TE OGH 1948/1/24 1Ob922/47

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Veröffentlicht am 24.01.1948
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Norm

ABGB §42
ABGB §179
ABGB §184

Kopf

SZ 21/58

Spruch

§ 179 ABGB. Die Adoption des eigenen Enkels ist unzulässig.

Entscheidung vom 24. Jänner 1948, 1 Ob 922/47.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen

Text

Der am 3. April 1946 geborene W. St., dessen Mutter, Valerie St., gestorben ist, befindet sich in Pflege des mütterlichen Großvaters

A. W.

Dieser will mit Zustimmung des ehelichen Kindesvaters W. St. sen. seinen Enkel adoptieren; er macht hiebei geltend, daß andere Nachkommen als der Enkel W. St. nicht mehr am Leben sind.

Die Untergerichte haben eine Bestätigung des Adoptionsvertrages unter Hinweis auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 10. April 1906, GlUNF. 3383, abgelehnt.

Der Oberste Gerichtshof wies den Revisionsrekurs als unzulässig zurück.

Rechtliche Beurteilung

Begründung:

Der Revisionsrekurs führt ins Treffen, daß nach der Rechtslehre auch Enkel und Urenkel als Kinder angenommen werden können, wenn hiedurch die vorhandenen Enkel nicht verkürzt werden.

Eine solche Verkürzung käme im vorliegenden Falle nicht in Frage, da weitere Nachkommen nicht vorhanden sind. Der Oberste Gerichtshof hält an seiner in der Entscheidung GlUNF. 3383 zum Ausdrucke gebrachten Rechtsansicht fest.

Den Ausführungen der Rechtslehrer, welche die Adoptierung eines Enkels dann für zulässig erachten, wenn andere Enkel dadurch nicht verkürzt werden, vermag der Oberste Gerichtshof sich aus folgenden Erwägungen nicht anzuschließen:

Unter Kindern werden gemäß § 42 ABGB. auch die Enkel verstanden.

Gilt § 42 ABGB. bei Auslegung der Vorschrift des § 179 ABGB., welcher Kindeslosigkeit des Adoptierenden fordert, so kann eine Person, die einen Enkel hat, überhaupt nicht adoptieren, denn es macht dann keinen Unterschied aus, ob der Nachkomme etwa ein Sohn oder ein Enkel ist.

Gilt aber § 42 ABGB. bei Auslegung des § 179 ABGB. nicht, das heißt, werden dort unter Kindern nur die Söhne und die Töchter verstanden, so muß der Enkel in diesem Belange einem fremden Kinde gleichgestellt werden und es besteht kein Grund zu irgendwelchen Einschränkungen etwa in dem Sinne, daß nur eine Enkel vorhanden sein darf oder daß andere Enkel nicht geschädigt werden dürfen

In diesem Falle könnte vielmehr trotz Vorhandenseins von Enkelkindern auch ein fremdes Kind adoptiert werden. Eine solche Folgerung wagen aber selbst die weitherzigsten Ausleger des § 179 ABGB. nicht zu ziehen und ein Teil der Rechtslehrer sucht den von der Revision gezeigten Ausweg, der aber erfordert, daß in widerspruchsvoller Weise der zu adoptierende Enkel nicht als Kind betrachtet und gleichzeitig die anderen noch vorhandenen Enkel Kindern gleichgestellt werden.

Zu einer solchen Vorgangsweise besteht keine Notwendigkeit, zumal die zwischen Großvater und Enkel bestehende Blutsverwandtschaft eine Adoptierung entbehrlich erscheinen läßt.

§ 184 ABGB. kann hier nicht herangezogen werden, denn er regelt nur den Inhalt des Adoptionsvertrages, nicht aber die Zulässigkeit der Adoption.

Anmerkung

Z21058

Schlagworte

Adoption des Enkels unzulässig, Annahme an Kindes Statt, bei eigenem Enkel unzulässig, Enkel kann nicht vom Großvater adoptiert werden, Kindesannahme, nicht Enkel durch Großvater

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1948:0010OB00922.47.0124.000

Dokumentnummer

JJT_19480124_OGH0002_0010OB00922_4700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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