RS OGH 1995/3/27 1Ob544/95, 2Ob156/97y, 3Ob214/97k, 8Ob51/98b, 4Ob45/98s, 1Ob87/98w, 1Ob211/98f, 8Ob

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Veröffentlicht am 27.03.1995
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Norm

ABGB §879 BIIi
KSchG §25c

Rechtssatz

Bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit rechtsgeschäftlicher Haftungserklärungen volljähriger Familienangehöriger ohne jedes oder jedenfalls ohne zulängliches Einkommen und Vermögen hat das Gericht eine auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bezogene Gesamtwürdigung aller objektiven und subjektiven Umstände vorzunehmen. Zu berücksichtigen sind bei der Abwägung der für und gegen die Sittenwidrigkeit sprechenden Umstände neben der konkreten vertraglichen Ausgestaltung der Mithaftung einschließlich der absoluten Höhe der eingegangenen Verpflichtung etwa das Abdingen bürgschaftsrechtlicher Schutzvorschriften, das Fehlen einer betragsmäßigen Haftungsbegrenzung bzw damit die fehlende Überschaubarkeit des Risikos überhaupt oder eine hoffnungslose Überschuldung des Hauptschuldners, in der Person des gutstehenden Angehörigen liegende Umstände wie die Verharmlosung der Tragweite oder des Risikos der Verpflichtung durch einen Angestellten der Bank, die Überrumpelung des Angehörigen oder die Ausnutzung einer seelischen Zwangslage, die sich aus der gefühlsmäßigen Bindung zum Kreditnehmer oder der wirtschaftlichen Abhängigkeit von ihm ergibt und ebenso auch die geschäftliche Unerfahrenheit.

