TE Vwgh Erkenntnis 2004/7/20 2003/03/0104

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Veröffentlicht am 20.07.2004
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Index

E1E;
E3L E06202000;
E3L E08500000;
E3L E13206000;
E3L E13309900;
E6J;
40/01 Verwaltungsverfahren;
59/04 EU - EWR;
91/01 Fernmeldewesen;

Norm

11997E082 EG Art82;
11997E086 EG Art86 Abs1;
31990L0388 Telekommunikationsdienste Wettbewerb-RL Art3a idF 31996L0002;
31996L0002 Nov-31990L0388 Art1 Z3;
31996L0002 Nov-31990L0388 Art2 Abs3;
31996L0002 Nov-31990L0388 Art2 Abs4;
31996L0002 Nov-31990L0388 Erwägungsgrund11;
31996L0002 Nov-31990L0388 Erwägungsgrund14;
31996L0002 Nov-31990L0388 Erwägungsgrund15;
31996L0002 Nov-31990L0388 Erwägungsgrund8;
31996L0002 Nov-31990L0388;
31997L0013 Telekommunikationsdienste Rahmen-RL Art11 Abs2;
31997L0013 Telekommunikationsdienste Rahmen-RL Art9 Abs2;
31997L0013 Telekommunikationsdienste Rahmen-RL Art9 Abs3;
61999CJ0462 Connect Austria VORAB;
AVG §8;
TKG 1997 §125 Abs3;
TKG 1997 §22;

Beachte

Vorabentscheidungsverfahren:* Ausgesetztes Verfahren: 99/03/0212 B 29. Jänner 2003 * EuGH-Entscheidung: EuGH 61999CJ0462 22. Mai 2003

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Handstanger, Dr. Berger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der T GmbH in G, vertreten durch Dr. Edgar Kollmann, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Ottakringer Straße 57, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 30. Juli 1998, Zl. K 9/98, betreffend Parteistellung iA eines Verfahrens betreffend die Zuteilung von Frequenzen (mitbeteiligte Partei: M AG in W, vertreten durch Cerha Hempel & Spiegelfeld Partnerschaft von Rechtsanwälten in 1010 Wien, Parkring 2), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 330,40 sowie der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 28. Juli 1998 auf Zuerkennung der Parteistellung im Verfahren "auf Zuteilung von 5 MHz DCS 1800 Frequenzen" gemäß § 125 Abs. 3 iVm § 111 TKG abgewiesen.

Begründend wird im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Die Beschwerdeführerin habe ihren Antrag damit begründet, dass sie "auf Grund ihres Antrages und laufenden Verfahrens auf Zuteilung von DCS 1800 Frequenzen ein rechtliches Interesse an der Parteistellung hätte. 'Die Rechtssphäre in unserem Verfahren wird unmittelbar berührt, da wir demnächst Beschwerde beim VfGH gegen den negativen Bescheid der Telekom-Control GmbH vom 20. Juli 1998

erheben werden ... .' " Die Parteistellung würde aber auch "auf

Grund unseres gleichzeitig eingebrachten Antrags auf 10 MHz mindestens aber jedoch 5 MHz aus dem DCS-1800 MHz Band" begründet. Die Beschwerdeführerin sei weder "Inhaber einer Konzession zur Erbringung des reservierten Fernmeldedienstes mittels Mobilfunk im digitalen zellularen Mobilfunkbereich" gemäß § 125 Abs. 3 TKG noch Inhaber einer sonstigen Konzession gemäß § 14 TKG.

Mit Antrag vom 22. Dezember 1997 habe die Beschwerdeführerin ein "Ansuchen auf Bewilligung für die Errichtung und zum Betrieb eines öffentlichen Sprachtelefon- und Datenfunkdienstes und die Zuteilung eines Frequenzbandes von 2x25 MHz Breite im GSM-1800 MHz Bereich" sowie auf "Bewilligung nach § 20 Abs. 2 TKG ohne Konzession oder Konzessionsansuchen nach § 20 ff, § 21 Abs. 2 TKG" eingebracht. Dieser Antrag sei mit Bescheid der belangten Behörde vom 20. Juli 1998, Zl. K 15/97, mit der Begründung abgewiesen worden, dass zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung für eine Konzessionsvergabe bzw. für die Ausschreibung einer zu vergebenden Konzession im beantragten Umfang keine Frequenzen verfügbar seien.

