TE Vwgh Erkenntnis 2004/11/17 2004/12/0097

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Veröffentlicht am 17.11.2004
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Index

L26009 Lehrer/innen Wien;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
64/03 Landeslehrer;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

BDG 1979 §14;
LDG 1984 §106 Abs1 Z2 idF 2001/I/047;
LDG 1984 §106 Abs1 Z2 idF 2001/I047;
LDG 1984 §106 Abs1 Z2 idF 2002/I/047;
LDG 1984 §106 Abs2 Z5;
LDG 1984 §12 Abs1 idF 1996/201;
LDHG Wr 1978 §2 Abs2 Z4 idF 1985/037;
PG 1965 §106 Abs1 Z2 idF 2001/I/047;
PG 1965 §62c Abs1 idF 1996/201 impl;
PG 1965 §96 Abs2 idF 2002/I/119;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 11. Juni 2004, Zl. MA 1-432/2003 und 433/2003, betreffend Ruhegenussbemessung und Bemessung der Nebengebührenzulage, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahre 1952 geborene Beschwerdeführer steht seit seiner Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des 31. März 2003 als Hauptschuloberlehrer in Ruhe in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Land Wien.

Seine letzte Dienststelle war die öffentliche Hauptschule ... in Wien.

Soweit den vorgelegten Verwaltungsakten zu entnehmen ist, veranlasste der Stadtschulrat für Wien (im Folgenden: Dienstbehörde erster Instanz) im April 2000 eine amtsärztliche Untersuchung des Beschwerdeführers, weil sich dieser seit 3. Februar d.J. "im Krankenstand" befinde. Das Gutachten der Magistratsabteilung 15 - Gesundheitswesen vom 30. Mai 2000 gelangte zu folgender "Zusammenfassung und Stellungnahme":

"Der Beschwerdeführer ist seit 3.2.2000 wegen eines Burnout-Syndroms im Krankenstand. Derzeit erfolgt keine entsprechende fachärztliche, medikamentöse Therapie. Die Aufnahme einer solchen Behandlung wurde dem Beschwerdeführer dringend empfohlen.

Zurzeit ist der Beschwerdeführer nicht einsetzbar. Nach Aufnahme der empfohlenen eingeleiteten Behandlung ist die Wiedererlangung der vollen Einsetzbarkeit wahrscheinlich.

Eine Wiedervorstellung Anfang September 2000 wird vorgeschlagen, falls zu Beginn des Schuljahres 2000/2001 kein Dienstantritt erfolgt ist."

Hierauf veranlasste die Dienstbehörde erster Instanz mit Erledigung vom 4. September 2000 eine weitere amtsärztliche Untersuchung des Beschwerdeführers im Hinblick auf folgende Fragen:

-

"Ist die Dienstverhinderung gerechtfertigt?

-

Sollte sich die Dienstverhinderung als ungerechtfertigt erweisen ...

-

Liegt aufgrund des Gesundheitszustandes des/r Lehrers/in derzeit völlige Dienstunfähigkeit vor, allenfalls auch wegen der Notwendigkeit der Vermeidung besonderer mit dem Lehrberuf verbundener, wenn auch nur fallweise auftretender Belastungen?

-

Ist die Wiedererlangung der vollen Dienstfähigkeit in einem absehbaren Zeitraum wahrscheinlich, wenn ja, ab wann?"

Das Gutachten der obgenannten Stelle vom 6. November 2000 gelangte zu folgender "Zusammenfassung und Stellungnahme":

"Die hieramtliche Begutachtung erfolgt zur Beurteilung der weiteren Einsetzbarkeit.

Der weitere Krankenstand wird vom Beschwerdeführer mit Antriebslosigkeit und Minderbelastbarkeit begründet.

In der Anamnese ist ein deutlicher Zusammenhang mit der derzeitigen beruflichen Tätigkeit zu finden. Einer medikamentösen Therapie steht der Beschwerdeführer ambivalent gegenüber. Aus psychiatrischer Sicht wäre jedoch eine Besserung durch psychologische und psychiatrische Behandlung möglich. Eine Einsetzbarkeit in seinem derzeitigen Tätigkeitsbereich ist aus psychiatrischer Sicht nicht gegeben. Eine Nachuntersuchung wird im Jänner 2001 vorgeschlagen."

