TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/7 2004/18/0255

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Veröffentlicht am 07.09.2004
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Index

20/02 Familienrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

EheG §23;
EheG §27;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z9;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des R, geboren 1973, vertreten durch Dr. Andreas Waldhof, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstraße 13, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 30. Juni 2004, Zl. SD 604/04, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 30. Juni 2004 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 9 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer, dessen Einreisezeitpunkt nicht dokumentiert sei, habe am 15. Oktober 2002 einen Asylantrag gestellt, das Verfahren sei jedoch am 8. August 2003 eingestellt worden. Bereits am 11. November 2002 habe der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsangehörige geheiratet und die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung beantragt. Bei zunächst durchgeführten Erhebungen habe die Gattin das Vorliegen einer Scheinehe bestritten, weshalb eine bis 31. Jänner 2004 gültige Niederlassungsbewilligung erteilt worden sei. Am 27. Jänner 2004 habe der Beschwerdeführer die Erteilung einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck beantragt.

Am 22. März 2004 sei die Gattin des Beschwerdeführers neuerlich niederschriftlich einvernommen worden. Dabei habe sie angegeben, es wäre ihr von einer Freundin, die mit dem Bruder des Beschwerdeführers verheiratet gewesen wäre, angeboten worden, gegen ein Entgelt von EUR 6.000,--, den Beschwerdeführer zu heiraten. Sie hätte eingewilligt und den Beschwerdeführer bis zur Eheschließung lediglich dreimal gesehen. Zweck der Ehe wäre ausschließlich gewesen, dem Beschwerdeführer die Niederlassungsbewilligung und in weiterer Folge die Staatsbürgerschaft zu verschaffen. Der Betrag von EUR 6.000,-- wäre in Raten beglichen worden. Der Beschwerdeführer wäre bei ihr nur deshalb angemeldet gewesen, um bei einer Überprüfung einen gemeinsamen Haushalt vorweisen zu können. Eine nähere Beziehung zum Beschwerdeführer hätte nie bestanden.

Der Beschwerdeführer habe in der Berufung versucht, die Angaben seiner Gattin als unwahr darzustellen und damit zu erklären, dass ihn die Gattin unter Druck setzen hätte wollen, um im anhängigen Scheidungsverfahren mehr Unterhalt zu erlangen. Diesem Vorbringen könne keine Glaubwürdigkeit zuerkannt werden. Aus dem Scheidungsvergleich gehe hervor, dass beide Ehegatten für den Fall der Scheidung gegenseitig auf Unterhalt verzichtet hätten, und zwar auch für den Fall geänderter Verhältnisse, geänderter Rechtsverhältnisse und unverschuldeter Not. Der Beschwerdeführer habe selbst den das Scheidungsverfahren einleitenden Antrag vom 9. April 2004 vorgelegt. Darin hätten die Ehegatten erklärt, dass über die wechselseitigen Unterhaltsansprüche Einvernehmen bestünde. Es stehe somit nicht einmal fest, dass die Gattin des Beschwerdeführers überhaupt Unterhalt gefordert habe. Es bestehe kein Grund, an den nachvollziehbaren und detaillierten Angaben der Gattin zu zweifeln. Demgegenüber stehe es im Interesse des Beschwerdeführers, den Sachverhalt in einem für ihn günstigen Licht darzustellen. Die Behörde gelange daher zu der Überzeugung, dass sich der Beschwerdeführer zur Erlangung eines Aufenthaltstitels auf eine Scheinehe berufen habe, für die ein Vermögensvorteil geleistet worden sei.

Der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 9 sei daher verwirklicht.

Die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme sei gerechtfertigt. Wer, wie der Beschwerdeführer, zum Schein eine Ehe eingehe und darauf gestützt einen Aufenthaltstitel erwirke, lasse eine außerordentliche Geringschätzung fremdenrechtlicher Vorschriften erkennen. Ein derartiges Fehlverhalten stelle eine beträchtliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens dar. Der mit dem Aufenthaltsverbot bewirkte Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers, der in Österreich einen Bruder habe, mit dem er nicht in Haushaltsgemeinschaft lebe, sei daher zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten und sohin im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig.

Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG sei zunächst zu bedenken, dass der Beschwerdeführer nur auf eine geringe Integration im Bundesgebiet verweisen könne. Dabei sei zu berücksichtigen, dass ein Gutteil des Aufenthalts erst durch das Fehlverhalten ermöglicht worden sei. Auch angesichts der nicht ausgeprägten Bindung zum Bruder sei das gesamte Interesse des Beschwerdeführers am Weiterverbleib im Bundesgebiet als gering zu bezeichnen. Demgegenüber stehe das große öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens. Von daher wögen die Auswirkungen des Aufenthaltsverbots auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer als die gegenteiligen öffentlichen Interessen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften oder Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Gegen das von der belangten Behörde festgestellte Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG bringt der Beschwerdeführer vor, aus Liebe die Ehe geschlossen zu haben. Seine Gattin habe falsch ausgesagt, um ihn unter Druck zu setzen, damit sie zu den geforderten finanziellen Zuwendungen gelange. Überdies sei von der Staatsanwaltschaft keine Ehenichtigkeitsklage eingebracht worden.

1.2. Die belangte Behörde hat entsprechend der Aussage der geschiedenen Gattin des Beschwerdeführers festgestellt, dass für die Eheschließung ein Vermögensvorteil geleistet und nie ein gemeinsames Familienleben geführt worden sei. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, seine geschiedene Gattin habe zur Erlangung einer besseren finanziellen Position im Scheidungsverfahren falsch ausgesagt, hat sie hingegen keinen Glauben geschenkt. Dies mit der Begründung, dass im Scheidungsverfahren wechselseitig auf Unterhalt verzichtet worden sei und sich bereits aus dem verfahrenseinleitenden Schriftsatz ergebe, dass über die finanziellen Folgen der Scheidung Einvernehmen bestehe.

Der Beschwerdeführer bestreitet weder den Inhalt des verfahrenseinleitenden Schriftsatzes noch den Umstand, dass im Scheidungsverfahren wechselseitig auf Unterhaltsansprüche verzichtet wurde. Von daher begegnet die dargestellte Beweiswürdigung der belangten Behörde vor dem Hintergrund der diesbezüglichen Überprüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zum Umfang dieser Befugnis insbesondere das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keinen Bedenken.

Auf Grund des sohin in unbedenklicher Weise festgestellten Sachverhalts kann die Ansicht der belangten Behörde, der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG sei erfüllt, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, dass kein Ehenichtigkeitsverfahren anhängig gemacht worden sei, ist sie darauf zu verweisen, dass die Nichtigerklärung der Ehe keine Voraussetzung für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 1. Juni 1999, Zl. 99/18/0071).

2. Gegen die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt und die Erlassung des Aufenthaltsverbots im Grund des § 37 Abs. 1 und Abs. 2 leg. cit. zulässig sei, bestehen aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Bescheides keine Bedenken.

3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Wien, am 7. September 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004180255.X00

Im RIS seit

20.10.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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