TE Vwgh Erkenntnis 2004/4/29 2004/09/0031

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Veröffentlicht am 29.04.2004
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Index

L22002 Landesbedienstete Kärnten;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §67;
DienstrechtsG Krnt 1994 §114 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des G in K, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 25. April 2001, Zl. Pers-23590/8/01, wegen vorläufiger Verwendungsänderung nach § 114 Abs. 1 des Kärntner Dienstrechtsgesetzes 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Kärnten; seine Dienststelle ist das Amt der Kärntner Landesregierung. Er war dort zum Leiter des Landessportsekretariates bestellt.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 25. April 2001 verfügte die belangte Behörde gemäß § 114 Abs. 1 des Kärntner Dienstrechtsgesetzes 1994 die vorläufige Verwendungsänderung des Beschwerdeführers mit sofortiger Wirkung, bestimmte, dass der Beschwerdeführer seinen Dienst in der Abteilung 13 - Soziales der Kärntner Landesregierung zu versehen habe und hielt fest, dass in seiner besoldungsrechtlichen Stellung keine Änderung eintrete.

Dieser Bescheid ist wie folgt begründet:

"Mit Schreiben vom 19. März 2001 des (damaligen) ersten Landeshauptmann-Stellvertreters Ing. R wurde die Dienstbehörde von vermuteten Unregelmäßigkeiten betreffend Subventionsvergaben im Bereich des Landessportsekretariates informiert. Diese Anschuldigungen wurden auch zum Teil umfangreich in diversen Printmedien wiedergegeben und ausschweifend kommentiert (vgl. "Kleine Zeitung" vom 2. März 2001).

Am 20. März 2001 wurde nach Ihrer niederschriftlichen Einvernahme sowie der niederschriftlichen Einvernahme Ihres Mitarbeiters S festgestellt, dass Nachlässigkeiten bei der Überprüfung von Subventionsvergaben und Verstöße gegen interne Anweisungen (insbesondere gegen den Aktenvermerk des Herrn Landesamtsdirektors vom 21. Jänner 1996, Zl. LAD-KR-18/2/1996), vermutet werden müssen. In weiterer Folge wurde gegen S Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt erstattet.

Gemäß § 43 Abs. 1 und 2 K-DRG 1994 ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen sowie in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Gemäß § 44 Abs. 1 hat der Beamte seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anders bestimmt ist, zu befolgen.

Gemäß § 45 Abs. 1 hat der Vorgesetzte darauf zu achten, dass seine Mitarbeiter ihre dienstlichen Aufgaben gesetzmäßig und in zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Weise erfüllen. Er hat seine Mitarbeiter dabei anzuleiten, ihnen erforderlichenfalls Weisungen zu erteilen, aufgetretene Fehler und Missstände abzustellen und für die Einhaltung der Dienstzeit zu sorgen. Er hat das dienstliche Fortkommen seiner Mitarbeiter nach Maßgabe ihrer Leistungen zu fördern und ihre Verwendung so zu lenken, dass sie ihren Fähigkeiten weitgehend entspricht.

Gemäß § 114 Abs. 1 K-DRG hat die Landesregierung die vorläufige Versetzung oder Verwendungsänderung zu verfügen, wenn durch die Belassung des Beamten in seiner Dienststelle oder in seiner Verwendung wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden.

