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19/05 Menschenrechte;Norm
AsylG 1997 §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über die Beschwerde des M in L, geboren 1956, vertreten durch Dr. Franz Kampenhuber, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Rainerstraße 15/4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 16. Oktober 2000, Zl. SD 650/00, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 16. Oktober 2000 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der Demokratischen Republik Kongo, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Der Beschwerdeführer sei am 7. November 1997 mit einem gefälschten südafrikanischen Reisepass nach Österreich eingereist.
Sein am 10. November 1997 gestellter Asylantrag sei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 24. November 1997 abgewiesen worden. Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer von Ende 1998 bis Mitte August 1999 über vorläufige Aufenthaltsberechtigungen nach dem Asylgesetz verfügt. Mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylamtes vom 3. August 2000 sei sein Asylantrag rechtskräftig abgewiesen worden.
Der Beschwerdeführer sei vom Landesgericht für Strafsachen Wien am 23. Juni 1998 wegen des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahles zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten, davon acht Monate unbedingt, verurteilt worden. Er habe gemeinsam mit einem Komplizen Mitte Mai 1998 in einem Kaufhaus in Wien versucht, verschiedene Gegenstände im Wert von ca. S 6.000,-- zu stehlen. Am 16. März 1999 sei der Beschwerdeführer durch das Landesgericht Linz abermals wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen und bandenmäßigen Diebstahles zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Er habe am 4. Dezember 1998 mit anderen in Linz, Mauthausen und in Perg in Filialen von Drogeriemärkten diverse Parfums im Gesamtwert von ca. S 60.000,-- gestohlen. Am 24. August 1999 sei der Beschwerdeführer durch das Landesgericht für Strafsachen Wien wiederum wegen des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahles zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten verurteilt worden. Er habe in der Zeit zwischen Mitte Mai 1999 und Mitte Juli 1999 aus Geschäften insgesamt 19 Parfums im Gesamtwert von ca. S 7.000,-- gestohlen. Am 16. Juli 1999 habe er gemeinsam mit einem Komplizen in der Filiale einer Drogeriemarktkette in Wien zehn Parfums im Gesamtwert von ca. S 5.800,-- zu stehlen versucht.
Der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG sei in zweifacher Hinsicht erfüllt. Das Fehlverhalten des Beschwerdeführers gefährde die öffentliche Ordnung und Sicherheit in hohem Maß, sodass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grund des § 36 Abs. 1 leg. cit. gerechtfertigt sei.
Der Beschwerdeführer sei ledig und für ein Kind sorgepflichtig. Er habe jedoch keine familiären Bindungen in Österreich. Die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes sei im Grund des § 37 FrG zu bejahen, weil es zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, nämlich zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen sowie zum Schutz des Eigentums und der Rechte Dritter dringend geboten sei. Einer allfälligen aus einem bisherigen Aufenthalt ableitbaren Integration komme kein entscheidendes Gewicht zu, weil die dafür erforderliche soziale Komponente durch das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers erheblich beeinträchtigt werde. Diesen nicht stark ausgeprägten privaten Interessen des Beschwerdeführers stünde das hoch zu veranschlagende öffentliche Interesse an der Verhinderung der Eigentumskriminalität gegenüber. Die Auswirkungen der vorliegenden Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers würden keinesfalls schwerer wiegen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen. Mit seinem Vorbringen, sein Leben sei in seiner Heimat in Gefahr, übersehe der Beschwerdeführer, dass mit einem Aufenthaltsverbot nicht auch eine Abschiebung des Fremden in ein bestimmtes Land angeordnet, sondern ausschließlich das Verbot ausgesprochen werde, sich weiter in Österreich aufzuhalten.
Im Hinblick darauf, dass keine besonderen zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände vorliegen würden, sei kein Grund gegeben, von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen des der belangten Behörde zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.
Der Beschwerdeführer sei trotz seines noch relativ kurzen Aufenthaltes bereits dreimal rechtskräftig verurteilt worden. In Anbetracht dessen könne nicht vorhergesehen werden, wann der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgebliche Grund, nämlich die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Beschwerdeführer, weggefallen sein würde. Die Maßnahme sei daher auf unbestimmte Zeit auszusprechen gewesen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Im Hinblick auf die unbestrittenen rechtskräftigen Verurteilungen des Beschwerdeführers kann die Ansicht der belangten Behörde, der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG sei erfüllt, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Der Beschwerdeführer hat nach den unbestrittenen Feststellungen wiederholt gemeinsam mit Komplizen verschiedene Gegenstände (Parfums) im Gesamtwert von über 60.000,-- S gestohlen bzw. zu stehlen versucht und wurde wegen des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahles bzw. des schweren gewerbsmäßigen und bandenmäßigen Diebstahles insgesamt dreimal zu mehrmonatigen, großteils unbedingten Freiheitsstrafen verurteilt. Der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers stellt daher eine Gefährdung des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Eigentumskriminalität dar. Die Ansicht der belangten Behörde, die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme sei gerechtfertigt, ist daher unbedenklich.
2.1. Der Beschwerdeführer wendet ein, die belangte Behörde hätte berücksichtigen müssen, dass er bei einer Abschiebung in sein Heimatland in Lebensgefahr sei. Sie wäre verpflichtet gewesen, Erhebungen im Hinblick auf die bestehende Lebensgefahr für den Beschwerdeführer durchzuführen.
2.2. Dem ist zu entgegnen, dass mit dem Aufenthaltsverbot nicht darüber abgesprochen wird, dass der Beschwerdeführer in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder dass er (allenfalls) abgeschoben werde. Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist auch nicht die Frage der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit einer Abschiebung in einen bestimmten Staat (vgl. § 8 AsylG, § 75 FrG). Die vom Beschwerdeführer behaupteten Gefahren in der Demokratischen Republik Kongo stellen auch keinen Eingriff in sein Privatleben im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG dar, weil von § 37 FrG nicht die Führung eines Privat- und Familienlebens außerhalb Österreichs gewährleistet wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. April 2002, Zl. 2002/18/0052). Der von der Beschwerde vermissten weiteren Ermittlungen "im Hinblick auf die bestehende Lebensgefahr des Beschwerdeführers" in seinem Heimatland bedurfte es daher nicht.
3. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG ist die teilweise auf einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz beruhende knapp dreijährige Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers seit November 1997 zu berücksichtigen. Sonstige persönliche Interessen am Verbleib im Bundesgebiet hat der Beschwerdeführer nicht.
Dem steht gegenüber, dass sein weiterer Aufenthalt das große öffentliche Interesse an der Verhinderung der Eigentumskriminalität gefährden würde. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes ist damit zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung strafbarer Handlungen, Schutz der Rechte Dritter) dringend geboten. Die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wiegen im vorliegenden Fall nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
4. Für die belangte Behörde bestand auch keine Veranlassung, von dem ihr gemäß § 36 Abs. 1 FrG bei der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes zukommenden Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, sind doch weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid besondere Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprechen.
5. Angesichts des Fehlverhaltens des Beschwerdeführers kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung vertreten hat, dass der Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nicht vorhergesehen werden könne und die Maßnahme daher auf unbestimmte Zeit auszusprechen sei.
6. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 1. Juli 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001180088.X00Im RIS seit
09.08.2004