TE Vwgh Erkenntnis 2004/10/20 2003/04/0142

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Veröffentlicht am 20.10.2004
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Index

E1E;
E6J;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
16/02 Rundfunk;

Norm

11992E028 EGV Art28;
61991CJ0267 Keck Mithouard VORAB;
62002CJ0071 Karner VORAB;
62002CJ0239 Douwe Egberts VORAB;
B-VG Art140;
ORF-G 2001 §13 Abs8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der Verlagsgruppe N GmbH in W, vertreten durch Dr. Michael Graff, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Gonzagagasse 15, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 22. April 2002, Zl. 611.904/002- BKS/2002, betreffend Verletzung des ORF-Gesetzes (mitbeteiligte Partei: Österreichischer Rundfunk in 1136 Wien, Würzburggasse 30), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit ihrer am 1. Februar 2002 beim Bundeskommunikationssenat eingelangten Beschwerde gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit. a und d ORF-Gesetz beantragte die Beschwerdeführerin,

"a) die in der Ablehnung des ORF, der Beschwerdeführerin Werbezeiten zuzuteilen, wenn nicht

aa) die Werbung auf den Titel (Namen des Druckwerkes) und die Blattlinie, nicht aber auf deren Inhalt hinweist und/oder

bb) die dafür eingeräumte Sendezeit mehr als zwei Minuten der gesamten wöchentlichen Sendezeit (gemeint wohl: nicht) beträgt,

(Briefwechsel vom 15./21.1.2002) gelegene Rechtsverletzung festzustellen,

b)

die Entscheidung des ORF aufzuheben und

c)

auf Veröffentlichung der Entscheidung des Bundeskommunikationssenates zu erkennen."

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 23. April 2002 wurde

              1.              der Beschwerdeantrag a) gemäß § 37 Abs. 1 ORF-G zur Gänze abgewiesen,

2.

der Beschwerdeantrag b) gemäß § 37 Abs. 1 ORF-G zurückgewiesen und

3.

der Beschwerdeantrag c) gemäß § 37 Abs. 4 ORF-G abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin sei mit Schreiben des Österreichischen Rundfunks (ORF) vom 21. Jänner 2002 auf § 13 Abs. 8 ORF-G verwiesen worden. Die Beschwerdeführerin gestehe selbst zu, dass der ORF damit in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Grundlagen gehandelt habe. Die Beschwerde lasse daher eine Verletzung des ORF-Gesetzes nicht erkennen. Vielmehr werde seitens der Beschwerdeführerin die Verfassungswidrigkeit der Bestimmung des § 13 Abs. 8 ORF-G geltend gemacht, zu deren Beurteilung die belangte Behörde jedoch nicht berufen sei. Auch stehe der belangten Behörde die Befugnis, gemäß Art. 89 B-VG den Verfassungsgerichtshof (VfGH) anzurufen, nicht zu.

Der Antrag auf Aufhebung der Entscheidung des ORF sei zurückzuweisen gewesen, weil die angefochtene Entscheidung keine interne Organentscheidung gewesen und daher einer Aufhebung nicht zugänglich sei.

Eine Veröffentlichung komme bei der gegenständlichen Rechtslage nicht in Betracht.

Die gegen diesen Bescheid an den VfGH erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser deren Behandlung mit Beschluss vom 25. Juni 2003, B 829/02-10, abgelehnt hat, mit Beschluss vom 25. August 2003, B 829/02-12, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten, der hierüber erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich ihrer vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde zufolge durch den angefochtenen Bescheid

A) im " Recht auf freien Warenverkehr, insbesondere im Recht auf Anwendung des 32. Protokolls zur EUV-EGV" sowie

B) " in den ursprünglich beim Verfassungsgerichtshof geltend gemachten Rechten

-

auf Freiheit der Meinungsäußerung nach Art. 10 MRK

-

auf Verbot der Zensur nach den Bestimmungen des Art. 13 StGG und des Beschlusses der provisorischen Nationalversammlung StGBl 3/1918

-

auf Verstoß gegen das Gleichheitsgebot

-

auf Verletzung der Erwerbsfreiheit"

verletzt.

