RS OGH 1996/11/20 7Ob513/96, 1Ob79/00z, 5Ob18/00h, 7Ob273/00y, 6Ob81/01g, 3Ob67/05g, 3Ob93/05f, 6Ob3

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Veröffentlicht am 20.11.1996
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Norm

ABGB §1299 A3

Rechtssatz

Den Sachverständigen trifft eine objektiv-rechtliche Sorgfaltspflicht zu Gunsten eines Dritten, wenn er damit rechnen muss, dass sein Gutachten die Grundlage für dessen Disposition bilden werde.

Entscheidungstexte

  • 7 Ob 513/96
    Entscheidungstext OGH 20.11.1996 7 Ob 513/96
    Veröff: SZ 69/258
  • 1 Ob 79/00z
    Entscheidungstext OGH 13.06.2000 1 Ob 79/00z
    Beisatz: Hier: Schätzgutachten im Versteigerungsverfahren. (T1)
    Veröff: SZ 73/96
  • 5 Ob 18/00h
    Entscheidungstext OGH 05.09.2000 5 Ob 18/00h
    Beisatz: Der Dritte wird in den Schutzbereich einbezogen, wobei sich die Beantwortung der Frage, ob die Interessen eines Dritten mit der Gutachtenserstattung verfolgt werden, nach der Verkehrsübung, im Besonderen aber danach richtet, zu welchem Zweck das Gutachten erstattet wurde. (T2)
    Beisatz: Haftung des in einem Strafverfahren gerichtlich bestellten Sachverständigen gegenüber einem Zeugen des Strafverfahrens. (T3)
  • 7 Ob 273/00y
    Entscheidungstext OGH 23.01.2001 7 Ob 273/00y
    Beis wie T2; Beisatz: Legt ein Sachverständiger in seinem Gutachten dessen Tauglichkeit zu einem bestimmten Zweck offen, so haftet er auch dafür, dass das Gutachten für diesen Zweck geeignet ist und diesen Anforderungen entspricht. Er kann sich später nicht darauf zurückziehen, dass er diese Behauptung nur zum Schein aufgestellt hat. Es kann von einem (nicht immer fachkundigen) Auftraggeber bzw geschützten Dritten nicht verlangt werden, selbst zu prüfen, ob das Gutachten den vom Gutachter selbst genannten Anforderungen formell entspricht oder nicht. Der aus dem Gutachten ersichtliche Gutachtensauftrag ist ausschlaggebend. Er ist der Maßstab an dem die Tauglichkeit und Richtigkeit des Gutachtens zu prüfen ist. Aus ihm ergibt sich auch, welche Interessen Dritter geschützt sind. (T4)
  • 6 Ob 81/01g
    Entscheidungstext OGH 21.02.2002 6 Ob 81/01g
    Beis wie T2; Beis wie T4; Beisatz: Aus dem Gutachtensauftrag ergibt sich, welche Interessen Dritter geschützt sind. Mögliche Kreditgeber oder Käufer genügen (so schon SZ 69/258). (T5)
  • 3 Ob 67/05g
    Entscheidungstext OGH 20.10.2005 3 Ob 67/05g
    Auch
  • 3 Ob 93/05f
    Entscheidungstext OGH 20.10.2005 3 Ob 93/05f
    Beisatz: Es kann nicht zweifelhaft sein, dass dieser Grundsatz auch dann zu gelten hat, wenn das unrichtige Gutachten zu einer schadensverursachenden Disposition nicht eines Dritten, sondern einer Prozesspartei Anlass gab. Maßgeblich ist aber auch in diesem Fall zur Frage einer schadensverursachenden Haftung der aus dem Gutachten ersichtliche Gutachtensauftrag an den Sachverständigen als der Maßstab, an dem die Tauglichkeit und Richtigkeit des Gutachtens zu messen ist. (T6)
  • 6 Ob 39/06p
    Entscheidungstext OGH 09.03.2006 6 Ob 39/06p
    Vgl; Beisatz: Im Hinblick darauf, dass die Prüfung durch den Einlageprüfer idR erst nach Abschluss des Sacheinlagevertrages erfolgt, kann auch keine Rede davon sein, dass es der Verkehrsübung entspräche, dass das Gutachten des Sacheinlageprüfers auch dem Einleger als geeignete Vertrauensgrundlage dienen soll. (T7)
    Beisatz: Die Prüfung der Sacheinlage dient nur den Interessen der Gesellschaft, deren Gläubiger und allenfalls Dritter, nicht aber auch derjenigen des Einbringers. Aus diesem Grund kommt auch eine Haftung des Sacheinlageprüfers gegenüber dem Sacheinleger nicht in Betracht. (T8)
    Veröff: SZ 2006/35
  • 2 Ob 191/06m