Hierauf lud die Dienstbehörde erster Instanz den Beschwerdeführer am 27. November d.J. vor. Laut der darüber aufgenommenen Niederschrift erhielt der Beschwerdeführer nach Vorhalt des Gutachtens vom 6. November d.J. "die Weisung, eine zusätzliche Therapie (Gesprächstherapie, ....) zu beginnen und einen entsprechenden Nachweis bis 22.12.2000 vorzulegen". Im Jänner 2000 werde sodann eine neuerliche amtsärztliche Untersuchung veranlasst werden.

Das Anfang Jänner 2001 von der Dienstbehörde erster Instanz unter Bezugnahme auf das Gutachten vom 6. November 2000 eingeholte amtsärztliche Gutachten vom 7. Februar 2001 gelangte zur Diagnose "depressive Reaktion auf anhaltende Belastungssituation". Begründend führte hiezu das Gutachten unter anderem aus, seit der letzten amtlichen Begutachtung habe sich der Zustand wesentlich gebessert. Der Beschwerdeführer sei derzeit in nervenärztlicher Behandlung, nehme Medikamente und führe eine Gesprächstherapie durch. Der psychopathologische Status sei bei der nervenärztlichen Untersuchung bereits weitgehend unauffällig gewesen. Eine weitere Stabilisierung sei zur Erreichung der vollen psychischen Belastbarkeit noch erforderlich. Nach näherer Schilderung der für den Beschwerdeführer ab 26. Februar d.J. möglichen Tätigkeiten führte das Gutachten abschließend aus, eine Besserung seines Gesundheitszustandes sei möglich. Er sei von seiner Einsetzbarkeit nicht in Kenntnis gesetzt worden.

Hierauf lud die Dienstbehörde erster Instanz den Beschwerdeführer am 1. März 2001 vor. Die damals aufgenommene, vom Beschwerdeführer unterfertigte Niederschrift lautet:

"Mir wird der Inhalt des aä. Gutachtens vom 7.2.2001 zur Kenntnis gebracht, in dem meine eingeschränkte Dienstfähigkeit festgestellt wird. Ich werde daher am 5.3.2001 meinen Dienst wieder antreten, im Rahmen der Supplierreserve."

Mit Telefax vom 5. März 2001 teilte die öffentliche Hauptschule 01 in 1140 Wien mit, der Beschwerdeführer hätte an diesem Tag um 10.55 Uhr nach langem Krankenstand seinen Dienst antreten sollen. Er sei um 10.35 Uhr in der Kanzlei des Schulleiters erschienen. Den Tränen nahe habe er gemeint, dass er es nicht aushalten würde, Kinder zu sehen, sich vor den in Kürze in der Pause lärmenden Kindern fürchten würde, weil er diese nicht ertrage, der Anblick der Lehrkräfte ihn belasten würde und er am Ende wäre. Auf die Frage, ob dies ein Spezifikum dieser Schule wäre, habe der Beschwerdeführer gemeint, dass dies nichts mit diesem Haus zu tun hätte, es wäre "überall dasselbe". Der Beschwerdeführer habe geweint, es ginge nicht mehr weiter, wer unter Beton begraben wäre, für den gäbe es kein Weiter mehr, dies hätte mit Schule und Schulkindern allgemein zu tun. Der Leiter der Schule habe darauf den Beschwerdeführer hingewiesen, unverzüglich einen Arzt zu konsultieren und umgehend eine "Krankmeldung" zu übermitteln. Der Beschwerdeführer habe noch ersucht, vor Pausenbeginn die Schule verlassen zu dürfen, was er schließlich "vor seinem eigentlichen Dienstbeginn" getan habe.

