RS OGH 1997/2/11 14Os5/97 (14Os6/97), 13Os179/03, 14Os126/11b (14Os139/11i), 14Os39/14p

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Veröffentlicht am 11.02.1997
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Norm

StGB §74 Z5

Rechtssatz

Die Ankündigung gegenüber einem Bürgermeister, Lebensmittel in einem in seinem Gemeindegebiet gelegenen Lebensmittelgeschäft zu vergiften, richtet sich als Androhung einer Übelszufügung gegen Personen, die im Sinne des § 74 Z 5 StGB unter seinen Schutz gestellt sind. Denn unabhängig von einer - vom Gesetz keineswegs verlangten - rechtlichen Basis für eine solche Schutzfunktion ist der Begriff des Schutzbefohlenen nach wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten und sich daraus ergebender Verantwortung für andere auszulegen (Pallin in WK § 74 Rz 30). Nach Maßgabe dieser faktischen Kriterien kann aber kein Zweifel daran bestehen, daß sich die Käufer von Lebensmitteln von einem Bürgermeister mit Fug erwarten, er werde in Kenntnis einer solchen Gefahr alles daran setzen, eine mit zumindest erheblichen Gesundheitsschäden verbundene Strychninvergiftung bei deren Verzehr hintanzuhalten.

Entscheidungstexte

  • 14 Os 5/97
    Entscheidungstext OGH 11.02.1997 14 Os 5/97
  • 13 Os 179/03
    Entscheidungstext OGH 18.02.2004 13 Os 179/03
    Auch; Beisatz: Hier: Eine allgemeine Verantwortlichkeit der Eltern (der Bedrohten) für Handlungen ihrer volljährigen Kinder (des Angeklagten), welche davon betroffene Dritte zu Schutzbefohlenen machen würde, besteht deshalb nicht, weil diese nach wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten derartige Erwartungen nicht hegen. (T1)
  • 14 Os 126/11b
    Entscheidungstext OGH 06.03.2012 14 Os 126/11b
    Vgl auch; Beisatz: Hier: Bedrohung der Bundesministerin für Inneres, wobei sich das angedrohte Übel gegen die geschiedene Ehefrau des Angeklagten richtet. (T2)
  • 14 Os 39/14p
    Entscheidungstext OGH 06.05.2014 14 Os 39/14p
    Vgl auch; Beisatz: Der Begriff der Schutzbefohlenen ist nicht allein im Sinn des Personenrechts des ABGB (oder der Vorschriften über die Aufgaben von Sicherheitsorganen), sondern ? unabhängig von einer im Gesetz keineswegs verlangten rechtlichen Basis ? im Sinn wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Gegebenheiten und einer sich daraus ergebenden Verantwortung auszulegen. (T3)
    Beisatz: An einer solchen Verantwortung einer Mitarbeiterin des Jugendamts für das Wohl der in ihrem Zuständigkeitsbereich wohnhaften und (bereits seit etwa 2002) betreuten minderjährigen Kinder kann nicht ernsthaft gezweifelt werden. (T4)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:RS0106586

Im RIS seit

15.06.1997

Zuletzt aktualisiert am

06.06.2014
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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