Zu A) bringt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, sie vertreibe im In- und europäischen Ausland periodisch erscheinende Druckwerke, sohin Waren nach Art. 23 EGV. Werbemaßnahmen seien notwendig, um ein Produkt am Markt ausreichend bekannt zu machen und in entsprechendem Umfang vertreiben zu können und stellten somit einen notwendigen und unverzichtbaren Teil der Warenverkehrsfreiheit dar. Der grenzüberschreitende Bezug ergebe sich aus dem Umstand, dass Sendungen des ORF durch Satellit ins Ausland ausgestrahlt würden und ausländische Sender, insbesondere deutschsprachige, in Österreich empfangen werden könnten. Dadurch seien für die Werbung der Beschwerdeführerin im Ausland einerseits und für die Werbung ausländischer Medien im Inland (im Wege der Ausstrahlung durch ausländische TV-Anstalten) andererseits unterschiedliche Wettbewerbsvoraussetzungen gegeben. Damit berühre § 13 Abs. 8 ORF-G den Absatz der entsprechenden Produkte rechtlich wie tatsächlich und stelle im Sinne der durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) im Urteil Keck und Mithouard entwickelten Rechtsprechung eine Maßnahme gleicher Wirkung nach Art. 29 EGV dar.

Ein Rechtfertigungsgrund nach Art. 30 EGV sei nicht ersichtlich. Vielmehr sei das in § 13 Abs. 8 ORF-G enthaltene Verbot, bei Werbung für ein Printmedium im Fernsehen auf dessen Inhalt zu verweisen, "exzessiv" und in einer demokratischen Gesellschaft "unüblich, unausgewogen und überflüssig". Zudem dürfe nach dem Protokoll Nr. 32 der den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten übertragene Auftrag die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Gemeinschaft nicht in einem Ausmaß beeinträchtigen, das dem gemeinsamen Ziel zuwiderlaufe, wobei den Erfordernissen der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags Rechnung zu tragen sei.

Der angefochtene Bescheid verletze das Recht auf freien Warenverkehr, da durch ihn die Dauer, aber auch der Inhalt von Werbeeinschaltungen von Printmedien in unzulässiger, dem Gemeinschaftsrecht widersprechenden Art und Weise beschränkt würde.

Zuletzt regt die Beschwerdeführerin an, zur Frage, ob § 13 Abs. 8 ORF-G eine Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne des Art. 29 EGV sei und ob eine solche gemäß Art. 30 EGV zu rechtfertigen sei, eine Vorabentscheidung des EuGH gemäß Art. 234 EGV einzuholen.

Zu B) führt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, der Verwaltungsgerichtshof vertrete in ständiger Judikatur zwar die Rechtsansicht, er dürfe im Fall einer Abtretung einer Beschwerde nach Art. 144 Abs. 3 B-VG die aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen nicht prüfen. Diese Rechtsprechung könne aber im Hinblick auf Art. 6 EMRK nicht uneingeschränkt aufrecht zu erhalten sein. Von der Beschwerdeführerin werde ein "civil right" nach Art. 6 EMRK geltend gemacht, da ihr die belangte Behörde den Abschluss einer zivilrechtlichen Vereinbarung mit dem ORF verweigert habe. Mit der Ablehnung ihrer Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG habe der VfGH eine "Sachentscheidung über den Streit" verweigert. So habe der VfGH in dem - in der Ablehnung verwiesenen - Erkenntnis vom 25. Juni 2003, G 304/01, § 13 Abs. 8 ORF-G nicht unter dem Blickwinkel der Verhältnismäßigkeit geprüft. Die im Ablehnungsbeschluss des VfGH angestellten Wahrscheinlichkeitsüberlegungen seien für eine Sachentscheidung gemäß Art. 6 EMRK nicht ausreichend.

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über den österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G), BGBl. Nr. 379/1984 in der Fassung BGBl. I Nr. 83/2001 (im folgenden: ORF-G), lauten wie folgt:

"§ 13. ....

