TE Vwgh Erkenntnis 2004/11/23 2000/15/0147

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Veröffentlicht am 23.11.2004
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

AbgEO §12 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des Dr. Helmut Fetz, Rechtsanwalt in 8700 Leoben, Hauptplatz 11, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des H in L, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 29. November 1999, GZ 7 - 487 - 14/99 - 1, betreffend die Zurückweisung eines Antrages auf Aufhebung eines Rückstandsausweises und dessen Vollstreckbarkeitsklausel, eines Rückzahlungsantrages und von Einwendungen gegen den Abgabenanspruch im Zusammenhang mit einer kommunalen Lustbarkeitsabgabe (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde L, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 sowie der Stadtgemeinde L als mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Horst L betrieb ab August 1997 im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Stadtgemeinde ein Kinocenter. Der Beschwerdeführer ist Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Horst L, der mit Beschluss des Landesgerichtes L vom 4. Juli 2000 eröffnet wurde.

Mit Bescheid vom 2. Februar 1998 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde dem Horst L für den Zeitraum 1. Jänner bis 18. Jänner 1998 Lustbarkeitsabgabe samt Verspätungs- und Säumniszuschlag in Höhe von insgesamt rund S 22.000 vor.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 9. März 1998 wurde dieser Betrag mit insgesamt rund S 30.000 festgesetzt und festgestellt, dass davon der vorgeschriebene Betrag von rund S 22.000 bereits entrichtet worden sei.

In der Folge langten bei der mitbeteiligten Stadtgemeinde Abgabenerklärungen des Horst L betreffend den Zeitraum 13. Februar bis 14. Mai 1998 ein, in welchen rund S 106.000 an Lustbarkeitsabgabe erklärt wurden.

Mit Bescheid vom 29. April 1998 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde dem Horst L Lustbarkeitsabgabe für den Zeitraum 7. August bis 31. Dezember 1997 in Höhe von insgesamt rund S 290.000 vor.

Am 13. Juli 1998 stellte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde einen Rückstandsausweis u.a. über die Lustbarkeitsabgabe samt Nebenansprüchen für die Zeiträume 1. bis 18. Jänner 1998, 13. Februar bis 14. Mai 1998 und August bis 31. Dezember 1997 aus, worin der auf diese Abgaben entfallende Betrag mit rund S 242.000 ausgewiesen und der Rückstand als vollstreckbar erklärt wurde.

Mit Schreiben vom 10. Jänner 1999 stellte Horst L bei der mitbeteiligten Stadtgemeinde im Rahmen eines gegen ihn geführten Exekutionsverfahrens den Antrag auf Rückzahlung der von ihm entrichteten Lustbarkeitsabgabe von rund S 57.000. Er habe am 6. August 1998 S 70.000 entrichtet. Nachdem von dieser Zahlung ein Betrag von rund S 13.000 "auf die unbestrittene Getränkeabgabe zu buchen" sei, verbleibe "ein auf die Lustbarkeitsabgabe bezahlter Betrag" von rund S 57.000 der rückgefordert werde bzw. auf unbestrittene andere Abgaben umzubuchen sei.

Weiters stellte er im selben Schreiben den Antrag, die Vollstreckbarkeitsklausel des Rückstandsausweises sowie den Rückstandsausweis selbst aufzuheben und begründete dies damit, dass die Lustbarkeitsabgabeordnung der mitbeteiligten Stadtgemeinde dem Steiermärkischen Lustbarkeitsabgabegesetz widerspreche und das Steiermärkische Lustbarkeitsabgabegesetz verfassungswidrig sei. In eventu stellte Horst L die Anträge, mit Bescheid zu erkennen, dass der Abgabenanspruch erloschen sei.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 12. Februar 1999 wurde den Anträgen des Horst L auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsklausel des Rückstandsausweises bzw. des Rückstandsausweises selbst sowie auf Rückzahlung von rund S 57.000 mit der Begründung keine Folge gegeben, dass sich die vom Antragsteller vorgebrachten Einwendungen auf Abgabenrückstände bezögen, die mit den rechtskräftigen Bescheiden vom 9. März 1998 und 29. April 1998 vorgeschrieben bzw. durch richtige Abgabenerklärungen einbekannt worden seien. Im Vollstreckungsverfahren könnten nach § 12 AbgEO keine Einwendungen gegen den Entstehungsgrund des Exekutionstitels erhoben werden. Es bestehe auch kein rechtliches Interesse an der Erlassung eines Feststellungsbescheides.

Horst L erhob Berufung, in welcher er ergänzend vorbrachte, die vom Bürgermeister erwähnten Bescheide vom 9. März 1998 und 29. April 1998 seien ihm unbekannt geblieben. Die Abgaben seien daher nicht rechtswirksam vorgeschrieben worden.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 22. September 1999 wurde der Berufung keine Folge gegeben. Begründend wurde u.a. ausgeführt, Einwendungen im Vollstreckungsverfahren, die sich gegen das Leistungsgebot richteten, seien zurückzuweisen. Der Abgabepflichtige habe auf zwei Bescheide nicht reagiert, die daher in Rechtskraft erwachsen seien. Er habe in der Folge richtige Abgabenerklärungen gelegt und damit die bestehende Abgabenpflicht anerkannt. Er hätte sein Recht auf Berufung wahrnehmen bzw. Nullerklärungen abgeben können. Es bestehe daher kein rechtliches Interesse an der Erlassung eines Feststellungsbescheides.

