TE Vwgh Erkenntnis 2004/5/26 2001/08/0024

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Veröffentlicht am 26.05.2004
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Index

21/03 GesmbH-Recht;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §7 Abs1 Z1;
AlVG 1977 §7 Abs2;
GmbHG §89 Abs2;
GmbHG §92 Abs1;
GmbHG §93 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Mag. Nora Huemer, Rechtsanwalt in 1220 Wien, Schüttaustraße 69/46, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 19. Dezember 2000, Zl. LGSW/Abt. 10-AlV/1218/56/2000-4754, betreffend Widerruf der Zuerkennung und Rückforderung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am 28. Juli 1999 mit dem bundeseinheitlich aufgelegten Antragsformular den Antrag auf Gewährung des Arbeitslosengeldes. In Beantwortung der Frage 11 (Ich gebe folgende Beschäftigungs- und Ausbildungszeiten sowie sonstige Zeiten (Pension, Präsenzdienst) bekannt) führte er aus, er sei vom 1. Dezember 1991 bis 15. März 1997 als Sanitärtechniker und vom 17. August 1998 bis 31. Juli 1999 als Geschäftsführer beschäftigt gewesen. Die Fragen nach einer Beschäftigung bzw. einer selbständigen Erwerbstätigkeit verneinte er. Nach der Arbeitsbescheinigung der T. GmbH vom 21. Juli 1999 war der Beschwerdeführer vom 17. August 1998 bis 31. Juli 1999 als Geschäftsführer beschäftigt.

Der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice wurde auf Grund eines Auszuges aus dem Firmenbuch zum 3. August 2000 bekannt, dass der Beschwerdeführer als Liquidator die T. GmbH seit 25. August 1999 selbständig vertritt.

Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat mit Bescheid vom 18. August 2000 gemäß § 24 Abs. 2 AlVG den Bezug des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum 1. August 1999 bis 20. Juli 2000 widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt und gemäß § 25 Abs. 1 leg. cit. den Beschwerdeführer zur Zurückzahlung des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes in Höhe von S 171.300,-- verpflichtet. In der Begründung wurde nach Gesetzeszitaten ausgeführt, der Beschwerdeführer habe im genannten Zeitraum die Leistungen zu Unrecht bezogen, weil er nicht gemeldet habe, Liquidator der T. GmbH zu sein, und somit sein organschaftliches Verhältnis zur Gesellschaft nicht gelöst sei.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Darin führte er aus, er habe sich im Jahr 1997, nachdem er nach jahrelanger Tätigkeit als Spezialist für Gas-, Wasser- und Heizungsinstallationen arbeitslos geworden war, entschieden, mit einem Partner ein Unternehmen zu gründen. Die im Juli 1998 gegründete T. GmbH habe mit Beschluss vom September 1999 liquidiert werden müssen. Er habe sein Dienstverhältnis zur GmbH per 31. Juli 1999 beendet. Das Unternehmen sei bereits zu diesem Zeitpunkt überschuldet gewesen. An eine Entschädigung für die darauf folgende Tätigkeit als Liquidator sei nicht zu denken gewesen. Auch aus der Liquidation ergebe sich ein Verlust, weil das Vermögen zum Teil unverkäuflich gewesen sei. Die Liquidation der T. GmbH, für welche der Beschwerdeführer als Liquidator eingetragen gewesen sei, sei bereits Mitte November 1999 abgeschlossen gewesen. Die Liquidationsschlussbilanz sei zum 30. November 1999 erstellt worden. Die für die Löschung der GmbH im Firmenbuch erforderliche Unbedenklichkeitsbescheinigung sei vom Finanzamt erst mit Datum vom 25. August 2000 ausgestellt worden (Nach dem im Akt erliegenden Firmenbuchauszug mit Stichtag 4. September 2000 langte der Antrag auf Löschung der T. GmbH im Firmenbuch am 30. August 2000 ein). Wenn der Beschwerdeführer hätte erkennen können, dass ihm auf Grund der Firmenbucheintragung als Liquidator die Leistung nicht gebühre, hätte er die Funktion des Liquidators nicht übernommen. Diese Funktion hätte auch der andere Gesellschafter ausüben können. Es gebe im Verfahren keine Meldepflicht des Antragstellers über das Vorliegen eines organschaftlichen Verhältnisses zu einer Kapitalgesellschaft. Es wäre Aufgabe der Behörde gewesen, bei Antragstellung auf Gewährung des Arbeitslosengeldes das Vorliegen eines organschaftlichen Verhältnisses durch Anforderung eines Firmenbuchauszuges festzustellen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung keine Folge gegeben. In der Begründung führte sie nach Gesetzeszitaten und nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens aus, zwischen der auf den Gesellschafterbeschluss beruhenden Bestellung zum Geschäftsführer und dem Angestelltenverhältnis müsse unterschieden werden. Durch die Bestellung werde die gesellschaftsrechtliche Funktion des Geschäftsführers mit den damit verbundenen Rechten und Pflichten begründet. Dadurch übernehme der Geschäftsführer die ihm durch das GmbH-Gesetz und den Gesellschaftervertrag zugewiesenen Aufgaben. Der Anstellungsvertrag sei eine bloße Ergänzung des Organverhältnisses und regle die nähere Ausgestaltung der vorgezeichneten Verpflichtungen zur Dienstleistung und zur Geschäftsbesorgung. Durch die Beendigung des Angestelltenverhältnisses ende daher die Hauptleistungspflicht als Geschäftsführer nicht. Die bloße Auflösung des Angestelltenverhältnisses allein ohne gleichzeitiges Ausscheiden aus dem gesellschaftsrechtlichen Organverhältnis als Liquidator (Geschäftsführer) könne daher die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG nicht bewirken und daher den Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht begründen (Hinweis auf mehrere Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes). Für die Dauer der Organstellung als Liquidator liege daher Arbeitslosigkeit nicht vor. Weiters sei zu bemerken, dass unstrittig bleibe, dass der Beschwerdeführer im Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld die Frage 5 "Ich stehe derzeit in Beschäftigung" mit "nein" beantwortet habe. Der Berufung sei daher nicht Folge zu geben gewesen.

