TE Vwgh Erkenntnis 2004/10/20 2003/08/0238

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Veröffentlicht am 20.10.2004
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §46 Abs1;
AlVG 1977 §46 Abs3;
AVG §13a;
VwGG §42 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des Mag. A in W, vertreten durch Dr. Thomas Schirmer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Sterngasse 13, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 2. September 2003, Zl. LGSW/Abt. 10-AlV/1218/56/2002-8552, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom 7. Juli 2003 wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer ab 4. Juli 2003 Arbeitslosengeld gebühre. Der Beschwerdeführer habe den Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld nicht innerhalb der (von der regionalen Geschäftsstelle auf dem bundeseinheitlichen Antragsformular) festgesetzten Frist, sondern erst am 4. Juli 2003 eingebracht. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer am 30. April 2003 einen Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld gestellt habe, den er am 12. Mai 2003 beim Arbeitsmarktservice hätte retournieren sollen. Er habe sich am 12. Mai 2003 zum Arbeitsmarktservice begeben und dort erklärt, sich noch im Krankenstand zu befinden. Daraufhin sei der Termin für die Antragsrückgabe auf den ersten "Arbeitstag (gemeint Werktag)" nach Beendigung seines Krankenstandes verlängert worden. Der Beschwerdeführer sei am 4. Juli 2003 wieder persönlich beim Arbeitsmarktservice erschienen. Zu diesem Zeitpunkt habe sich herausgestellt, dass sein Krankenstand bereits seit 30. April 2003 beendet gewesen sei. Anlässlich der mit ihm aufgenommenen Niederschrift am 4. Juli 2003 habe er gegenüber dem Arbeitsmarktservice angegeben, er sei am 12. Mai 2003 persönlich beim Arbeitsmarktservice gewesen und hätte zu diesem Zeitpunkt gedacht, dass er sich noch im Krankenstand befände. Laut der (am 4. Juli 2003) vorgelegten Krankenstandsbestätigung sei er jedoch bereits seit 30. April 2003 "abgeschrieben" gewesen, was er allerdings übersehen hätte. Aus der Krankenstandsbestätigung sei ersichtlich, dass von der Wiener Gebietskrankenkasse als letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit der 30. April 2003 festgestellt und auf der Krankenstandsbestätigung vermerkt worden sei. Diese Eintragung der Wiener Gebietskrankenkasse datiere mit 24. April 2003. Der Beschwerdeführer sei vom 1. Juni 2001 bis zum 30. April 2003 in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstverhältnis gestanden und habe im Anschluss an dieses Dienstverhältnis Anspruch auf Ersatz für Urlaubsentgelt bis 26. Mai 2003 gehabt.

Der Irrtum über das tatsächliche Ende des Krankenstandes sei eindeutig in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen. Eine Verpflichtung des Arbeitsmarktservice, die Krankenstandsbestätigung des Beschwerdeführers zu überprüfen, nachdem dieser ausdrücklich erklärt hätte, sich noch im Krankenstand zu befinden, habe "nach Ansicht der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien" nicht bestanden. Da der Beschwerdeführer den Antrag ohne triftigen Grund nicht innerhalb der gesetzten Frist, sondern erst am 4. Juli 2003 beim Arbeitsmarktservice abgegeben habe, könne ihm Arbeitslosengeld erst ab diesem Tage zuerkannt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 46 Abs. 1 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) idF BGBl. I Nr. 139/1997 ist der Anspruch auf Arbeitslosengeld vom Arbeitslosen persönlich bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle geltend zu machen. Der Anspruch gilt erst dann als geltend gemacht, wenn das Antragsformular innerhalb der von der regionalen Geschäftsstelle festgesetzten Frist bei der regionalen Geschäftsstelle persönlich abgegeben wurde. Hat der Arbeitslose die von der regionalen Geschäftsstelle festgesetzte Frist zur Abgabe des Antrages ohne triftigen Grund versäumt, so ist der Anspruch erst ab dem Tag zu beurteilen, an dem der Antrag bei der regionalen Geschäftsstelle abgegeben wurde.

2. Der Beschwerdeführer macht geltend, die belangte Behörde hätte es unterlassen, den gesamten entscheidungsrelevanten Sachverhalt festzustellen. In der Begründung des angefochtenen Bescheides werde das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe am 12. Mai 2003 seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld geltend machen wollen und auch den ausgefüllten Antrag mitgehabt, nicht erörtert. Es sei nicht ausdrücklich festgestellt worden, ob der Beschwerdeführer das Antragsformular und die Krankenstandsbestätigung der zuständigen Sachbearbeiterin vorgelegt habe oder nicht. Tatsächlich seien der Sachbearbeiterin am 12. Mai 2003 ein ausgefülltes Antragsformular und eine Krankenstandsbestätigung vorgelegt worden, sodass die Sachbearbeiterin zu prüfen gehabt hätte, ob die Voraussetzungen für eine Antragstellung vorlägen oder nicht; erforderlichenfalls hätte sie den Beschwerdeführer dabei anzuleiten gehabt.