(8) Werbung im Fernsehen für periodische Druckwerke darf auf den Titel (Namen des Druckwerks) und die Blattlinie, nicht aber auf deren Inhalte hinweisen. Die dafür eingeräumte Sendezeit darf nicht mehr als zwei Minuten der gesamten wöchentlichen Werbezeit betragen. Die Vergabe dieser Sendezeiten und der Tarife hat gegenüber allen Medieninhabern dieser Druckwerke zu gleichen und nichtdiskriminierenden Bedingungen zu erfolgen. Näheres regelt das Tarifwerk des Werbefunks (§ 21 Abs. 1 Z 7).

§ 36. (1) Der Bundeskommunikationssenat entscheidet gemäß § 35 Abs. 1 - soweit dafür nicht eine andere Verwaltungsbehörde oder ein Gericht zuständig ist - über die Verletzung von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes

1. auf Grund von Beschwerden

a) einer Person, die durch eine Rechtsverletzung unmittelbar geschädigt zu sein behauptet;

....

d) eines Unternehmens, dessen rechtliche oder wirtschaftliche Interessen durch die behauptete Verletzung berührt werden."

Zunächst ist zu prüfen, ob die im angefochtenen Bescheid vorgenommene Anwendung des § 13 Abs. 8 ORF-G vom Anwendungsbereich des Art. 28 EGV über die Warenverkehrsfreiheit erfasst ist. In diesem Zusammenhang hat der EuGH im Urteil Douwe Egberts NV zur Werbung für Lebensmittel bereits festgestellt:

"50. Der freie Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten ist ein elementarer Grundsatz des EG-Vertrags, der in dem Verbot mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen sowie aller Maßnahmen gleicher Wirkung in Artikel 28 EG seinen Ausdruck findet.

51. Wie der Gerichtshof bereits festgestellt hat, fallen nationale Rechtsvorschriften, die bestimmte Verkaufsmodalitäten beschränken oder verbieten, nur dann nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 28 EG, wenn sie den Marktzugang von Erzeugnissen aus einem anderen Mitgliedstaat nicht versperren oder stärker behindern als den inländischer Erzeugnisse (Urteil vom 24. November 1993 in den Rechtssachen C 267/91 und C 268/91, Keck und Mithouard, Slg. 1993, I-6097, Randnr. 17)" (vgl. Urteil des EuGH vom 15. Juli 2004 in der Rechtssache C-239/02, Douwe Egberts NV gegen Westrom Pharma NV und Christophe Souranis, handelnd unter der Firma "Etablissements FICS" und Douwe Egberts NV gegen FICS-World BVBA, Slg. 2004, Randnr. 50 und 51).

Nach dieser Rechtsprechung fallen Werbebeschränkungen, die unterschiedslos für einheimische und für aus anderen Mitgliedstaaten stammende Waren gelten, nicht in den Anwendungsbereich des Art. 28 EGV. Hiezu gehören z.B. Vorschriften, welche die Fernseh- oder Anzeigenwerbung für bestimmte Waren oder Vertriebssektoren verbieten (vgl. Lux, in:

Lenz/Borchardt (Hrsg.), EU und EG-Vertrag3 (2003), S. 379 und die dort referierte Rechtsprechung des EuGH).

Werbebeschränkungen gelten nach dem Maßstab des Urteils Keck und Mithouard dann unterschiedslos für einheimische und für aus anderen Mitgliedstaaten stammende Waren, wenn es sich um Bestimmungen handelt, "die zum einen für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, und zum anderen den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren" und daher "nicht geeignet sind, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne der Dassonville Rechtsprechung unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern" (vgl. das Urteil des EuGH vom 25. März 2004 in der Rechtssache C-71/02, Herbert Karner Industrie-Auktionen GmbH gegen Troostwijk GmbH, Slg. 2004, Randnr 37).

