TE Vwgh Erkenntnis 2004/7/22 2001/20/0569

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Veröffentlicht am 22.07.2004
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Index

25/02 Strafvollzug;

Norm

StVG §107 Abs1 Z5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher, Dr. Grünstäudl und Dr. Berger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des R in G, vertreten durch Dr. Ernst Muigg, Rechtsanwalt in 4400 Steyr, Promenade 29, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 8. August 2001, Zl. 439.036/6-V6/2001, betreffend Ordnungswidrigkeit gemäß § 107 Abs. 1 Z 5 StVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe in der Justizanstalt Garsten. Nach der im Verwaltungsakt aufliegenden Meldung vom 10. März 2001 wurden an diesem Tag bei der Visitierung eines näher genannten Haftraumes ein Mobiltelefon mit eingelegter SIM-Karte im verknüpften Ärmel einer Sportjacke und ein zugehöriges Ladegerät in einer Schachtel aufgefunden. Der Beschwerdeführer gab mit dieser Meldung konfrontiert am 21. März 2001 niederschriftlich an:

"Mir wird ein Handy der Marke Siemens gezeigt, das am 10.03.01 in unserem Haftraum sichergestellt wurde. Ich habe das Handy vom Strafgef. P. zum Kauf angeboten bekommen. Ich habe mit dem Handy nie telefoniert und habe auch keine Nummern am Handy gespeichert.

Ich habe das Handy dem Strafgef. G. gezeigt, er hat aber mit dem Handy nicht telefoniert.

Mir wird mitgeteilt, dass über das Handy ein Verfallsantrag

beim LG Steyr gestellt wird.

Sonst habe ich nichts anzugeben."

Der gleichfalls am 21. März 2001 niederschriftlich einvernommene Strafgefangene G. gab an, er sei nicht Eigentümer des Mobiltelefons und habe mit diesem auch nicht telefoniert. Die Jacke, in der das Mobiltelefon gefunden worden sei, gehöre dem Beschwerdeführer.

Dem Beschwerdeführer wurden Kopien der beiden Niederschriften ausgefolgt (Akt Seite 5 verso und Seite 7) und mit Straferkenntnis des Anstaltsleiters der Justizanstalt Garsten vom 15. Mai 2001 zur Last gelegt:

"Der Strafgefangene W.R., geb. 1971, hat, indem er am 10.03.2001 in seinem Haftraum ein Mobiltelefon der Marke Siemens und ein dazugehöriges Ladegerät unerlaubt aufbewahrte, somit entgegen den gesetzlichen Bestimmungen Gegenstände in seiner Gewahrsame gehabt;

Er hat den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit nach § 107 Abs. 1 Z 5 StVG verwirklicht und wird der Strafgefangene gemäß § 109 Ziff. 4 und § 113 StVG mit der Ordnungsstrafe der Geldbuße in der Höhe von 1000,--/eintausend Schilling bestraft."

Zur Begründung dieses Straferkenntnisses wurde ausgeführt, der maßgebliche Sachverhalt ergebe sich aus der geständigen Verantwortung des Beschwerdeführers und der genannten Meldung vom 10. März 2001. Gemäß § 107 Abs. 4 StVG in Verbindung mit § 19 VStG sei - bei der Strafzumessung - unter anderem die nicht unerhebliche Gefährdung für die Sicherheit und Ordnung der Anstalt auf Grund der nicht überwachbaren Kontaktnahme mit der Außenwelt mittels Mobilfunk zu berücksichtigen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 1. Juni 2001 eine an die belangte Behörde gerichtete Administrativbeschwerde. Darin beantragte er die Einvernahme des Strafgefangenen P. und die Überlassung des diesbezüglichen Vernehmungsprotokolls. Der Beschwerdeführer begründete dies damit, dass er in der Niederschrift vom 21. März 2001 den Strafgefangenen P. "als Besitzer des Handy's" angegeben habe. Bei seiner Vernehmung hätte P. die Angaben des Beschwerdeführers untermauern können. Im Übrigen gebe es keinen Beweis für eine unüberwachte Kontaktaufnahme des Beschwerdeführers mit der Außenwelt über Mobilfunk.

Mit dem beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Administrativbeschwerde des Beschwerdeführers gemäß § 121 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG und § 33 Abs. 1 sowie § 107 Abs. 1 Z 5 StVG keine Folge. Begründend führte sie nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens und der maßgeblichen Rechtsvorschriften aus, der als Ordnungswidrigkeit gewertete Sachverhalt sei vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden, sodass weitere Erhebungen hätten unterbleiben können. Die Gewahrsame nicht ordnungsgemäß überlassener Gegenstände (§ 33 StVG) gehe nicht von eigentumsrechtlichen Überlegungen aus, sondern lediglich vom Umstand der Innehabung. In diesem Zusammenhang sei rechtlich nicht bedeutend, wem ein Gegenstand tatsächlich "gehört", sondern vielmehr, wer ihn tatsächlich (inne-)habe. Für die Verwirklichung der gegenständlichen Ordnungswidrigkeit sei es auch ohne Belang, ob der Gegenstand verwendet worden sei oder nicht. Der Beschwerdeführer bestreite nicht, das Mobiltelefon und das Ladegerät über einen nicht völlig unerheblichen Zeitraum, im vorliegenden Fall zumindest mehrere Stunden, tatsächlich inne gehabt zu haben. Zur Strafhöhe verwies die belangte Behörde auf die fehlende Unbescholtenheit des Beschwerdeführers und auf generalpräventive Erwägungen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Gemäß § 33 Abs. 1 StVG dürfen Strafgefangene weder Geld noch andere als die ihnen bei der Aufnahme belassenen oder später ordnungsgemäß überlassenen Gegenstände in ihrem Gewahrsam haben.

