TE Vwgh Erkenntnis 2004/10/20 2004/08/0111

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Veröffentlicht am 20.10.2004
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13a;
AVG §37;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Köller und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des Dipl. Ing. E in A, vertreten durch Dr. Erwin Höller, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Lederergasse 27, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 2. März 2004, Zl. LGSOÖ/Abt.4/12840116/A115/2004-05, betreffend Widerruf und Rückforderung der Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde gegenüber dem Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 13. bis 18. Dezember 2003 den Bezug der Notstandshilfe widerrufen und den Gesamtbetrag der für diesen Zeitraum bereits empfangenen Notstandshilfe in der Höhe von EUR 183,90 zurückgefordert. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer seit 1999 mit kurzen Unterbrechungen Notstandshilfe beziehe. Für den 19. Dezember 2003 habe ihm das Arbeitsmarktservice einen Kontrollmeldetermin vorgeschrieben, den der Beschwerdeführer nicht eingehalten habe. Am 14. Jänner 2004 habe er dazu erklärt, dass er am 12. Dezember 2003 mit dem Zug nach Berlin gefahren und am 14. Jänner 2004 zurückgekehrt sei. In der Berufung gegen den Bescheid der Erstbehörde habe der Beschwerdeführer im Wesentlichen ausgeführt, dass er sich wegen laufender Verfahren bei verschiedenen Gerichten und einer polizeilichen Maßnahme im Ausland aufgehalten hätte, vor Abschluss dieser Verfahren jedoch nicht in der Lage sei, die Notwendigkeit des Auslandsaufenthaltes nachzuweisen. Der Beschwerdeführer habe keinerlei Nachweise für die angegebenen Gerichtstermine erbracht. Die Tatsache des Auslandsaufenthaltes sei nicht durch die Meldung des Beschwerdeführers im Vorhinein bekannt geworden, sondern wegen der Versäumung eines Kontrollmeldetermins. Durch die Verletzung der Meldepflicht habe der Beschwerdeführer den Tatbestand der Verschweigung für den Bezug maßgeblicher Umstände verwirklicht und der entstandene Überbezug von insgesamt EUR 183,90 sei daher von ihm zurückzufordern.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 lit. g in Verbindung mit § 38 AlVG ruht der Anspruch auf Notstandshilfe während des Aufenthaltes im Ausland, soweit nicht § 16 Abs. 3 oder Regelungen auf Grund internationaler Verträge anzuwenden sind. Gemäß § 16 Abs. 3 in Verbindung mit § 38 AlVG ist auf Antrag des Arbeitslosen das Ruhen der Notstandshilfe gemäß § 16 Abs. 1 lit. g AlVG bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände nach Anhörung des Regionalbeirates bis zu drei Monate während eines Leistungsanspruches nachzusehen. Berücksichtigungswürdige Umstände sind Umstände, die im Interesse der Beendigung der Arbeitslosigkeit gelegen sind, insbesondere wenn sich der Arbeitslose ins Ausland begibt, um nachweislich einen Arbeitsplatz zu suchen oder um sich nachweislich beim Arbeitgeber vorzustellen oder um sich einer Ausbildung zu unterziehen, oder Umstände, die auf zwingenden familiären Gründen beruhen.

Gemäß § 24 Abs. 2 in Verbindung mit § 38 AlVG ist, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung der Notstandshilfe nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt, die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen.

Gemäß § 25 Abs. 1 in Verbindung mit § 38 AlVG ist bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung der Empfänger der Notstandshilfe zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.

Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass sich der Beschwerdeführer in dem Zeitraum, für den durch den angefochtenen Bescheid die Notstandshilfe widerrufen und zurückgefordert wurde, im Ausland befand. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass seine Berufungsschrift gegen den Bescheid der Erstbehörde inhaltlich als Antrag zu werten gewesen sei, das Ruhen der Notstandshilfe bei berücksichtigungswürdigen Umständen nachzusehen. Wenn nun die Behörde die Auffassung vertreten habe, dass die vom Beschwerdeführer in seiner Berufung dargelegten Gründe für einen Auslandsaufenthalt als nicht ausreichend im Sinne des § 16 Abs. 3 AlVG zu werten gewesen seien, so wäre die belangte Behörde gemäß § 13a AVG im Rahmen der sie treffenden Manuduktionspflicht verhalten gewesen, den nicht rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer über das nicht ausreichende Vorbringen im Rahmen der in der Berufungsschrift vorgetragenen Antragstellung gemäß § 16 Abs. 3 AlVG zu belehren und über die damit verbundenen Rechtsfolgen aufzuklären. Die Behörde wäre demnach verpflichtet gewesen, den Beschwerdeführer über die Gesetzeslage aufzuklären und ihm Gelegenheit einzuräumen, sein Anbringen entsprechend so zu verbessern, dass hierüber eine Sachentscheidung der Berufungsbehörde ermöglicht worden wäre.

Dem ist entgegen zu halten, dass der Beschwerdeführer in seiner Berufung lediglich vorgebracht hat, dass der Auslandsaufenthalt "im Zusammenhang mit noch laufenden Verfahren bei verschiedenen Gerichten und einer polizeilichen Maßnahme" stehe, er jedoch bis zum Abschluss der Verfahren nicht in der Lage sei, die Notwendigkeit eines Auslandsaufenthaltes zu beweisen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es nicht Aufgabe der Behörde, inhaltliche Mängel von Parteieneingaben aus der Welt zu schaffen. Auch eine Beratung von Verfahrensparteien oder anderen Beteiligten in materiellrechtlicher Hinsicht zählt nicht zu den Pflichten der Behörde (vgl. dazu insbesondere die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Aufl., S. 296, zitierte Rechtsprechung). Der Beschwerdeführer hat mit dem Pauschalverweis auf diverse gerichtliche Verfahren sowie eine "polizeiliche Maßnahme" keinen Hinweis darauf gegeben, dass tatsächlich Umstände vorgelegen sein könnten, die im Sinne des § 16 Abs. 3 AlVG im Interesse der Beendigung der Arbeitslosigkeit gelegen wären. Im Rahmen der Manuduktionspflicht gemäß § 13a AVG war die belangte Behörde nicht gehalten, Unterweisungen zu erteilen, wie das Vorbringen zu gestalten wäre, damit dem Antrag allenfalls stattgegeben werden könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. September 1999, Zl. 99/17/0313).

Unter dem Gesichtspunkt der behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhaltes wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Rückforderung der bezogenen Notstandshilfe und führt dazu aus, dass keiner der in § 25 Abs. 1 AlVG angeführten Tatbestände in seinem Fall zutreffe.

Hiezu ist festzuhalten, dass gemäß § 50 Abs. 1 AlVG der Bezieher von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung verpflichtet ist, die Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 AlVG sowie darüber hinaus jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruches maßgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse sowie jede Wohnungsänderung ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses anzuzeigen.

Eine Verletzung der Meldepflicht des § 50 Abs. 1 AlVG rechtfertigt die Annahme einer Verschweigung maßgebender Tatsachen im Sinne des § 25 Abs. 1 AlVG und somit die Rückforderung des unberechtigt Empfangenen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 1998, Zl. 96/08/0117).

Auf die sich aus § 50 Abs. 1 AlVG ergebenden Meldepflichten wird der Arbeitslose auch im bundeseinheitlich aufgelegten Antragsformular deutlich hingewiesen (so auch das vom Beschwerdeführer am 11. September 2003 unterzeichnete Antragsformular für die Gewährung von Notstandshilfe); der Auslandsaufenthalt ist eine für den Leistungsbezug maßgebende Tatsache, deren Verschweigen daher zur Rückforderung des unberechtigt Empfangenen gemäß § 25 Abs. 1 AlVG.

Da die geltend gemachten Rechtswidrigkeiten nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Im Hinblick darauf, dass die Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung beantwortet sind, konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 20. Oktober 2004

Schlagworte

Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004080111.X00

Im RIS seit

24.11.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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