Am 29. Juli 1998 habe die Beschwerdeführerin einen neuen Antrag "auf die Bewilligung für die Errichtung und zum Betrieb eines öffentlichen Sprach- und Datenfunkdienstes und die Zuteilung eines Frequenzbandes von 2x10 MHz Breite, mindestens aber jedoch 2x5 MHz Breite im GSM 1800 MHz Bereich für die Städte Wien, und wenn technisch möglich auch für Graz und Linz" gestellt. Über diesen Antrag habe die belangte Behörde noch nicht entschieden.

Die mitbeteiligte Partei habe am 13. Oktober 1997 die Zuteilung eines Frequenzspektrums von 2x5 MHz und am 10. November 1998 einen Antrag auf Zuteilung weiterer 3,4 MHz aus dem für den DCS-1800 reservierten Frequenzbereich beantragt. Die mitbeteiligte Partei habe ihre Anträge jeweils auf § 125 Abs. 3 TKG gestützt.

Gemäß § 8 AVG seien solche Personen Parteien eines Verwaltungsverfahrens, die an der Sache "vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses" beteiligt seien. Ob einer Person Parteistellung zukomme, bestimme sich nach Lehre und Judikatur nach den im konkreten Fall anzuwendenden materiellen und formellen Verwaltungsvorschriften.

Die Beschwerdeführerin vermeine, vermöge der auf Grund ihrer Anträge vom 22. Dezember 1997 bzw. vom 29. Juli 1998 eingeleiteten Verfahren gemäß §§ 20 ff TKG ihre Parteistellung im Verfahren über die auf Anträge der mitbeteiligten Partei über Zuteilung von 2x8,5 MHz aus dem für den DCS 1800 Bereich reservierten Frequenzbereich begründen zu können. Die §§ 20 ff TKG würden die Konzessionspflicht sowie das Konzessionsverfahren für Mobilfunkdienste regeln. Solche Konzessionen seien auf Grund eines Ausschreibungsverfahren gemäß § 22 TKG zu vergeben. Die Antragsteller für die Konzession würden gemäß § 22 Abs. 9 leg. cit. eine Verfahrensgemeinschaft bilden. Davon zu unterscheiden seien Verfahren gemäß § 125 Abs. 3 TKG. § 125 Abs. 3 leg. cit. statuiere keinen Fall einer Konzessionserteilung, sondern sei eine gesetzliche Spezialnorm, welche die Anspruchsvoraussetzungen einer ergänzenden Zuteilung von DCS 1800 Frequenzen an - zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bestimmung - "bestehende Konzessionsinhaber" regle. Für den Fall, dass bei den bestehenden Konzessionsinhabern die Teilnehmerkapazität ausgeschöpft sei, stehe diesen ein Anspruch auf zusätzliche Frequenzen zu. Verfahren nach § 20 ff TKG und Verfahren nach § 125 Abs. 3 leg. cit. seien daher völlig getrennt zu beurteilen. Insbesondere bewirke ein nach §§ 20 ff TKG eingeleitetes Verfahren und die für dieses Verfahren geltende Bestimmung des § 22 Abs. 9 TKG über die Verwaltungsverfahrensgemeinschaft keine Parteistellung im Verfahren nach § 125 Abs. 3 TKG. Auch die Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gegen einen auf die §§ 20 ff TKG gestützten abweislichen Bescheid der belangten Behörde (nicht der Telekom-Control-GmbH, wie die Beschwerdeführerin ausführe) vom 20. Juli 1998 begründe keinen Eingriff in die Rechtssphäre und damit keine Parteistellung der Beschwerdeführerin im Verfahren über die auf Anträge der mitbeteiligten Partei über die Zuteilung von 2x8,5 MHz aus dem für den DCS-1800 Bereich reservierten Frequenzbereich.

