TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/29 2000/13/0166

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Veröffentlicht am 29.09.2004
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

FinStrG §115;
FinStrG §117 Abs2;
FinStrG §143;
FinStrG §145;
FinStrG §157;
FinStrG §33 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. Karl Grigkar, Rechtsanwalt in 1190 Wien, Sickenberggasse 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 25. Juli 2000, Zl. RV/134-10/99, betreffend Abgabenhinterziehung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war alleiniger Geschäftsführer der A. GmbH, die mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 20. Jänner 1995 wegen Abweisung eines Antrages auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens gemäß § 1 des Bundesgesetzes über die Auflösung und Löschung von Gesellschaften und Genossenschaften aufgelöst wurde; ab diesem Zeitpunkt war er Liquidator dieser Gesellschaft.

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung des Gastronomieunternehmens der A. GmbH kam hervor, dass keine Losungsgrundaufzeichnungen und keine Inventuren vorhanden waren und Kontoabfragen bei Lieferanten das Fehlen von Wareneinkäufen ergeben hatte. Vom Prüfer wurde für die Jahre 1993 und 1994 unter Berücksichtigung des fehlenden Wareneinkaufes und eines durchschnittlichen Rohaufschlagskoeffizienten eine Umsatzzuschätzung vorgenommen, bei welcher Eigenverbrauch und Schwund berücksichtigt wurde. Für das Jahr 1995 wurde den erklärten Erlösen ein Ertrag griffweise hinzugeschätzt. Die Umsatzzuschätzungen wurden als verdeckte Ausschüttungen an die Gesellschafter (zu 90 % der Anteile der Beschwerdeführer) beurteilt.

Mit Bescheid vom 13. Oktober 1998 leitete das Finanzamt als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer das Finanzstrafverfahren mit der Begründung ein, dass der Verdacht bestehe, dass er als für die abgabenrechtlichen Belange der A. GmbH Verantwortlicher vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht dadurch, dass bescheidmäßig festzusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden und Abgaben, die selbst zu berechnen sind, ganz oder teilweise nicht entrichtet wurden, Verkürzungen der Umsatzsteuer für das Jahr 1993 in Höhe von S 44.000,--, für das Jahr 1994 in Höhe von S 20.600,-- und für das Jahr 1995 in Höhe von S 3.274,-- sowie der Kapitalertragsteuer für das Jahr 1993 in Höhe von S 90.000,--, für das Jahr 1994 in Höhe von S 41.179,-- und für das Jahr 1995 in Höhe von S 5.077,-- bewirkt und damit ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 und 3 lit. a und b FinStrG begangen habe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Administrativbeschwerde mit dem ausschließlichen Vorbringen, dass nicht er, sondern ein "Herr von G." für das innerbetriebliche Rechnungswesen zuständig gewesen sei.

Nachdem diese Administrativbeschwerde mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. Jänner 1999 abgewiesen worden war, holte das Finanzamt eine Auskunft der Gebietskrankenkasse über die bei der A. GmbH beschäftigt gewesenen Dienstnehmer ein und ersuchte gleichzeitig den Beschwerdeführer um Bekanntgabe des genauen Namens, des Geburtsdatums und der Adresse des "Herrn von G.".

Die Dienstnehmerauskunft der Gebietskrankenkasse ergab keinen Hinweis auf einen "Herrn von G.", der Beschwerdeführer beantwortete die Anfrage des Finanzamtes damit, dass ihm Daten der genannten Person nicht bekannt seien, weil diese "seit längerer Zeit verschollen" sei.

Am 16. März 1999 wurde einer der von der Gebietskrankenkasse genannten Dienstnehmer der A. GmbH vom Finanzamt als Zeuge vernommen. Er gab an, im Unternehmen als Barkeeper gearbeitet und auch den Einkauf gemacht zu haben. Er habe immer alles an den Beschwerdeführer weiter gegeben, ein "Herr von G." sei ihm nicht bekannt. Der andere von der Gebietskrankenkasse genannte Dienstnehmer sei auch fallweise im Lokal tätig gewesen, die Hauptarbeit habe aber er geleistet.

Am 19. März 1999 wurde der andere von der Gebietskrankenkasse genannte Dienstnehmer vom Finanzamt als Zeuge vernommen und gab an, mit der Buchhaltung und dem Wareneinkauf nichts zu tun gehabt zu haben. Der Beschwerdeführer sei täglich im Lokal gewesen, der Name "Herr von G." sage ihm nichts. Er kenne sonst nur einen "Stefan", welcher "quasi die rechte Hand" des Beschwerdeführers gewesen sei und manchmal auch Einkäufe getätigt habe. Darüber hinaus kenne er nur den vom Finanzamt bereits vernommenen Zeugen.

