TE Vwgh Erkenntnis 2004/3/30 2004/21/0013

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Veröffentlicht am 30.03.2004
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §37;
FrG 1993 §36 Abs2;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §56 Abs2;
FrG 1997 §57;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Wechner, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. Gerald Vasak, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Bräunerstraße 10/5, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 23. Oktober 2003, Zl. III- 1009020/FrB/03, betreffend Abschiebungsaufschub, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, seinen Angaben zufolge ein Staatsangehöriger des Sudan, reiste am 30. November 1999 nach Österreich ein. Sein Asylantrag wurde rechtskräftig abgewiesen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 21. August 2001, Zl. 2000/01/0380), außerdem stellte der unabhängige Bundesasylsenat mit (im zweiten Rechtsgang ergangenem) rechtskräftigem Bescheid vom 28. Mai 2002 gemäß § 8 AsylG iVm § 57 FrG fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers "nach dem Sudan" zulässig sei. In der Folge wurde gegen den Beschwerdeführer von der Bundespolizeidirektion Wien (der belangten Behörde) ein - unbekämpft gebliebenes - unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt.

Am 26. Mai 2003 langte bei der belangten Behörde ein in Englisch gefasster Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Abschiebungsaufschubes ein. Dieser Antrag wurde - nachstehend in der deutschen Übersetzung - wie folgt begründet:

"Betreffend Ihres Briefes, wonach nach Ablauf meiner Strafe die Möglichkeit besteht, mich in den Sudan abzuschieben: Ich stelle an die oben genannte Adresse oder Behörde den Antrag, mir einen Abschiebungsaufschub zu bewilligen aus den folgenden Gründen:

Ich würde getötet werden, das steht fest, wegen meines religiösen Problems in Juba, das immer noch zwischen den Christen und den Muslimen besteht. Mein Leben und mein Glauben sind nicht sicher.

Ich habe keine Angehörigen im Sudan. Deshalb würde meine Abschiebung dorthin eventuell sogar meinen Tod bedeuten."

Mit Bescheid vom 23. Oktober 2003 wies die belangte Behörde den Antrag auf Erteilung eines Abschiebungsaufschubes gemäß § 56 Abs. 2 FrG ab. Diese Entscheidung begründete sie nach Darstellung des Ganges des Asylverfahrens des Beschwerdeführers im Wesentlichen damit, dass er - seine Identität sowie seine Staatsangehörigkeit stünden derzeit nicht fest - im Sudan keiner Verfolgung, welcher Art auch immer, ausgesetzt sei. Insoweit schließe sie (die belangte Behörde) sich den Ausführungen des Bundesasylamtes an, wonach die Angaben des Beschwerdeführers über seine Identität, Staatsangehörigkeit sowie Verfolgung im Sudan als unglaubwürdig eingestuft worden seien. Gründe, die das Vorbringen des Beschwerdeführers in einem glaubwürdigen Licht erscheinen ließen, seien nicht vorhanden. Der Grund, der derzeit die Abschiebung des Beschwerdeführers hindere, werde von ihm selbst herbeigeführt; er gebe seine wahre Identität und Staatsbürgerschaft nicht bekannt, obwohl ihm dies möglich und zumutbar wäre. Auf Grund der Unglaubwürdigkeit seines gesamten Vorbringens "unter Berücksichtigung des Umstandes, dass Sie kein Staatsbürger von Nigeria sind", habe auch keine Bedrohung des Beschwerdeführers im Sudan festgestellt werden können.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Beschwerdeführer hat seinen Antrag nach § 56 Abs. 2 FrG im Ergebnis allein damit begründet, dass seine Abschiebung in den Sudan aus den Gründen des § 57 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG rechtlich unzulässig sei. Dabei hat er allerdings nichts behauptet, was erkennbar über sein bereits im Asylverfahren erstattetes Vorbringen hinausgehen würde. Im Rahmen dieses Asylverfahrens ist es jedoch bereits zu einer Prüfung der Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Sudan vor dem Hintergrund des § 57 FrG gekommen: Der unabhängige Bundesasylsenat gelangte - wie eingangs dargestellt - zu dem Ergebnis, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Sudan zulässig sei. Dieser Ausspruch ist in Rechtskraft erwachsen, eine Neubeurteilung der Frage der Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Sudan auf Basis des unverändert gebliebenen Sachverhaltes ist daher nicht möglich.

Die belangte Behörde hat sich zwar auf das Asylverfahren des Beschwerdeführers bezogen, dabei allerdings nicht mit der Rechtskraft des Ausspruches nach § 8 AsylG, sondern damit argumentiert, dass sie sich den Ausführungen des Bundesasylamtes anschließe, wonach die Angaben des Beschwerdeführers über seine Identität, Staatsangehörigkeit sowie Verfolgung im Sudan als unglaubwürdig eingestuft worden seien; Gründe, die sein Vorbringen in einem glaubwürdigen Licht erscheinen ließen, seien nicht vorhanden. In der gegenständlichen Beschwerde wird dagegen im Ergebnis vorgebracht, dass sich die belangte Behörde auf Grund eines selbst geführten/ergänzten Ermittlungsverfahrens selbst ein Bild über den Sachverhalt und die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers hätte machen müssen und dass seine Abschiebung (gemeint: in den Sudan) "menschenrechtswidrig und unzulässig" sei. Darauf braucht indes nach dem Vorgesagten nicht näher eingegangen werden, weil - unabhängig von der Argumentation der belangten Behörde - schon der rechtskräftige Ausspruch über die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Sudan durch die Asylbehörden der Erteilung eines Abschiebungsaufschubes im Grunde des § 57 FrG (bezogen auf den Sudan) entgegensteht. Auch der Umstand, dass die belangte Behörde an einer Stelle ihres Bescheides widersprüchlich (und offenbar irrtümlich) davon spricht, dass der Beschwerdeführer "kein Staatsbürger von Nigeria" sei, vermag daran nichts zu ändern.

Ein Abschiebungsaufschub ist nicht nur dann zu erteilen, wenn die Abschiebung des Fremden gemäß § 57 FrG unzulässig ist, sondern auch dann, wenn die Abschiebung aus tatsächlichen Gründen unmöglich scheint. Im Verwaltungsverfahren hat der Beschwerdeführer freilich nicht vorgebracht, dass dieser zweite Fall vorliege. Auch in der Beschwerde findet sich dazu nichts; die Ausführungen, die Abschiebung des Beschwerdeführers sei tatsächlich unmöglich, werden dort vielmehr allein im Zusammenhang mit § 57 Abs. 2 und 4 FrG und damit mit der Frage der (rechtlichen) Unzulässigkeit der Abschiebung erstattet, denen jedoch (siehe oben) keine Relevanz zukommen kann. Davon ausgehend braucht auf die behördlichen Überlegungen zur "tatsächlichen Unmöglichkeit" (vgl. dazu aber der Vollständigkeit halber das hg. Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 98/21/0491, und den hg. Beschluss vom 19. November 2002, Zl. 2002/21/0054) nicht näher eingegangen werden.

Zusammenfassend ergibt sich somit, dass dem bekämpften Bescheid im Ergebnis keine Rechtswidrigkeit anhaftet. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG. Da die belangte Behörde für ihre Aktenvorlage lediglich den Ersatz von EUR 41,-- angesprochen hat, war ihr nur dieser Betrag - ungeachtet der höheren Pauschbeträge nach der anzuwendenden VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003 - zuzuerkennen.

Wien, am 30. März 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004210013.X00

Im RIS seit

27.04.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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