TE OGH 1948/9/30 4Ob19/48

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Veröffentlicht am 30.09.1948
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Norm

Angestelltengesetz §23

Kopf

SZ 21/140

Spruch

Wird ein Angestelltenverhältnis, das nach Einführung der Tarifordnung A in Österreich (1. Oktober 1938) begrundet und das deren Bestimmungen unterstellt worden ist, durch Kündigung des Dienstgebers gelöst, so besteht kein Anspruch auf Abfertigung im Sinne des § 23 des Angestelltengesetzes.

Entscheidung vom 30. September 1948, 4 Ob 19/48.

I. Instanz: Arbeitsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtsachen Wien.

Text

Die Klägerin war vom 1. März 1943 bis 30. September 1947 bei der beklagten Partei auf Grund eines Dienstvertrages beschäftigt, wonach auf das Dienstverhältnis die Bestimmungen der allgemeinen Tarifordnung (ATO.) und der Tarifordnung A (TO. A.) Anwendung zu finden hatten. Die beklagte Partei löste das Dienstverhältnis durch Kündigung auf, lehnte es jedoch ab, der Klägerin die von ihr begehrte Abfertigung in der Höhe des zweifachen Monatsgehaltes zu bezahlen.

Das Arbeitsgericht hat die beklagte Partei zur Bezahlung der Abfertigung verhalten.

Das Berufungsgericht hat in Abänderung dieses Urteils das Klagebegehren abgewiesen.

Der Oberste Gerichtshof hat der Revision der Klägerin nicht Folge gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Begründung:

Während noch die Erste Verordnung über die Einführung soziarechtlicher Vorschriften im Land Österreich vom 26. März 1938, DRGBl. I S. 335, in Artikel IV eine Änderung der in Österreich bestandenen Arbeitsbedingungen zuungunsten der Arbeiter und Angestellten grundsätzlich verboten hat, hat bereits die Zweite Verordnung vom 9. Juli 1938, DRGBl. I S. 851, in Artikel V verfügt, daß in Tarifordnungen von den österreichischen Rechtsvorschriften, die vor dem 13. März 1938 in Ansehung der Arbeitsverhältnisse erlassen worden sind, abgewichen werden kann. Dieser Verordnung kam Gesetzeskraft zu, da sie - ebenso wie die Erste Verordnung - einerseits auf der Verordnung des Führers und Reichskanzlers zur Durchführung des Vierjahresplanes vom 18. Oktober 1936, DRGBl. I S. 887, und anderseits auf dem Ersten Erlaß über die Einführung deutscher Reichsgesetzes in Österreich vom 15. März 1938, DRGBl. I S. 247, sowie dem Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich vom 13. März 1938, DRGBl. I S. 237, beruht. Da die Tarifordnungen und die allgemeine Dienstordnung hiezu (ADO.) in Österreich mit dem 1. Oktober 1938 in Wirksamkeit traten, konnten die nach diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Dienstverträge ihnen unterstellt und österreichische Vorschriften, die mit ihnen nicht im Einklang standen, ausgeschaltet werden, selbst wenn sie in Gesetzen enthalten waren. Der von der Revision vertretenen Ansicht, daß von der oben erwähnten Zweiten Verordnung vom 9. Juli 1938 nur solche Tarifordnungen berührt werden konnten, die erst künftig erlassen würden, kann nicht beigepflichtet werden; es genügt vielmehr, daß die bis dahin in Deutschland in Geltung gestandenen Tarifordnungen nach dem Inkrafttreten der Verordnung vom 9. Juli 1938 in Österreich eingeführt worden sind. Die ATO. und TO. A. enthalten zwar keine Bestimmungen, die die Ansprüche des Angestellten nach der Kündigung betreffen, jedoch regelt die ADO. zu § 16 TO. A. den Anspruch auf das sogenannte Übergangsgeld. Während in den Dienstverträgen, die dem Angestelltengesetz unterliegen, der Anspruch des gekundigten Dienstnehmers auf eine Abfertigung unabdingbar ist, steht den Dienstnehmern, deren Dienstvertrag der TO. A. unterstellt ist, ein Rechtsanspruch auf das Übergangsgeld nicht zu. Aus Artikel V der Zweiten Verordnung vom 9. Juli 1938 folgt aber, wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, daß bei Dienstverträgen, die nach dem 1. Oktober 1938 in Österreich abgeschlossen und den Bestimmungen der TO. A. unterstellt worden sind, der Abfertigungsanspruch nach § 23 AngG. durch den Anspruch auf das Übergangsgeld ersetzt worden ist. Die auf einer Entscheidung des Reichsarbeitsgerichtes, der allerdings ein anders gelagerter Fall zugrunde gelegen war, beruhende Rechtsansicht des Arbeitsgerichtes, daß nur dann österreichische Vorschriften außer Kraft gesetzt werden konnten, wenn die neuen Bestimmungen für den Dienstnehmer günstiger waren, findet insbesondere in der mehrfach erwähnten Verordnung vom 9. Juli 1938 keine Stütze. Da der Dienstvertrag der Klägerin zu einer Zeit geschlossen worden ist, in der die TO. A. in Österreich eingeführt war, und da auf ihn die Bestimmungen der TO. A. Anwendung zu finden hatten,

Anmerkung

Z21140

Schlagworte

Abfertigung nach AngG. im Verhältnis zur Tarifordnung A, Allgemeine Dienstordnung (ADO.), Allgemeine Tarifordnung für Gefolgschaftsmitglieder im öffentlichen, Dienst (ATO.), Angestellte, Abfertigung nach AngG. im Verhältnis zur Tarifordnung A, Tarifordnung A für Gefolgschaftsmitglieder im öffentlichen Dienst (TO., A zur ATO.), Übergangsgeld nach Tarifordnung A

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1948:0040OB00019.48.0930.000

Dokumentnummer

JJT_19480930_OGH0002_0040OB00019_4800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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