In der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machenden Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides. Er führt aus, nach Beendigung seines Dienstverhältnisses zur T. GmbH per 31. Juli 1999 sei er auf eigenen Wunsch per 25. August 1999 als Liquidator bestellt worden. Auf Grund der schlechten Lage der Gesellschaft habe er aus dieser Tätigkeit kein Entgelt bezogen. Die Liquidation sei bereits Mitte November 1999 abgeschlossen gewesen. Das bedeutet, dass zumindest ab Mitte November 1999 ein Anspruch auf Beziehung des Arbeitslosengeldes bestanden habe. Dem Beschwerdeführer sei nicht bewusst gewesen, dass die unentgeltliche Ausübung einer Organfunktion eine Beschäftigung im Sinne des AlVG darstelle und einen Anspruch auf Bezug von Arbeitslosengeld ausschließe.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach der ständigen hg. Rechtsprechung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1995, 93/08/0138, aus jüngster Zeit etwa die Erkenntnisse vom 20. Februar 2002, 2002/08/0009, und vom 30. April 2002, 2002/08/0046), setzt die "Beendigung eines "Beschäftigungsverhältnisses" im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG jedenfalls voraus, dass der Vertrag und die beiderseitigen Hauptpflichten aus dem versicherungspflichtigen anwartschaftsbegründenden Beschäftigungsverhältnis erloschen sind. Der Umstand allein, dass das Anstellungsverhältnis eines Geschäftsführers bei Fortdauer seiner Organstellung endet, bedeutet noch keinen Entfall der Hauptleistungspflicht des Geschäftsführers, gleichgültig ob er für seine Geschäftsführertätigkeit weiter ein Entgelt erhält oder nicht. Auch auf die tatsächliche Tätigkeit nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses kommt es nicht an.

In seinem Erkenntnis vom 11. Februar 1997, 96/08/0380, sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass diese Grundsätze auch auf den Fall Anwendung finden, dass über das Vermögen der GmbH der Konkurs eröffnet wurde. Diese Grundsätze gelten aber nach dem Erkenntnis vom 7. Juni 2000, 99/03/0205, auch dann, wenn der bisherige Geschäftsführer einer GmbH nach deren Auflösung - wie im Beschwerdefall - gemäß § 89 Abs. 2 GmbH-Gesetz als Liquidator eintritt. Die belangte Behörde hat zwar nicht ausdrücklich festgestellt, dass der Beschwerdeführer zwischen der Beendigung des Anstellungsvertrages mit 31. Juli 1999 und der Eintragung als Liquidator der T. GmbH ab 25. August 1999 weiterhin die gesellschaftsrechtliche Funktion des Geschäftsführers der T. GmbH innegehabt hat. Aber auch der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass er zwischen 31. Juli 1999 und 25. August 1999 nicht Geschäftsführer der T. GmbH gewesen wäre. Sowohl der im Verwaltungsakt erliegende als auch der vom Verwaltungsgerichtshof von Amts wegen eingeholte Auszug aus dem Firmenbuch belegen, dass der Beschwerdeführer im Streitzeitraum Geschäftsführer bzw. Liquidator der T. GmbH war. Gemäß § 93 Abs. 1 GmbH-Gesetz haben die Liquidatoren nach Beendigung der Liquidation und Nachweisung der durch Beschluss der Gesellschafter erwirkten Entlastung bei dem Handelsgericht um die Löschung der Liquidationsfirma anzusuchen. Daraus folgt, dass die Organstellung der Liquidatoren nicht mit der Beendigung der Liquidation endet; die insoweit - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - weiter bestehende Hauptleistungspflicht der Liquidatoren umfasste vielmehr auch noch das Ansuchen um Löschung der Liquidationsfirma (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 7. Juni 2000, 99/03/0205, vom 16. Oktober 2002, 99/03/0201, und vom 23. Oktober 2002, 2000/08/0119). Der Widerruf der Zuerkennung des Arbeitslosengeldes erfolgte daher zu Recht. Der belangten Behörde kann aber auch nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer in Kenntnis des wahren Sachverhaltes bei Antragstellung objektiv falsche Angaben gemacht hat. Der Beschwerdeführer macht in der Beschwerde geltend, auf eigenen Wunsch als Liquidator eingetragen worden zu sein. Demgegenüber erklärte er bei der Antragstellung, die Tätigkeit des Geschäftsführers habe mit 31. Juli 1999 geendet, und verneinte die Frage nach einer Beschäftigung. Diese Fragestellung umfasst auch entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers die Frage nach einer organschaftlichen Stellung. Wird doch in der beispielhaften Aufzählung der Tätigkeiten auch die eines(r) "Geschäftsführers/in" genannt.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 26. Mai 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001080024.X00

Im RIS seit

07.07.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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