TE Vwgh Erkenntnis 2005/2/21 2004/11/0132

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Veröffentlicht am 21.02.2005
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;

Norm

ÄrzteG 1998 §113 Abs4;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2004/11/0145

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde 1) des Dr. X und

2) des Dr. Y, beide in R und vertreten durch attorneys at law leuprecht & zoller Rechtsanwälte GmbH in 6020 Innsbruck, Kaiserjägerstraße 30, gegen die Bescheide des Beschwerdeausschusses der Ärztekammer für Tirol vom 9. Oktober 2003, 1) Zl. 2/03 und 2) Zl. 1/03, betreffend Zurückweisung eines Rechtsmittels in Angelegenheit Beiträge zur Grundrente und Ergänzungsrente, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer sind schuldig, der Ärztekammer für Tirol Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den angefochtenen Bescheiden der belangten Behörde wurde die Berufung der Beschwerdeführer gegen das Schreiben der Ärztekammer für Tirol vom 16. Juli 2003 als unzulässig zurückgewiesen. In der Begründung ihrer Entscheidungen führte die belangte Behörde im Wesentlichen (gleichlautend) aus, die beiden Beschwerdeführer hätten mit Schreiben vom 30. August 2003 den Antrag gestellt, die Beiträge zur Grundrente und Ergänzungsrente für die Zeit vom 1. November 1998 bis 31. August 2002 zurückzuerstatten und bescheidmäßig festzustellen, dass in Hinkunft keine Beiträge zur Grundrente und Ergänzungsrente geleistet werden müssten. Auf diesen Antrag hin habe die Ärztekammer für Tirol mit Schreiben vom 2. Oktober 2002, unterfertigt vom Finanzreferenten und Präsidenten der Ärztekammer, reagiert und darin darauf hingewiesen, dass der Antrag zurückzuweisen sei. Mit Eingabe vom 4. November 2002 hätten die Beschwerdeführer hierauf um Ausfertigung eines Bescheides ersucht. In der Folge habe am 24. Juni 2003 in dieser Angelegenheit eine Besprechung "in der Ärztekammer für Tirol" stattgefunden. Mit Schreiben vom 16. Juli 2003 habe die Ärztekammer für Tirol dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf diese Besprechung nochmals kurz zusammengefasst die Rechtslage aus der Sicht der Ärztekammer für Tirol dargestellt. Das Schreiben der Ärztekammer für Tirol vom 16. Juli 2003 sei vom Kammeramtsdirektor unterfertigt worden. Die gegen dieses Schreiben gerichtete Berufung der Beschwerdeführer sei als unzulässig zurückzuweisen, weil das Schreiben vom 16. Juli 2003 nicht als Bescheid anzusehen sei. In Angelegenheiten der Pflichtbeiträge zum Wohlfahrtsfonds entscheide der Verwaltungsausschuss der Ärztekammer für Tirol, diese Entscheidungen seien vom Präsidenten und vom Finanzreferenten der Ärztekammer zu fertigen. Dem gegenüber sei das Schreiben der Ärztekammer vom 16. Juli 2003 lediglich eine Information über die gemeinsam durchgeführte Besprechung am 24. August (gemeint wohl: Juni) 2003, es sei nicht als Bescheid bezeichnet, habe keinen Inhalt, der als Bescheid gewertet werden könnte und es sei nur durch den Kammeramtsdirektor unterfertigt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide beantragen.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren strittige, an die beiden Beschwerdeführer gerichtete Schreiben vom 16. Juli 2003 hat folgenden Wortlaut:

"Ärztekammer für Tirol

Körperschaft des öffentlichen Rechts

Herrn Rechtsanwalt

Dr. Markus Zoller

Kaiser-Jäger-Str. 30

6020 Innsbruck ....

2003-07-16

Betrifft: Dr. X und Dr. Y (die Beschwerdeführer)

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Dr. Zoller!

Ich komme zurück auf unsere gemeinsame Besprechung am 24.06.2003 in obiger Angelegenheit und teile Ihnen dazu Folgendes mit:

1. Mit gemeinsamen Schreiben vom 28.05.2001 (Beilage 1) haben Dr. X und Dr. Y einen Befreiungsantrag von den Beiträgen zum Wohlfahrtsfonds gestellt. Daraufhin wurde mit Schreiben vom 18.06.2001 eine Bestätigung der Bayerischen Ärzteversorgung vorgelegt und wie aus einem Telefonprotokoll vom 12.06.2001 (Beilage 2) hervorgeht, die Refundierung der gesetz- und satzungsmäßig vorgesehenen 70 % der Beiträge beantragt. Der Verwaltungsausschuss der Ärztekammer für Tirol hat in seiner Sitzung am 03.07.2001 die rückwirkende Befreiung und Refundierung beschlossen und mit Bescheid vom 07.08.2001 festgestellt. (Als Beilage 3 wird der gesamte Bescheid beigelegt, von dem Ihnen bislang nur die Seite 1 vorlag.)