Hierauf veranlasste die Dienstbehörde erster Instanz mit Erledigung vom 6. März 2001 eine weitere amtsärztliche Untersuchung des Beschwerdeführers zur Beantwortung der Fragen, ob die Dienstverhinderung gerechtfertigt sei, derzeit eine völlige Dienstunfähigkeit vorliege und die Wiederlangung der vollen Dienstfähigkeit in absehbarer Zeit wahrscheinlich sei. Das amtsärztliche Gutachten vom 18. April d.J. gelangte schließlich zu folgender Schlussfolgerung:

"Diagnose (in deutscher Sprache):

Der Beschwerdeführer leidet an einem Burnout-syndrom, welches seit der letzten hieramtlichen Begutachtung an Intensität zugenommen hat. Der Klient ist bei der hieramtlichen Begutachtung hochgradig erregt, logorrhoisch und schwer zu stoppen. Seine Gedanken kreisen dauernd um die Problematik seiner Dienststelle und seines Berufes.

Der Beschwerdeführer wurde hieramtlich fachärztlich begutachtet. Aus fachärztlicher Sicht ist der Klient derzeit lediglich für Tätigkeiten unter geringem Zeitdruck und bei geringer psychischer Anforderung einsetzbar. Eine Besserung des vorliegenden Zustandsbildes und damit die Wiedererlangung der vollen Einsetzbarkeit in absehbarer Zeit ist unwahrscheinlich."

Mit Erledigung vom 27. April 2001 teilte die Dienstbehörde erster Instanz dem Beschwerdeführer mit, auf Grund des amtsärztlichen Gutachtens vom 18. April 2001 - nach welchem er als Lehrer dauernd dienstunfähig sei - zu beabsichtigen, ihn mit Ende Juni 2001 in den Ruhestand zu versetzen. Sie lud ihn ein, binnen zwei Wochen selbst schriftlich um seine Ruhestandsversetzung anzusuchen oder eine Stellungnahme abzugeben. Eine Reaktion des Beschwerdeführers erfolgte nicht.

Mit Beschluss vom 21. Juni 2001 erstattete das Kollegium des Stadtschulrates der belangten Behörde den Vorschlag, den Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs. 1 LDG 1984 in den Ruhestand zu versetzen. Dem mit Schreiben des Stadtschulrates vom 7. August 2001 der belangten Behörde übermittelten Beschluss war als Begründung eine Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens angeschlossen.

In der Folge übermittelte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das amtsärztliche Gutachten vom 18. April 2001 zur Stellungnahme. Mit Erledigung vom 28. November 2001 übermittelte sie ihm mangels Stellungnahme neuerlich dieses Gutachten und räumte ihm ein, binnen einer bestimmten Frist hiezu Stellung zu nehmen oder selbst seine Versetzung in den Ruhestand zu beantragen.

Mangels jeglicher weiterer Reaktion wiederholte die belangte Behörde diesen Vorhalt mit Erledigung vom 20. Dezember 2002, worauf der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 26. Jänner 2003 schließlich "krankheitshalber um die Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand (31.3.2003)" ersuchte.

Mit Bescheid vom 20. Februar 2003 versetzte schließlich die Dienstbehörde erster Instanz den Beschwerdeführer auf Grund seines Antrages mit Ablauf des 31. März d.J. gemäß § 12 Abs. 1 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984 - LDG 1984 in den Ruhestand. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit Bescheid vom 11. Juni 2003 stellte die Dienstbehörde erster Instanz gemäß § 58 und 61 Abs. 1, 2 und 3 iVm § 69 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340 "in der derzeit geltenden Fassung" fest, dass dem Beschwerdeführer ab 1. April 2003 eine monatliche Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss in der Höhe von brutto EUR 276,20 gebühre. Begründend führte dieser Bescheid nach Wiedergabe der im Spruch genannten gesetzlichen Grundlagen aus, liege dem Ruhegenuss eine gemäß § 4 Abs. 3 PG 1965 gekürzte Ruhegenussbemessungsgrundlage zu Grunde, so sei die Nebengebührenzulage in jenem Ausmaß zu kürzen, das dem Verhältnis der gekürzten zur vollen Ruhegenussbemessungsgrundlage entspreche.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung: Da er noch keinen Bescheid über die Kürzung seiner Ruhegenussbemessungsgrundlage erhalten habe, nehme er die Kürzung der Nebengebührenwerte nicht als rechtens hin.

