RS OGH 2003/12/15 16Ok12/03, 16Ok5/04, 4Ob238/06p, 4Ob93/09v

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 15.12.2003
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Norm

ASVG §133
ASVG §338
KartG 1988 §5
KartG 1988 §34
KartG 1988 §35

Rechtssatz

Sozialversicherungsträger sind von der Regelung des Kartellgesetzes nicht grundsätzlich befreit; in den Ausnahmevorschriften des § 5 KartG wird nämlich ihr Wirkungsbereich nicht erwähnt. Im Verhältnis zu den ärztlichen und nichtärztlichen Anbietern von der Krankenbehandlung zuzuordnenden Leistungen handeln die Krankenversicherungsträger privatwirtschaftlich. Die Krankenkassen sind bei ihrer privatwirtschaftlichen Tätigkeit als Nachfrager von ärztlichen Leistungen, Heilmitteln und Heilbehelfen daher Unternehmer im Sinne des Kartellgesetzes.

Entscheidungstexte

  • 16 Ok 12/03
    Entscheidungstext OGH 15.12.2003 16 Ok 12/03
  • 16 Ok 5/04
    Entscheidungstext OGH 14.06.2004 16 Ok 5/04
    Abweichend; Beisatz: Abweichend: Im Hinblick auf das zwischenzeitig ergangene Urteil des EuGH vom 16.3.2004, Rs C-264/01, C-306/01, C-354/01 und C-355/01, welches die Unternehmereigenschaft deutscher Krankenkassen und Kassenverbänden, wenn sie Festbeträge im Sinne des § 35 SGB V festsetzen, verneint, ist auch die Unternehmereigenschaft österreichischer Krankenkassen, wenn sie auf Grund des Sachleistungsprinzips Verträge mit Leistungserbringern zu bestimmten Tarifen abschließt und hiebei eine "Deckelung" (Begrenzung der Anzahl der Leistungen) vorsieht, zu verneinen. (T1)
  • 4 Ob 238/06p
    Entscheidungstext OGH 19.12.2006 4 Ob 238/06p
    Abweichend; Beis wie T1; Beisatz: Sozialversicherungsträger entfalten eine Tätigkeit ohne Gewinnerzielungsabsicht, wenn sie zur Sicherstellung des gesetzlich vorgegebenen Sachleistungssystems mit den Leistungserbringern privatrechtliche Verträge abschließen. Insoweit verfolgen sie nach den Kriterien des EuGH einen rein sozialen Zweck und üben keine wirtschaftliche Tätigkeit aus. (T2)
  • 4 Ob 93/09v
    Entscheidungstext OGH 08.09.2009 4 Ob 93/09v
    Abweichend; Beisatz: Der Oberste Gerichtshof hat als Kartellobergericht im Lichte des Urteils des EuGH vom 16.3.2004, RsC-264/01, C-306/01, C-354/01 und C-355/01 - AOK Bundesverband/Ichthyol, mit ausführlicher Begründung ausgesprochen, dass Sozialversicherungsträger, wenn sie zur Sicherstellung des gesetzlich vorgegebenen Sachleistungssystems mit den Leistungserbringern privatrechtliche Verträge abschließen, eine Tätigkeit ohne Gewinnerzielungsabsicht entfalten, mit der sie zur Verwaltung des gesetzlichen Krankenversicherungssystems nach dem ASVG betraut ist und die auf dem Grundsatz der Solidarität beruht, der durch die Gestaltung der Finanzierung (risikounabhängige Beitragsbemessung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit) und die im Wesentlichen gesetzliche Bestimmung des Leistungsumfangs verwirklicht wird. Sie kommen damit einer gesetzlichen Pflicht nach, die vollständig zur Tätigkeit der Krankenkassen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung gehört. Insoweit verfolgen sie nach den Kriterien des EuGH einen rein sozialen Zweck und üben keine wirtschaftliche Tätigkeit aus. (T3); Beisatz: Dazu gehören auch Vorkehrungen, die auf dem Gebiet der Psychotherapie - bei fehlendem Gesamtvertrag - ein für besonders bedürftige Versicherungsnehmer verfügbares Angebot an Sachleistungen sicherstellen sollen. (T4)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:RS0118619

Zuletzt aktualisiert am

14.11.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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