TE Vwgh Erkenntnis 2004/3/30 2003/06/0142

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Veröffentlicht am 30.03.2004
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Index

L80008 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Vorarlberg;
L82000 Bauordnung;

Norm

BauRallg;
RPG Vlbg 1996 §59 Abs4;
RPG Vlbg 1996 §59 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der Gemeinde B, vertreten durch Mag. Martin Künz, Dr. Ernst Hagen und Dr. Günther Hagen, Rechtsanwälte in 6850 Dornbirn, Goethestraße 5, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 18. Juli 2003, Zl. VIIa-602.15, betreffend Versagung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung der Änderung eines Flächenwidmungsplanes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Verordnung der Vorarlberger Landesregierung über die Zulässigkeit der Widmung einer besonderen Fläche für ein Einkaufszentrum in B, LGBl. Nr. 4/2000, wurde im Bereich der Liegenschaften GST-NRN 1532, 1446, 1808/1, 1525, 3578 und 3471, KG B, die Widmung einer besonderen Fläche für ein Einkaufszentrum mit einem Höchstausmaß der Gesamtverkaufsfläche von 11.946 m2, hievon maximal

-

2.968 m2 für Waren des täglichen Bedarfs, insbesondere Lebensmittel (§ 15 Abs. 1 lit. a Z. 1 Raumplanungsgesetz) und

-

2.150 m2 für sonstige Waren des nicht täglichen Bedarfes (§ 15 Abs. 1 lit. a Z. 3 Raumplanungsgesetz),

für zulässig erklärt. Diese Verordnung trat am 21. Jänner 2000 in Kraft.

In der Folge wurden die betreffenden Grundstücke im Flächenwidmungsplan der Gemeinde B vom 15. Februar 2000 entsprechend den Vorgaben des zitierten Landesraumplanes umgewidmet; die Widmungsermächtigung wurde dabei zur Gänze ausgenützt.

Die Gemeindevertretung der Gemeinde B beschloss in der Sitzung vom 3. Juli 2003 eine Änderung des Flächenwidmungsplanes dahingehend, dass die Widmung als besondere Fläche für ein Einkaufszentrum im Bereich der Liegenschaften GST-NRN 1532/1 und 1532/2 KG B mit einem Höchstausmaß von 11.946 m2, hievon maximal

3.368 m2 für Waren des täglichen Bedarfes (§ 15 Abs. 1 lit. a Z. 1 Raumplanungsgesetz) und 2.750 m2 für sonstige Waren des nicht täglichen Bedarfes (§ 15 Abs. 1 lit. a Z. 3 Raumplanungsgesetz), für zulässig erklärt wurde.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 18. Juli 2003 versagte die Vorarlberger Landesregierung gemäß § 21 Abs. 6 lit. a Raumplanungsgesetz - RPG, LGBl. Nr. 39/1996 idgF, die aufsichtsbehördliche Genehmigung für diese Änderung des Flächenwidmungsplanes. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, nach Umwidmung der in Rede stehenden Grundstücke im Flächenwidmungsplan der Gemeinde B entsprechend den Vorgaben des Landesraumplanes LGBl. Nr. 4/2000 sei das auf den Grundstücken bestehende alte Einkaufszentrum abgerissen und entsprechend den durch die Änderung des Flächenwidmungsplanes eröffneten neuen Möglichkeiten ein etwa doppelt so großes Einkaufszentrum an dessen Stelle errichtet worden. Dieses sei am 28. August 2001 teilweise und im August 2002 zur Gänze in Betrieb genommen worden. Eine Änderung des Flächenwidmungsplanes im Sinne des § 15 Abs. 7 RPG hätte daher gemäß § 15 Abs. 8 leg. cit. frühestens im August 2007 erfolgen dürfen, wobei zu bemerken sei, dass gemäß § 61 leg. cit. § 15 Abs. 7 und Abs. 8 am 1. Juli 2005 außer Kraft treten; dies bedeute für das vorliegende Einkaufszentrum, dass die erleichterten Erweitungsmöglichkeiten im Sinne des § 15 Abs. 7 RPG nicht bestünden. Da die von der Gemeindevertretung der Gemeinde B am 3. Juli 2003 beschlossene Änderung des Flächenwidmungsplanes somit rechtswidrig sei, sei gemäß § 21 Abs. 6 RPG die aufsichtsbehördliche Genehmigung zu versagen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Behandlung der Parallelbeschwerde beim Verfassungsgerichtshof wurde mit Beschluss vom 25. November 2003, B 1182/03-6, abgelehnt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem subjektiven Recht auf Selbstverwaltung sowie in ihrem "Recht auf rechtsrichtige aufsichtsbehördliche Verwaltungsakten" verletzt. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt sie vor, die belangte Behörde übersehe, dass auf Grund der 1976 bis 1988 baubehördlich bewilligten Flächen keinerlei Beschränkung für bestimmte Warengruppen vorgelegen sei. Der I-Markt sei abgetragen und neu errichtet worden, der Vollbetrieb des Einkaufszentrums sei im August 2002 erfolgt, wobei es sich dennoch um ein vollständiges Kontinuum gehandelt habe. Gemäß der Übergangsbestimmung des § 59 Abs. 4 RPG sei eine Erweiterung von Verkaufsflächen von der am 1. Juni 1985 bestehenden bzw. in der Zeit von 1. bis 15. Dezember 1988 bewilligten Verkaufsfläche aus zu berechnen. Die tatsächliche Inbetriebnahme der relevanten Flächen sei bereits 1977 bzw. 1989 erfolgt. Die Erweiterungsmöglichkeiten durch einen Flächenwidmungsplan der Gemeinde könnten sofort für die 1976 und 1988 baubehördlich bewilligten Flächen in Angriff genommen werden. Da eine Einschränkung auf bestimmte Warengruppen zum damaligen Zeitpunkt nicht gegeben gewesen sei, könne auch für die Erweiterung eine solche nicht eintreten. Mit den baurechtlichen Bescheiden der Jahre 1976, 1987 und 1988 sei unzweifelhaft eine entsprechende raumordnungsrechtliche Widmung verbunden. Schon auf Grund des Vertrauensgrundsatzes sei es nicht möglich, in derartige wohl erworbene Rechte einzugreifen. Im Übrigen stelle der Wortlaut des § 59 Abs. 4 und 5 RPG auf bereits 1985 bzw. 1988 bestehende (Verkaufs-)Flächen ab; dies lege den Schluss nahe, dass ein zwischenzeitig erfolgter Neubau an der gleichen Stelle insofern unbeachtlich sei. Der Antrag der Beschwerdeführerin an die Aufsichtsbehörde habe sich somit zu Recht auf § 59 Abs. 6 RPG berufen, wonach die 5-Jahres-Frist des § 15 Abs. 8 RPG nicht für die vor dem 1. August 1996 baubehördlich bewilligten Einkaufszentren heranzuziehen sei; der Einwand der belangten Behörde, die fünfjährige Frist des § 15 Abs. 7 RPG sei noch nicht abgelaufen, sei daher unzutreffend.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 39/1996 idF LGBl. Nr. 43/1999, lauten (auszugsweise):