Horst L erhob Vorstellung, in welcher er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholte.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Vorstellung des Horst L keine Folge gegeben. Im Wesentlichen führte die belangte Behörde aus, gegen Ansprüche im Zuge des Vollstreckungsverfahrens könnten nach § 12 Abs. 1 AbgEO Einwendungen seitens des Abgabepflichtigen nur insofern erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrundeliegenden Exekutionstitels eingetreten seien. Die Einwendungen des Horst L richteten sich jedoch gegen den Entstehungsgrund der Abgabenschuld, weshalb die Titelbehörde berechtigt und verpflichtet gewesen sei, diese Einwendungen bescheidmäßig zurückzuweisen.

Zum Vorbringen, wonach dem Rückstandsausweis keine "rechtswirksam vorgeschriebenen" Abgabenschuldigkeiten zugrunde gelegen seien, sei festzuhalten, dass der belangten Behörde sowohl die Abgabenbescheide als auch die Erklärung des Abgabepflichtigen über die Selbstbemessung vorlägen. Der Rückstandsausweis sei weder gesetzwidrig noch irrtümlich ausgestellt worden.

Zum Rückzahlungsantrag wurde ausgeführt, das Bestehen eines Guthabens sei weder behauptet worden, noch ergebe sich ein solches aus dem Verwaltungsakt.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 14. Juni 2000, B 66/00-3, ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt, die Abgabenbehörde verweigere willkürlich eine Entscheidung über die gestellten Anträge, indem sie auf diese inhaltlich nicht eingegangen sei und sie als unzulässig zurückgewiesen habe.

1. Antrag auf Aufhebung des Rückstandsausweises und dessen Vollstreckbarkeitsklausel

Der dem Vollstreckungsverfahren zugrunde liegende Anspruch ist ein abgabenrechtlicher Anspruch auf Leistung einer Gemeindeabgabe. Gemäß § 15 Abs. 3 Z 1 FAG 1997 sind die Gemeinden vorbehaltlich weitergehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung ermächtigt, durch Beschluss der Gemeindevertretung Lustbarkeitsabgaben (Vergnügungssteuern), die in Hundertteilen des Eintrittsgeldes erhoben werden, auszuschreiben. Gemäß § 1 Abs. 1 des Lustbarkeitsabgabegesetzes, LGBl für das Land Steiermark Nr 37/1950, sind die steiermärkischen Gemeinden ermächtigt, anlässlich von Lustbarkeitsveranstaltungen eine Abgabe (Lustbarkeitsabgabe) einzuheben. Gemäß § 22 leg. cit. idF LGBl. Nr. 121/1968 sind die in diesem Gesetz geregelten Angelegenheiten mit Ausnahme der Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens solche des eigenen Wirkungsbereichs. Gemäß § 2 Abs. 1 Abgabenexekutionsordnung (AbgEO) gelten ihre Bestimmungen sinngemäß auch in Angelegenheiten der von den Abgabenbehörden der Länder, der Gemeindeverbände und der Gemeinden zu erhebenden öffentlichen Abgaben, Beiträge und Nebenansprüche.

Die maßgebenden Bestimmungen der Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949, lauten auszugsweise wie folgt:

"§ 4. Als Exekutionstitel für die Vollstreckung von Abgabenansprüchen kommen die über Abgaben ausgestellten Rückstandsausweise in Betracht.

§ 12. (1) Gegen den Anspruch können im Zuge des finanzbehördlichen Vollstreckungsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind.

...

(3) Alle Einwendungen, die der Abgabenschuldner zur Zeit der Antragstellung vorzubringen imstande war, müssen bei sonstigem Ausschluss gleichzeitig geltend gemacht werden.

(4) Wenn den Einwendungen rechtskräftig stattgegeben wird, ist die Vollstreckung einzustellen.

§ 13. (1) Wenn der Abgabenschuldner bestreitet, dass die Vollstreckbarkeit eingetreten ist oder wenn er behauptet, dass das Finanzamt auf die Einleitung der Vollstreckung überhaupt oder für eine einstweilen noch nicht abgelaufene Frist verzichtet hat, so hat er seine bezüglichen Einwendungen beim Finanzamt (§ 12, Abs. (2)) geltend zu machen.

(2) Die Bestimmungen des § 12, Abs. (3) und (4), finden sinngemäß Anwendung."

