RS OGH 2002/4/9 14Os8/02, 14Os30/03, 13Os153/03, 14Os76/05s (14Os77/05p), 15Os85/07z

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 09.04.2002
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Norm

ARHG §33 Abs1
MRK allg
7.ZPMRK Art2
StPO §260 Abs1 Z1
StPO §260 Abs1 Z2

Rechtssatz

Aus der Kompetenz des Strafgerichtes, bei seiner Entscheidung über die Zulässigkeit einer Auslieferung über notwendige Bedingungen für deren Bewilligung zu befinden, folgt nicht, dass jedes nach österreichischem Recht einer Auslieferung entgegenstehende Auslieferungshindernis in dessen Zuständigkeitsbereich fällt. Die Abgrenzung von gerichtlicher und verwaltungsberhördlicher Zuständigkeit ist, soweit in zwischenstaatlichen Vereinbarungen nichts anderes bestimmt ist (§ 1 ARHG), nach Maßgabe der für die Zulässigkeit der Auslieferung im ARHG geltenden Kriterien vorzunehmen (§§ 10 bis 23 und 25 Abs 1, 2 und 4 ARHG).

Da der Erste Abschnitt des II. Hauptstücks des ARHG die Frage nach dem Erfordernis einer Garantie des in Österreich im Verfassungsrang stehenden Grundrechtes nach Art 2 Abs 1 des 7.ZPMRK nicht der vom Strafgericht zu treffenden Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung (§ 33 Abs 1 ARHG) zuweist, eine planwidrige Kompetenzlücke aber mit Blick auf die ausdrückliche Nennung nur einzelner Grundrechte der MRK und ihrer Zusatzprotokolle im Umkehrschluss verneint werden muss, hatte das Oberlandesgericht die Beantwortung dieser Frage dem Bundesminister für Justiz als Organ der Verwaltung zu überlassen (Art 94 B-VG).

Ein nach § 33 ARHG gefasster Beschluss des Gerichtshofes II. Instanz erklärt die Auslieferung nur insoweit für unzulässig, als dies in Hinsicht auf konkret zu bezeichnende (vgl § 260 Abs 1 Z 1 StPO), dem Ersuchen zugrundeliegende Handlungen des Auszuliefernden aus (jeweils) einem oder mehreren, gleichermaßen bestimmt zu nennenden Gründen geschieht, vergleichbar einem Schuldspruch, bei dem jene als erwiesen angenommenen Tatsachen, deren der Angeklagte schuldig befunden worden ist, einzelnen als strafbare Handlungen bezeichneten rechtlichen Kategorien zugeordnet werden, ohne welchen Ausspruch (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) kein Schuldspruch ergeht. Soweit daher der Gerichtshof II. Instanz Handlungen oder Auslieferungshindernisse in seinem nach § 33 Abs 1 ARHG gefassten Beschluss nicht bedenkt, hat er die Auslieferung folgerichtig nicht für unzulässig erklärt.

Entscheidungstexte

  • 14 Os 8/02
    Entscheidungstext OGH 09.04.2002 14 Os 8/02
  • 14 Os 30/03
    Entscheidungstext OGH 09.09.2003 14 Os 30/03
    Vgl auch; Beisatz: Vgl aber Erkenntnis des VfGH vom 12.12.2002, G 151, 152/02. (T1)
  • 13 Os 153/03
    Entscheidungstext OGH 18.02.2004 13 Os 153/03
    Vgl; Beisatz: Schuldig gesprochen wird der Angeklagte stets nur, diejenigen strafbaren Handlungen (rechtlichen Kategorien) - durch eine oder mehrere Handlungen - begründet zu haben, die das Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) nennt. Gegenstand des bei der Rechts- und Subsumtionsrüge anzustellenden Vergleichs mit dem festgestellten Sachverhalt ist allein der Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 2 StPO, "welche strafbare Handlung durch die als erwiesen angenommenen Tatsachen, deren der Angeklagte schuldig befunden worden ist, begründet wird". (T2)
  • 14 Os 76/05s
    Entscheidungstext OGH 29.07.2005 14 Os 76/05s
    Vgl
  • 15 Os 85/07z
    Entscheidungstext OGH 06.09.2007 15 Os 85/07z
    Auch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:RS0116269

Dokumentnummer

JJR_20020409_OGH0002_0140OS00008_0200000_003
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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