TE Vfgh Erkenntnis 2001/3/3 B621/98

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Veröffentlicht am 03.03.2001
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Index

L3 Finanzrecht
L3400 Abgabenordnung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art5
BAO §221a
Oö LAO 1996 §164
Oö LAO 1996 §169
Oö LAO 1996 §185 f

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Abweisung eines Antrags auf Rückzahlung von Nebengebühren (Säumniszuschlag und Mahngebühr) bzw auf Zahlung von Verzugszinsen nach Aufhebung des Abgabenbescheides durch den Verwaltungsgerichtshof; keine Bedenken gegen die Regelung der Oö LAO 1996 über die endgültige Entrichtung eines Säumniszuschlags unabhängig von der sachlichen Richtigkeit der Abgabenschuldigkeit bzw gegen die keine Verzugszinsen für Steuerguthaben vorsehenden Bestimmungen des Oö LAO 1996

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten noch wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Bescheid vom 27. Juni 1991 erteilte der Magistrat der Landeshauptstadt Linz die Bauplatzbewilligung für das Grundstück Nr. 10, EZ 132 KG Waldegg. Mit Bescheid vom 29. Juli 1991 schrieb der Magistrat der Landeshauptstadt Linz dem Beschwerdeführer für dieses Grundstück gemäß §§20, 65 und 66 der Oö. Bauordnung 1976 einen Beitrag zu den Kosten der Errichtung der Fahrbahn der Wiener Straße in der Höhe von ATS 91.504,- vor. Hinsichtlich der Fälligkeit der Abgabe wurde festgelegt: "Dieser Beitrag ist ... binnen drei Monaten nach Ersichtlichmachung der Bauplatzeigenschaft im Grundbuch zur Einzahlung zu bringen". Diese grundbücherliche Ersichtlichmachung erfolgte mit Beschluss des Bezirksgerichtes Linz vom 5. September 1991.

Gegen den Bescheid vom 29. Juli 1991 erhob der Beschwerdeführer Berufung. Auf der Rückseite der Berufung ist folgender Aktenvermerk vom 4. Oktober 1991 angebracht: "Fr. Z, BauWA, wurde von der Durchführung des Mahnstopps verständigt." Der Berufung wurde mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 10. Jänner 1992 keine Folge gegeben. Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung wurde von der Oberösterreichischen Landesregierung mit Bescheid vom 14. Februar 1992 abgewiesen. Auf der Ausfertigung der Vorstellungsentscheidung im Akt der Gemeinde wurde der Aktenvermerk angebracht: "Fr. Z(BauWA) wurde fm. angewiesen, die Mahnsperre vom 4.10.91 aufzuheben."

Am 24. März 1992 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß §223 Abs1 Oö. LAO. Am 31. März 1992 stellte er einen Antrag auf Stundung der Anliegerleistung bis zur Entscheidung des Wiederaufnahmeantrages. Auf diesem Antrag ist der Aktenvermerk vom 6. April 1992 angebracht: "Fr. Z(BauWA) wurde auf Grund des vorliegenden Ansuchens fm. ersucht, eine Mahnsperre zu verhängen".

2. Am 30. März 1992 erhob der Beschwerdeführer gegen den Abgabenbescheid der Oberösterreichischen Landesregierung Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dem in der Beschwerde gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gab der VwGH mit Beschluss vom 27. Mai 1992 gemäß §30 Abs2 VwGG keine Folge.

Mit Bescheid vom 7. Juli 1992 wies der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz den Wiederaufnahmeantrag vom 24. März 1992 ab.

Bereits am 20. März 1992 hatte der Magistrat der Stadt Linz mittels automationsunterstützt erstelltem Bescheid einen Säumniszuschlag in der Höhe von ATS 3.660,- und eine "Mahngebühr" von ATS 458,- vorgeschrieben. Der Beschwerdeführer hat den Anliegerbeitrag am 25. Juni 1992 und den Säumniszuschlag und die Mahngebühr (aufgrund des Rückstandsausweises 35247 gemäß §175 Oö. LAO und des Vollstreckungsauftrages des Bürgermeisters vom 4. Februar 1993) am 17. Februar 1993 entrichtet.

Nachdem der Verwaltungsgerichtshof am 24. Mai 1996, Z92/17/0126, den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 14. Februar 1992 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben hatte, behob der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz mit Bescheid vom 26. August 1996 die Abgabenvorschreibung ersatzlos.