Im Urteil Karner hat der EuGH festgestellt, dass ein Werbeverbot, wie es in § 30 Abs. 1 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, BGBl. Nr. 448/1984 (UWG) enthalten ist, aus folgenden Gründen diese beiden im Urteil Keck und Mithouard entwickelten Voraussetzungen (vgl. das Urteil Karner, Randnr. 40) erfüllt:

"41 Was die erste Voraussetzung angeht, so gilt § 30 Abs. 1 UWG für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer, die ihre Tätigkeit in Österreich ausüben, unabhängig davon, ob es sich um Inländer oder um Ausländer handelt.

42 Zur zweiten Voraussetzung ist festzustellen, dass § 30 Abs. 1 UWG anders als die nationalen Bestimmungen, um die es in den Fällen ging, die den Urteilen vom 9. Juli 1997 in den Rechtssachen C-334/95 bis C-6/95 (De Agostini und TVShop, Slg. 1997, I-3843) und vom 8. März 2001 in der Rechtssache C-405/98 (Gourmet International Products, Slg. 2001, I-1795) zugrunde lagen, kein vollständiges Verbot einer Form der Förderung des Absatzes eines Erzeugnisses in einem Mitgliedstaat darstellt, das dort rechtmäßig verkauft wird. Er verbietet lediglich, gegenüber einem größeren Kreis von Personen auf die Herkunft einer Ware aus einer Konkursmasse Bezug zu nehmen, wenn diese Ware nicht mehr zur Konkursmasse gehört und zwar aus Gründen des Verbraucherschutzes. Ein solches Verbot ist zwar grundsätzlich geeignet, das Gesamtvolumen der Verkäufe in dem betreffenden Mitgliedstaat zu beschränken und damit auch das Volumen der Verkäufe von Waren zu verringern, die aus anderen Mitgliedstaaten stammen, wirkt sich auf den Absatz der betreffenden Erzeugnisse aber nicht ungünstiger aus als auf den Absatz inländischer Erzeugnisse. Jedenfalls lässt sich aus den Akten, die das vorlegende Gericht dem Gerichtshof übermittelt hat, nichts dafür entnehmen, dass das fragliche Verbot eine solche Wirkung hätte" (vgl. Urteil Karner Randnr. 41 und 42).

Überträgt man den vom EuGH im Urteil Karner judizierten Prüfungsmaßstab auf den im vorliegenden Fall maßgeblichen § 13 Abs. 8 ORF-G, zeigt sich, dass auch im vorliegenden Fall die in der Keck und Mithouard-Rechtsprechung des EuGH aufgestellten Voraussetzungen für die Nichtanwendbarkeit des Art. 28 EGV erfüllt sind:

Die in § 13 Abs. 8 ORF-G normierten Werbebeschränkungen gelten für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer, die ihre Tätigkeit in Österreich ausüben, unabhängig davon, ob es sich um Inländer oder um Ausländer handelt. Weiters lässt sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht entnehmen, dass sich die Werbebeschränkung auf den Absatz von Waren, die aus anderen Mitgliedsstaaten stammen, ungünstiger auswirken würde als auf den Absatz inländischer Erzeugnisse. Vielmehr bringt die Beschwerdeführerin selbst vor, dass die Werbung ausländischer Medien im Inland (im Wege der Ausstrahlung durch ausländische TV-Anstalten) § 13 Abs. 8 ORF-G nicht unterläge, was belegt, dass sich die vorliegende Regelung auf den Absatz von Erzeugnissen, die aus anderen Mitgliedsstaaten stammen, günstiger auswirkt als auf den Absatz inländischer Erzeugnisse.

Insoweit sich die Beschwerdeführerin auf das Protokoll (zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft) über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedsstaaten beruft, ist darauf hinzuweisen, dass sich dieses Protokoll nicht auf die Warenverkehrsfreiheit, sondern auf die "Befugnis der Mitgliedsstaaten, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu finanzieren" bezieht.

Somit ist die Beschwerdeführerin nicht im Recht, wenn sie eine Verletzung des freien Warenverkehrs gemäß Art. 28 EGV behauptet. Angesichts der oben dargestellten Rechtsprechung des EuGH sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch nicht veranlasst, zu der von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Frage gemäß Art. 234 EGV iVm § 38a VwGG eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen.