    Entscheidungstext OGH 23.03.2007 2 Ob 191/06m
    Beis wie T2; Beis wie T5 nur: Aus dem Gutachtensauftrag ergibt sich, welche Interessen Dritter geschützt sind. (T9)
  • 1 Ob 78/07p
    Entscheidungstext OGH 14.08.2007 1 Ob 78/07p
    Auch; Beis wie T5; Beisatz: Nur soweit die Aufgabe des Sachverständigen reicht, kann er dem Dritten verantwortlich werden. (T10)
  • 8 Ob 51/08w
    Entscheidungstext OGH 10.07.2008 8 Ob 51/08w
    Auch; Beisatz: Eine Haftung des Sachverständigen gegenüber Dritten wird dann anerkannt, wenn der Besteller des Gutachtens für den Sachverständigen erkennbar gerade auch die Interessen des Dritten mitverfolgt. (T11)
    Beisatz: In diesem Fall sind die objektiv rechtlichen Sorgfaltspflichten auf den Dritten zu erstrecken. Das ist dann der Fall, wenn der Sachverständige damit rechnen muss, dass sein Gutachten Dritten zur Kenntnis gelangen und diesen als Grundlage für ihre Dispositionen dienen wird. Geschützt ist demnach der Dritte, wenn eine Aussage erkennbar drittgerichtet ist, also ein Vertrauenstatbestand vorliegt, der für den Dritten eine Entscheidungsgrundlage darstellen soll. Wesentlich ist daher vor allem, zu welchem Zweck das Gutachten erstattet wurde. Mangels ausdrücklicher Bestimmung im Vertrag kann sich die Beurteilung nach der Verkehrsübung richten. (T12)
    Beisatz: Hier: Keine Haftung des Sachverständigen gegenüber dem Prozessgegner einer Versicherung bei Einholung eines Privatgutachtens durch die (hier: beklagte) Versicherung, welche durch das Gutachten die Richtigkeit und Angemessenheit der von der gegnerischen Seite vorgelegten KFZ-Reparaturrechnung überprüfen möchte, weil durch dieses Gutachten kein Vertrauenstatbestand geschaffen werden soll, der als Grundlage für die Dispositionen des Gegners der Versicherung (hier: des Klägers) dient, sondern vielmehr die Versicherung bei Einholung eines derartigen Gutachtens erkennbar nur eigene (wirtschaftliche) Interessen verfolgt. Dem Dritten gegenüber soll gerade kein Vertrauenstatbestand geschaffen werden, der als Grundlage für dessen eigene Dispositionen dient. Wollte man den Sachverständigen auch in einer solchen Konstellation dem Dritten gegenüber haftbar machen, würde das letztlich zum Ergebnis führen, dass der Privatsachverständige bei jeder inhaltlichen Unrichtigkeit seines Gutachtens, die zu (bloßen) Vermögensschäden eines Dritten (etwa wegen durch das Gutachten verursachter Zahlungsverzögerungen des Vertragspartners des Dritten) führt, zur (persönlichen) Haftung herangezogen werden könnte. Die Unterscheidung zwischen Vertrags- und Deliktshaftung würde damit weitgehend obsolet (vgl hiezu auch Harrer, Auskunft, Vertrauen und Haftung, Zak 2006, 403 ff). Der bloße Umstand, dass die Sphäre eines Dritten durch ein Privatgutachten berührt wird, ist somit noch nicht haftungsbegründend. Es müssen vielmehr nach dem dem Sachverständigen erkennbaren Zweck des Gutachtensauftrags gerade auch die Interessen eines oder mehrerer bestimmter Dritter mitverfolgt werden. (T13)
    Bem: Siehe dazu auch RS0026552. (T14)
  • 4 Ob 63/09g
    Entscheidungstext OGH 19.01.2010 4 Ob 63/09g
    Auch; Beis wie T12; Beisatz: Darstellung der Lehrmeinungen zur Haftung für inhaltliche Mängel von Druckwerken. (T15)
  • 10 Ob 32/11w
    Entscheidungstext OGH 30.08.2011 10 Ob 32/11w
    Auch; Beis wie T4; Beisatz: Hier: Erstellung eines Gutachtens über die Freiheit von Baumängeln, welches – wie dem von den Verkäufern beauftragten Sachverständigen bekannt war – den Kaufentschluss der bereits einmal vom Vertrag zurückgetretenen Hauskäufer fördern sollte. (T16)
  • 7 Ob 77/11s
    Entscheidungstext OGH 07.09.2011 7 Ob 77/11s