Mit Bescheid vom 17. Juli 2003 sprach die Dienstbehörde erster Instanz folgendermaßen ab:

a) Es wird festgestellt, dass Ihnen gemäß §§ 3 bis 7, 88, 91 und 96 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, in der derzeit geltenden Fassung, ab 1. April 2003 ein Ruhegenuss in der Höhe von monatlich brutto 1.865,11 EUR gebührt.

b) Gemäß § 9 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, wird Ihnen zu Ihrer ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit ein Zeitraum von 2 Jahren, 11 Monaten und 27 Tagen zugerechnet.

c) Gemäß §§ 92 bis 94 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, in der derzeit geltenden Fassung, gebührt kein Erhöhungsbetrag des Ruhegenusses."

Wie der Begründung zu Spruchabschnitt a) dieses Bescheides zu entnehmen ist, ging die Behörde bei der Bemessung des Ruhegenusses von einer Ruhegenussbemessungsgrundlage von 80 v.H. abzüglich einer Kürzung für 130 Monate zu je 0,2167 v.H., sohin insgesamt 28,171 v.H., und in Anbetracht einer hierdurch auf 51,83 v.H. verringerten Ruhegenussbemessungsgrundlage von einer solchen von mindestens in der Höhe von 62 v.H. aus. Nach Zurechnung von 2 Jahren 11 Monaten und 27 Tagen laut Spruchabschnitt b) und somit unter Zugrundelegung einer ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit von 35 Jahren ging die Behörde bei der weiteren Bemessung des Ruhegenusses von 100 v.H. der (gekürzten) Ruhegenussbemessungsgrundlage aus.

Abschließend begründete die Behörde den Spruchabschnitt c) des Bescheides.

Auch gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung: Die Kürzung der "Ruhebemessungsgrundlage" widerspreche dem Vertrauens- und Gleichheitsgrundsatz. Der Beginn des Krankheitsbildes sei im Jahr 1989 gelegen gewesen - eine Absicherung wegen Berufsunfähigkeit sei "bei 80 % des Letztbezuges nicht notwendig" erschienen. Bei Bekanntwerden der Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage für Beamte und Lehrer sei die Diskretions- und Dispositionsfähigkeit des Beschwerdeführers (nicht zuletzt auf Grund seiner 30-jährigen Tätigkeit im Schulversuch "Ganztagsschule - Neue Mittelschule") eingeschränkt und den Ärzten in vollem Ausmaß bekannt gewesen, sodass die Versicherungen dem Beschwerdeführer in Bezug auf sein Krankheitsbild keine finanzielle Absicherung ermöglicht hätten. Die belangte Behörde möge daher die Kürzung der Ruhebemessungsgrundlage ersatzlos aufheben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde beide Berufungen als unbegründet ab und bestätigte den Bescheid vom 11. Juni 2003 mit der Maßgabe, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 106 Abs. 1 Z. 2 LDG 1984 in der Fassung BGBl. I Nr. 7/2003 in Verbindung mit §§ 58, 61 und 69 PG 1965 in der Fassung BGBl. I Nr. 11/2003 ab 1. April 2003 zum Ruhegenuss eine Nebengebührenzulage in der Höhe von monatlich EUR 276,15 gebühre (Spruchabschnitt I.), sowie den Bescheid vom 17. Juli 2003 mit der Maßgabe, dass der Ausdruck "in der derzeit geltenden Fassung" jeweils durch den Ausdruck "in der Fassung BGBl. I Nr. 11/2003" ersetzt wird.