§ 177 LAO idF LGBl. Nr. 34/1983 lautet:

"§ 177 Als Grundlage für die Einbringung ist über die vollstreckbar gewordenen Abgabenschuldigkeiten ein Rückstandsausweis auszufertigen. Dieser hat Namen und Anschrift des Abgabepflichtigen, den Betrag der Abgabenschuld, zergliedert nach Abgabenschuldigkeiten, und den Vermerk zu enthalten, dass die Abgabenschuld vollstreckbar geworden ist (Vollstreckbarkeitsklausel). Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel für das abgabenbehördliche und gerichtliche Vollstreckungsverfahren."

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Rückstandsausweis und dessen Vollstreckbarkeitsklausel mit einem Vorbringen zur - seiner Meinung nach - bestehenden Gesetzes- bzw. Verfassungswidrigkeit der Lustbarkeitsabgabenordnung der mitbeteiligten Stadtgemeinde. Dieses Vorbringen richtet sich gegen den Abgabenanspruch dem Grunde nach. Gemäß § 12 AbgEO können Einwendungen nur insofern erhoben werden, als sie sich auf den Anspruch aufhebende oder hemmende Tatsachen beziehen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind. Dies wird insbesondere dann zutreffen, wenn nach Ausstellung des Rückstandsausweises die Abgabenschuld zur Gänze oder zum Teil gestundet wurde. Soweit sich die vorgebrachten Einwendungen jedoch gegen den Entstehungsgrund der Abgabenschuld (Abgabenbescheid) richten, ist die Titelbehörde berechtigt und verpflichtet, diese Einwendungen bescheidmäßig zurückzuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 1994, 92/17/0129).

Der Beschwerdeführer hat nicht das Vorliegen von Tatsachen iSd § 12 AbgEO behauptet, die nach Ausstellung des Rückstandsausweises entstanden seien. Soweit der Vollstreckungsschuldner die Rechtswidrigkeit der Erhebung der Lustbarkeitsabgabe behauptete, hat er sich gegen den Entstehungsgrund der Abgabenschuld gewendet. Sein Einwand war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Im Beschwerdefall hat der Vollstreckungsschuldner Horst L im Rahmen seiner Berufung gegen die Zurückweisung seines Einwandes nach § 12 AbgEO vorgebracht, ihm seien die im Rückstandsausweis angeführten Abgabenbescheide vom 9. März 1998 und 29. April 1998 unbekannt geblieben. Mit diesem Vorbringen bestreitet er, dass die genannten Bescheide Rechtswirkungen entfaltet hätten und wendet sich damit gegen deren Vollstreckbarkeit. Derartige Einwendungen sind jedoch allenfalls in einem Verfahren nach § 13 AbgEO, nicht aber in einem Verfahren nach § 12 AbgEO zu prüfen.

Hinsichtlich der in der Beschwerde im Zusammenhang mit der Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z 11 der Lustbarkeitsabgabeordnung der mitbeteiligten Stadtgemeinde vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken wird auf das unter der hg. Zl. 2000/15/0148 ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tag, mit dem eine weitere Beschwerde desselben Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen wurde, verwiesen.

2. Antrag auf Rückzahlung des entrichteten Abgabenbetrages

Der Abgabepflichtige hat einen Antrag auf Rückzahlung eines Betrages in Höhe von rund S 57.000 gestellt, indem er vorbrachte, er habe am 6. August 1998 einen Betrag von S 70.000 entrichtet. Nachdem davon rund S 13.000 auf die Getränkesteuer zu buchen sei, verbleibe für Lustbarkeitsabgabe der Betrag von rund S 57.000. Mit diesem Vorbringen hat er nicht einmal dargetan, auf welchen Zeitraum die von ihm behauptete Zahlung an Lustbarkeitsabgabe entfallen würde und ob damit allenfalls ein Zeitraum betroffen wäre, für den noch keine Abgabenfestsetzung vorgenommen worden ist. Damit kam etwa eine Deutung des Antrages als solchen auf bescheidmäßige Festsetzung der Abgabe für einen bestimmten Zeitraum auch nicht in Betracht. Der Bürgermeister hat dem Rückzahlungsantrag weiters auch deswegen zu Recht nicht entsprochen, weil der Abgabepflichtige das Vorliegen eines Guthabens nicht behauptet hat und ein solches - nach der Aktenlage - auch nicht bestanden hat.

3. Antrag betreffend ein Erlöschen des Abgabenanspruchs

Der Abgabepflichtige erhob weiters "Einwendungen im Sinne ... des § 35 EO" und verband sie mit dem Antrag, "mit Bescheid zu erkennen, dass der Anspruch zu dessen Hereinbringung ... Exekution bewilligt worden ist, erloschen ist".

Dieser Antrag ist als solcher nach § 12 AbgEO zu deuten. § 12 Abg EO erlaubt nur Einwendungen gegen den Abgabenanspruch, die auf diesen aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind. Der Beschwerdeführer zeigte aber in seinem Antrag - wie oben schon dargestellt - das Vorliegen solcher Erlöschensgründe nicht auf.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr 333/2003.

Wien, am 23. November 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2000150147.X00

Im RIS seit

19.01.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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