RS OGH 1993/6/17 15Os93/93, 11Os70/97, 15Os146/00, 14Os139/04

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 17.06.1993
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Norm

MRK Art5 Abs1 lita III4a
MRK Art5 Abs1 litc III4d2
MRK Art5 Abs3 IV3c
MRK Art6 Abs1 II1b
StPO §180 Abs1
StPO §193 Abs1
StPO §193 Abs2

Rechtssatz

Für einen hinreichenden Tatverdacht genügt, daß ein Erkenntnisgericht einen Schuldspruch gefällt hat, mag dieser auch zum Zeitpunkt der bekämpften Entscheidung noch nicht rechtskräftig gewesen sein.

Entscheidungstexte

  • 15 Os 93/93
    Entscheidungstext OGH 17.06.1993 15 Os 93/93
  • 11 Os 70/97
    Entscheidungstext OGH 15.05.1997 11 Os 70/97
  • 15 Os 146/00
    Entscheidungstext OGH 25.10.2000 15 Os 146/00
    Auch
  • 14 Os 139/04
    Entscheidungstext OGH 23.11.2004 14 Os 139/04
    Vgl; Beisatz: Wenn die Schuld einer Person bereits in einer Hauptverhandlung festgestellt worden ist, die in ihrem Ablaufden Erfordernissen des Art 6 Abs 1 MRK entsprochen hat, finden nach der Rsp des EGMR Verhängung und Fortsetzung der Untersuchungshaft ihre Rechtfertigung in Art 5 Abs 1 lita MRK. Fänden Verhängung und Fortsetzung der Untersuchungshaft ihre Rechtfertigung auch nach erstinstanzlicher Verurteilung in Art 5 Abs 1 lit c MRK, könnte mit Blick auf den Wortlaut des Art 5 Abs 1 MRK argumentiert werden, dass die aus welchem Grund immer verhängte oder fortgesetzte Untersuchungshaft nach einem erstinstanzlichen Schuldspruch nach Maßgabe der MRK stets aufgehoben werden müsste, weil die StPO eine "Vorführung" des auf freiem Fuß befindlichen Angeklagten im Rechtsmittelverfahren nicht kennt (§§ 286 Abs 1 zweiter Satz, 294 Abs 5 zweiter Satz, 296 Abs 3 zweiter Satz, 344 zweiter Satz, 473 Abs 1, 489 Abs 1 zweiter Satz StPO). Wer sich wegen der Verlängerung seiner Haft über die erstinstanzliche Verurteilung hinaus aufgrund der Verzögerung, die mit der Entscheidung über sein Rechtsmittel verbunden ist, zu beschweren hätte, kann sich nach der Rsp des EGMR nicht auf Art 5 Abs 3 MRK berufen, wohl aber "möglicherweise Nichtbeachtung der in Art 6 Abs 1 MRK vorgesehenen angemessenen Frist geltend machen" (EGMR, 27. 6. 1968, Wemhoff gg Deutschland). Nach der Rsp des Obersten Gerichtshofes setzen § 193 Abs 1 und 2 StPO diese Grundrechtsverheißung auf einfachgesetzlicher Stufe um (richtungweisend: 15 Os 34/04). (T1)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:RS0074609

Im RIS seit

15.06.1997

Zuletzt aktualisiert am

14.11.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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