"§ 15.

Einkaufszentren

...

(7) Die erstmalige Änderung einer Widmung als besondere Fläche für ein Einkaufszentrum, wodurch die höchstzulässige Verkaufsfläche für den Verkauf von Waren derselben Warengruppe um nicht mehr als die Hälfte erweitert wird, bedarf keiner Änderung des Landesraumplanes nach Abs. 1. Diese Ausnahme erfasst nicht Widmungsänderungen zur Erweiterung des Höchstausmaßes von

a)

Verkaufsflächen um mehr als 1.500 m2,

b)

Verkaufsflächen für Waren des täglichen Bedarfs, insbesondere Lebensmittel, (Abs. 1 lit. a Z. 1) um mehr als 400 m2 in den Talsohlen von Leiblachtal, Rheintal und Walgau oder mehr als 300 m2 im übrigen Landesgebiet, sowie

              c)              Verkaufsflächen für sonstige Waren des nicht täglichen Bedarfs (Abs. 1 lit. a Z. 3) um mehr als 600 m2.

(8) Eine Widmungsänderung im Sinne des Abs. 7 ist frühestens fünf Jahre nach Inbetriebnahme des Einkaufszentrums zulässig.

§ 59.

Übergangsbestimmungen

...

(4) Für Erweiterungen von Verkaufsflächen, die

a) am 1. Juni 1985 bereits bestanden und gemäß § 14 Abs. 7 idF LGBl. Nr. 31/1985 als Einkaufszentrum anzusehen waren oder

b) in der Zeit vom 1. Juni 1988 bis 15. Dezember 1988 ohne Vorliegen eines Landesraumplanes und einer Widmung als besondere Fläche erstmals bewilligt wurden und gemäß § 14 Abs. 7 idF LGBl. Nr. 61/1988 als Einkaufszentrum anzusehen waren,

gilt § 15 Abs. 7 idF LGBl. Nr. 43/1999 sinngemäß mit der Maßgabe, dass das in der neuen Widmung als besondere Fläche für ein Einkaufszentrum festzulegende Höchstausmaß der zulässigen Verkaufsfläche ausgehend von der am 1. Juni 1985 bestehenden bzw. von der in der Zeit vom 1. Juni 1988 bis 15. Dezember 1988 bewilligten Verkaufsfläche zu berechnen ist.

