TE Vfgh Beschluss 2000/10/4 G81/00

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Veröffentlicht am 04.10.2000
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Index

66 Sozialversicherung
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
ASVG §343 Abs2 Z4 litb

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrages auf Aufhebung einer Bestimmung des ASVG betreffend das Erlöschen eines Einzelvertrages wegen zumutbaren Umwegs

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Der Antragsteller ist Facharzt für Neurochirurgie in Wien. Mit Schreiben vom 21.12.1999 teilte die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter dem Antragsteller mit, daß sein Einzelvertrag infolge einer strafgerichtlichen Verurteilung wegen versuchten Diebstahles gem. §343 Abs2 Z4 litb ASVG erloschen sei.

2. Der Antragsteller begehrt mit dem vorliegenden Individualantrag die Aufhebung des §343 Abs2 Z4 litb ASVG wegen Verfassungswidrigkeit. Zur Antragslegitimation bringt er vor, daß er durch diese Bestimmung unmittelbar in seinen Rechten verletzt werde, da diese Bestimmung "tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam (sei), indem sein Vertragsverhältnis mit dem Träger der Krankenversicherung" erlösche.

Nach Ansicht des Antragstellers verstößt §343 Abs2 Z4 litb ASVG gegen das Recht auf ein Verfahren gem. Art6 EMRK, gegen das Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gem. Art6 StGG und gegen den Gleichheitsgrundsatz.

3. §343 Abs2 Z4 litb ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 in der Fassung BGBl. Nr. 775/1974, lautet:

"(2) Das Vertragsverhältnis zwischen dem Vertragsarzt und dem Träger der Krankenversicherung erlischt ohne Kündigung im Falle:

1.

...

4.

der rechtskräftigen Verurteilung des Vertragsarztes

a)

...

b)

wegen einer mit Bereicherungsvorsatz begangenen gerichtlich

strafbaren Handlung".

              4.              Der Antrag ist unzulässig:

Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtssprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 11.684/1988, VfGH 27.9.1994 G215/94).

Dem Antragsteller steht nun aber ein spezifischer Rechtsschutz offen: Wie der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis 14.6.2000, B2074/98, mit näherer Begründung klargestellt hat, ist für Streitigkeiten hinsichtlich des Erlöschens eines Einzelvertrages in erster Instanz die paritätische Schiedskommission zuständig. Dem Antragsteller steht somit ein anderer, zumutbarer Weg offen, seine Bedenken gegen §343 Abs2 Z4 litb ASVG vorzubringen.

5. Der Antrag war daher als unzulässig zurückzuweisen, ohne daß auf die weiteren Prozeßvoraussetzungen (der Antragsteller hat es etwa unterlassen, die gesetzliche Bestimmung auch hinsichtlich ihrer Fassung genau zu bezeichnen; vgl. etwa VfSlg. 11.888/1988 u.a.) einzugehen war.

6. Dies konnte gem. §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:G81.2000

Dokumentnummer

JFT_09998996_00G00081_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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