TE OGH 1949/5/11 1Ob135/49

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Veröffentlicht am 11.05.1949
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Norm

EO §39
EO §251 Z1

Kopf

SZ 22/67

Spruch

§ 251 Z. 1 EO.: Ein Radioapparat ist nicht nach § 251 Z. 1 EO. der Exekution entzogen.

Entscheidung vom 11. Mai 1949, 1 Ob 135/49.

I. Instanz: Bezirksgericht Ried; II. Instanz: Kreisgericht Ried.

Text

Im Zuge einer Fahrnisexekution, die gegen den Verpflichteten zur Hereinbringung einer Unterhaltsforderung seines außerehelichen Kindes H. S. geführt wurde, ist ein Radioapparat Marke Horny Nr. 40 gepfändet worden, dessen Ausscheidung der Verpflichtete mit der Begründung verlangte, daß es sich um einen Gegenstand handle, der gemäß § 251 Z. 1 EO. der Exekution entzogen ist.

Das Erstgericht hat diesem Antrag stattgegeben und die Exekution hinsichtlich des Radioapparates gemäß § 39 Abs. 1 Z. 2 EO. eingestellt. In der Begründung verweist das Erstgericht darauf, daß sich seit Bestand des Rundfunks der Staat, die Länder und Gemeinden sowie sonstige öffentlich-rechtliche Körperschaften seiner zur Verlautbarung ihrer Gesetze, Verfügungen usw., die die Gesamtheit des Volkes betreffen, bedienen. Nach Ansicht des Gerichtes wäre es undenkbar, daß heute ein Betrieb auf dieses Nachrichtenmittel verzichten könnte. Aber auch jeder Staatsbürger habe das Recht, den Rundfunk in seinem unterhaltenden, belehrenden und aufklärenden Teil in Anspruch zu nehmen, wozu er sich eben eines Radioapparates bedienen müsse. Der Apparat gehöre daher zu jenen Gegenständen, die gemäß § 251 Z. 1 EO. der Exekution entzogen sind.

Das Rekursgericht hat dem gegen die Entscheidung gerichteten Rekurs der betreibenden Partei Folge gegeben und den angefochtenen Beschluß dahin abgeändert, daß der Antrag des Verpflichteten abgewiesen wird, weil auf Grund der gepflogenen Gendarmerieerhebungen feststehe, daß der Verpflichtete nicht Inhaber eines Betriebes, sondern nur Provisionsvertreter sei und daher den Radioapparat nur für seine Privatzwecke besitze. Ein Radioempfänger diene wohl zur Unterhaltung, Belehrung, Empfangnahme amtlicher Nachrichten usw., gehöre aber nicht zu den unentbehrlichen Hausgeräten, da ein geordneter Haushalt auch ohne ihn geführt werden könne.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Verpflichteten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

In der Frage, ob der Radioapparat gemäß § 251 Z. 1 EO. der Exekution entzogen ist, tritt der Oberste Gerichtshof der Rechtsansicht des Rekursgerichtes durchaus bei. Es ist nicht entscheidend, daß, wie das Erstgericht betont, jeder Staatsbürger das Recht hat, den Rundfunk in Anspruch zu nehmen, maßgebend ist vielmehr, ob ein Radioapparat zu den im § 251 Z. 1 EO. angeführten Gegenständen gehört. Hiebei muß davon ausgegangen werden, daß der Verpflichtete nach den Feststellungen des Rekursgerichtes, an die der Oberste Gerichtshof gebunden ist, keinen Betrieb führt, sondern den Radioapparat bloß für seine privaten Zwecke verwendet. Die Aufzählung im § 251 Z. 1 EO. läßt nun deutlich erkennen, daß es die Absicht des Gesetzgebers war, jene Gegenstände, die für die Person des Verpflichteten und seiner Familienangehörigen und Dienstleute unentbehrlich sind oder zur Fortführung des Haushaltes im gewöhnlichen Umfange gebraucht werden, von der Exekution auszunehmen. Es soll also dem Verpflichteten die Grundlage seiner physischen Existenz und, wie die sonstigen Bestimmungen des § 251 EO. zeigen, auch die Grundlage für die weitere Ausübung seines Berufes erhalten bleiben.

Ein Rundfunkgerät gehört gewiß nicht zu diesem Existenzminimum. Es ist zwar richtig, daß der nationalsozialistische Staat die Exekutionsfreiheit des Radioapparates anzuerkennen geneigt war, weil er in ihm ein geeignetes Mittel sah, die Bevölkerung stets unter dem Einflusse der offiziellen Propaganda zu halten, doch fallen solche Gesichtspunkte heute weg, so daß der Rundfunk, von wenigen Ausnahmen abgesehen, ausschließlich der Unterhaltung und Belehrung des einzelnen dient. Und selbst dort, wo der Staat oder sonstige öffentlich-rechtliche Körperschaften sich seiner bedienen, um irgendwelche Verlautbarungen möglichst rasch bekanntzumachen, kann niemals ein Rechtsnachteil für den einzelnen daraus entstehen, daß er die betreffende Nachricht nicht durch den Rundfunk entgegengenommen, sondern erst später, z. B. durch die Zeitung oder von dritter Seite, davon erfahren hat.

Da somit ein Rundfunkgerät weder für die Person des Verpflichteten unentbehrlich ist noch zur Führung seines Haushaltes gebraucht wird, ist die Ausscheidung dieses Gerätes und die Einstellung der Exekution hinsichtlich seiner - entgegen der bei Heller, "Exekutionsordnung 1949", Anm. 2 zu § 251 - geäußerten Ansicht nicht begrundet.

Anmerkung

Z22067

Schlagworte

Ausscheidung eines Radioapparates bei Fahrnisexekution, Einstellung der Exekution, nicht hinsichtlich Radioapparat, Exekutionseinstellung nicht hinsichtlich Radioapparat, Fahrnisexekution, Radioapparat, Mobiliarexekution, Radioapparat, Pfändung, Radioapparat, Radioapparat, Pfändbarkeit, Unpfändbarkeit, Radioapparat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1949:0010OB00135.49.0511.000

Dokumentnummer

JJT_19490511_OGH0002_0010OB00135_4900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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