TE Vwgh Erkenntnis 2004/4/16 2002/01/0087

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Veröffentlicht am 16.04.2004
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

B-VG Art130 Abs2;
StbG 1985 §10 Abs1 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §11 idF 1998/I/124;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des AE in W, vertreten durch Dr. Anton Ehm, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Singerstraße 12/9, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 20. Dezember 2001, Zl. MA 61/IV - E 254/2000, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 20. Dezember 2001 wies die Wiener Landesregierung den Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß §§ 10 und 11 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) ab. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer - ein 1963 geborener sudanesischer Staatsangehöriger - seit 14. September 1988 ununterbrochen in Österreich lebe und gute Deutschkenntnisse aufweise. Er sei verheiratet, habe lediglich in der Zeit von Juni 1989 bis 23. November 1993 gearbeitet und beziehe seither ausschließlich Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Sondernotstandshilfe, Beihilfe auf Grund des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, Karenzurlaubsgeld bzw. Überbrückungshilfe. Es sei daher davon auszugehen, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, sich in Österreich beruflich zu integrieren. Angesichts dessen sei trotz Berücksichtigung des langjährigen Hauptwohnsitzes des Beschwerdeführers in Österreich und seiner guten Deutschkenntnisse "derzeit" eine positive Ermessensausübung gemäß § 11 StbG "nicht beabsichtigt".

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Als Rechtswidrigkeit des Inhalts macht der Beschwerdeführer geltend, dass die belangte Behörde zu Unrecht seine berufliche Integration in Österreich verneint habe. Gerade das Gegenteil sei der Fall, weil er nach seiner Einreise 1988 von Juni 1989 bis Ende 1993 beschäftigt gewesen sei und diese Beschäftigung lediglich auf Grund der gespannten Arbeitsmarktsituation verloren habe. Dass es ihm seither nicht gelungen sei, ein (neues) Beschäftigungsverhältnis einzugehen, erlaube nicht den Schluss auf mangelnde berufliche Integration.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Zunächst ist - was die Beschwerde freilich ohnehin nicht in Zweifel zieht - klarzustellen, dass die berufliche Integration als Komponente des in § 11 StbG genannten Ermessenskriteriums "Ausmaß der Integration des Fremden" bei der nach der genannten Bestimmung vorzunehmenden Ermessensübung Berücksichtigung finden kann. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, ist unter dem Gesichtspunkt beruflicher Integration maßgeblich, ob weitgehend regelmäßig einer Erwerbstätigkeit nachgegangen wird oder nicht. Dabei kommt es vor allem auf die Zeit unmittelbar vor der Entscheidung der Staatsbürgerschaftsbehörde an (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 2002, Zl. 2002/01/0214). Zeiten, die mehrere Jahre zurückliegen, fallen bei einer Beurteilung der (beruflichen) Integration nicht mehr maßgeblich ins Gewicht. Letzteres wurde zwar (im hg. Erkenntnis vom 4. April 2001, Zl. 2000/01/0258) zu einer Konstellation ausgesprochen, bei der Zeiten einer Beschäftigung beschäftigungsfreien Zeiten nachfolgten, doch muss dies auch im hier vorliegenden umgekehrten Fall - die Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers lag bei Bescheiderlassung bereits mehr als acht Jahre zurück - gelten, zumal eine einmal gewonnene Integration auch wieder verloren gehen kann. Eine besondere Situation, die es wie in dem dem hg. Erkenntnis vom 25. März 2003, Zl. 2001/01/0607, zugrunde liegenden Fall dem Beschwerdeführer verunmöglicht hätte, nach seinen Lebensverhältnissen am inländischen Arbeitsmarkt teilzuhaben, liegt nicht vor. Zutreffend gelangte die belangte Behörde daher zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer keine maßgebliche berufliche Integration aufzuweisen habe. Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, dass sich der Beschwerdeführer - wie nunmehr in der Beschwerde betont - stets um einen neuen Arbeitsplatz bemüht habe und seit Beginn seiner Arbeitslosigkeit regelmäßig beim Arbeitsmarktservice vorstellig geworden sei. Entscheidend ist, dass seine Bemühungen nicht von Erfolg getragen waren und dass er somit über Jahre hindurch bis zuletzt keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen ist. Von daher erweist sich auch die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe die wiederholten Bestrebungen des Beschwerdeführers, ein neues Beschäftigungsverhältnis eingehen zu können, nicht berücksichtigt, als nicht berechtigt.

Soweit der Beschwerdeführer darauf hinweist, dass er die Verleihungsvoraussetzungen nach § 10 Abs. 1 StbG erfülle, ist ihm zu erwidern, dass dies von der belangten Behörde ohnehin nicht in Abrede gestellt worden ist; die von ihr gepflogene Ermessensübung setzte vielmehr das Vorliegen aller Verleihungsvoraussetzungen voraus. Im Besonderen hat die belangte Behörde nicht in Zweifel gezogen, dass § 10 Abs. 1 Z 7 StbG erfüllt sei, weshalb es - entgegen der Beschwerdeansicht - keiner Überlegungen zu den Ursachen der angespannten finanziellen Situation des Beschwerdeführers bedurfte.

Wie dargestellt, gelangte die belangte Behörde zutreffend zu dem Ergebnis, dass eine maßgebliche Integration des Beschwerdeführers in beruflicher Hinsicht nicht vorliegt. Davon ausgehend kann ihr fallbezogen kein Ermessensfehler angelastet werden, wenn sie ungeachtet erfolgreicher Integrationsschritte des Beschwerdeführers in anderen Bereichen seinen Einbürgerungsantrag abwies. Der Beschwerdehinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 25. Juni 1997, Zl. 96/01/0311, und vom 3. September 1997, Zl. 96/01/0135, ist nicht zielführend, weil sie noch zur Rechtslage vor der Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 1998 ergangen sind und weil die in diesen Erkenntnissen angesprochene subjektive Vorwerfbarkeit von Arbeitslosigkeit mit dem hier zu beurteilenden Ermessenskriterium "Ausmaß der Integration des Fremden", welches erst mit der Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 1998 in § 11 StbG verankert wurde, nichts zu tun hat (vgl. zur Änderung des § 11 StbG durch die Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 1998 unter diesem Gesichtspunkt auch das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 2004, Zl. 2001/01/0404).

Zusammenfassend ergibt sich, dass dem bekämpften Bescheid keine Rechtswidrigkeit anhaftet. Die dagegen erhobene Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 16. April 2004

Schlagworte

Ermessen besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002010087.X00

Im RIS seit

13.05.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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