Gemäß § 107 Abs. 1 Z 5 StVG begeht der Strafgefangene, der entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes vorsätzlich Gegenstände in seiner Gewahrsame hat, eine Ordnungswidrigkeit.

Gemäß § 121 Abs. 1 StVG in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 138/2000 entschied über Beschwerden gegen die Entscheidung des Leiters einer Strafvollzugsanstalt der Bundesminister für Justiz.

In den an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerdeausführungen bestreitet der Beschwerdeführer vor allem die vorsätzliche Gewahrsame am Mobiltelefon und am zugehörigen Ladegerät. Von der Gewahrsame in objektiver Hinsicht könne schon deswegen nicht ausgegangen werden, weil der Haftraum, in dem das Mobiltelefon aufgefunden worden sei, von mehreren Personen benutzt worden sei. Der bloße Umstand, dass man das Mobiltelefon dort in der Jacke des Beschwerdeführers gefunden habe, lasse noch nicht darauf schließen, dass dieses auch vom Beschwerdeführer dort deponiert worden sei. Ebenso wenig sei die Gewahrsame des Beschwerdeführers am Ladegerät durch Beweismittel belegt. In subjektiver Hinsicht sei das Tatbestandsmerkmal der Gewahrsame nicht erfüllt, weil dieses einen "natürlichen Herrschaftswillen" des Betroffenen voraussetze. Ausführungen darüber, ob im Beschwerdefall die Innehabung auch mit dem natürlichen Herrschaftswillen des Beschwerdeführers einhergegangen sei, fehlten im angefochtenen Bescheid.

Diesem Beschwerdevorbringen ist zunächst entgegen zu halten, dass der Beschwerdeführer, wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend ausgeführt hat, die Gewahrsame am Mobiltelefon und am zugehörigen Ladegerät im Verwaltungsverfahren nicht bestritten hat. Der Beschwerdeführer hat am 21. März 2001 nicht nur ausgesagt, ihm sei das Mobiltelefon vom Strafgefangenen P. zum Kauf angeboten worden, sondern vor allem auch angegeben, er habe das Mobiltelefon dem weiteren Strafgefangenen G. gezeigt. Auch seiner Administrativbeschwerde vom 1. Juni 2001 ist eine Bestreitung des ihm im Spruch des Straferkenntnisses zur Last gelegten Verhaltens nicht zu entnehmen. Vor dem Hintergrund der wiedergegebenen Angaben in der Niederschrift vom 21. März 2001, auf die der Beschwerdeführer in der Administrativbeschwerde ausdrücklich Bezug nahm, kann nämlich dem Vorbringen in dieser Beschwerde, er habe den Strafgefangenen P. "als Besitzer des Handy's" angegeben, nur als Bestreitung des Eigentums und nicht als Bestreitung der Gewahrsame verstanden werden. Soweit daher die Innehabung des Beschwerdeführers am Mobiltelefon und am Ladegerät sachverhaltsmäßig erstmals in der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde bestritten wird, erweist sich dieses Tatsachenvorbringen als unzulässige Neuerung (§ 41 VwGG).

In rechtlicher Hinsicht bringt die Beschwerde gegen die im angefochtenen Bescheid erfolgte Beurteilung der Gewahrsame vor, die belangte Behörde habe sich mit der Frage des Vorliegens eines natürlichen Herrschaftswillens des Beschwerdeführers an den genannten Gegenständen nicht auseinander gesetzt. Wesentlich für die hier zu entscheidende Rechtsfrage, ob der Beschwerdeführer die Ordnungswidrigkeit des § 107 Abs. 1 Z 5 StVG begangen hat, ist, ob sich das Mobiltelefon und das Ladegerät in der Sachherrschaft des Beschwerdeführers befunden haben und ob dies dem Beschwerdeführer bekannt war. Nicht entscheidend ist, ob dem Beschwerdeführer das Mobiltelefon samt Ladegerät gehörte, weil es auf die Eigentumsverhältnisse für die Verwirklichung des Tatbildes des § 107 Abs. 1 Z 5 StVG nicht ankam (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 25. März 1999, Zl. 96/20/0840).

Durfte die belangte Behörde nach dem Gesagten sachverhaltsmäßig davon ausgehen, dass dem Beschwerdeführer das Mobiltelefon vom Strafgefangenen P. zum Kauf angeboten wurde, dass er dieses Mobiltelefon sodann dem Strafgefangenen G. gezeigt hat und dasselbe in der Folge in der Jacke des Beschwerdeführers aufbewahrt war, so begegnet es vor dem Hintergrund der zuletzt genannten Rechtsausführungen keinem Einwand, dass die belangte Behörde gegenständlich den Tatbestand des § 107 Abs. 1 Z 5 StVG (und zwar sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht) als verwirklicht ansah.

Der weitere Beschwerdeeinwand, die belangte Behörde habe es im Verfahren betreffend die Ordnungswidrigkeit des Beschwerdeführers unterlassen, den Strafgefangenen P. zu vernehmen und dem Beschwerdeführer das entsprechende Vernehmungsprotokoll zu überlassen, geht schon deswegen ins Leere, weil der Beschwerdeführer, wie dargestellt, die Vernehmung des Strafgefangenen P. nur zur Frage der Eigentumsverhältnisse am Mobiltelefon beantragt hat, auf die es nach dem Gesagten aber nicht ankommt.

Da dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit somit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 22. Juli 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001200569.X00

Im RIS seit

18.08.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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