Damit bleibe zu klären, ob § 125 Abs. 3 TKG der Beschwerdeführerin Parteistellung im Verfahren über die auf Anträge der mitbeteiligten Partei über die Zuteilung von 2x8,5 MHz aus dem für den DCS 1800 Bereich reservierten Frequenzbereich einräume.

Die Bestimmung des § 125 Abs. 3 TKG entspreche wörtlich der des durch die Novelle BGBl. I Nr. 44/1997 in das Fernmeldegesetz, BGBl. Nr. 908/1983, eingeführten § 20a Abs. 3b. Im Ausschussbericht (619 BlgNR 20.GP) finde sich dazu folgende Erläuterung:

"Hinsichtlich der Zuweisung weiterer Frequenzen an die bestehenden Mobilfunkbetreiber erhalten Mobilkom und max.mobil die Zusage, daß sie Frequenzen im Ausmaß von jeweils 5 MHz aus dem für DCS-1800-reservierten Frequenzbereich bei Bedarf zugewiesen erhalten, wenn seit Rechtskraft des Konzessionsbescheides drei Jahre vergangen sind (temporärer Ausschluß von der Erschließung des 1800-Marktes). Dieser temporäre Ausschluß ist aus wettbewerbspolitischen Gründen geboten, um dem zukünftigen Inhaber der DCS-1800-Lizenz eine entsprechende Planungssicherheit zu geben. Vor diesem Zeitpunkt können den bestehenden Betreibern nur dann weitere Frequenzen aus dem 1800er Bereich angeboten werden, wenn ihre Teilnehmerkapazität unter Ausnutzung aller wirtschaftlich vertretbarer technischer Möglichkeiten nachweislich ausgeschöpft ist. ..."

Zweck der Norm sei offensichtlich der Schutz des "zukünftigen Inhabers der DCS-1800-Lizenz", das sei die C GmbH, aus "wettbewerbspolitischen Gründen". Diese habe kraft dieser Bestimmung einen Rechtsanspruch darauf, dass während der Ausschlussfrist im Regelfall die bestehenden Betreiber keine weiteren Frequenzen zugeteilt erhielten, bzw. dass den bestehenden Unternehmen, das seien die mitbeteiligte Partei und T S GmbH, nur in dem Fall weitere Frequenzen aus dem 1800er Bereich zugeteilt würden, wenn ihre Teilnehmerkapazität unter Ausnutzung aller wirtschaftlich vertretbarer technischer Möglichkeiten nachweislich ausgeschöpft sei. Die Bestimmung lege damit materiell fest, welche inhaltliche Entscheidung sowohl die "bestehenden Konzessionsinhaber" als auch der "zukünftige Inhaber" begehren könnten.

Die Norm bezwecke darüber hinaus keinen Schutz rechtlicher Interessen sonstiger auf den mobilen Telekommunikationsmarkt strebender Anbieter. Bloße wirtschaftliche Interessen würden aber keine Parteistellung in einem Verwaltungsverfahren begründen. Da § 125 Abs. 3 TKG die wirtschaftlichen Interessen der Beschwerdeführerin nicht als rechtliche Interessen anerkenne, könne ihr im gegenständlichen Verfahren keine Parteistellung zukommen.

Im Zusammenhang mit Verfahren über die Konzessionserteilung habe der Verwaltungsgerichtshof zudem bereits wiederholt ausgeführt, dass - wenn keine Norm ausdrücklich anderes festlege - Konzessionsinhabern kein rechtliches Interesse an der Rechtmäßigkeit und Richtigkeit einer Konzessionserteilung zukomme. Fehle aber sogar Konzessionsinhabern im Verfahren zur Erteilung einer Konzession an einen neu in den Markt Eintretenden das rechtliche Interesse an einer Verfahrensbeteiligung, so gelte dies umso mehr für Bewerber um eine Konzession im Bezug auf ein Verfahren über die Zuteilung zusätzlicher Frequenzen an einen Konzessionsinhaber.