Nach Darstellung des Verfahrensganges und Wiedergabe der gesetzlichen Grundlagen führte die belangte Behörde - soweit für das Beschwerdeverfahren von Relevanz - fallbezogen aus, zur Ansicht des Beschwerdeführers, eine Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage hätte deshalb nicht zu erfolgen, weil er seit dem Jahr 1995 über eine mangelnde Diskretions- und Dispositionsfähigkeit verfügte und keine finanzielle Vorsorge hätte treffen können, sei zu bemerken, dass die Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage nach § 5 Abs. 2 PG 1965 zu erfolgen habe. Diese Bestimmung sei unabhängig von der Dispositions- und Diskretionsfähigkeit der Normadressaten anzuwenden. Dem Vorbringen, das Ruhestandsversetzungs-Verfahren hätte wegen seiner Dienst- bzw. Erwerbsunfähigkeit bereits vor dem 1. Oktober 2000 eingeleitet werden müssen, weshalb die damals geltende Rechtslage, die keine Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage für den Fall vorgesehen habe, dass der Beamte zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung dauernd erwerbsunfähig gewesen sei, auf ihn anzuwenden wäre, sei zu erwidern, dass die Übergangsbestimmung des § 96 Abs. 2 PG 1965 die Anwendung des § 4 Abs. 4 Z. 3 leg. cit. in der am 30. September 2000 geltenden Fassung nur für Beamte vorsehe, die entweder vor dem 1. Oktober 2000 Anspruch auf eine monatlich wiederkehrende Leistung nach diesem Bundesgesetz hätten oder deren Versetzung in den Ruhestand gemäß § 14 BDG 1979 vor dem 1. Oktober 2000 eingeleitet worden sei. Auf den Beschwerdeführer treffe jedoch keine der beiden Voraussetzungen zu. Er habe weder Anspruch auf eine wiederkehrende Leistung (sprich Ruhegenuss) nach dem Pensionsgesetz 1965 gehabt, weil ein Anspruch erst nach rechtskräftiger Versetzung in den Ruhestand bestehe, noch sei sein Ruhestandversetzungsverfahren vor dem 1. Oktober 2000 eingeleitet worden (ein solches sei erst eingeleitet worden, nachdem im amtsärztlichen Gutachten vom 8. April 2001 festgestellt worden sei, dass eine Wiedererlangung der Dienstfähigkeit unwahrscheinlich wäre), weshalb für die Anwendung des § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965 in der am 30. September 2000 geltenden Fassung keine Rechtsgrundlage bestehe.

Zu seinem weiteren Vorbringen, dass die Einführung von Kürzungsbestimmungen bzw. die Anwendung solcher Bestimmungen dem Gleichheits- und Vertrauensgrundsatz widersprechen würden, sei zu bemerken, dass die belangte Behörde in Vollziehung der Gesetze an den eindeutigen Wortlaut der geltenden Rechtsvorschriften (in diesem Zusammenhang: LDG 1984 und PG 1965) gebunden sei. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 2. Oktober 1998, VfSlg. 15.269, die Verfassungsmäßigkeit der Vorgängerbestimmung des § 5 Abs. 2 PG 1965 (§ 4 Abs. 3 bis 5 PG 1965 sowohl in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, als auch in jener des 1. Budgetbegleitgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 138) - welche ebenfalls Kürzungsregelungen hinsichtlich der Bemessungsgrundlage für den Ruhegenuss im Fall der Frühpensionierung eines Beamten enthalte - insbesondere in Bezug auf den Gleichheitssatz bejaht habe.

Weiters begründete die belangte Behörde die betragsmäßige Ermittlung des Ruhegenusses und der Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem "Recht auf Ruhebezug nach den Bestimmungen des PG 1965 (insbesondere §§ 3 ff. und 96 Abs. 2) in der gemäß nachfolgenden Ausführungen anzuwendenden Fassung durch unrichtige Anwendung dieses Gesetzes (insbesondere seines § 96 Abs. 2)" verletzt.

Vorweg sei - so die Beschwerde - bemerkt, dass diese "auch im Hinblick auf § 2 Abs. 2 AHG" erhoben werde. Für die Dienstbehörde hätte sich auf Grund dreier Grundlagen, nämlich auf Grund des Attestes vom 12. Dezember 1995, auf Grund der laufenden langen "Krankenstände" und auf Grund des weiteren Attestes vom 2. Mai 2000 zumindest akut die Frage der Dienstunfähigkeit gestellt. Die belangte Behörde behaupte zwar, das Pensionierungsverfahren sei erst ausgehend von einem amtsärztlichen Gutachten vom 8. April 2001 eingeleitet worden, sie gebe jedoch nicht einmal das genaue Datum dafür an geschweige denn nachvollziehbare Feststellungen über eine allenfalls schon früher erfolgte Verfahrenseinleitung. Der Beschwerdeführer gehe davon aus, dass ein Überprüfungsauftrag (betreffend die Frage der dauernden Dienstunfähigkeit) tatsächlich ergangen sei. Die belangte Behörde habe lediglich nicht richtig erkannt, dass bereits das eine Verfahrenseinleitung bewirkt habe.

