TE OGH 1947/1/16 1Ob15/47

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Veröffentlicht am 16.01.1947
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Norm

Außerstreitgesetz §16
Verschollenheitsgesetz §11

Kopf

SZ 21/14

Spruch

Übereinstimmende Entscheidungen im Todeserklärungsverfahren können nur unter den Voraussetzungen des § 16 AußstrG. angefochten werden.

Entscheidung vom 16. Jänner 1947, 1 Ob 15/47.

I. Instanz: Bezirksgericht Wels; II. Instanz: Kreisgericht Wels.

Text

Der Oberste Gerichtshof hat den Revisionsrekurs gegen die gleichförmigen Beschlüsse die Untergerichte als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Begründung des Obersten Gerichtshofes:

Das Erstgericht hat mit dem Beschluß vom 3. Oktober 1946 auf Grund der durchgeführten Erhebungen festgestellt, daß Maria Sch. gleichzeitig mit ihrem Manne Josef Sch. verstorben ist. In der Begründung wird angeführt, daß aus den Angaben der vernommenen Zeugen hervorgeht, daß beide Ehegatten zur Zeit des Fliegerangriffes am 25. Dezember 1944 im Hause Wels, K.-gasse 1 waren, daß dieses Haus nur von einer einzigen Fliegerbombe getroffen wurde, welche offenbar in den Keller eindrang, dort explodierte und den Keller und den darüber befindlichen Teil des Hauses völlig zerstörte.

Die Leiche der Maria Sch., von der der Kopf fehlte, sei mit mehreren anderen Leichen im Keller gefunden worden, die Leiche des Josef Sch. im Vorhaus ebenerdig beim Kelleraufgang. Da beide Ehegatten in demselben Gebäudetrakt waren, der durch einen einzigen Bombentreffen zerstört wurde, könne im Hinblick auf die bekannten Wirkungen der abgeworfenen Fliegerbomben, die ihre vernichtende Gewalt in einem einzigen Moment ausüben, nicht bewiesen werden, daß Maria Sch. vor ihrem Ehemann verstorben sei. Es gelte demnach die Vermutung des § 11 des Verschollenheitsgesetzes vom 4. Juli 1939, DRGBl. I S. 1186.

Dem gegen diesen Beschluß von Berta B. und Josefine M. eingebrachten Rekurs hat das Rekursgericht keine Folge gegeben. Das Rekursgericht übernimmt die im Rekurs unangefochtenen tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichtes und erklärt weiters, daß das Vorbringen des Rekurses, daß kein Zweifel bestehen könne, daß Josef Sch. von der einstürzenden Stiege erschlagen wurde, zumal er nur Knochenbrüche aufwies und der Luftdruck, den die Explosion der Bombe zur Folge hatte, gar nicht in den Schankraum hatte dringen könne, als unentscheidend, da die gesetzliche Vermutung des § 11 des Verschollenheitsgesetzes dadurch keineswegs widerlegt werde. Es müßte vielmehr bewiesen werden, daß Josef Sch. seine Gattin, wenn auch nur einige Augenblicke, überlebt habe. Dieser Beweis sei aber bei der vorliegenden Sachlage, wo eine einzige Bombe das Unglück verursacht habe und Überlebende aus dem zerstörten Hause nicht vorhanden seien, überhaupt nicht zu erbringen. Die Behauptung des Rekurses, daß zeitlich der Einsturz des Hauses viel später erfolgen mußte als die Explosion der Bombe, die den Tod der Maria Sch. herbeiführte, sei nur eine Vermutung, für die konkrete Beweise nicht erbracht werden können. Es sei nicht von der Hand zu weisen, daß sowohl die im Keller verunglückten Personen als auch der im Vorhause beim Kelleraufgang getötete Josef Sch. im Augenblicke der Explosion den Tod fanden. Daß Josef Sch. erst durch den Einsturz der Stiege den Tod gefunden habe, sei auch nur eine Vermutung, zumal die Möglichkeit bestehe, daß die Stiege bei der Explosion sofort zum Einsturz kam. Die gleiche Begründung sei auch dem Vorbringen des Rekurses entgegenzusetzen, wonach nicht das gesamte Haus durch die Explosion der Bombe vernichtet wurde, sondern nur ein Teil, der den Kellerraum überragte.

Gegen diese Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Berta B. und der Josefine M., der den Antrag stellt, den Beschluß des Kreisgerichtes aufzuheben oder abzuändern und auszusprechen, daß Josef Sch. nach Maria Sch. verstorben sei.

Als Anfechtungsgrunde werden unrichtige rechtliche, tatsächliche und mangelhafte Würdigung des Sachverhaltes sowie Widerspruch geltend gemacht.

Das Todeserklärungsverfahren ist seinem Wesen nach kein streitiges Verfahren, in welchem einander widerstreitende Parteieninteressen zum Ausgleich zu bringen sind, es hat vielmehr die Gestaltung von Rechtsbeziehungen zum Ziele und gehört demnach zu den Angelegeheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Pfundtner - Neubert, Das neue Deutsche Reichsrecht, Ausgabe Österreich, II b 27, S. 2).

Für die Zulässigkeit des Revisionsrekurses kommt demnach § 16 des kaiserlichen Patentes vom 9. August 1854, RGBl. Nr. 208, zur Anwendung.

Da die Entscheidung des Erstgerichtes in diesem Verfahren von dem Gerichte II. Instanz bestätigt wurde, könnte ein weiterer Rekurs nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität eingebracht werden. Keiner dieser Anfechtungsgrunde wird im Rekurs behauptet und liegt auch keiner dieser Gründe bei der Überprüfung vor. § 11 des Verschollenheitsgesetzes fordert ausdrücklich den Beweis, daß von mehreren verstorbenen Personen die eine die andere überlebt hat. Einen solchen Beweis haben die Untergerichte auf Grund der durchgeführten Ehebungen nicht als erbracht angenommen und ihre Feststellungen auch ausführlich begrundet. Es stellt sich die Ausführung des Rekurses nur als eine unzulängliche Bekämpfung der Beweiswürdigung dar. Wenn der Rekurs den Untergerichten zum Vorwurfe macht, daß sie unterlassen haben, von Amts wegen einen Sachverständigen zu vernehmen, macht er damit eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend, was ebenfalls unzulässig ist.

Es war daher der Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen.

Anmerkung

Z21014

Schlagworte

Kommorienz, praesumptio iuris § 11 VerschollenheitsG., außerordentlicher, im Todeserklärungsverfahren, Todeserklärungsverfahren, außerordentlicher Revisionsrekurs, Vermutung der Gleichzeitigkeit von Todesfällen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1947:0010OB00015.47.0116.000

Dokumentnummer

JJT_19470116_OGH0002_0010OB00015_4700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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