TE Vwgh Erkenntnis 2005/2/17 2002/18/0183

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Veröffentlicht am 17.02.2005
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §104 Abs1 idF 2000/I/034;
PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litc;
PaßG 1992 §15 Abs1;
PaßG 1992 §19 Abs2;
StGB §34 Abs1 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über die Beschwerde des E in J, vertreten durch Hajek & Boss & Wagner, Rechtsanwälte OEG in 7000 Eisenstadt, Blumengasse 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 2. Juli 2002, Zl. III-8/02, betreffend Entziehung und Versagung eines Reisepasses und eines Personalausweises, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland (der belangten Behörde) vom 2. Juli 2002 wurde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 14 Abs. 1 Z. 3 lit. c, 15 Abs. 1 und 19 Abs. 2 des Passgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839, idF BGBl. Nr. 507/1995, (PassG) der Reisepass Nr. H 07860497 (ausgestellt am 19. November 2001, gültig bis 18. November 2011) entzogen und die Ausstellung eines Reisepasses versagt sowie der Personalausweis Nr. 5649240/3 (ausgestellt am 20. November 2001, gültig bis 19. November 2001 (2011)), entzogen und die Ausstellung eines Reispasses versagt.

Der Beschwerdeführer sei mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 20. Dezember 2001 wegen des Vergehens der Schlepperei gemäß § 104 Abs. 1 FrG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr, davon acht Monaten bedingt, verurteilt worden. Dieser Verurteilung sei zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer am 21. November 2001 vier jugoslawische Staatsangehörige in Ungarn zum Zug gebracht und seinen Komplizen Attila Peter mit der Schleppung beauftragt habe. Gerade bei Delikten wie der Schlepperei bestehe die Gefahr, dass diese wiederholt sowie im bewussten und gewollten arbeitsteiligen Zusammenwirken mit anderen Tätern begangen würden, um sich dadurch eine Einnahmequelle zu verschaffen. Darüber hinaus sei gegen den Beschwerdeführer nunmehr auch eine Voruntersuchung wegen des Verdachtes des Menschenhandels eingeleitet worden. Es sei die Annahme gerechtfertigt, dass der Beschwerdeführer seinen Reisepass oder Personalausweis dazu benützen wolle, um die rechtswidrige Ein- oder Ausreise von Fremden zu fördern.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach § 15 Abs. 1 PassG ist ein Reisepass, dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist, zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung der Ausstellung des Reisepasses rechtfertigen.

Gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. c PassG ist (u. a.) die Ausstellung eines Reisepasses zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Passwerber den Reisepass benützen will, um die rechtswidrige Ein- oder Ausreise eines Fremden zu fördern.

Nach § 19 Abs. 2 PassG sind auf die Entziehung von Personalausweisen die diesbezüglichen, die gewöhnlichen Reisepässe betreffenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes einschließlich der §§ 9 Abs. 7 und 15 Abs. 5 leg. cit. mit der Maßgabe anzuwenden, dass Entziehungsverfahren auf gültige Personalausweise beschränkt sind.

2.1. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 20. Dezember 2001 wegen des Vergehens der Schlepperei nach § 104 Abs. 1 FrG idF BGBl. I Nr. 34/2000 rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr, davon acht Monaten bedingt, verurteilt worden ist. Nach dieser Gesetzesstelle ist zu bestrafen, wer die rechtswidrige Einreise eines Fremden in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen Nachbarstaat Österreichs mit dem Vorsatz fördert, dass dies gegen einen nicht bloß geringfügigen Vermögensvorteil für ihn oder einen anderen geschieht (Schlepperei). An diese Verurteilung ist der Verwaltungsgerichtshof insoweit gebunden, als die materielle Rechtskraft des Schuldspruchs bewirkt, dass dadurch - vorbehaltlich einer allfälligen Wiederaufnahme des Strafverfahrens - mit absoluter Wirkung, somit gegenüber jedermann, bindend festgestellt ist, dass der Beschwerdeführer die strafbare Handlung entsprechend den konkreten Tatsachenfeststellungen des betreffenden Urteils rechtswidrig und schuldhaft begangen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2000, Zl. 2000/18/0133, mwN). Demnach hat der Beschwerdeführer am 21. November 2001 die rechtswidrige Einreise von Fremden nach Österreich und damit in einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union mit dem Vorsatz gefördert, dass dies gegen einen nicht bloß geringen Vermögensvorteil für ihn oder einen anderen geschehe. Nach den Feststellungen des erkennenden Gerichtes hat der Beschwerdeführer vier jugoslawische Staatsbürger in Ungarn zum Zug gebracht und seinen Mittäter Attila Peter mit der Schleppung der Fremden beauftragt. Das Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer habe die Durchführung der Schleppung "selbst strikt" abgelehnt und lediglich "die Information an den Attila Peter" weitergeben, vermag an dem bindend festgestellten Sachverhalt nichts zu ändern. Daher kann die Ansicht der belangten Behörde, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen würden, der Beschwerdeführer wolle seinen Reisepass oder Personalausweis benützen, um die rechtswidrige Ein- oder Ausreise eines Fremden zu fördern, nicht als rechtswidrig angesehen werden.

2.2. Mit seinem Vorbringen, die belangte Behörde habe sich weder mit dem Umstand, dass ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren nachgesehen worden sei, noch mit der "spezialpräventiven Wirkung der Verurteilung" auseinander gesetzt, verkennt der Beschwerdeführer, dass die Passbehörde die Frage des Vorliegens eines Grundes für die Entziehung bzw. Versagung eines Passes oder eines Personalausweises eigenständig zu beurteilen hat, ohne an die Erwägungen des Gerichtes bei der Entscheidung über die bedingte Nachsicht der verhängten Strafe gebunden zu sein (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 2000, Zl. 2000/18/0092). Eine etwaige "spezialpräventive Wirkung der Verurteilung" bietet außerdem keine Gewähr dafür, dass der Beschwerdeführer seinen Reisepass oder Personalausweis nicht in der angegebenen Weise missbrauchen wird.

2.3. Auch der Hinweis des Beschwerdeführers, sein Tatverhalten verwirkliche den Milderungsgrund nach § 34 Abs. 1 Z. 6 StGB, weil er an der Tatausführung nur in untergeordneter Weise als "Bestimmungstäter" beteiligt gewesen sei, ändert nichts an der Rechtfertigung der besagten Annahme, wozu noch kommt, dass das erkennende Gericht den genannten Milderungsgrund nicht angewendet hat.

2.4. Entgegen der Beschwerdeansicht kann auch eine erstmalige Verurteilung des Beschwerdeführers nach § 104 Abs. 1 FrG als bestimmte Tatsache gewertet werden, die die Annahme nach § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. c PassG rechtfertigt. Abgesehen davon ist der seit der besagten Straftat verstrichene Zeitraum zu kurz, um die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung im Zusammenhang mit dem Schlepperunwesen als weggefallen oder auch nur entscheidend gemindert anzusehen.

3. Da der angefochtene Bescheid bereits aus den angeführten Gründen unbedenklich ist, kann dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid auch auf die Tatsache stützen durfte, dass gegen den Beschwerdeführer eine Voruntersuchung wegen des Verdachtes des Menschenhandels eingeleitet worden ist, obwohl dem Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen in der Beschwerde keine Möglichkeit eingeräumt worden sei, sich zu dieser neuen Sachverhaltsannahme zu äußern.

4. Die unbegründete Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 17. Februar 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002180183.X00

Im RIS seit

24.03.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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