TE Vwgh Erkenntnis 2004/7/22 2001/20/0637

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Veröffentlicht am 22.07.2004
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Index

41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffV 02te 1998 §3 Abs1;
WaffV 02te 1998 §3 Abs2 Z2;
WaffV 02te 1998 §3 Abs2 Z3;
WaffV 02te 1998 §3 Abs2 Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher, Dr. Berger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Grassner Lenz Thewanger & Partner, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Elisabethstraße 1, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 5. September 2001, Zl. Wa-158/01, betreffend Entziehung waffenrechtlicher Urkunden, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid entzog die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 3 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Z 2 und 3 des Waffengesetzes 1996 (WaffG) den am 14. Dezember 1979 ausgestellten Waffenpass und die am 9. April 1980 ausgestellte Waffenbesitzkarte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die belangte Behörde stellte - insoweit in der Beschwerde unbestritten - fest, der Beschwerdeführer habe am 16. November 2000 zumindest für die Dauer von einer Stunde eine nicht geladene Pistole sowie (hiefür nicht passende) Magazine und Munition in einem unversperrten Schrank in dem in seinem Wohnhaus befindlichen "Büro", dessen Türe nicht versperrt gewesen sei, verwahrt, obwohl sich in dem Haus seine Lebensgefährtin und deren neunjähriger Sohn aufgehalten hätten. Der Beschwerdeführer sei während dieser Zeit nicht zu Hause gewesen. Die belangte Behörde ging davon aus, dass bereits das einmalige Herbeiführen einer auch nur einstündigen ungehinderten Zugriffsmöglichkeit auf eine Faustfeuerwaffe - vor allem auch für ein neunjähriges Kind - die Annahme der Unverlässlichkeit, insbesondere im Hinblick auf die notwendigen Verwahrungspflichten, rechtfertige. Ein abermaliges unsorgfältiges Verwahrungsverhalten könne deshalb nicht ausgeschlossen werden.

Gemäß § 25 Abs. 3 WaffG hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist. Verlässlich ist ein Mensch gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 zweiter Fall WaffG - die vom Zitat der angewendeten Gesetzesstellen im Spruch des angefochtenen Bescheides auch erfassten Tatbestände der Z 2 erster Fall (unvorsichtiger Umgang mit Waffen) und der Z 3 (Überlassung von Waffen an Nichtberechtigte) kommen fallbezogen nicht in Betracht - nur dann, wenn keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er Waffen nicht sorgfältig verwahren werde. Gemäß § 3 Abs. 1 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 313/1998 (2. WaffV), ist eine Schusswaffe sicher verwahrt, wenn ihr Besitzer sie "in zumutbarer Weise vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichteten - Zugriff schützt". Nach § 3 Abs. 2 Z 2 bis 4 der 2. WaffV gehört zu den maßgeblichen Umständen für die Beurteilung der Sicherheit der Verwahrung unter anderem der Schutz vor fremdem Zugriff durch Gewalt gegen Sachen, insbesondere eine der Anzahl und der Gefährlichkeit von Waffen und Munition entsprechende Ein- oder Aufbruchsicherheit des Behältnisses oder der Räumlichkeit (Z 2), der Schutz von Waffen und Munition vor dem Zugriff von Mitbewohnern, die zu deren Verwendung nicht befugt sind (Z 3), und der Schutz vor Zufallszugriffen rechtmäßig Anwesender (Z 4).

Die belangte Behörde hat ihren Bescheid weder ausdrücklich auf § 3 Abs. 2 Z 3 der 2. WaffV noch auf Z 4 dieser Gesetzesstelle gestützt und auch keine eindeutigen Feststellungen darüber getroffen, ob es sich bei der "Lebensgefährtin" des Beschwerdeführers und deren Sohn um (ständige) "Mitbewohner" oder nur um - allenfalls häufige - Besucher handelt (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 22. April 1999, Zl. 97/20/0563). Im vorliegenden Fall kommt es darauf aber letztlich nicht an, weil sich in Bezug auf die kurzfristige Verwahrung der festgestellten Art auch die Situation eines Mitbewohners nicht allzu sehr von der eines bloßen Besuchers unterscheidet und umgekehrt (vgl. - für den Fall der Anwesenheit des Berechtigten - schon das hg. Erkenntnis vom 12. September 2002, Zl. 2000/20/0070). Letzteres gilt zumindest bei Besuchern aus dem persönlichen Nahebereich des Berechtigten, wovon bei einer "Lebensgefährtin" und deren Sohn jedenfalls auszugehen ist, und insbesondere dann, wenn der Berechtigte selbst - wie im gegenständlichen Fall - nicht anwesend ist.