Entscheidungstexte

  • 1 Ob 544/95
    Entscheidungstext OGH 27.03.1995 1 Ob 544/95
    Veröff: SZ 68/64
  • 2 Ob 156/97y
    Entscheidungstext OGH 10.07.1997 2 Ob 156/97y
    Auch
  • 3 Ob 214/97k
    Entscheidungstext OGH 17.09.1997 3 Ob 214/97k
  • 8 Ob 51/98b
    Entscheidungstext OGH 26.02.1998 8 Ob 51/98b
    Auch
  • 4 Ob 45/98s
    Entscheidungstext OGH 17.03.1998 4 Ob 45/98s
    Auch
  • 1 Ob 87/98w
    Entscheidungstext OGH 30.06.1998 1 Ob 87/98w
    Veröff: SZ 71/117
  • 1 Ob 211/98f
    Entscheidungstext OGH 15.12.1998 1 Ob 211/98f
    Vgl auch
  • 8 Ob 137/99a
    Entscheidungstext OGH 21.10.1999 8 Ob 137/99a
    Vgl auch
  • 7 Ob 146/99t
    Entscheidungstext OGH 20.10.1999 7 Ob 146/99t
    Auch
  • 6 Ob 200/99a
    Entscheidungstext OGH 21.10.1999 6 Ob 200/99a
    Vgl auch
  • 8 Ob 320/99p
    Entscheidungstext OGH 27.01.2000 8 Ob 320/99p
    Vgl auch
  • 8 Ob 301/99v
    Entscheidungstext OGH 24.02.2000 8 Ob 301/99v
    Vgl auch
  • 8 Ob 253/99k
    Entscheidungstext OGH 11.05.2000 8 Ob 253/99k
    Beisatz: 1) Bei der Sittenwidrigkeitskontrolle von Bürgschaften naher Angehöriger ist das Vorliegen eines krassen Missverhältnisses des Haftungsumfangs und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Interzedenten auslösendes Moment der Inhaltskontrolle und wird daher von der Intensität der nach einem beweglichen System zu beurteilenden weiteren Sittenwidrigkeitsindikatoren nicht berührt. 2) Auch im Bereich der Sittenwidrigkeitskontrolle von Bürgschaftsverträgen naher Angehöriger ist bloße Teilnichtigkeit möglich, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass die (reduzierte) Bürgschaft für den Gläubiger nicht sinnlos ist. Grundlage der Beurteilung ist der Kapitalsbetrag zuzüglich der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Zinsbelastung. (T1)
    Veröff: SZ 73/79
  • 7 Ob 35/00y
    Entscheidungstext OGH 26.04.2000 7 Ob 35/00y
    Vgl auch; nur: Bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit rechtsgeschäftlicher Haftungserklärungen volljähriger Familienangehöriger hat das Gericht eine auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bezogene Gesamtwürdigung aller objektiven und subjektiven Umstände vorzunehmen. (T2)
    Beisatz: Vertragsabschluss vor Inkrafttreten der §§ 25 ff KSchG idF BGBl I 1997/6. (T3)
  • 6 Ob 1/00s
    Entscheidungstext OGH 17.05.2000 6 Ob 1/00s
    Vgl
  • 1 Ob 107/00t
    Entscheidungstext OGH 25.07.2000 1 Ob 107/00t
    Vgl auch; Beis wie T1; Beisatz: Die "verdünnte Entscheidungsfreiheit" muss von Kreditgeberseite herbeigeführt worden sein. (T4) Veröff: SZ 73/121
  • 6 Ob 117/00z
    Entscheidungstext OGH 28.06.2000 6 Ob 117/00z
    Vgl auch; Beis ähnlich T1; Beisatz: a) Die zur Inhaltskontrolle von Interzessionsgeschäften einkommensschwacher und vermögensschwacher Familienangehöriger für Verbindlichkeiten des Hauptschuldners entwickelten Grundsätze gelten auch für Interzessionsgeschäfte zur Besicherung von Forderungen eines Sozialversicherungsträgers. b) § 25d KSchG ermöglicht ein richterliches Mäßigungsrecht unter den dort genannten Voraussetzungen auch für Verbindlichkeiten gegenüber einem Sozialversicherungsträger. c) Die zur Mäßigung iSd § 25d KSchG führenden Umstände müssen im Zeitpunkt des Abschlusses der Interzessionsvereinbarung soweit vorhanden sein, dass sie für den Gläubiger bei entsprechender Aufmerksamkeit bereits erkennbar wurden. Ein späteres, im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht vorhandenes Missverhältnis, zwischen eingegangener Verpflichtung und Leistungsfähigkeit des Interzedenten kann nicht zu einer Mäßigung iSd § 25d KSchG führen. Allerdings sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Interzedenten zum Zeitpunkt seine Inanspruchnahme insoweit beachtlich, als sie den Umfang der Mäßigung maßgeblich beeinflussen. § 25d KSchG erfasst nicht die Fälle, in denen der ursprünglich einkommens- und vermögenslose oder -schwache Mithaftende später doch zu Einkommen oder Vermögen gelangt. (T5)
  • 10 Ob 80/00p
    Entscheidungstext OGH 11.07.2000 10 Ob 80/00p
    Vgl auch; Beis ähnlich wie T1; Beisatz: Diese Grundsätze gelten auch für Bürgschaften, die zur Sicherung fälliger oder künftiger Sozialversicherungsbeiträge eingegangen wurden. (T6)
  • 8 Ob 211/00p
    Entscheidungstext OGH 22.02.2001 8 Ob 211/00p
    Auch
  • 6 Ob 184/00b
    Entscheidungstext OGH 15.03.2001 6 Ob 184/00b
    Vgl auch; Beis ähnlich T1 nur: Bei der Sittenwidrigkeitskontrolle von Bürgschaften naher Angehöriger ist das Vorliegen eines krassen Missverhältnisses des Haftungsumfangs und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Interzedenten auslösendes Moment der Inhaltskontrolle und wird daher von der Intensität der nach einem beweglichen System zu beurteilenden weiteren Sittenwidrigkeitsindikatoren nicht berührt. (T7)
