TE Vwgh Erkenntnis 2004/10/20 2002/14/0054

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Veröffentlicht am 20.10.2004
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §124a Z4 idF 1996/201;
EStG 1988 §24 Abs7;
EStG 1988 §37;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der A A in G, des W H in P, des E K in G, des K H in L, des E N in G und der A GmbH in O, alle vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 4021 Linz, Kudlichstraße 41-43, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 25. Februar 2002, GZ RV969/1-6/2001, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1996, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die sechs Beschwerdeführer und eine GmbH gründeten im Jahr 1987 eine OHG. Die Beschwerdeführer waren am Vermögen beteiligt, während die GmbH als reine Arbeitsgesellschafterin fungierte. Die Tätigkeit der OHG war die gewerbliche Vermietung. Sie erwarb Ende 1987 eine Liegenschaft, welche sie verleaste. Auf der Liegenschaft befand sich ein Gebäude, welches teilweise unter Denkmalschutz stand. Von den Anschaffungskosten, die auf das Gebäude entfielen, machte die OHG die für denkmalgeschützte Gebäude einkommensteuerlich zulässigen Sonderabschreibungen geltend.

Nach dem ursprünglichen Plan sollten die sechs Beschwerdeführer ihre Beteiligungen nach einer bestimmten Behaltedauer veräußern, wobei der Hälftesteuersatz nach § 37 EStG zur Anwendung kommen sollte. Durch das StruktAnpG 1996, BGBl 201, wurde der Hälftesteuersatz für Veräußerungsvorgänge ab dem 15. Februar 1996 auf einige Sonderfälle eingeschränkt. In Reaktion darauf veräußerte die OHG ihren Betrieb, indem sie, gestützt auf Art IV UmgrStG, den Zusammenschlussvertrag vom 12. November 1996, der als Zusammenschlussstichtag den 14. Februar 1996 festlegte, abschloss. Punkt III Absatz 3 des Zusammenschlussvertrages lautete auszugsweise:

"Es wird ausdrücklich vereinbart, dass keine Vorsorgen im Sinne des § 24 Abs. 2 Umgründungssteuergesetzes getroffen werden, dass es bei den am Zusammenschluss beteiligten Steuerpflichtigen durch den Zusammenschluss zu keiner endgültigen Verschiebung der Steuerbelastung kommt. Vielmehr ist es der Wille der Vertragsteile, dass der Teilwert der Wirtschaftsgüter anzusetzen ist. Da sohin keine Vorsorge zur Vermeidung einer endgültigen Verschiebung der Steuerbelastung getroffen ist, ist daher verpflichtend eine Gewinnrealisierung, insbesondere der stillen Reserven vorzunehmen".

Die OHG ging von einem "missglückten Zusammenschluss" und als Folge dessen von der Pflicht zur Aufdeckung der stillen Reserven aus. In ihrer Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften für das Jahr 1996 wies sie daher einen Veräußerungsgewinn iSd § 24 EStG von S 11.554.008,- aus und beantragte für diesen die Anwendung des halben Durchschnittsteuersatzes. Der Feststellungsbescheid des Finanzamtes erging erklärungsgemäß.

Im Jahr 1999 wurde bei der OHG für die Jahre 1995 bis 1997 eine Betriebsprüfung durchgeführt. Hinsichtlich des in Rede stehenden Zusammenschlusses wurde in der Niederschrift über das Prüfungsergebnis festgestellt, dass kein wirtschaftlicher Grund hierfür ersichtlich sei, er vielmehr einzig zum Zweck der Erhaltung des Hälftesteuersatzes vorgenommen worden sei. Es sei daher Missbrauch anzunehmen und der Hälftesteuersatz nicht anwendbar. Zudem ging die Betriebsprüfung davon aus, dass der Gewinn für das Jahr 1996 im Hinblick auf die zur Umsatzsteuer getroffenen Feststellungen um S 49.000,- zu kürzen sei.

Das Finanzamt erließ - nach Wiederaufnahme des Verfahrens - einen den Prüfungsfeststellungen entsprechenden Feststellungsbescheid.

