TE Vwgh Erkenntnis 2004/4/5 2001/10/0075

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Veröffentlicht am 05.04.2004
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Index

E1E;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
59/04 EU - EWR;

Norm

11997E234 EG Art234;
B-VG Art83 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde

1. der mj. Nana Eudore S und 2. der Doris S, beide in V und vertreten durch Elisabeth Wintergerst, Rechtsanwältin in D- 87629 Füssen, Brunnengasse 12 (Einvernehmensrechtsanwalt: Dr. Markus Distelberger, Jubiläumsstraße 1, 3130 Herzogenburg), gegen den Bescheid des Landesschulrates für Tirol vom 21. November 2000, Zl. 71.80/8-00, betreffend Erfüllung der Schulpflicht, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 10. Juli 2000 stellte die Zweitbeschwerdeführerin beim Bezirksschulrat R. den Antrag auf Genehmigung des häuslichen Unterrichts für die am 2. Juli 1990 geborene Erstbeschwerdeführerin.

Der Bezirksschulrat untersagte mit Bescheid vom 2. August 2000 die Teilnahme am häuslichen Unterricht. Nach der Begründung sei bei der Erstbeschwerdeführerin im Vergleich zu den Noten im Halbjahr eine Verschlechterung eingetreten. Die Erstbeschwerdeführerin habe die vierte Klasse der Volksschule besucht und werde in die Hauptschule übertreten. Der Wechsel der Schulart sei mit erhöhten Anforderungen verbunden. Da der häusliche Unterricht bei der Schwester der Zweitbeschwerdeführerin in der fünften Schulstufe dem Unterricht in einer öffentlichen Schule nicht gleichwertig gewesen sei, sei davon auszugehen, dass dies auch bei der Erstbeschwerdeführerin der Fall sein werde.

Die dagegen erhobene Berufung wurde gemäß § 11 Abs. 2 und 3 des Schulpflichtgesetzes (SchPflG) abgewiesen. Die belangte Behörde sprach aus, dass die Erstbeschwerdeführerin die Schulpflicht an einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrechts ausgestatteten Schule zu erfüllen habe.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, die Erstbeschwerdeführerin habe im abgelaufenen Schuljahr im zweiten Semester häuslichen Unterricht erhalten und am Ende des Unterrichtsjahres eine Prüfung im Sinne des § 11 Abs. 4 SchPflG über die 4. Schulstufe abgelegt. Dabei sei sie im Sachunterricht, in Mathematik und in Deutsch jeweils mit "Genügend" beurteilt worden. Die Schwester der Erstbeschwerdeführerin habe die Prüfung gemäß § 11 Abs. 4 SchPflG nicht bestanden. Gemäß § 11 Abs. 3 leg. cit. sei die Teilnahme am häuslichen Unterricht zu untersagen, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei, dass die geforderte Gleichwertigkeit des Unterrichtes nicht gegeben sei. Von großer Wahrscheinlichkeit können nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur gesprochen werden, wenn die Gründe, die dafür sprächen, gegenüber den anderen Gründen, die dagegen anzuführen seien, weitaus überwiegen würden. Ob ein häuslicher Unterricht dem einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule gleichwertig sei, hänge einerseits davon ab, wie sich die bisherigen Leistungen des Schülers (im häuslichen Unterricht) darstellten, welche Anforderungen an den häuslichen Unterricht für die angestrebte Schulstufe gestellt würden und ob die Antragstellerin auf Grund einer vorausschauenden Prognose voraussichtlich in der Lage sein werde, diese Anforderungen auch zu erfüllen. Für den Fall, dass ein Schüler die Prüfung bestehe, sei zu klären, inwieweit die sonstigen Voraussetzungen für die Genehmigung eines häuslichen Unterrichts im Sinne des § 11 Abs. 3 SchPflG vorlägen, insbesondere, ob der Antragsteller voraussichtlich in der Lage sein werde, den häuslichen Unterricht für die angestrebte Schulstufe im gleichwertigen Ausmaß anzubieten. Im Falle der Erstbeschwerdeführerin habe diese Klärung auf der Basis der Anforderungen der 5. Schulstufe (1. Klasse Hauptschule) zu erfolgen. Im Hinblick auf die im Vergleich zur Volksschule höheren Anforderungen könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Nachweis, einen gleichwertigen häuslichen Unterricht auf dem Niveau einer Volksschule anbieten zu können, auch für die Hauptschule ausreiche. In diesem Zusammenhang komme der Tatsache, dass die Zweitbeschwerdeführerin im abgelaufenen Schuljahr häuslichen Unterricht auch für eine weitere Tochter auf dem Niveau der Hauptschule (1. Klasse) angeboten habe und welcher Erfolg diesem häuslichen Unterricht beschieden gewesen sei, wesentliche Bedeutung zu. Die zweite Tochter der Zweitbeschwerdeführerin sei bei der Prüfung gemäß § 11 Abs. 4 SchPflG in Englisch (3. Leistungsgruppe) mit "Nicht Genügend" beurteilt worden. Der Zweitbeschwerdeführerin sei es somit im abgelaufenen Schuljahr nicht gelungen, häuslichen Unterricht auf dem Niveau einer Hauptschule (5. Schulstufe) anzubieten, der dem einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule gleichwertig sei. Die Gründe, die gegen die Gleichwertigkeit des häuslichen Unterrichts für die 5. Schulstufe sprächen, würden daher weitaus überwiegen.

Gegen diesen Bescheid haben die Beschwerdeführerinnen zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der deren Behandlung mit Beschluss vom 27. Februar 2001, B 2389/00, abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Mai 2001 wurden die Beschwerdeführerinnen aufgefordert, das Recht in dem die beschwerdeführenden Parteien verletzt zu sein behaupten, bestimmt zu bezeichnen (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG), die Gründe anzuführen, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG) und ein der Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGG entsprechendes bestimmtes Begehren zu stellen (§ 28 Abs. 1 Z. 6 VwGG).

In der ergänzten Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof wird beantragt, den angefochtenen Bescheid seinem gesamten Umfang nach aufzuheben. Die Beschwerdeführerinnen erachten sich dabei im Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz, im Recht auf häuslichen Unterrichts gemäß Art. 17 StGG, im Elternrecht nach Art. 2 des 1. Zusatzprotokolls zur MRK sowie im Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt. Die belangte Behörde habe ihrer Auffassung nach zu Unrecht auch eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof unterlassen.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der gegenständliche Beschwerdefall entspricht in Ansehung des maßgebenden Sachverhaltes und der entscheidenden Rechtsfrage jenen Fällen, die den Erkenntnissen vom 23. Februar 2004, Zlen. 2001/10/0104 und 2001/10/0106 zu Grunde lagen. Der Verwaltungsgerichtshof verneinte aus den dort dargelegten Erwägungen, auf die im Sinne des § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen wird, eine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerinnen und wies deren Beschwerden als unbegründet ab.

Aus denselben Erwägungen erweist sich auch die vorliegende Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 5. April 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001100075.X00

Im RIS seit

12.05.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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