(5) Bei einer Fläche mit einem Einkaufszentrum nach Abs. 4 lit. a oder b, die nachträglich erstmals als besondere Fläche für ein Einkaufszentrum gewidmet wurde, ist eine Widmungsänderung nach § 15 Abs. 7 in der Fassung LGBl. Nr. 43/1999 nur insoweit zulässig, als die nach dieser Bestimmung zulässige Erweiterung der höchstzulässigen Verkaufsfläche ausgehend von der am 1. Juni 1985 bestehenden bzw. von der in der Zeit vom 1. Juni 1988 bis 15. Dezember 1988 bewilligten Verkaufsfläche zu berechnen ist.

...

§ 61.

Außerkrafttreten

§ 15 Abs. 7 und 8 und § 59 Abs. 4 bis 6 treten am 1. Juli 2005 außer Kraft."

Die Materialien zu § 59 Abs. 5 idF LGBl. Nr. 43/1999 (Beilage 32/1999 zu den Sitzungsberichten des XXVI. Vorarlberger Landtages, S 10) führen dazu Folgendes aus (auszugsweise):

"Einkaufszentren nach Abs. 4 sollen nicht zweifach (nämlich das erste Mal nach Abs. 4 und ein zweites Mal in unmittelbarer Anwendung des § 15 Abs. 7) in den uneingeschränkten Genuss erleichterter widmungsrechtlicher Voraussetzungen für Erweiterungen von Verkaufsflächen gelangen können. Falls nämlich eine in Anwendung des Abs. 4 ohne Landesraumplan zulässige Widmung als besondere Fläche für ein Einkaufszentrum eine gegenüber der am 1. Juni 1985 bestehenden bzw. gegenüber der in der Zeit zwischen dem 1. Juni 1988 bis 15. Dezember 1988 bewilligten Verkaufsfläche erweiterte höchstzulässige Verkaufsfläche vorsieht, führt eine weitere ungeschmälerte, auf Basis der bereits erweiterten höchstzulässigen Verkaufsfläche erfolgende Anwendung des § 15 Abs. 7 zu einer Besserstellung von Einkaufszentren gemäß Abs. 4 gegenüber jenen Einkaufszentren, die bereits ursprünglich auf der Grundlage einer besonderen Widmung als Einkaufszentren bewilligt wurden. Dies soll vermieden werden."

Im Beschwerdefall wurde von der Beschwerdeführerin auf Grund des von der Landesregierung mit LGBl. Nr. 4/2000 erlassenen Landesraumplanes, in dem eine EKZ-Widmung für zulässig erklärt wurde und der am 21. Jänner 2000 in Kraft getreten ist, mit dem Flächenplan vom 15. Februar 2000, erstmals eine EKZ-Widmung festgelegt. Auch nach dem Beschwerdevorbringen ist unstrittig davon auszugehen, dass das auf der von der Umwidmung betroffenen Fläche bestehende alte Einkaufszentrum abgerissen und im Einklang mit der neuen Widmung ein neues Einkaufszentrum errichtet wurde, das am 28. August 2001 teilweise und im August 2002 zur Gänze in Betrieb genommen wurde. Mit der in Rede stehenden Umwidmung vom 3. Juli 2003 sollte die EKZ-Widmung erstmals geändert werden.

Entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Partei liegt kein Fall des § 59 Abs. 4 RPG vor, weil diese Bestimmung die erstmalige EKZ-Widmung ohne Landesraumplan regelt, im Beschwerdefall jedoch die erstmalige EKZ-Widmung wie dargestellt auf Grund eines Landesraumplanes erging.

Auch § 59 Abs. 5 RPG ist nicht anzuwenden, weil diese Bestimmung gleichfalls den Fall der erstmaligen Änderung einer nach § 59 Abs. 4 - also ohne Landesraumplan - zu Stande gekommenen EKZ-Widmung regelt (siehe dazu auch die wiedergegebenen Materialien). Im Beschwerdefall ist die erstmalige EKZ-Widmung jedoch nicht nach § 59 Abs. 4 RPG zu Stande gekommen. Die Änderung dieser Widmung ist demnach auch kein Fall des § 59 Abs. 5 RPG.

Eine Änderung des Flächenwidmungsplanes im Sinne des § 15 Abs. 7 RPG ist im Hinblick auf die Inbetriebnahme des auf der Grundlage der besonderen Widmung aus dem Jahre 2000 errichteten EKZ im August 2002 frühestens fünf Jahre nach Inbetriebnahme des Einkaufszentrums zulässig (§ 15 Abs. 8 RPG).

Die Versagung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung für die Änderung des Flächenwidmungsplanes durch die belangte Behörde kann demnach nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 30. März 2004

Schlagworte

Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003060142.X00

Im RIS seit

23.04.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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