3. Am 23. Juli 1996 beantragte der Beschwerdeführer die Rückzahlung der Anliegerleistung in der Höhe von ATS 91.504,- samt 4% Zinsen ab 22. Juni 1992 und der Nebengebühren in der Höhe von ATS 4.118,- samt 4% Zinsen ab 4. Februar 1993.

Mit dem Spruchpunkt 1 des Bescheides vom 26. August 1997 gab der Magistrat der Landeshauptstadt Linz dem Antrag auf Rückzahlung des Beitrages zu den Kosten der Herstellung der Fahrbahn öffentlicher Verkehrsflächen in der Höhe von ATS 91.504,- Folge.

Die Landeshauptstadt Linz hatte am 26. September 1996 nur den Anliegerbeitrag in der Höhe von ATS 91.504,- an den Beschwerdeführer überwiesen.

Im Spruchpunkt 2 des Bescheides des Magistrats der Landeshauptstadt Linz vom 26. August 1997 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, soweit er sich auf die Rückforderung der mit Bescheid des Magistrats der Stadt Linz vom 20. März 1992, Nr. 1140452, vorgeschriebenen Nebengebühren in der Höhe von ATS 4.118,- (Mahngebühr von ATS 458,- und Säumniszuschlag von ATS 3.660,-) und die Zahlung von 4% Zinsen aus ATS 95.622,- ab dem 24. Juli 1996 bezieht, als unbegründet abgewiesen.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz keine Folge. Die Entrichtung eines Säumniszuschlages sei auch dann rechtmäßig, wenn der abgabenrechtliche Titelbescheid in der Folge behoben werde. Der Landesgesetzgeber habe zwar den §221a BAO durch §169 Abs1 Oö. LAO "rezipiert", die Regelung des Abs2 dieser Bestimmung (, die die Möglichkeit der Rückerstattung des Säumniszuschlages im Fall der Aufhebung des Abgabenbescheides vorsieht) allerdings nicht übernommen. Der Säumniszuschlag weise eine abgabenrechtliche Selbstständigkeit auf. Die Leistung von Verzugszinsen sei in der Oö. LAO nicht vorgesehen. Im Erk. VfSlg. 12.020/1989 habe der Verfassungsgerichtshof erkannt, dass das verfassungsrechtlich unbedenkliche Absehen des Gesetzgebers von einer Regelung für Verzugszinsen in der BAO der analogen Anwendung bürgerlich-rechtlicher Grundsätze des Bereicherungsrechts entgegenstehe.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung wurde mit dem angefochtenen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 10. Februar 1998 abgewiesen.

4. Dagegen richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der der Beschwerdeführer die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) und auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG, Art1 1. ZPEMRK) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm geltend macht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt.

Zum Begehren auf Rückvergütung der Nebengebühren (Säumniszuschlag und Mahngebühr) bringt die Beschwerde vor: Anders als §221a Abs2 BAO sehe die Oö. LAO selbst dann keine Rückzahlung des Säumniszuschlages vor, wenn der Abgabenbescheid, der diese Nebengebühr verursachte, wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben wurde. Es sei kein sachlicher Grund zu finden, dass eine Gebietskörperschaft Geld einbehalten dürfe, das zu Unrecht (wenn auch nicht notwendigerweise schuldhaft) eingehoben wurde. Außerdem sei der Säumniszuschlag von 4% in Oberösterreich einmalig und unverhältnismäßig hoch. Der Beschwerdeführer ist der Meinung, das Fehlen einer Rückzahlungsverpflichtung könne durch analoge Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften geschlossen werden. Schließlich wird die Anregung vorgebracht, ein Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich der §§167 ff Oö. LAO einzuleiten.

Zum Begehren auf Zahlung von Verzugszinsen verweist der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf das Erk. VfSlg. 8467/1978 darauf, dass er nicht Zinsen dafür fordere, dass zu hohe Vorauszahlungen getätigt oder ein Steuerguthaben nicht rechtzeitig behoben worden sei. In seinem Fall gehe es ausschließlich darum, dass rechtswidrigerweise Gelder eingetrieben worden seien und er dieses Geld erst viele Jahre später - unverzinst - wieder zurückbekommen habe.