Weiters könnte die mögliche Rechtsverletzung von der Sphäre eines übergangenen Bewerbers aus betrachtet nur darin gelegen sein, dass dessen Konzessionsansuchen rechtswidriger Weise abgewiesen worden sei, möge dies auch den Grund in der Verleihung einer gleichartigen Konzession an einen anderen haben "(VwSlg 3793 A/1955, 4935 A/1959)". Einen Rechtsanspruch, dass einem anderen nicht eine gleichartige Konzession verliehen würde, stehe dem Bewerber um eine Konzession mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelungen aber nicht zu. Im vorliegenden Fall könne sich die Beschwerdeführerin aber von vornherein nicht auf § 125 Abs. 3 TKG stützen, weil sie weder "bestehender Konzessionsinhaber" noch der "Lizenzwerber" für die 1997 vergebene DCS-1800-Konzession - das sei, wie bereits ausgeführt, die C - sei.

Der Beschwerdeführerin komme daher in dem über die auf Anträge der mitbeteiligten Partei über die Zuteilung von 2x8,5 MHz aus dem für den DCS 1800 Bereich reservierten Frequenzbereich eingeleiteten Verfahren Parteistellung nicht zu.

2. Gegen diesen Bescheid richtete die Beschwerdeführerin zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese nach Ablehnung ihrer Behandlung (Beschluss vom 11. März 1999, B 1768/98-16) gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 5. Mai 1999, B 1768/98-18).

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren begehrte die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdepunkte wurden wie folgt ausgeführt:

"Durch den angefochtenen Bescheid sind wir in unserem Recht, eine Konzession zu erhalten und die damit verbundenen Frequenzen zugewiesen zu bekommen, verletzt worden (Anträge K 15/97 und K 30/98). Dies bewirkte die belangte Behörde, indem sie keine Verfahrensgemeinschaft der anhängigen Anträge für DCS-1800 Frequenzen von M und T bildete, wodurch uns die Parteistellung in K 9/98 (M-Verfahren) in unzulässiger Weise verwehrt wurde. Wir sind daher auch in unserem Recht auf Parteistellung verletzt worden, da uns zu Unrecht die Zuerkennung der Parteistellung im Mverfahren K 9/98 verweigert wurde. Im Hinblick darauf, dass Frequenzen ein nicht vermehrbares Gut darstellen, sind wir auch dadurch in unserem Recht verletzt, da die von uns angestrebte Konzession - im damals anhängigen Verfahren K 30/98 eine nichtbundesweite Konzession - für den Mobilfunkdienst mit den damit verbundenen Frequenzen an die marktbeherrschende M in einem unrechtmäßigen Verfahren zugewiesen wurden, wodurch diese für uns unwiederbringlich verloren sind.

Wir sind auch dadurch in unseren Rechten verletzt, dass eine unzuständige Behörde über die Konzessionserweiterung und Frequenzzuteilung zugunsten der M und die Abweisung und Nicht-Berücksichtigung unserer Konzessionsansuchen mit entsprechender Frequenzzuteilung bzw. über unseren Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung im Mverfahren K 9/98 entschieden hat.

Der Bescheid ist sowohl in Folge Unzuständigkeit der belangten Behörde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben."

3. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und wies darauf hin, dass dem Verwaltungsgerichtshof die Verwaltungsakten bereits zu anderen Beschwerdeverfahren (zu den Zlen. 99/03/0154 und 99/03/0071) übermittelt worden seien. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Mit hg. Erkenntnis vom 9. September 2003, Zl. 2003/03/0095, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass nach der auch im Beschwerdefall geltenden Rechtslage (TKG idF vor der Novellierung durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 26/2000) gemäß Art. 133 Z. 4 B-VG Angelegenheiten, über die die belangte Behörde entschieden hat, nach österreichischem nationalen Recht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgenommen waren und dass sich die vom EuGH mit Urteil vom 22. Mai 2003 (Rechtssache C- 462/99) aus Art. 5a Abs. 3 der Richtlinie 90/387/EWG idF der Richtlinie 97/51/EG abgeleitete Verpflichtung des Verwaltungsgerichtshofes zur Nachprüfung nur auf den Schutz der dem einzelnen vom Gemeinschaftsrecht eingeräumten materiellen Rechte, nicht aber auch auf den Schutz bloß im nationalen Recht verankerter individueller Rechte beziehen kann. Daraus folgt, dass auch im Beschwerdefall auf das eine Verletzung lediglich letzterer Rechte betreffende Beschwerdevorbringen nicht einzugehen ist.

2. Aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts sind folgende Fragen wesentlich:

2.1. Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 125 Abs. 3 TKG gestützt. Diese Bestimmung lautet:

"(3) Die Behörde darf bestehenden Inhabern einer Konzession zur Erbringung des reservierten Fernmeldedienstes mittels Mobilfunk im digitalen zellularen Mobilfunkbereich bei Bedarf zusätzliche Frequenzen im Ausmaß von jeweils 5 MHz aus dem für DCS- 1800 reservierten Frequenzbereich zuweisen, wenn seit der Rechtskraft des Konzessionsbescheides des Lizenzwerbers für die 1997 zu vergebende DCS-1800-Konzession zumindest drei Jahre vergangen sind. Vor diesem Zeitpunkt können den bestehenden Konzessionsinhabern zusätzliche Frequenzen aus dem für DCS-1800 reservierten Frequenzbereich nur dann zugewiesen werden, wenn deren Teilnehmerkapazität nachweislich, unter Ausnutzung aller wirtschaftlich vertretbarer technischer möglicher Möglichkeiten ausgeschöpft ist."

§ 125 Abs. 3 TKG erlaubt unter den im Gesetz angeführten Voraussetzungen bei Bedarf die Zuteilung zusätzlicher Frequenzen an bestehende Inhaber einer dort genannten Konzession. Ein nach dieser besonderen Regelung für den besagten Personenkreis geführtes Verwaltungsverfahren ist von einem Vergabeverfahren im Sinn des § 22 TKG streng zu unterscheiden. § 125 Abs. 3 TKG ermöglicht insbesondere auch (unter den weiteren normierten Voraussetzungen) die Zuteilung von Frequenzen aus dem DSC-1800 Bereich ohne Auferlegung eines zusätzlichen Frequenznutzungsentgeltes an ein öffentliches Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung im 900 MHz-Bereich. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Ersuchen um Vorabentscheidung vom 24. November 1999, Zl. 99/03/0071, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zwei Fragen vorgelegt, deren zweite sich auf die Frage der Vereinbarkeit der durch § 125 Abs. 3 TKG geschaffenen Rechtslage mit einer Reihe von gemeinschaftsrechtlichen Regelungen bezieht.

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 22. Mai 2003, Rs C-462/99 (Connect Austria Gesellschaft für Telekommunikation GmbH), die zweite Frage des Verwaltungsgerichtshofs in seinem Ersuchen um Vorabentscheidung vom 24. November 1999 wie folgt beantwortet:

"2. Die Artikel 82 EG und 86 Absatz 1 EG stehen einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen grundsätzlich entgegen, die die Zuteilung zusätzlicher Frequenzen aus dem für DCS 1800 reservierten Frequenzbereich an ein öffentliches Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung, das bereits eine Lizenz zur Erbringung digitaler Mobilfunkdienste nach dem GSM 900-Standard besitzt, ohne gesonderte Gebühr gestattet, während ein neu auf den fraglichen Markt tretendes Unternehmen für den Erwerb einer Lizenz zur Erbringung digitaler Mobilfunkdienste nach dem DCS 1800-Standard eine Gebühr entrichten musste. Diese Bestimmungen stehen jedoch einer solchen nationalen Regelung nicht entgegen, wenn die Gebühr, die von dem öffentlichen Unternehmen mit beherrschender Stellung für seine GSM 900-Lizenz einschließlich der später ohne Aufzahlung erfolgenden Zuteilung zusätzlicher Frequenzen aus dem für DCS 1800 reservierten Frequenzbereich erhoben wurde, unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten mit der Gebühr, die von dem Wettbewerber, dem die DCS 1800-Lizenz erteilt wurde, erhoben wurde, gleichwertig ist.