    Auch; Beisatz: In Bezug auf die Frage der schadensverursachenden Haftung ist der Gutachtensauftrag jener Maßstab, an dem die Tauglichkeit und Richtigkeit des Gutachtens zu messen ist. (T17)
    Beis wie T10
  • 9 Ob 20/12z
    Entscheidungstext OGH 29.05.2012 9 Ob 20/12z
    Auch; Beis ähnlich wie T11; Beis ähnlich wie T12; Beisatz: Hier: Schätzgutachten für die Inventarisierung im Verlassenschaftsverfahren. (T18)
  • 9 Ob 56/11t
    Entscheidungstext OGH 29.05.2012 9 Ob 56/11t
    Auch; Beis ähnlich wie T11; Beis ähnlich wie T12; Beisatz: Hier: Haftung für Schätzgutachten im Zwangsversteigerungsverfahren. (T19)
    Veröff: SZ 2012/58
  • 1 Ob 91/12g
    Entscheidungstext OGH 19.09.2012 1 Ob 91/12g
    Auch
  • 2 Ob 125/12i
    Entscheidungstext OGH 29.11.2012 2 Ob 125/12i
  • 4 Ob 249/14t
    Entscheidungstext OGH 17.02.2015 4 Ob 249/14t
    Beisatz: Keine Haftung der Wirtschaftsauskunftei für in entgeltlich zur Verfügung gestellten „Business Reports“ enthaltene „Ratings“ eines Unternehmens, wenn sie von deren Verwendung zu Werbezwecken nicht wusste. (T20)
    Beisatz: Es wäre eine Überspannung der Sorgfaltspflicht, wollte man die Erstellerin solcher „Ratings“ trotz des ausdrücklichen Verbots der Weitergabe verpflichten, die Geschäftstätigkeit des bewerteten Unternehmens auf verbotswidrige Verwendung zu überwachen. (T21)
  • 6 Ob 141/16b
    Entscheidungstext OGH 30.08.2016 6 Ob 141/16b
    Beis wie T17
  • 7 Ob 38/17i
    Entscheidungstext OGH 20.12.2017 7 Ob 38/17i
    Beisatz: Sowohl beim Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter als auch bei objektiv?rechtlichen Schutzpflichtverletzungen besteht Subsidiarität. Der Gläubiger hat kein schutzwürdiges Interesse, wenn er kraft eigener rechtlicher Sonderverbindungen mit seinem Vertragspartner einen deckungsgleichen Anspruch auf Schadenersatz hat. (T22)
    Beis wie T12; Beis wie T6; Beis wie T10; Beis wie T17; Beis wie T9
  • 10 Ob 4/18p
    Entscheidungstext OGH 23.05.2018 10 Ob 4/18p
    Beis wie T11; Beis wie T12; Beisatz: Hier: Zur Haftung eines im staatsanwaltschaftlichem Ermittlungsverfahren bestellten Sachverständigen für infolge Unrichtigkeit ermittelter Schmerzperioden entstandene Prozesskosten. (T23)
    Veröff: SZ 2018/41
  • 6 Ob 233/18k
    Entscheidungstext OGH 24.01.2019 6 Ob 233/18k
  • 4 Ob 245/18k
    Entscheidungstext OGH 25.04.2019 4 Ob 245/18k
  • 3 Ob 16/19b
    Entscheidungstext OGH 26.04.2019 3 Ob 16/19b
    Beis wie T12; Beisatz: Ausschlaggebend ist, wie ein verständiger Informationsempfänger die Expertise auffassen durfte. (T24)
  • 4 Ob 105/19y
    Entscheidungstext OGH 05.07.2019 4 Ob 105/19y
    Beis wie T6; Beisatz: Im Allgemeinen muss der medizinische Sachverständige in einem Kunstfehlerprozess nicht mit Depressionen des Klägers/der Klägerin rechnen, die aus einem Prozessverlust resultieren. (T25)
  • 1 Ob 165/19z
    Entscheidungstext OGH 25.09.2019 1 Ob 165/19z
    Vgl; Beis wie T6; Beis wie T17
  • 8 Ob 7/21v
    Entscheidungstext OGH 28.01.2021 8 Ob 7/21v
    Vgl; Beis wie T4; Beis wie T5
  • 6 Ob 239/20w
    Entscheidungstext OGH 15.03.2021 6 Ob 239/20w
    Vgl; Beisatz: Hier: Rechtsverteidigungskosten eines getäuschten Investors, der beim Weiterverkauf von Aktien die ihm erteilte Fehlinformation im Vertrauen auf deren Richtigkeit weitergegeben und damit selbst scheinbare Täuschungshandlungen gesetzt hätten. (T26)
  • 7 Ob 60/21f
    Entscheidungstext OGH 29.09.2021 7 Ob 60/21f
  • 10 Ob 34/21d
    Entscheidungstext OGH 14.12.2021 10 Ob 34/21d
    Beis wie T2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1996:RS0106433

Im RIS seit

15.06.1997

Zuletzt aktualisiert am

08.03.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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