit der Rechtswirksamkeit einer Zustellung entspricht dieser Sorgfalt nicht (vgl. das zu Ersatzzustellungen ergangene hg. Erkenntnis vom 23. November 1994, Zl. 93/13/0058). Die Art einer allenfalls gehandhabten konkreten Nachprüfung wurde im Wiedereinsetzungsantrag darüber hinaus nicht einmal dargelegt.

Abgesehen davon liegt ein Verschulden der Beschwerdeführerin selbst deshalb vor, weil sie dem nunmehrigen Beschwerdevertreter die ihr bekannte Bevollmächtigung von Mag. A. nicht bekannt gegeben hat. Der Wiedereinsetzungsantrag enthält keinerlei Ausführungen dazu, weshalb ihr eine diesbezügliche Information nicht möglich gewesen oder diese bloß wegen leichter Fahrlässigkeit ihrerseits unterblieben wäre. Unbeschadet der rechtlichen Beurteilung des Zustellvorganges war sie jedenfalls gehalten, ihr Bekanntes über eine Vollmachtserteilung in dem der Beschwerde zu Grunde liegenden Verwaltungsverfahren dem nunmehrigen Rechtsvertreter vollständig mitzuteilen (vgl. Mayer, B-VG3, Punkt III. zu § 46 VwGG mit weiteren Nachweisen).

Es ist daher insgesamt davon auszugehen, dass der rechtsfreundliche Vertreter der Antragstellerin bereits bei Verfassung der Beschwerde vom 2. März 1999 bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen, dass die Beschwerdefrist (zumindest) bereits abgelaufen sein könnte. Damit hat das Hindernis an der Fristeinhaltung im Sinn des § 46 Abs. 3 VwGG jedenfalls am 2. März 1999 geendet, sodass spätestens an diesem Tag die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist zu laufen begann. Der am 27. Februar 2004 zur Post gegebene Wiedereinsetzungsantrag war somit als verspätet zurückzuweisen.

Ausgehend von der wirksamen Zustellung des letztinstanzlichen Bescheides am 15. Jänner 1999 erweist sich die am 2. März 1999 zur Post gegebene Beschwerde als gemäß § 26 Abs. 1 VwGG verspätet. Sie war somit gemäß § 34 Abs. 1 iVm Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff und 51 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 24. März 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004120034.X00

Im RIS seit

08.06.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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