Da durch die von Ihnen gesetzten Handlungen der Verdacht besteht, dass Weisungen im Sinne von internen Anweisungen bzw. Vorschriften betreffend die Subventionsvergabe im Bereich des Landessportsekretariates nicht ordnungsgemäß befolgt wurden, dass Sie weiters Ihre Vorgesetztenfunktion in einem Ausmaß vernachlässigt haben, dass es notwendig war, gegen Ihren Mitarbeiter S Strafanzeige zu erstatten, im Übrigen die bezughabenden Vorkommnisse ungeheures Medieninteresse hervorgerufen haben und befürchtet werden muss, Ihre Verwendung als Leiter des Landessportsekretariates sei geeignet, durch mögliche weitere Begehung von Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes und wesentliche Interessen des Dienstes im Sinne einer nicht ordnungsgemäßen Abwicklung von Subventionsvergaben zu gefährden, sieht sich die Dienstbehörde veranlasst, im Sinne des § 114 Abs. 1 KDRG 1994 über Sie eine vorläufige Verwendungsänderung auszusprechen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auch für die vorläufige Verwendungsänderung als Sicherungsmaßnahme gelten - wie für die vorläufige Suspendierung - grundsätzlich die Form- und Inhaltserfordernisse für Bescheide nach dem AVG. Der Erlassung eines Bescheides hat gemäß § 56 AVG hat außer in den in dieser Bestimmung angeführten, hier nicht relevanten Fällen die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes nach den Vorschriften der §§ 37 und 39 dieses Gesetzes voranzugehen. Zweck des Ermittlungsverfahrens ist es nach § 37 AVG den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Nach der Anordnung des § 58 Abs. 2 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltliche Rechnung getragen wird. In der Begründung sind gemäß § 60 AVG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. In der Bescheidbegründung ist in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugänglichen Weise darzutun, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhalts unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. dazu die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Entscheidung 8 zu § 67 AVG und Entscheidung 1 bis 9 zu § 60 AVG nachgewiesene Rechtsprechung). Sind die einen tragenden Teil der Begründung darstellenden Ausführungen für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar und somit nicht überprüfbar, so liegt ein wesentlicher Verfahrensfehler vor, der zur Aufhebung des Bescheides führt (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 28. Juli 2000, Zl. 99/09/0032).

Diesen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid nicht gerecht, weil dieser unüberprüfbar bleibt, wenn sich die Behörde zur Begründung ihrer Entscheidung gegen den Beschwerdeführer als Vorgesetzten des unmittelbar Verdächtigten lediglich darauf beruft, es hätten "Nachlässigkeiten bei der Überprüfung von Subventionsvergaben und Verstöße gegen interne Anweisungen ... vermutet werden müssen", es bestehe der Verdacht, der Beschwerdeführer habe "seine Vorgesetztenfunktion vernachlässigt, so dass es notwendig" gewesen sei, "gegen einen seiner Mitarbeiter Strafanzeige zu erstatten".

Es entspricht dem Rechtsschutzbedürfnis des im Disziplinarverfahren Beschuldigten, zu erfahren, welches konkrete Verhalten - oder welche Unterlassungen - ihm disziplinär zum Vorwurf gemacht werden. Dieser Vorwurf muss - noch im Verdachtsbereich - klar umgrenzt und zeitlich einzuordnen sein; die angelastete Tat muss daher nach Ort, Zeit und/oder Tatumständen so gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welche dem Disziplinarbeschuldigten zur Last gelegten Handlungen - oder Unterlassungen - Gegenstand auch des anzuschließenden Disziplinarverfahrens sein werden. Die bloße rechtliche Beurteilung eines Verhaltens allein reicht zur Konkretisierung der vorgeworfenen Tat nicht aus. In diesem Sinne reicht es im Beschwerdefall nicht aus, allein die Tatsache der "Unklarheiten" bei Subventionsvergaben durch einen - dem Beschwerdeführer unterstellten - Sachbearbeiter und die Erstattung einer Strafanzeige gegen diesen zum Anlass für eine vorläufige Verwendungsänderung des Beschwerdeführers zu nehmen, ohne näher darauf einzugehen, worin die "Vernachlässigung der Vorgesetztenfunktion" im konkreten Fall gelegen sei, insbesondere, ob dem Beschwerdeführer die angeblichen Malversationen seines Untergebenen bekannt waren oder hätten sein müssen und/oder ob dieser ohnedies bereits versucht hatte Abhilfe zu schaffen. Es trifft zwar zu, dass an die Konkretisierung der dem Disziplinarbeschuldigten im Verdachtsbereich zum Vorwurf gemachten Dienstpflichtverletzungen keine allzu strengen Anforderungen zu stellen sind, es muss aber auch im Verfahren über die vorläufigen Sicherungsmaßnahmen zumindest das Vorliegen eines konkreten Tatbildes nach objektiven Kriterien - wenn auch nur im Verdachtsbereich - erkennbar sein. Dies wird durch die bloße Verwendung der verba legalia ("Vernachlässigung der Vorgesetztenfunktion") ohne Hinzutreten spezifischer weiterer Umstände nicht erreicht.

Da der angefochtene Bescheid somit an einem Begründungsmangel leidet, belastete die belangte Behörde ihn mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 29. April 2004

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004090031.X00

Im RIS seit

28.05.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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