5. Die Oberösterreichische Landesregierung und die Stadt Linz erstatteten Gegenschriften, in denen sie den Argumenten der Beschwerde entgegentreten und die Abweisung der Beschwerde begehren.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums behauptet, ist darauf zu verweisen, dass nach der hg. Rechtsprechung die Ablehnung eines Antrages auf Rückerstattung bereits gezahlter Abgabenbeträge nicht eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums darstellt, weil der Rückersatzanspruch öffentlich-rechtlicher Natur ist (vgl. zB VfSlg. 11.198/1986).

2.1. Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz durch den Umstand, dass sein Antrag auf Rückzahlung der Nebengebühren, also des Säumniszuschlages und der Mahngebühr, durch den angefochtenen Bescheid abgewiesen wurde, behauptet, ist ihm Folgendes zu entgegnen:

Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 11.682/1988) insbesondere dann vor, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht.

Die belangte Behörde hat nicht nur §185 Abs1 erster Satz und §186 Abs1 erster Satz Oberösterreichische Landesabgabenordnung 1996, LGBl. Nr. 107/1996, in der Folge Oö. LAO 1996, sondern auch §169 Abs1 leg. cit. angewendet: Sie hat sich in der Begründung ihres Bescheides, "was das Begehren auf Rückzahlung der Nebengebühren (Säumniszuschlag und Mahngebühr) betrifft, der Auffassung der gemeindlichen Abgabenbehörden" angeschlossen. Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz legte in der Begründung seines Bescheides ausführlich dar, dass der Oberösterreichische Landesgesetzgeber im §169 Abs1 keine dem §221a Abs2 BAO vergleichbare Regelung der Rückzahlung des Säumniszuschlages geschaffen habe, weshalb der Anspruch nicht auf diese Bestimmung gestützt werden könne. Daher hat auch der Verfassungsgerichtshof bei seiner Entscheidung diese Bestimmung anzuwenden.

2.2. Die Regelungen der Oö. LAO 1996 über den Säumniszuschlag lauten:

"3. Säumniszuschlag

§164

(1) Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, tritt mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein, wenn der Eintritt dieser Verpflichtung nicht gemäß Abs2 bis 5 hinausgeschoben wird oder gemäß §168 unterbleibt. Auf Nebengebühren der Abgaben (§2 Abs2 Z. 4) finden die Bestimmungen über den Säumniszuschlag keine Anwendung.

(2) Beginnt eine gesetzlich zustehende oder durch Bescheid zuerkannte Zahlungsfrist spätestens mit dem Ablauf des Fälligkeitstages oder einer sonst für die Entrichtung einer Abgabe zustehenden Frist, tritt die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages erst mit dem ungenützten Ablauf der zuletzt endenden Zahlungsfrist ein.

(3) Wird ein Bescheid, der eine sonstige Gutschrift zur Folge hatte, abgeändert oder in Verbindung mit einer gleichzeitigen Neufestsetzung der Abgabe aufgehoben und ist für die Entrichtung einer allfällig sich daraus ergebenden Abgabennachforderung eine Nachfrist gemäß §157 Abs4 zuzuerkennen, tritt hinsichtlich dieser Abgabennachforderung die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages erst mit dem ungenützten Ablauf dieser Nachfrist ein.

(4) Bei Abgaben, deren Entrichtung nach den Abgabenvorschriften in Wertzeichen vorgesehen ist, tritt die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages nur soweit ein, als die Abgabe nach ihrer Festsetzung (§151) nicht innerhalb der gemäß §157 Abs4 zweiter Satz oder Abs6 zustehenden Nachfrist entrichtet wird.

(5) In den im §175 Abs5 angeführten Fällen des Wiederauflebens einer Abgabenschuld tritt die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages erst mit dem ungenützten Ablauf der Nachfrist gemäß §157 Abs5 ein.

§165

(1) Wird ein Ansuchen um Zahlungserleichterung (§159 Abs1) spätestens eine Woche vor Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist eingebracht und wird diesem Ansuchen stattgegeben, tritt vor Ablauf des Zeitraumes, für den Zahlungserleichterungen bewilligt wurden, die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages erst dann ein, wenn infolge eines Terminverlustes (§177 Abs5) ein Rückstandsausweis (§176) ausgestellt wird. In diesem Fall ist der Säumniszuschlag von der im Zeitpunkt der Ausstellung des Rückstandsausweises bestehenden, vom Terminverlust betroffenen Abgabenschuld zu entrichten. Die Bestimmungen dieses Absatzes sind nicht anzuwenden, wenn es sich bei der Zahlungsfrist um eine Nachfrist gemäß Abs2 oder §159 handelt.