Die Beschwerde stellt nicht in Abrede, dass die Verwahrung der Waffe unter den festgestellten Umständen nicht dem strengen waffenrechtlichen Sorgfaltsmaßstab entsprach, hält der Argumentation der belangten Behörde aber entgegen, es habe sich (bloß) um ein einmaliges Ereignis ("das in einem Einzelfall gezeigte Verhalten") gehandelt, aus dem die mangelnde Verlässlichkeit des Beschwerdeführers nicht abgeleitet werden könne. Denn "nur aus mehrmals beobachteten Verhaltens- und Reaktionsmustern und manifesten Charaktereigenschaften" könne ein solcher Schluss gezogen werden. Der Beschwerdeführer verwahre die Waffe aber sonst "ausschließlich" in einem "versperrbaren" (offenbar gemeint: versperrten) Waffenschrank in einem anderen Teil des Hauses. Lediglich bei Arbeiten im Büro pflege er die Waffe in den Büroschrank zu legen, um sie wegen seiner Tätigkeit als Schmuckhändler "im Fall der Fälle stets griffbereit zu haben". Die Waffe werde daher in den Büroräumlichkeiten, die in seiner Abwesenheit üblicherweise versperrt seien, immer unter seiner Aufsicht verwahrt.

Entgegen der Beschwerdemeinung kann aber auch ein einmaliges Fehlverhalten zur Verneinung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit führen, und zwar auch dann wenn die Zugriffsmöglichkeit auf die Waffe nur relativ kurze Zeit bestand (vgl. das schon erwähnte Erkenntnis vom 12. September 2002, Zl. 2000/20/0070, das zur Zukunftsprognose in solchen Fällen allgemein auf das Erkenntnis vom 25. Jänner 2001, Zl. 99/20/0476, verweist; siehe auch das Erkenntnis vom 20. März 2003, Zl. 2000/20/0375). In der vorliegenden Konstellation fällt besonders ins Gewicht, dass der Beschwerdeführer - trotz des Verlassens des Hauses - überhaupt keine der (angeblich sonst immer getroffenen) Sicherungsmaßnahmen vorgenommen, sondern die Waffe in einem unversperrten Schrank in einem frei zugänglichen Raum (unbeaufsichtigt) abgelegt hat. Die besondere Nachlässigkeit, die in einem solchen Verhalten zum Ausdruck kommt, wird - entgegen der Beschwerdemeinung - aber auch nicht dadurch beseitigt, dass die Waffe "von außen nicht sichtbar" war und nicht gemeinsam mit der passenden Munition verwahrt wurde (vgl. zum zuletzt genannten Gesichtspunkt etwa das schon erwähnte Erkenntnis vom 25. Jänner 2001, Zl. 99/20/0476, und das Erkenntnis vom 12. September 2002, Zl. 2000/20/0374, mit weiteren Nachweisen). Die vorliegenden Umstände dieses Falles rechtfertigten bei dem anzulegenden strengen Maßstab somit den von der belangten Behörde gezogenen Schluss, die Verlässlichkeit des Beschwerdeführers sei zu verneinen. Dass der Beschwerdeführer "bisher unbescholten (ist) und ihm auch keine Verwaltungsstrafen (insbesondere im Hinblick auf Vergehen im Sinne des Waffengesetzes) vorgeworfen werden können", wie die Beschwerde auch noch ins Treffen führt, steht dieser Beurteilung nicht entgegen (vgl. etwa das schon zitierte Erkenntnis vom 20. März 2003, Zl. 2000/20/0375).

Zusammenfassend ergibt sich, dass dem angefochtenen Bescheid - ohne dass es auf die in der Beschwerde angegriffene, nicht nur von einem einmaligen Sorgfaltsverstoß ausgehende Hilfsbegründung ankommt - die in der Beschwerde geltend gemachte Rechtswidrigkeit nicht anhaftet. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 22. Juli 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001200637.X00

Im RIS seit

25.08.2004

Zuletzt aktualisiert am

14.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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