Gegen diesen Feststellungsbescheid richtete sich die Berufung der OHG. Sie beantragte festzustellen, dass der Veräußerungsgewinn nach § 37 EStG idF vor dem StruktAnpG 1996 mit dem Hälftesteuersatz zu besteuern sei. Ein Missbrauch liege nicht vor, und zwar insbesondere deshalb nicht, weil es im Beschwerdefall nicht um die gänzliche Vermeidung der Steuerpflicht gehe und der Gesetzgeber mit § 44 UmgrStG nur auf derartige Gestaltungen gänzlicher Steuervermeidung abgestellt habe. Nach § 24 Abs 7 EStG sei selbst dann, wenn das UmgrStG nicht anwendbar sei, ein allfälliger Veräußerungsgewinn auf den nach dem UmgrStG maßgeblichen Stichtag zu beziehen. Dies bedeute im Beschwerdefall, dass der im Zusammenschlussvertrag festgelegte Stichtag 14. Februar 1996 für die Gewinnrealisierung maßgeblich und daher auch die an diesem Tag geltende Rechtslage beachtlich sei. Daher habe die begünstigte Besteuerung gemäß § 37 leg. cit. zu erfolgen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der Besteuerung mit dem Hälftesteuersatz stehe die Verfassungsbestimmung des mit dem StruktAnpG 1996 eingeführten § 124a Z 4 EStG entgegen, der hinsichtlich der Anwendbarkeit der mit eben diesem Gesetz vorgenommenen Neufassung des § 37 EStG auf den Zeitpunkt des Abschlusses des zu Grunde liegenden Rechtsgeschäfts abstelle. Somit sei auf den nach dem 14. Februar 1996 abgeschlossenen Zusammenschlussvertrag nicht mehr § 37 EStG idF vor dem StruktAnpG 1996 anzuwenden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das EStG 1988 sah vor dem StruktAnpG 1996 für Veräußerungsgewinne iSd § 24 EStG 1988 (Veräußerung von Betrieben oder Teilbetrieben bzw. Mitunternehmeranteilen) verschiedene Begünstigungen, darunter die Tarifbegünstigung des halben Durchschnittssteuersatzes vor. Durch das StruktAnpG 1996 wurden diese Begünstigungen eingeschränkt. Der Hälftesteuersatz ist seither nur mehr unter - im Beschwerdefall nicht gegebenen - qualifizierten Voraussetzungen erlangbar.

Die Verfassungsbestimmung des § 124a Z 4 EStG 1988 idF des StruktAnpG 1996 lautet:

"§ 24 Abs 4 und Abs 6 und § 37, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 201/1996, sind erstmalig auf Vorgänge nach dem 14. Februar 1996 anzuwenden. Liegt dem Vorgang ein Rechtsgeschäft zugrunde, so sind die vorgenannten Bestimmungen jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 201/1996 noch nicht anzuwenden, wenn das zugrunde liegende Rechtsgeschäft nachweislich vor dem 15. Februar 1996 abgeschlossen worden ist."

Aufgrund der Bestimmung des § 24 Abs 7 zweiter Satz EStG gilt ein Veräußerungsgewinn zu dem im Zusammenschlussvertrag festgelegten Zusammenschlussstichtag realisiert. Im Beschwerdefall ist daher die Gewinnrealisierung für den 14. Februar 1996 anzunehmen.

Entscheidend ist, ob für die Besteuerung des am 14. Februar 1996 bei der OHG realisierten Veräußerungsgewinnes § 37 EStG noch in der Fassung vor dem StruktAnpG 1996 oder bereits in der durch das StruktAnpG 1996 geänderten Fassung zur Anwendung kommt.