Hinzu komme die psychische Beeinträchtigung des Beschwerdeführers, die der Behörde an sich bekannt gewesen sei. Sie wäre verpflichtet gewesen, den Beschwerdeführer besonders anzuleiten, in Richtung auf seine Ruhestandsversetzung tätig zu werden. Abgesehen von dem damit zusammenhängenden amtshaftungsrechtlichen Aspekt sehe der Beschwerdeführer eine rechtliche Relevanz auch dahingehend, dass im Sinne eines Schutzes eines Dienstnehmers in einer solchen (psychischen) Situation unter Berücksichtigung der gegenseitigen Loyalitätsverpflichtung die Unterlassung einer ausdrücklichen Erklärung durch den Dienstgeber im Zweifel zu Gunsten des Dienstnehmers dahingehend zu werten sei, dass dieser von einem selbständigen weiteren Handeln des Dienstgebers ausgehen könne. Das bedeute für den vorliegenden Fall, dass allein schon durch die Vorlage des Attestes vom 12. Dezember 1995 und nochmals des Attestes vom 2. Mai 2000 bereits im Dezember 1995 oder spätestens im Mai 2000 von einer Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens auszugehen sei. Damit sei aber die Abschlagsregelung "des früheren § 4 Abs. 3 PG 1965" nicht anzuwenden gewesen, weil der Beschwerdeführer im Zeitpunkt seiner Ruhestandsversetzung nicht nur dienstunfähig, sondern auch erwerbsunfähig gewesen sei. Es müsse von einer Verfahrenseinleitung (betreffend die Ruhestandsversetzung) vor dem 1. Oktober 2000 und deshalb von einer Anwendung des § 4 Abs. 4 Z. 3, Abs. 7 PG 1965 in der ab 1. Jänner 1998 geltenden Fassung ausgegangen werden, sodass im Hinblick auf die Erwerbsunfähigkeit eine Kürzung des Ruhebezuges - dies gelte sowohl für den Ruhegenuss als auch für die Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss - nicht hätte stattfinden dürfen.

Das Wiener Landslehrer-Diensthoheitsgesetz 1978 - LDHG 1978, LGBl. (für Wien) Nr. 4/1979, sein Kurztitel in der Fassung der 3. Novelle zum LDHG 1978, LGBl. Nr. 35/2002, § 2 Abs. 1 und 2 in der Fassung der 1. Novelle zum LDHG 1978, LGBl. Nr. 37/1985, lautet, soweit für den Beschwerdefall von Relevanz:

"ABSCHNITT I

Allgemeine Bestimmungen

§ 1. (1) Die Ausübung der Diensthoheit des Landes Wien über die Landeslehrer obliegt der Landesregierung.

(2) Die Durchführung der in den folgenden Bestimmungen nicht anderen Behörden vorbehaltenen Maßnahmen zur Ausübung der Diensthoheit wird dem Stadtschulrat für Wien übertragen.

...

§ 2. (1) Der Landesregierung obliegt auf Vorschlag des Kollegiums des Stadtschulrates für Wien

1. die Erstellung des Dienstpostenplanes gemäß Art. IV Abs. 2 des Bundesverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 215/1962,

2. die Erlassung von Verordnungen über die Erklärung und Aufhebung der Schulfestigkeit gemäß § 24 Abs. 5 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes, BGBl. Nr. 302/1984.

(2) Die Landesregierung entscheidet in folgenden Angelegenheiten auf Vorschlag des Kollegiums des Stadtschulrates für Wien:

...