Dem ist entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer am 12. Mai 2003 - dem letzten Tag der gemäß § 46 Abs. 1 AlVG festgesetzten Frist - den Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld unstrittig nicht abgegeben hat. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könnte eine Antragstellung selbst dann nicht angenommen werden, wenn diese nur auf Grund einer vom Arbeitsmarktservice erteilten unrichtigen Rechtsauskunft unterblieben wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. März 1998, Zl. 97/08/0517).

Im vorliegenden Fall ist die Abgabe des Antrages unterblieben, weil die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice auf Grund des eigenen Vorbringens des Beschwerdeführers, wonach er sich noch im Krankenstand befinde, die Frist neu festgesetzt hat. Eine Verpflichtung der Behörde, vom Beschwerdeführer mitgebrachte Unterlagen noch vor Entgegennahme des Antrages daraufhin zu überprüfen, ob sie allenfalls mit dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers in Widerspruch stehen könnten, kann aus der Manuduktionspflicht nach § 13a AVG, die sich auf die zur Vornahme von Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen und die mit diesen Handlungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen bezieht (vgl. dazu aus der ständigen Rechsprechung etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2000, Zl. 2000/06/0047), nicht abgeleitet werden.

Vor diesem Hintergrund erweisen sich die vom Beschwerdeführer begehrten Feststellungen, er habe das vollständig ausgefüllte Antragsformular sowie eine Krankenstandsbestätigung an diesem Tag bei seiner Vorsprache beim Arbeitsmarktservice mitgehabt, als für die Entscheidung nicht relevant. Die Behörde ist, ausgehend vom Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er sich noch im Krankenstand befinde, auch ihrer Manuduktionspflicht nachgekommen, indem sie den Beschwerdeführer - da gemäß § 16 Abs. 1 lit. a AlVG der Anspruch auf Arbeitslosengeld während des Bezuges von Krankengeld ruht - zur Stellung des Antrages unmittelbar nach Ende des Krankenstandes angeleitet hat.

3. Unter dem Gesichtspunkt der behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhaltes bringt der Beschwerdeführer vor, die zuständige Sachbearbeiterin der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice habe den Antrag des Beschwerdeführers, den dieser fristgerecht zum 12. Mai 2003 retournieren wollte, nicht annehmen wollen. Selbst wenn sie davon ausgegangen sei, der Beschwerdeführer habe sich noch im Krankenstand befunden, sei kein Grund ersichtlich, warum sie den Antrag nicht trotzdem angenommen habe.

Auch damit argumentiert der Beschwerdeführer nicht auf dem Boden der festgestellten Tatsachen. Darüber hinaus ist er darauf zu verweisen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 10. März 1998) die formalisierte Antragstellung im Sinne des § 46 AlVG, der eine abschließende Regelung enthält, die Bedachtnahme auf Fälle unverschuldet unterbliebener Antragstellung ausschließt. Der Verwaltungsgerichtshof vermag im Übrigen auch nicht zu erkennen, dass das Unterbleiben der Antragstellung im vorliegenden Fall, wie der Beschwerdeführer vermeint, auf ein Verschulden der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zurückginge. Dass die Sachbearbeiterin der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Zweifel an dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er befinde sich noch im Krankenstand, hätte haben müssen, ist nicht erkennbar; dies ungeachtet des Inhalts der Krankenstandsbestätigung, welche der Beschwerdeführer am 12. Mai 2003 nach seinem Vorbringen zum Vorsprachetermin beim Arbeitsmarktservice mitgenommen hatte, zumal darin die Arbeitsunfähigkeit für einen bereits vergangenen Zeitraum bestätigt worden war, was jedoch einen neuerlichen Krankenstand zum Zeitpunkt der Vorsprache keineswegs ausschließt.

4. Schließlich bringt der Beschwerdeführer vor, die anlässlich der Vorsprache bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice am 12. Mai 2003 neu festgesetzte Frist "1 Arbeitstag nach Krankenstand" sei unkonkret und nicht einhaltbar gewesen, da der erste Arbeitstag nach Beendigung des Krankenstandes der 1. Mai 2003 gewesen wäre. Die Setzung dieser Frist hätte die Behörde "durch ordnungsgemäße Überprüfung der Krankenstandsbestätigung" verhindern können.

Der Beschwerdeführer hat das Antragsformular unstrittig nicht innerhalb der ihm ursprünglich gesetzten Frist bis zum 12. Mai 2003 abgegeben. Die an diesem Tag unter Bedachtnahme auf das Vorbringen des Beschwerdeführers erfolgte neue Fristsetzung "1 Arbeitstag nach Krankenstand" ging insoweit ins Leere, als sich die Behauptung des Beschwerdeführers, er befinde sich im Krankenstand, als unzutreffend erwies. Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, die regionale Geschäftsstelle über das Ende des Krankenstandes zu informieren. Es ist weder ein Grund vorgebracht worden noch ersichtlich, aus dem dem Beschwerdeführer dieser Umstand bei gehöriger Sorgfalt verborgen geblieben sein könnte. Es kann daher ein Irrtum des Beschwerdeführers darüber, dass er sich auch am 12. Mai 2003 noch im Krankenstand befinde, nicht als triftiger Grund für das Versäumen der rechtzeitigen Abgabe des Antrages im Sinne des § 46 Abs. 3 AlVG angesehen werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 20. Oktober 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003080238.X00

Im RIS seit

25.11.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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