Das Inkrafttreten der Neufassung des § 37 EStG regelt ausschließlich die Verfassungsbestimmung des § 124a Z 4 EStG. Die Bestimmung normiert in ihrem zweiten Satz, dass, wenn der Veräußerung ein Rechtsgeschäft zugrunde liegt, § 37 EStG noch nicht in der durch das StruktAnpG 1996 geänderten Fassung zur Anwendung kommt, wenn das Rechtsgeschäft nachweislich vor dem 15. Februar 1996 abgeschlossen worden ist. Unstrittig betrifft der Beschwerdefall einen Vorgang, dem iSd zweiten Satzes des § 124a EStG ein Rechtsgeschäft zugrunde liegt. Es kommt somit auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Rechtsgeschäftes (Verpflichtungsgeschäft) an, also darauf, ob dieser Abschluss vor dem 15. Februar 1996 erfolgt ist oder nicht. In diesem Sinn hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 9. März 2004, G 217/03, zum Ausdruck gebracht, einzige Voraussetzung für die weitere Anwendbarkeit der alten Fassung des § 37 EStG sei ein bestimmtes Abschlussdatum des zu Grunde liegenden Rechtsgeschäftes, und zwar unabhängig davon, auf welchen Zeitpunkt die steuerliche Erfassung des Vorganges (Gewinnrealisierung) falle.

Auch die teleologische Interpretation des § 124a Z 4 EStG zwingt zu diesem Ergebnis. Durch die Stichtagsregelung dieser Inkrafttretensbestimmung sollen jene Steuerpflichtigen geschützt werden, die im Vertrauen auf die bestehende Rechtslage Rechtsgeschäfte über Veräußerungsvorgänge geschlossen haben, wobei der 15. Februar 1996 offensichtlich in etwa jener Zeitpunkt ist, an welchem das Gesetzesvorhaben einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden ist (vgl etwa die bereits im SWK-Heft vom 10. März 1996, T 23, vorgenommene Veröffentlichung des Volltextes der steuerlichen Bestimmungen des Ministerialentwurfes zum StruktAnpG 1996). Das Anliegen des Vertrauensschutzes ist gewährleistet, wenn § 124a Z 4 EStG auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages abstellt. Wäre hingegen der Zeitpunkt der Gewinnrealisierung ausschlaggebend, würden all jene Rechtsunterworfenen, die noch im Vertrauen auf die bestehende (alte) Rechtslage vor dem 15. Februar 1996 Rechtsgeschäfte geschlossen haben, deren Abwicklung für einen Zeitpunkt nach dem Stichtag vorgesehen ist, nicht geschützt sein.

Wenn die Beschwerdeführer in ihrer Äußerung zur Gegenschrift der belangten Behörde vorbringen, eine solche Auslegung lasse "Besonderheiten der Vorgänge im Zuge einer Umgründung iSd Umgründungssteuergesetzes" außer Acht, so kann der Gerichtshof dem nicht folgen. Der Zweck der Übergangsbestimmung, das Vertrauen auf die Anwendbarkeit des § 37 EStG in der Fassung vor dem StruktAnpG 1996 zu schützen, verlangt auch für Umgründungsfälle, dass dem Wortlaut des § 124a Z 4 EStG entsprechend auf den Zeitpunkt des Rechtsgeschäftes (Vertragsschlusses) abgestellt wird.

Im Beschwerdefall liegt dem Veräußerungsgewinn der Zusammenschlussvertrag vom 12. November 1996 zugrunde. Da somit das Rechtsgeschäft iSd § 124a Z 4 EStG nach dem 14. Februar 1996 abgeschlossen worden ist, verletzt der angefochtene Bescheid, der vor dem Hintergrund des § 37 EStG idF des StruktAnpG 1996 keinen Anwendungsfall für den Hälftesteuersatz gegeben erachtet, die Beschwerdeführer nicht in ihren Rechten. Für die Sechstbeschwerdeführerin, eine GmbH, ist eine Rechtsverletzung schon deshalb nicht gegeben, weil sich der Tarif, mit welchem das Einkommen bei Körperschaftsteuersubjekten besteuert wird, aus § 22 KStG ergibt und somit § 37 EStG von vornherein nicht zur Anwendung kommt.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gem. § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II 333/2003.

Wien, am 20. Oktober 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002140054.X00

Im RIS seit

24.11.2004

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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