4. Versetzungen in den Ruhestand von Amts wegen,

...

(3) Die Landesregierung entscheidet

1.

über Berufungen gegen Bescheide des Stadtschulrates für Wien,

2.

über den Ausspruch der Nichtbewährung gemäß § 26a Abs. 3 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes."

Nach § 1 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 302 - LDG 1984, ist dieses Bundesgesetz auf die im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zu den Ländern stehenden Lehrer (Landeslehrer) u.a. für Hauptschulen sowie auf die Personen, die einen Anspruch auf Ruhe-(Versorgungs-)Bezug aus einem solchen Dienstverhältnis haben (Art. 14 Abs. 2 B-VG), anzuwenden.

Gemäß § 106 Abs. 1 Z. 2 LDG 1984 in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 47/2001, gelten für das Besoldungs- und Pensionsrecht der Landeslehrer unter Bedachtnahme auf Abs. 2 das Pensionsgesetz 1965, BGBl. Nr. 340, soweit nicht in diesem Bundesgesetz anderes bestimmt wird.

Nach Abs. 2 Z. 5 leg. cit. sind die nach Abs. 1 für Landeslehrer und ihre Hinterbliebenen für anwendbar erklärten Vorschriften in ihrer jeweils geltenden Fassung (einschließlich der in den Novellen zu diesen Vorschriften sonst enthaltenen Bestimmungen, soweit sich diese auf die in Abs. 1 genannten Rechtsbereiche beziehen) mit der Maßgabe anzuwenden, dass, sofern diese Vorschriften auf andere dienstrechtliche Bestimmungen verweisen, deren Inhalt für Landeslehrer in diesem Bundesgesetz geregelt wird, die entsprechenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes treten.

Die im Beschwerdefall relevante Übergangsbestimmung des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340 - eingefügt als § 62j durch das Pensionsreformgesetz 2001, BGBl. I Nr. 86, in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2001, BGBl. I Nr. 87, die Paragraphenbezeichnung in der Fassung des Deregulierungsgesetzes - Öffentlicher Dienst 2002, BGBl. I Nr. 119/2002 - lautet auszugsweise:

"Übergangsbestimmungen zur Novelle BGBl. I Nr. 86/2001

§ 96. (1) Der Kürzungsprozentsatz beträgt abweichend von § 4 Abs. 3 in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2002 geltenden Fassung und von § 5 Abs. 2 in der ab 1. Jänner 2003 geltenden Fassung für Ruhegenüsse ...

(2) Auf Personen, die vor dem 1. Oktober 2000 Anspruch auf eine monatlich wiederkehrende Leistung nach diesem Bundesgesetz

haben, sind ... Auf Beamte, deren Versetzung in den Ruhestand

gemäß § 14 BDG 1979 vor dem 1. Oktober 2000 eingeleitet worden ist, ist § 4 Abs. 4 Z. 3, Abs. 7 und Abs. 8 in der am 30. September 2000 geltenden Fassung weiter anzuwenden. ..."

Dem § 14 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 820/1995, (Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit) entspricht inhaltlich § 12 LDG 1984, sodass nach dessen § 106 Abs. 2 Z. 5 ein Anwendungsbereich des LDG 1984 diese Bestimmung anstelle dessen § 96 PG 1965 genannte § 14 BDG 1979 tritt.

Nach § 12 Abs. 1 LDG 1984 in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, ist der Landeslehrer von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist.

Im vorliegenden Fall ist im Hinblick auf die Übergangsbestimmung des § 96 Abs. 2 PG 1965 die Frage zu beantworten, ob das Verfahren zur Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand bereits vor dem 1. Oktober 2000 eingeleitet worden war. Der Beschwerdeführer legt die Relevanz einer Einleitung seiner Versetzung in den Ruhestand vor diesem Datum darin dar, dass im Hinblick auf seine dauernde Erwerbsunfähigkeit im Zeitpunkt der Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung nach § 4 Abs. 4 Z. 3 des Pensionsgesetzes 1965 in der Fassung des Art. 4 Z. 1 des 1. Budgetbegleitgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 138, maßgeblich für die Zeit vom 1. September 1998 bis zum 31. Dezember 2002, keine Kürzung seiner Ruhegenussbemessungsgrundlage stattzufinden hätte.