Mit Strafverfügung vom 24. März 1999 erkannte das Finanzamt den Beschwerdeführer im Sinne des Einleitungsbescheides schuldig und begründete dies unter anderem damit, dass sich das Vorbringen des Beschwerdeführers, ein "Herr von G." sei für die steuerlichen Belange der Gesellschaft zuständig gewesen, als reine Schutzbehauptung erwiesen habe. Ein "Herr von G." habe nicht ausgeforscht werden können, sei weder vertretungsbefugter Steuerberater noch als Dienstnehmer erfasst gewesen, der Beschwerdeführer habe seine Adresse nicht angeben können und eine Person diesen Namens sei auch den befragten Dienstnehmern der A. GmbH nicht bekannt gewesen.

Im Einspruch gegen die Strafverfügung machte der Beschwerdeführer neben einer Bekämpfung der Strafhöhe erneut lediglich geltend, dass er "zwar am Papier (und auch lt. Gesetz)" Geschäftsführer der A. GmbH gewesen, tatsächlich aber "Herr von G." für die Geschäftsabwicklung verantwortlich gewesen sei.

Nachdem das Finanzamt die mündliche Verhandlung für den 8. Juni 1999 anberaumt hatte, ersuchte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers um Terminverlegung, welchem Ersuchen das Finanzamt durch Festsetzung des Termines 16. Juni 1999 nachkam. Der am 8. Juni 1999 zur ausgeschriebenen Verhandlung erschienene Beschwerdeführer wurde vom neuen Termin 16. Juni 1999 vom Finanzamt in Kenntnis gesetzt. Nachdem aus der Kanzlei des steuerlichen Vertreters telefonisch mitgeteilt worden war, dass der steuerliche Vertreter am 16. Juni 1999 krankheitshalber nicht erscheinen könne, wurde der Verhandlungstermin auf den 22. Juni 1999 verlegt und von der Kanzlei des Steuerberaters die Verständigung des Beschwerdeführers vom neuen Verhandlungstermin telefonisch zugesichert.

Zur Verhandlung vom 22. Juni 1999 erschienen weder der Steuerberater noch der Beschwerdeführer.

Mit Bescheid vom 22. Juni 1999 erkannte das Finanzamt den Beschwerdeführer schuldig im Sinne des Einleitungsbescheides und der Strafverfügung und bestrafte ihn mit einer Geldstrafe in Höhe von S 60.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Tage). Begründet wurde dieser Bescheid mit den schon in der Strafverfügung enthaltenen Ausführungen.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wandte sich der Beschwerdeführer zum einen gegen die Strafhöhe und machte zum anderen erneut ausschließlich geltend, dass für das innerbetriebliche Rechnungswesen nicht er, sondern "Herr von G."

zuständig gewesen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers hinsichtlich der ihm für das Jahr 1995 vorgeworfenen Abgabenverkürzungen statt und stellte das Verfahren in diesem Umfang ein, während der Berufung im Übrigen keine Folge gegeben, die verhängte Geldstrafe jedoch auf S 50.000,-

- und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 15 Tage herabgesetzt wurden. In der Begründung des angefochtenen Bescheides verwies die belangte Behörde zunächst auf die Ergebnisse der abgabenbehördlichen Prüfung und führte aus, dass die Umsatzzuschätzung für das Jahr 1995 im Gegensatz zu den Vorjahren nicht auf konkreten Feststellungen zu nicht in der Buchhaltung erfassten Wareneingängen beruht habe, sondern griffweise vorgenommen worden sei, weshalb im Zweifel davon auszugehen sei, dass diese Zuschätzung als strafrechtlich nicht relevanter Sicherheitszuschlag zu werten sei, weshalb das Verfahren über die Anlastungen für das Jahr 1995 einzustellen gewesen sei. Die Berechnung der Abgabennachforderungen - die Bescheide nach der abgabenbehördlichen Prüfung seien unbekämpft in Rechtskraft erwachsen - sei im gesamten Verfahren nicht bekämpft worden; durch Abgabenfestsetzungen auf Grund unrichtiger Jahreserklärungen seien Abgabenverkürzungen bewirkt worden, welche den objektiven Tatbestand des angelasteten Finanzvergehens erfüllten. Der Beschwerdeführer sei im Tatzeitraum als handelsrechtlicher Geschäftsführer der A. GmbH im Firmenbuch eingetragen und deshalb verpflichtet gewesen, für die Einhaltung der steuerlichen Vorschriften und die vollständige Erfassung aller Umsätze Sorge zu tragen. Die Durchführung der mündlichen Verhandlung vor der Finanzstrafbehörde erster Instanz sei nicht möglich gewesen, weil der Beschwerdeführer den Ladungen nicht Folge geleistet habe. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, das innerbetriebliche Rechnungswesen sei von "Herrn von G." geführt worden, habe im gesamten Verfahren nicht verifiziert werden können, in welchem Zusammenhang die belangte Behörde auf die bereits referierten Verfahrensergebnisse hinwies. Nach der Größenordnung der Umsatzzuschätzung im Ausmaß von etwa 50 % der erzielten Umsätze müsse davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer die Verkürzung ernstlich für möglich gehalten und damit bedingten Vorsatz verwirklicht habe. Der Beschwerdeführer habe Abgaben in Höhe von S 195.779,-- verkürzt, das Höchstausmaß der dafür verhängbaren Geldstrafe betrage im Grunde des § 33 Abs. 5 FinStrG S 391.558,--. Unter Würdigung der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als Milderungsgrund, welchem kein Erschwerungsgrund gegenüber stehe, erweise sich die verhängte Geldstrafe in Höhe von nur 25 % des strafbestimmenden Wertbetrages als im unteren Bereich der üblichen Spruchpraxis angesiedelt.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Erstattung einer Gegenschrift und Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer trägt vor, "der wirkliche Name" des von ihm im verwaltungsbehördlichen Strafverfahren bekannt gegebenen "Herrn von G." laute "Stefan K.". Dieser sei als faktischer Geschäftsführer für das innerbetriebliche Rechnungswesen der A. GmbH verantwortlich gewesen, auf einen Mann mit dem Namen "Stefan" sei von den Zeugen auch hingewiesen worden.

