TE Vfgh Beschluss 2008/2/28 B161/07

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Veröffentlicht am 28.02.2008
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Index

31 Bundeshaushalt
31/05 Förderungen, Zuschüsse, Fonds

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
B-VG Art144 Abs1 / Privatwirtschaftsakt
F-VG 1948 §13
Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-G 2005 (HWG 2005) §3
KatastrophenfondsG 1996 §3

Leitsatz

Zurückweisung einer Beschwerde mangels Bescheidcharakters eines Schreibens der Vorarlberger Hochwasser-Beschwerdekommission; Gewährung von Beihilfen nach dem Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2005 nicht im Rahmen der Hoheitsverwaltung sondern der Privatwirtschaftsverwaltung; kein subjektiv-öffentliches Recht auf Erhalt eines Zuschusses des Bundes

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die Ö-I B AG hat Ende Dezember 2005 mehrere Anträge auf Gewährung einer Beihilfe für private Elementarschäden bei den jeweiligen Bezirkshauptmannschaften und zudem direkt beim Amt der Tiroler Landesregierung eingebracht. Da diese Anträge weder einer abschließenden Prüfung unterzogen, noch an die Landeskommission für private Elementarschäden zur Entscheidung vorgelegt wurden, hat die beschwerdeführende Gesellschaft gemäß §3 Abs3 Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbaugesetz 2005 (HWG 2005) eine Beschwerde an die Tiroler Hochwasser-Beschwerdekommission erhoben und beantragt, sie "möge die Ungleichbehandlung und/oder Verletzung der fundamentalen Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens bei der Leistung finanzieller, gemäß §3 Ziff. 3 lita Katastrophenfondsgesetz 1996 bezuschusster Hilfen des Landes zur Beseitigung außergewöhnlicher Schäden durch das Hochwasser im Sommer 2005 seitens des Landes Tirol in Bezug auf die von der Beschwerdeführerin eingebrachten Anträge auf Gewährung einer Beihilfe für private Elementarschäden feststellen."

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2006 teilte ihr die Tiroler Hochwasser-Beschwerdekommission mit, dass der Beschwerde insoweit Berechtigung zukomme, als darin vorgebracht werde, die Landeskommission für private Elementarschäden sei mit den eingebrachten Anträgen auf Gewährung einer Beihilfe nicht befasst worden und diese habe daher bis dato auch keine Entscheidung getroffen, sondern vielmehr sei bereits vorweg von unzuständigen Stellen eine Behandlung der Anträge abgelehnt worden. Insoweit sei eine Ungleichbehandlung erfolgt.

2. Dagegen wendet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet wird.

Die belangte Behörde begehrt in ihrer Gegenschrift die Zurück- bzw. Abweisung der Beschwerde.

II. Die Beschwerde ist nicht zulässig.

1. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde nach Art144 Abs1 erster Satz B-VG ist unter anderem das Vorliegen eines Bescheides (vgl. etwa VfSlg. 4903/1965, 5731/1968, 6140/1970, 6252/1970, 6603/1971, 6821/1972, 7158/1973, 7436/1974, 8861/1980, 10.892/1986, 11.077/1986, 13.099/1992, 16.433/2002).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist eine Erledigung, die nicht die Form eines Bescheides aufweist, dann ein Bescheid, wenn sie nach ihrem deutlich erkennbaren, objektiven Gehalt eine Verwaltungsangelegenheit normativ regelt, also für den Einzelfall Rechte oder Rechtsverhältnisse bindend gestaltet oder feststellt (s. etwa VfSlg. 16.433/2002 mwN; s. auch VwSlg. 9458 A/1977; VwGH 14.9.1981, 81/17/0133; 22.2.1991, 90/12/0277).

2. Das Gesetz sieht keine hoheitlichen Entscheidungen der Hochwasser-Beschwerdekommission, mithin keine behördliche Erledigung im Rahmen der Hoheitsverwaltung vor.

Mit dem HWG 2005 hat der Bund den von der Hochwasserkatastrophe im Sommer 2005 betroffenen Ländern zweckgebundene Zuschüsse iSd §13 F-VG gewährt und die Gewährung von diesen Zuschüssen an die in §3 Abs2 bis 4 HWG 2005 genannten Bedingungen geknüpft. Eine der Bedingungen besteht darin, dass Länder für Beschwerden von physischen oder juristischen Personen privaten oder öffentlichen Rechts wegen Ungleichbehandlung oder Verletzung der fundamentalen Rechtsgrundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens bei der Leistung finanzieller Hilfen des Landes jeweils eine Beschwerdekommission zuständig machen.

Mit der Einrichtung einer Hochwasser-Beschwerdekommission hat das Land Tirol eine verwaltungsinterne Kontrollstelle geschaffen, um die Bedingung des §3 Abs2 HWG 2005 zu erfüllen (vgl. auch VwGH 30.1.2007, 2006/17/0381).

3. Wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend festgestellt hat, ergibt sich weder aus den Bestimmungen des KatastrophenfondsG 1996 noch aus jenen des HWG 2005 eine Zuständigkeit der Hochwasser-Beschwerdekommission zur hoheitlichen Vollziehung (VwGH 30.1.2007, 2006/17/0383). Die Gewährung einer Entschädigung nach diesen Gesetzen zählt vielmehr zu den Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung; die Einräumung eines subjektiv-öffentlichen Rechts eines Geschädigten auf Erhalt eines Zuschusses des Bundes ist dieser Regelung der finanziellen Beziehungen zwischen Bund und Ländern nicht zu entnehmen (VwGH 30.1.2007, 2006/17/0381; vgl. auch AB 1285 BlgNR XXI. GP, 2 f. zum gleichlautenden §5 HWG 2002).

4. Die bekämpfte Erledigung bildet daher - auch wenn sie ihrer Form nach einen anderen Eindruck erwecken mag - keinen Bescheid einer Verwaltungsbehörde.

5. Die Beschwerde war daher wegen Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG als unzulässig zurückzuweisen.

Schlagworte

Bescheidbegriff, Privatwirtschaftsverwaltung, Katastrophen Beihilfe, Finanzverfassung, Zuschüsse, Rechte subjektive öffentliche

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:B161.2007

Dokumentnummer

JFT_09919772_07B00161_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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