TE Vwgh Beschluss 2004/5/19 AW 2004/04/0010

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Veröffentlicht am 19.05.2004
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §360 Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2 Z5;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der A Gesellschaft m.b.H. in Wien, vertreten durch Mag. Dr. A, Rechtsanwalt, der gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 2. Jänner 2004, Zl. Senat-AB-03-0165, betreffend einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahme gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 2. Jänner 2004 wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 360 Abs. 1 GewO 1994 Spruchpunkt 1 des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt (BH) dahingehend abgeändert, dass zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes die konsenslosen Zwischenlagerungen von Kunststoffabfällen im Freien bei der gewerblichen Betriebsanlage der Beschwerdeführerin nachweislich bis 30. April 2004 zu entfernen sind. Die weiteren Spruchpunkte 2 und 3 des Bescheides der BH wurden ersatzlos behoben, gleichfalls wurde der Passus "die Entsorgungsnachweise sind der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt unaufgefordert zwei Wochen nach der Entsorgung vorzulegen" behoben.

Begründend wurde unter anderem ausgeführt, dass auf dem Gelände der Beschwerdeführerin auf insgesamt drei freien Lagerflächen eine Gesamtmenge von 25.644 m3 Kunststoff- und Spuckstofffraktionen lagern würden und diese Lagerungen gewerbebehördlich nicht genehmigt seien. Die angeführten Lagerungen seien jedoch genehmigungspflichtig, weil durch die Lagerungen eine Grundwassergefährdung und eine hohe Brandgefahr bestehe. Diesbezüglich verweist die Begründung auf Gutachten der Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz bzw. eines brandschutztechnischen Sachverständigen. Weiters sei die einer näher bezeichneten GmbH gemäß § 29 Abs. 1 Z 3 iVm Abs. 8 AWG 2002 erteilte Genehmigung zur Durchführung eines Versuchsbetriebes für die vorliegende Entscheidung nicht relevant, da eine derartige Genehmigung die fehlende gewerbebehördliche Genehmigung für die Lagerung seitens der Beschwerdeführerin nicht ersetzen könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zur hg. Zl. 2004/04/0041 protokollierte Beschwerde, mit welcher der Antrag verbunden ist, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Zur Begründung dieses Antrages wird ausgeführt, dass zwingende öffentliche Interessen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegenstehen würden, da die belangte Behörde die gelagerten Materialien weder als gefährlich eingestuft habe noch im erstinstanzlichen Bescheid der Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt worden sei. Für die Beschwerdeführerin bedeute die Erfüllung des Räumungsauftrages eine große finanzielle Belastung, welche sich durch die Entsorgungskosten der gelagerten Ware, den Verkauf der angekauften Maschinen, sollte es zu keiner Produktion kommen, die Kosten für die Miete der Halle und der Freiflächen sowie den entstehenden Umsatzentgang ergeben würde. Würde der angefochtene Bescheid durch den Verwaltungsgerichtshof behoben, kämen die Kosten der Wiederbeschaffung der zwischenzeitig entsorgten Materialien hinzu. Dem Antrag beigeschlossen ist eine Aufstellung der näher bezeichneten GmbH über die unter anderem dieser Gesellschaft entstehenden Kosten im Falle des Vollzugs des angefochtenen Bescheides.

In ihrer Stellungnahme vom 15. April 2004 sprach sich die belangte Behörde gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus, da das abgelagerte Material geeignet sei, eine Grundwassergefährdung herbeizuführen und das gefährdete Gebiet ein Grundwasserschongebiet sei, das vorrangig der Trinkwasserversorgung diene (Grundwasserschongebiet Mitterndorfer Senke). Auch hätten von der NÖ Umweltschutzanstalt gezogene Proben aus vier Grundwassersonden erhöhte Werte angezeigt, was Auswirkungen der abgelagerten Materialien auf das Grundwasser nahe lege und hätten Gutachten der Amtssachverständigen für Abfallchemie und Grundwasserschutz bzw. Wasserbautechnik gezeigt, dass auf Grund der bisherigen Ablagerungen eine Grundwassergefährdung befürchtet werden müsse.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im vorliegenden Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen. Nach diesem sind die getroffenen Maßnahmen erforderlich, um (insbesondere) eine Beeinträchtigung der Gewässer zu vermeiden. Ausgehend von dieser vom Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Provisorialverfahren zu beachtenden Sach- und Rechtslage kann aber im Hinblick auf die nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennende Annahme der belangten Behörde die Möglichkeit einer nachteiligen Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 5 GewO 1994 nicht ausgeschlossen werden. Derartige Umstände sind unter das Tatbestandsmerkmal zwingender öffentlicher Interessen im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG zu subsumieren (vgl. den hg. Beschluss vom 21. Dezember 1994, AW 94/04/0053).

Dazu kommt, dass die Beschwerdeführerin auch bei Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht die Rechtsstellung erlangen könnte, die im angefochtenen Bescheid angeführte Betriebsanlage ohne die hiefür nach der behördlichen Annahme erforderliche Genehmigung betreiben zu dürfen (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 3. Februar 1993, Zl. AW 92/04/0055 mwH).

Auf Grund dieser Erwägungen war dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht stattzugeben.

Wien, am 19. Mai 2004

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Gewerberecht Zwingende öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:AW2004040010.A00

Im RIS seit

11.08.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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