§ 96 Abs. 2 zweiter Satz PG 1965 stellt darauf ab, dass die Versetzung in den Ruhestand (gemäß § 14 BDG 1979 bzw. nach § 12 Abs. 1 LDG 1984) vor dem 1. Oktober 2000 eingeleitet worden ist, d. h. dass ein vor dem genannten Stichtag eingeleitetes Ruhestandsversetzungsverfahren in die Ruhestandsversetzung des Beamten mündet und nicht vorher - ohne dieses Ergebnis - beendet wird.

Der Beschwerdeführer behauptet nicht, vor diesem Zeitpunkt einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit gestellt zu haben. Er geht in seiner Beschwerde primär davon aus, dass ein Verfahren auf Versetzung in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit von der Behörde von Amts wegen durch Erteilung eines "Überprüfungsauftrages" eingeleitet worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung (zu

§ 62c Abs. 1 PG 1965, eingefügt durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201, nunmehr

§ 89 PG 1965) zum Ausdruck gebracht, dass die amtswegige Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens jedenfalls einen entsprechenden Willensakt der Behörde voraussetzt, der der zuständigen Dienstbehörde zuzurechnen sein muss. Für das Vorliegen eines solchen Willensaktes ist maßgeblich, ob die zuständige Aktivdienstbehörde eine Amtshandlung gesetzt hat, die - objektiv betrachtet - darauf abzielte, den Sachverhalt der dauernden Dienstunfähigkeit des Beamten zu klären (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2003, Zl. 99/12/0236, mwN). Diese Grundsätze sind auf die im vorliegenden Fall zu beantwortende Frage, ob vor dem 1. Oktober 2000 ein Ruhestandsversetzungsverfahren - von Amts wegen - eingeleitet wurde, zu übertragen.

Wie sich aus § 2 Abs. 2 Z. 4 LDHG 1978 ergibt, ist die (Wiener) Landesregierung für die amtswegige Versetzung eines Landeslehrers in den Ruhestand zuständig.

Dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt ist zu entnehmen, dass vor dem 1. Oktober 2000 nur der Stadtschulrat für Wien - von Amts wegen - amtsärztliche Untersuchungen des Beschwerdeführers auch im Hinblick auf die Frage einer dauernden Dienstunfähigkeit veranlasst hatte. Jeder Hinweis darauf, dass der Stadtschulrat im Auftrag der belangten Behörde handelte, fehlt, sodass seine vor dem 1. Oktober 2000 entfalteten Aktivitäten nicht der belangten Behörde als der für die amtswegige Ruhestandsversetzung zuständige Dienstbehörde zuzurechnen sind. Die für die amtswegige Versetzung in den Ruhestand zuständige Landesregierung hat jedoch vor dem 1. Oktober 2000 keinen auf die Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens gerichteten Willensakt gesetzt.

Soweit der Beschwerdeführer subsidiär davon ausgeht, die Dienstbehörde wäre verpflichtet gewesen, ihn dahingehend anzuleiten, "in Richtung auf seine Ruhestandsversetzung" tätig zu werden, und in einer Verletzung dieser Pflicht die besagte Übergangsbestimmung erfüllt sieht, haben dahingehende Überlegungen deshalb dahingestellt zu bleiben, weil die in Rede stehende Übergangsbestimmung nur von der Anhängigkeit eines Verfahrens - das schließlich zur Versetzung in den Ruhestand führt - am 1. Oktober 2000 spricht, nicht jedoch von einer allfälligen Verletzung einer Verpflichtung, den Beamten - vor diesem Stichtag - anzuleiten, in Richtung auf seine Ruhestandsversetzung tätig zu werden.

Die belangte Behörde sah deshalb zu Recht die Voraussetzung nach § 96 Abs. 2 PG 1965 - die Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens vor dem 1. Oktober 2000 - als nicht gegeben an.

Nach dem Gesagten war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 17. November 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004120097.X00

Im RIS seit

24.12.2004

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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