2. Dazu wird festgestellt, dass mit einer rückwirkenden Befreiung grundsätzlich die Refundierung im maximalen Ausmaß von 70 % verbunden ist. Diese Bestimmung ist sowohl im Ärztegesetz wie auch in den Satzungen des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Tirol normiert und gilt in gleichem Maße für österreichische Ärzte im Falle einer gänzlichen Befreiung und Rückerstattung der geleisteten Wohlfahrtsfondsbeiträge. Der Abschlag von 30 % muss als versicherungsmathematischer Beitrag betrachtet werden, zumal den Wohlfahrtsfonds in der Vergangenheit die Leistungsverpflichtung traf.

3. Aus all diesen Gründen geht die Ärztekammer für Tirol davon aus, dass sowohl die Befreiung als auch die Refundierung der geleisteten Beiträge zum Wohlfahrtsfonds ordnungsgemäß beantragt, beschlossen und bescheidmäßig erledigt wurden.

4. Eine Refundierung von mehr als 70 % der Beiträge wäre jedenfalls gesetz- und satzungswidrig und stellt dies den Höchstbetrag einer Refundierung an den Versicherten selbst dar, was in gleichem Maße für alle (auch österreichische) Ärzte gilt.

5. Eine Säumigkeit kann der Ärztekammer im gegenständlichen Fall keineswegs vorgeworfen werden, weshalb es auch keine Veranlassung gibt, einen neuerlichen Bescheid zu erlassen, zumal die Angelegenheit ordnungsgemäß und rechtskräftig erledigt ist.

Im Sinne unserer Besprechung im Kammeramt hoffe ich, dass damit die Angelegenheit erledigt ist und zeichne

mit vorzüglicher Hochachtung

für die Ärztekammer für Tirol

Der Kammeramtsdirektor:

..."

Dieses Schreiben ist weder ausdrücklich als Bescheid bezeichnet, noch ist es als solcher in Spruch und Begründung gegliedert. Es enthält keine Rechtsmittelbelehrung.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann auf die ausdrückliche Bezeichnung einer Erledigung als Bescheid nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinn auch aus der Form der Erledigung ergeben. Mangelt es an der für einen Bescheid vorgesehenen Form, muss deutlich erkennbar sein, dass die Behörde dennoch den Willen hatte, mit der Erledigung gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Erledigung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen. Bringt die sprachliche Gestaltung einen normativen Inhalt nicht zweifelsfrei zum Ausdruck, so liegt kein Bescheid vor (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 14. September 2004, Zl. 2002/11/0258, mit weiterem Hinweis).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht kein Zweifel, dass das Schreiben vom 16. Juli 2003 kein Bescheid ist. Das vom Kammeramtsdirektor, der nicht Mitglied des Verwaltungsausschusses ist (§ 113 Abs. 2 Ärztegesetz 1998 bzw. § 6 Abs. 1 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Tirol), für die Ärztekammer Tirol gefertigte Schreiben nimmt Bezug auf eine vorangegangene Besprechung und es wird ausdrücklich erklärt, dass "dazu Folgendes mitgeteilt ..."

werde. Auch nach seinem gesamten Inhalt ist das Schreiben als Mitteilung konzipiert, konkrete Rechtsnormen werden nicht genannt und es ist aus diesem Schreiben kein Hinweis erkennbar, eine Behörde - ob der Kammeramtsdirektor eine solche ist kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben - habe mit ihm einen normativ bindenden Akt setzen wollen.

Da gemäß § 113 Abs. 4 Ärztegesetz 1998 iVm. § 6 Abs. 7 der genannten Satzung den Betroffenen nur gegen Beschlüsse (= Bescheide) des Verwaltungsausschusses das Recht der Beschwerde zusteht, sodass eine rechtliche Grundlage, bloße Mitteilungen "der Ärztekammer" mit Beschwerde zu bekämpfen, nicht besteht, kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde die Beschwerden der Beschwerdeführer gegen das genannte Schreiben als unzulässig zurückgewiesen hat. Daher gehen auch die von den Beschwerdeführern im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausgeführten Einwände gegen den Inhalt dieses Schreibens ins Leere.

Die an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 21. Februar 2006

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Belehrungen Mitteilungen Bescheidcharakter Bescheidbegriff Formelle Erfordernisse Bescheidcharakter Bescheidbegriff Inhaltliche Erfordernisse Einhaltung der Formvorschriften

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004110132.X00

Im RIS seit

04.04.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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