3. Artikel 2 Absätze 3 und 4 der Richtlinie 96/2/EG der Kommission vom 16. Januar 1996 zur Änderung der Richtlinie 90/388/EWG betreffend die mobile Kommunikation und Personal Communications steht einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen grundsätzlich entgegen, die die Zuteilung zusätzlicher Frequenzen aus dem für DCS 1800 reservierten Frequenzbereich an ein öffentliches Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung, das bereits eine Lizenz zur Erbringung digitaler Mobilfunkdienste nach dem GSM 900-Standard besitzt, ohne gesonderte Gebühr gestattet, während ein neu auf den fraglichen Markt tretendes Unternehmen für den Erwerb einer Lizenz zur Erbringung digitaler Mobilfunkdienste nach dem DCS 1800- Standard eine Gebühr entrichten musste. Diese Bestimmung steht jedoch einer solchen nationalen Regelung nicht entgegen, wenn die Gebühr, die von dem öffentlichen Unternehmen mit beherrschender Stellung für seine GSM 900-Lizenz einschließlich der später ohne Aufzahlung erfolgenden Zuteilung zusätzlicher Frequenzen aus dem für DCS 1800 reservierten Frequenzbereich erhoben wurde, unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten mit der Gebühr, die von dem Wettbewerber, dem die DCS 1800-Lizenz erteilt wurde, erhoben wurde, gleichwertig ist.

4. Artikel 2 Absätze 3 und 4 der Richtlinie 96/2 steht einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen grundsätzlich nicht entgegen, die nach Ablauf von mindestens drei Jahren seit der Erteilung der Lizenz zur Erbringung digitaler Mobilfunkdienste nach dem DCS-1800 Standard im Jahr 1997 die Zuteilung eines beschränkten Spektrums zusätzlicher Frequenzen aus dem für DCS 1800 reservierten Frequenzbereich an Betreiber gestattet, die bereits eine Lizenz zur Erbringung digitaler Mobilfunkdienste nach dem GSM 900-Standard besitzen, auch wenn es sich um ein öffentliches Unternehmen mit beherrschender Stellung handelt. Diese Richtlinienbestimmung steht auch einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegen, die eine solche Zuteilung vor Ablauf dieses Zeitraums gestattet, sofern die Teilnehmerkapazität dieser Betreiber nachweislich unter Ausnutzung aller wirtschaftlich vertretbaren technischen Möglichkeiten ausgeschöpft ist.

5. Das in den Artikeln 9 Absatz 2 und 11 Absatz 2 der Richtlinie 97/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. April 1997 über einen gemeinsamen Rahmen für Allgemein- und Einzelgenehmigungen für Telekommunikationsdienste aufgestellte Diskriminierungsverbot steht einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegen, die die Zuteilung zusätzlicher Frequenzen aus dem für DCS 1800 reservierten Frequenzbereich an Betreiber, die bereits eine Lizenz zur Erbringung digitaler Mobilfunkdienste nach dem GSM 900-Standard besitzen, ohne gesonderte Gebühr gestattet, während vom Betreiber, dem eine Lizenz zur Erbringung digitaler Mobilfunkdienste nach dem DCS-1800 Standard erteilt wurde, eine Gebühr erhoben wurde, wenn die Gebühr, die von den bestehenden Betreibern für ihre GSM 900- Lizenz einschließlich der später ohne Aufzahlung erfolgenden Zuteilung zusätzlicher Frequenzen aus dem für DCS 1800 reservierten Frequenzbereich erhoben wurde, unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten mit der Gebühr, die von dem Betreiber, der die DCS 1800-Lizenz besitzt, erhoben wurde, gleichwertig ist."