Diese Beschwerdebehauptung erweist sich ihres Verstoßes gegen das aus § 41 Abs. 1 abzuleitende Neuerungsverbot wegen als unbeachtlich, was es dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt, die vom Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der von ihm nunmehr erstmals genannten Person aufgestellten weiteren Behauptungen in die Prüfung der geltend gemachten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides einzubeziehen.

Der den Finanzstrafbehörden beider Instanzen vom Beschwerdeführer gemachte Vorwurf unzureichender Bemühungen um Aufklärung des vom Beschwerdeführer in Streit gezogenen Sachverhaltes erweist sich in einem Ausmaß als unbegründet, welches die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen an der Grenze der Mutwilligkeit liegend erkennen lässt. Entgegen den Beschwerdebehauptungen hat schon die Finanzstrafbehörde erster Instanz das in ihren Möglichkeiten Stehende getan, um den Entlastungsbehauptungen des Beschwerdeführers ungeachtet ihrer durchsichtigen und mäßig engagiert anmutenden Gestaltung trotzdem auf den Grund zu gehen. Dass die in der Beschwerde behauptete Identität des mysteriösen "Herrn von G." mit dem von einem Zeugen genannten "Stefan" nach den Ergebnissen des gründlichen behördlichen Ermittlungsverfahrens nicht hervorkam, kann der Beschwerdeführer der belangten Behörde nicht mit Erfolg vorwerfen. Dass die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens auf den vom Beschwerdeführer genannten "Herrn von G." nicht den geringsten Hinweis erbracht hatten, war dem Beschwerdeführer schon in der Strafverfügung vorgehalten worden. Dass er dessen ungeachtet sowohl in seinem Einspruch gegen die Strafverfügung als auch in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid kein entsprechendes Vorbringen erstattet hat, fällt ihm selbst zur Last. Sein Vorbringen, von einer Ladung zur mündlichen Verhandlung vor der Finanzstrafbehörde erster Instanz "zu keiner Zeit Kenntnis" gehabt zu haben, widerspricht der Aktenlage, nach deren Ausweis er zur - über Ersuchen seines Steuerberaters dann aber verlegten - Verhandlung ohnehin erschienen war. Ob dem Beschwerdeführer die Gelegenheit zum Erscheinen bei der - auf Grund des behördlichen Entgegenkommens gegenüber seinem steuerlichen Vertreter - zum zweiten Mal vertagten Verhandlung vor der Finanzstrafbehörde erster Instanz formal ausreichend gewahrt wurde, kann dahin gestellt bleiben, weil es einem gegebenenfalls dabei unterlaufenen Verfahrensfehler an der Relevanz deswegen mangelte, weil es der Beschwerdeführer in der Hand gehabt hätte, in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Strafbescheid das vorzutragen, was er im Falle seiner Teilnahme an der vertagten Verhandlung vor der Finanzstrafbehörde erster Instanz vorgebracht hätte. Zu der vom Beschwerdeführer vermissten Anordnung der Finanzstrafbehörde erster Instanz, ihn zur mündlichen Verhandlung nach § 117 Abs. 2 FinStrG zwangsweise vorzuführen, hat kein Anlass bestanden. Die Beschränkung seines Vorbringens auch im Einspruch gegen die Strafverfügung auf die innerbetriebliche Verantwortlichkeit des mysteriösen "Herrn von G." ließ nicht erkennen, dass die persönliche Vernehmung des Beschwerdeführers zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes geboten sein könnte.

Die Beschwerde erwies sich somit als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 29. September 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2000130166.X00

Im RIS seit

18.11.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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