TE Vwgh Erkenntnis 2004/5/18 2001/21/0072

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Veröffentlicht am 18.05.2004
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §56;
AVG §68 Abs1;
AVG §68 Abs4 impl;
FrG 1997 §33 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2001/21/0073

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerden 1. der LP, geboren 1985, (Zl. 2001/21/0072), und 2. des BP, geboren 1992, (Zl. 2001/21/0073), beide vertreten durch Mag. Dr. Erhard Buder und DDr. Gabriele Herberstein, Rechtsanwälte in 1080 Wien, Lerchenfelderstraße 94, gegen die Bescheide jeweils der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 9. März 2001, Zl. Fr 5767/00 (ad 1.), und vom 13. März 2001, Zl. Fr 5768/00 (ad 2.), jeweils betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Beschwerdeführer, rumänische Staatsangehörige, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich aus. Mit einem weiteren (zur Zl. 2001/21/0071 angefochtenen) Bescheid vom 9. März 2001 hatte die belangte Behörde gegen die Mutter der beiden Beschwerdeführer ein auf § 36 Abs. 1 Z. 1 und 2 FrG gestütztes Aufenthaltsverbot, dessen Gültigkeitsdauer von zwei Jahren bereits abgelaufen ist, erlassen.

Sowohl dem Aufenthaltsverbot gegen die Mutter als auch den Ausweisungen gegen die beiden Beschwerdeführer legte die belangte Behörde zu Grunde, dass (neben der der Mutter mit einer Gültigkeit vom 1. April 1999 bis 1. April 2000 ausgestellten Niederlassungsbewilligung) die allen drei Familienmitgliedern erteilten Niederlassungsbewilligungen (gültig vom 11. Juni 1999 bis 10. Dezember 2003) in rechtsmissbräuchlicher Weise nach Bestechung eines Beamten der Bezirkshauptmannschaft S erwirkt worden seien. Zur Ausweisung der Beschwerdeführer führte die belangte Behörde weiters aus, dass sich diese wegen der unrechtmäßigen Ausstellung ihrer Aufenthaltstitel zumindest seit 2. September 1999 illegal in Österreich befänden. Da ein geordnetes Fremdenwesen für den österreichischen Staat von eminentem Interesse sei und den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zukomme, sei die Ausweisung dringend geboten und es könne die belangte Behörde im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung nicht davon absehen. Die Beschwerdeführer seien im Sommer 1999 nach Österreich eingereist und es halte sich von ihrer Familie lediglich der Vater rechtmäßig in Österreich auf. Da die Beschwerdeführer ihre Aufenthaltstitel widerrechtlich durch Amtsmissbrauch eines ehemaligen Bediensteten der Bezirkshauptmannschaft S erworben hätten und bis dato nichts dazu beigetragen hätten, den rechtmäßigen Zustand wieder herzustellen, sei die Ausweisung zum Schutz der im Art. 8 EMRK genannten öffentlichen Interessen dringend geboten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 1 FrG können Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.

Die Unrechtmäßigkeit des Aufenthaltes der Beschwerdeführer leitet die belangte Behörde allein daraus ab, dass ihre Aufenthaltstitel in amtsmissbräuchlicher Weise ausgestellt worden seien. Damit unterliegt sie einem Rechtsirrtum. In rechtswidriger Weise ausgestellte Bescheide sind nämlich nicht nichtig und demnach nicht unbeachtlich (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, § 68 AVG/E 321 ff angeführte Rechtsprechung), weshalb den fraglichen Niederlassungsbewilligungen weiterhin Gültigkeit zukam.

Wegen des im Zeitpunkt der Ausweisung aufrechten Bestandes der Aufenthaltstitel und somit der Rechtmäßigkeit des inländischen Aufenthalts der Beschwerdeführer waren die angefochtenen Bescheide wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 18. Mai 2004

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Grundsätzliches zur Rechtmäßigkeit und zur Rechtsverletzungsmöglichkeit Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Rechtskraft Besondere Rechtsprobleme Bescheidcharakter von auf AVG §68 Abs1 gestützten Erledigungen Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der Rechtswirkungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001210072.X00

Im RIS seit

07.07.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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