Aus dem Urteil des EuGH vom 22. Mai 2003 lässt sich somit ableiten, dass die Anwendung des § 125 Abs. 3 TKG mit den genannten gemeinschaftsrechtlichen Regelungen unter den vom EuGH genannten Voraussetzungen - insbesondere betreffend die Gebührengleichwertigkeit - im Einklang steht. Es kann daher nicht gesagt werden, dass der belangten Behörde im vorliegenden Fall die Anwendung des § 125 Abs. 3 leg. cit. nicht offen gestanden wäre, zumal der Gleichwertigkeitsvergleich nicht ohne Durchführung eines Verfahrens nach § 125 Abs. 3 TKG erfolgen kann.

Ferner erfasst der unter den vom EuGH genannten Voraussetzungen somit mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang stehende § 125 Abs. 3 TKG lediglich den Kreis der "bestehenden Inhaber" einer Konzession der dort genannten Art sowie Betreiber, denen eine DCS 1800-Lizenz erteilt wurde und von denen dafür eine Gebühr erhoben wurde. Da die Beschwerdeführerin nicht diesem Personenkreis angehört, wird sie von dieser Regelung nicht erfasst und hat demnach auch keine aus dem Gemeinschaftsrecht ableitbare Parteistellung in einem nach § 125 Abs. 2 leg. cit. geführten Verfahren.

2.2. Angesichts der wiedergegebenen Ausführungen des EuGH erweist sich das Vorbringen der Beschwerdeführerin, dem angefochtenen Bescheid stünden Art. 9 der Richtlinie 97/13/EG bzw. die Richtlinie 96/2/EG (wobei sie sich diesbezüglich auf Art 1 Z. 3 sowie weiters auf deren Erwägungsgründe 8, 11, 14 und 15 stützt) entgegen, als nicht zielführend. Der EuGH erachtete (wie erwähnt) die mit § 125 Abs. 3 TKG geschaffene Rechtslage unter den oben genannten Voraussetzungen mit der Regelung des Art. 9 Abs. 2 der erstgenannten Richtlinie, die bei der Erteilung von Einzelgenehmigungen die Beachtung der dort festgelegten Regelungen verlangt, für vereinbar. Von daher lässt sich für die Beschwerdeführerin mit dem von ihr ins Treffen geführten Art. 9 Abs. 3 dieser Richtlinie, der (an Abs. 2 anschließend) vorsieht, dass das Unternehmen grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung einer Einzelgenehmigung hat, nichts gewinnen. Da der EuGH unter den oben genannten Voraussetzungen § 125 Abs. 3 TKG auch mit den dort genannten Regelungen der Richtlinie  96/2/EG vereinbar erachtete, geht ihr Hinweis auf den in dem mit Art. 1 Z. 3 dieser Richtlinie in die Richtlinie 90/388/EWG eingefügten Art. 3a enthaltenen Satz: "Soweit Frequenzen verfügbar sind, müssen die Mitgliedstaaten Genehmigungen auf der Grundlage von offenen, nicht diskriminierenden und transparenten Verfahren erteilen", fehl; Gleiches gilt in Ansehung der angesprochenen Erwägungsgründe.

2.3. Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, dass im Lichte des Gemeinschaftsrechts mit Blick auf ein an der Erlassung des bekämpften Bescheides beteiligtes Mitglied der belangten Behörde Befangenheit gegeben sei und der Behörde die Unabhängigkeit fehle, ist sie auf die diesbezüglichen Ausführungen im hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2003/03/0103, hinzuweisen, auf das auch insoweit nach § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird. Aus den dort dazu angestellten Erwägungen ergibt sich, dass ihr im Wesentlichen gleichgelagertes Vorbringen im vorliegenden Beschwerdefall nicht zielführend ist.

3. Da nach dem Gesagten die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Vorlageaufwand war der belangten Behörde nicht zuzusprechen, weil eine Vorlage von Verwaltungsakten in vorliegenden Beschwerdeverfahren seitens der belangten Behörde nicht erfolgte.

Wien, am 20. Juli 2004

Gerichtsentscheidung

EuGH 61999J0462 Connect Austria VORAB

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003030104.X00

Im RIS seit

20.08.2004

Zuletzt aktualisiert am

18.04.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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