(2) Ein Rückstandsausweis gemäß Abs1 darf frühestens zwei Wochen nach Verständigung des Abgabepflichtigen vom Eintritt des Terminverlustes ausgestellt werden, wenn dieser auf andere Gründe als die Nichteinhaltung eines in der Bewilligung von Zahlungserleichterungen vorgesehenen Zahlungstermines zurückzuführen ist.

(3) Wird einem gemäß Abs1 zeitgerecht eingebrachten Ansuchen um Zahlungserleichterung nicht stattgegeben, ist für die Zahlung der Abgabe eine Nachfrist von zwei Wochen zu setzen, mit deren ungenütztem Ablauf die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages eintritt.

(4) Wird eine Zahlungserleichterung, die auf Grund eines zeitgerecht eingebrachten Ansuchens bewilligt worden ist, nachträglich widerrufen (§218), tritt die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages erst mit dem ungenützten Ablauf der im §159 vorgesehenen Nachfrist ein.

(5) Wird vor dem Ende einer für die Entrichtung einer Abgabe zustehenden Frist ein Vollstreckungsbescheid (§177 Abs8) erlassen, tritt die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages erst mit dem ungenützten Ablauf dieser Frist, spätestens jedoch zwei Wochen nach Erlassung des Vollstreckungsbescheides ein.

(6) Wird auf Grund eines vor Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes im Sinn des §159 Abs2 zweiter Satz eingebrachten Antrages die Aussetzung der Einhebung einer Abgabe (§160 Abs1) bewilligt, tritt die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages für den von der Bewilligung betroffenen Teil der Abgabe erst mit ungenütztem Ablauf der Frist des §160 Abs6 ein.

(7) Wenn einem gemäß Abs6 zeitgerecht eingebrachten Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht stattgegeben wird, tritt die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages erst ein, wenn die Abgabe nicht spätestens einen Monat nach Bekanntgabe des den Antrag erledigenden Bescheides entrichtet wird.

§166

Der Säumniszuschlag beträgt 4% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

§167

Der Säumniszuschlag wird im Zeitpunkt des Eintrittes der Verpflichtung zu seiner Entrichtung fällig.

§168

Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages entsteht nicht, wenn die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschulden zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des §158 Abs2 und 3 erst mit Ablauf der dort genannten Frist.

§169

(1) Die bereits eingetretene Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages entfällt, wenn sie

1. durch Nichteinhaltung einer im §165 Abs1 letzter Satz genannten Nachfrist eingetreten ist und der Bescheid, mit dem diese Nachfrist gesetzt wurde, abgeändert oder aufgehoben wird, oder

2. durch einen Terminverlust infolge Nichteinhaltung eines durch Bewilligung von Zahlungserleichterungen eingeräumten Zahlungstermines eingetreten ist und dieser Bewilligungsbescheid nachträglich aufgehoben oder durch eine ganz oder teilweise stattgebende Berufungsentscheidung oder auf andere Weise mit vergleichbarem Ergebnis geändert wird.

(2) Abs1 ist auf abgeschriebene Säumniszuschläge (§§181 und 182) nicht anzuwenden."

§169 leg. cit. sieht also für den Fall einer ersatzlosen Aufhebung des Abgabenbescheides weder einen Entfall noch eine Rückzahlung geleisteter Säumniszuschlagsbeträge vor.

2.3. Gegen diese Regelung

bestehen jedoch aus folgenden Gründen keine Gleichheitsbedenken:

Dem Beschwerdeführer standen,

um die Entrichtung der Abgabe hinauszuschieben, folgende Möglichkeiten zur Verfügung:

* Während des Berufungsverfahrens: der Antrag auf Aussetzung gemäß §160 Oö. LAO 1996,

* anlässlich der Erhebung der Vorstellung sowie der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof: jeweils der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sowie überdies

* Anträge auf Gewährung von Zahlungserleichterungen gemäß §159 Oö. LAO 1996.

Von diesen Möglichkeiten

machte er allerdings nicht durchgängig Gebrauch. Das bloße Zuwarten der Behörden mit der Vollstreckung, das offenbar im Einvernehmen mit dem Beschwerdeführer erfolgte und für den Verfassungsgerichtshof aufgrund der Aktenvermerke über die Anordnung eines "Mahnstopps" bzw. einer "Mahnsperre" nachvollziehbar ist, vermochte die Pflicht zur Entrichtung der Abgabe hingegen nicht zu verhindern.