Insoweit sich die Beschwerdeführerin zu B) im Ergebnis die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet, ist darauf hinzuweisen, dass der VfGH mit Erkenntnis vom 25. Juni 2003, G 304/01, bereits erkannt hat, dass (u.a.) § 13 Abs. 8 ORF-G keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. In diesem Erkenntnis führte der VfGH wie folgt begründend aus:

"§ 13 Abs. 8 ORF-G beschränkt den ORF - als derzeit dominierenden Teilnehmer am österreichischen Fernsehmarkt - in seinen Möglichkeiten, aus Werbung Einnahmen zu lukrieren, zielt sohin darauf ab, private Fernsehbetreiber insofern zu begünstigen und ihnen Marktchancen zu eröffnen, was als legitim im Lichte von Art. 10 Abs. 1 und 2 EMRK anzusehen ist. Dem Gesetzgeber kann aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden, wenn er von der Annahme ausgeht, dass mit der angefochtenen Regelung das Werbegeschäft mit Printmedien im Fernsehen insgesamt beschränkt wird, und dass damit die (wirtschaftliche) Unabhängigkeit des Fernsehens von anderen Medien bewirkt wird. Ebensowenig kann dem Gesetzgeber entgegengetreten werden, wenn er davon ausgeht, dass mit der Beschränkung des Inhalts der Werbungen für Printmedien auf "Titel und Blattlinie" zudem eine mit dem Ziel der - verfassungsgesetzlich in Art. I Abs. 2 des Bundesverfassungsgesetzes über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks festgelegten - Objektivität und Unabhängigkeit des ORF korrespondierende Regelung getroffen wurde.

Dazu kommt, dass die angefochtenen Beschränkungen die Werbepräsenz marktmächtiger Printmedien sowohl zeitlich als auch in ihrer Intensität herabsetzen und sich damit im Wettbewerb zugunsten finanzschwächerer Printmedien selbst dann (oder gerade deswegen) auswirken, wenn diese selbst nicht in der Lage sind, eigene Werbung im Fernsehen zu finanzieren. Der Verfassungsgerichtshof hat es bereits im Erkenntnis VfSlg. 13725/1994 als sachlich angesehen, den Bestand kleinerer Medienunternehmen dadurch zu schützen, dass er eine Form der Werbung beschränkt, die, weil sie einen "'enormen Aufwand mit sich bringt (...) von auflagenstarken Zeitungen und Zeitschriften leichter bewältigt werden (kann) als von kleineren Unternehmen' (vgl. das zitierte Erkenntnis, Punkt II.B.4.1.2.).

Der Verfassungsgerichtshof hegt auch aus gleichheitsrechtlicher Sicht keine Bedenken gegen die angefochtene Regelung. Die vorstehende Analyse zeigt, dass die unterschiedliche Behandlung der Werbemöglichkeiten im ORF-G und im Privatfernsehgesetz - bedingt durch verschiedenste rechtliche wie tatsächliche Vorgaben - in nicht zu vergleichenden gesetzgeberischen Motiven begründet liegt und vor allem in der im Medienbereich nach wie vor uneingeschränkt vorhandenen marktführenden Stellung des ORF wurzelt. Für den ORF zutreffende Überlegungen können daher keinesfalls auf den Privatfernsehbereich übertragen werden."

Vor diesem Hintergrund und im Hinblick darauf, dass der VfGH die Behandlung der vorliegenden Beschwerde - unter Hinweis auf dieses Erkenntnis - mit Beschluss vom 25. Juni 2003, B 829/02-10, abgelehnt hat, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst, ein Gesetzesprüfungsverfahren gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG einzuleiten.

Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 20. Oktober 2004

Gerichtsentscheidung

EuGH 61991J0267 Keck Mithouard VORAB
EuGH 62002J0239 Douwe Egberts VORAB
EuGH 61991J0267 Keck Mithouard VORAB
EuGH 62002J0071 Karner VORAB

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003040142.X00

Im RIS seit

24.11.2004

Zuletzt aktualisiert am

11.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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