    Beisatz: Zu den Interzessionsgeschäften zählen nicht nur Bürgschaften, sondern auch sonstige Haftungsübernahmen. Als deren Gläubiger kommen keineswegs nur kreditgewährende Geldinstitute in Betracht. (T8)
  • 3 Ob 312/00d
    Entscheidungstext OGH 23.05.2001 3 Ob 312/00d
    Vgl auch
  • 1 Ob 132/01w
    Entscheidungstext OGH 22.10.2001 1 Ob 132/01w
    Vgl auch; Beisatz: Bei Beurteilung der Frage, ob der Kreditgeber hätte erkennen müssen, dass der Kreditnehmer seine Verbindlichkeit nicht oder nicht vollständig werde erfüllen können, sind Umstände wie dass der Bürge seine Bereitschaft zur Interzession aus eigenem Antrieb erklärte, (als in casu früherer Leiter einer Bankfiliale) geschäftserfahren war und durch die Kreditgewährung die Erstattung dem Kreditnehmer vorgeschossener Beträge erreichte, besonders zu berücksichtigen. (T9)
  • 6 Ob 38/02k
    Entscheidungstext OGH 18.04.2002 6 Ob 38/02k
    Vgl auch; Beisatz: Hier: Kein sittenwidriges Interzessionsgeschäft. (T10)
  • 9 Ob 85/02v
    Entscheidungstext OGH 05.06.2002 9 Ob 85/02v
    Vgl auch; Beis wie T7 nur: Bei der Sittenwidrigkeitskontrolle von Bürgschaften naher Angehöriger ist das Vorliegen eines krassen Missverhältnisses des Haftungsumfangs und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Interzedenten auslösendes Moment der Inhaltskontrolle. (T10a); Beisatz: Bei Pfandhaftungen mangelt es an der Voraussetzung des krassen Missverhältnisses zwischen dem Haftungsumfang und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Pfandschuldners als Interzedenten sowohl im Zeitpunkt der Pfandbestellung als auch später, muss doch der Pfandschuldner für eine materiell fremde Schuld nur mit einem im Zeitpunkt der Verpfändung schon vorhandenen Vermögenswert einstehen. (T11)
    Veröff: SZ 2002/80
  • 9 Ob 172/02p
    Entscheidungstext OGH 04.09.2002 9 Ob 172/02p
    Auch; Beis ähnlich wie T7
  • 10 Ob 315/02z
    Entscheidungstext OGH 26.11.2002 10 Ob 315/02z
    Vgl auch; Beisatz: Ist vom Vorliegen eines solchen krassen Missverhältnisses als objektives Element auszugehen, so bilden die weiteren für die Inhaltskontrolle rechtserheblichen Gesichtspunkte ein bewegliches Beurteilungssystem, dessen Anwendung ein Sittenwidrigkeitsurteil dann erlaubt, wenn entsprechende Indikatoren im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in allen drei Systemelementen verwirklicht waren und diesen in der Gesamtschau - je nach den Umständen des Einzelfalls - erhebliches Gewicht beizumessen ist (ÖBA 2000/909, 922ff mwN ua). (T12)
    Beisatz: Sofern die Gläubigerbank von der Einschränkung der Entscheidungsfreiheit (emotionale Abhängigkeit der Interzedentin vom Hauptschuldner, Verharmlosung der Haftungsübernahme) nicht positiv Kenntnis hatte, ist ihr die fahrlässige Unkenntnis dieses Umstandes anzulasten (1 Ob 136/02k ua). (T13)
  • 7 Ob 228/02h
    Entscheidungstext OGH 11.12.2002 7 Ob 228/02h
    Vgl auch; Beis ähnlich wie T1; Beis ähnlich wie T12
  • 7 Ob 65/04s
    Entscheidungstext OGH 26.05.2004 7 Ob 65/04s
    Vgl auch
  • 6 Ob 150/09s
    Entscheidungstext OGH 18.09.2009 6 Ob 150/09s
    Vgl auch; Beisatz: Der österreichischen Rechtsprechung ist eine starre Berechnungsformel wie die des BGH, wonach die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft gegen Treu und Glauben verstoße, wenn der Bürge innerhalb von fünf Jahren nicht in der Lage sei, zumindest ein Viertel der Hauptsumme aufzubringen („25%-Formel"), fremd. Diese Formel kann bei der Sittenwidrigkeitsprüfung lediglich als Kontrollrechnung zur Dartuung einer krassen Überforderung des Bürgen herangezogen werden. (T14)
  • 1 Ob 39/10g
    Entscheidungstext OGH 20.04.2010 1 Ob 39/10g
    Beis wie T10a; Beis wie T12
  • 4 Ob 123/11h
    Entscheidungstext OGH 09.08.2011 4 Ob 123/11h
  • 7 Ob 41/12y
    Entscheidungstext OGH 25.05.2012 7 Ob 41/12y
    Vgl; Beisatz: Hier: Keine Sittenwidrigkeit, weil der Beklagte nicht „ohne jedes oder jedenfalls ohne zulängliches Vermögen“ war ? der Kredit war durch die auf einer Liegenschaft des Beklagten eingeräumten Pfandrechte gesichert. (T15)
  • 5 Ob 161/15k
    Entscheidungstext OGH 22.03.2016 5 Ob 161/15k
    Auch; Beis wie T7; Beis ähnlich wie T8; Beis wie T12
  • 8 Ob 126/17p
    Entscheidungstext OGH 20.12.2017 8 Ob 126/17p
    Vgl

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1995:RS0048309

Im RIS seit

15.06.1997

Zuletzt aktualisiert am

21.03.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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