Die sachliche Rechtfertigung der Pflicht zur Entrichtung eines Säumniszuschlages, die "jeden trifft, der eine Abgabe bis zum Fälligkeitstag nicht entrichtet und ein Ansuchen um Zahlungserleichterung nicht rechtzeitig eingebracht hat", liegt in dem Zweck, "die rechtzeitige Entrichtung der Abgabe zu bewirken. Gegen dieses Ziel ist nichts einzuwenden, aber auch nicht gegen die Mittel, es zu erreichen" (VfSlg. 9924/1984).

Auch dagegen, dass der Säumniszuschlag unabhängig von der sachlichen Richtigkeit der formal entstandenen Abgabenschuldigkeit jedenfalls endgültig zu entrichten ist, hatte der Verfassungsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung keine Bedenken:

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erk. VfSlg. 6915/1972 eine Auslegung der Bestimmungen der BAO über den Säumniszuschlag in dem Sinne, "daß die Pflicht zur Entrichtung des Säumniszuschlages ohne Rücksicht auf die sachliche Richtigkeit der Vorschreibung der Schenkungssteuer besteht, mithin nicht den Bestand einer sachlichen Abgabenschuldigkeit, sondern bloß den einer formellen Abgabenzahlungsschuld voraussetzt", als "ebenso denkmöglich" bezeichnet "wie die daran anknüpfende Rechtsmeinung, daß auch die nachträgliche (d.h. nach Entstehung des abgabenrechtlichen Anspruches auf Entrichtung eines Säumniszuschlages vorgenommene) Herabsetzung der vorgeschriebenen Schenkungssteuer (auf null S) die Höhe des bereits verwirkten Säumniszuschlages nicht zu beeinflussen vermag."

Die Schaffung des auf die Novelle BGBl. Nr. 151/1980 zurückgehenden §221a Abs2 BAO, der die entsprechende Herabsetzung des Säumniszuschlages auf Antrag des Abgabepflichtigen im Falle einer Abänderung oder Aufhebung eines Abgabenbescheides vorsieht, erfolgte - wie auch aus den Materialien eindeutig hervorgeht und im Gegensatz zur gleichzeitig geschaffenen Regelung des §221a Abs1 BAO - nicht zur Beseitigung einer vom Verfassungsgerichtshof festgestellten Verfassungswidrigkeit: Der Verfassungsgerichtshof hatte im Erk. VfSlg. 8678/1979 für den Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld ausdrücklich auf sein oben zitiertes Erk. VfSlg. 6915/1972 verwiesen. Nur für den - von diesem Fall ausdrücklich unterschiedenen - Fall der "Behebung einer (negativen) Entscheidung über ein Ansuchen um Zahlungserleichterung", bei dessen ursprünglich positiver Erledigung mangels Säumnis kein Säumniszuschlag hätte festgesetzt werden dürfen, hatte der Verfassungsgerichtshof im Erk. VfSlg. 8678/1979 eine Aussage getroffen. Damit hatte der Verfassungsgerichtshof lediglich den Anlass zur Schaffung des §221a Abs1 BAO, nicht jedoch des §221a Abs2 BAO gegeben.

Was schließlich die Rüge der Höhe des Säumniszuschlages (4% gemäß §166 Oö. LAO 1996) betrifft, ist festzustellen, dass §166 Oö. LAO 1996 im Verfahren betreffend die Rückforderung des Säumniszuschlages nicht anzuwenden und daher nicht präjudiziell ist.

3. Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Abweisung seines Antrages auf Zahlung von "Verzugszinsen" behauptet, ist ihm Folgendes zu entgegnen:

3.1. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Judikatur zur Verzinsung von Abgaben- oder Beitragsrückerstattungen einerseits geprüft, ob der Rechtslage eine abschließende Regelung entnommen werden konnte oder ob eine Lücke vorlag (die durch Anwendung zivilrechtlicher Grundsätze zu schließen gewesen wäre; vgl. dazu auch VfSlg. 7571/1975 mwN, 8542/1979). Andererseits hat er die Sachlichkeit solcher Regelungen danach beurteilt, ob in dem dem Erstattungsfall korrespondierenden Nachforderungsfall vom Abgabenschuldner zu entrichtende Zinsen vorgesehen waren.

Daher hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 8467/1978 (unter Verweis auf VwGH Slg. 4110 F/1970) die Regelung der BAO zu den Stundungszinsen nicht für verfassungswidrig erklärt, weil der wirtschaftliche Sachverhalt, auf dem die Regelung über Stundungszinsen beruhe, nicht vergleichbar sei mit jenem, der bei Zahlung und späterer Rückzahlung mangels Rechtsbeständigkeit der maßgebenden Abgabenvorschreibung vorliege. Mit diesem letzteren Fall sei vielmehr der Fall von Nachforderungen auf Grund zu niedriger Vorauszahlungen oder der Ersatz eines vorläufigen durch einen endgültigen Abgabenbescheid mit höherer Abgabenschuld vergleichbar (bei dem eine Verzinsung nicht vorgesehen ist). In VfSlg. 12.020/1989 wurde eine Klage gegen den Bund auf Bezahlung gesetzlicher Zinsen für ein Steuerguthaben mit dem Argument abgewiesen, eine Lücke liege angesichts der abschließenden Regelung der BAO nicht vor (dass diese abschließende Regelung verfassungsrechtlich unbedenklich sei, ergebe sich aus VfSlg. 8467/1978). Konsequenterweise hat der Verfassungsgerichtshof demgegenüber in VfSlg. 13.796/1994 zu §69 Abs1 ASVG ausgesprochen, dass nach dieser Vorschrift auch ohne ausdrückliche Regelung Vergütungszinsen mit bereicherungsrechtlichem Charakter gebühren, weil nach der korrespondierenden Vorschrift des §59 ASVG für rückständige Beiträge Verzugszinsen zu entrichten seien.

3.2. Auf dem Boden dieser Rechtsprechung ist zunächst festzuhalten, dass aus dem Schweigen der die Rückzahlung von Guthaben betreffenden §§185 f Oö. LAO 1996 - die Bestimmungen der Oö. LAO 1996 unterscheiden sich von den dem Erkenntnis VfSlg. 12.020/1989 zugrundeliegenden Bestimmungen der BAO insofern nicht wesentlich - abzuleiten ist, dass Verzugszinsen nicht gebühren und der Gesetzgeber insofern eine abschließende Regelung getroffen hat. Eine Lücke, die durch die Anwendung zivilrechtlicher Grundsätze zu schließen wäre, liegt also aufgrund der einfachgesetzlichen Rechtslage nicht vor.

3.3. Zur Beurteilung der Sachlichkeit dieser Regelung im Hinblick auf den vorliegenden Fall eines Abgabenguthabens, das durch die Aufhebung der bescheidmäßigen Vorschreibung einer Abgabe durch den Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit nach deren Entrichtung entstanden ist, ist auf den korrespondierenden Nachforderungsfall zu blicken, wie zB die Fälle einer nachträglichen Vorschreibung eines höheren als eines ursprünglich (zumindest ex post betrachtet rechtswidrig) festgesetzten - und etwa nur in dieser geringeren Höhe entrichteten - Abgabenbetrages. Dies ist außer in den in VfSlg. 8467/1968 angeführten Fällen (Nachforderungen auf Grund zu niedriger Vorauszahlungen oder der Ersatz eines vorläufigen durch einen endgültigen Abgabenbescheid mit höherer Abgabenschuld) auch auf Grund einer Berufungsentscheidung oder auf Grund der Ausübung der Befugnisse der "Abänderung, Zurücknahme und Aufhebung von Amts wegen" (vgl. §§215 ff Oö. LAO 1996) durch die (Ober)behörde denkbar. In diesen Fällen sehen die gesetzlichen Bestimmungen keine Verpflichtung des Abgabenschuldners zur Entrichtung von Zinsen für den - erst nach ursprünglicher (rechtswidriger) Vorschreibung eines geringeren Betrages feststehenden - Differenzbetrag vor.

3.4. Der Verfassungsgerichtshof hegt daher in Übereinstimmung mit seiner bisherigen Rechtsprechung gegen die Regelungen der Oö. LAO 1996, die keine Verzinsung von Steuerguthaben vorsehen, keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

4. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

Schlagworte

Finanzverfahren, Rückzahlung Finanzverfahren, Säumniszuschlag, Zinsen, Auslegung verfassungskonforme, Analogie

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:B621.1998

Dokumentnummer

JFT_09989697_98B00621_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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