TE OGH 1949/5/25 3Ob152/49

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Veröffentlicht am 25.05.1949
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Norm

ABGB §878
ABGB §986
ABGB §988
ABGB §992

Kopf

SZ 22/82

Spruch

Wirksamkeit von Wertsicherungsklauseln bei Darlehensverträgen.

Entscheidung vom 25. Mai 1949, 3 Ob 152/49.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Ehegatte der Erstklägerin und der Zweitkläger haben mit dem Vertrage vom 4. August 1932 dem Ehegatten der Beklagten ein Darlehen von 15.000 S gewährt und in diesem Vertrage vereinbart, daß das Darlehen mit 12% Zinsen jährlich zu verzinsen sei und daß die Zinsen halbjährlich im nachhinein entrichtet werden sollen. Ab 1. Jänner 1944 wurden die Zinsen einverständlich auf jährlich 5% herabgesetzt. In dem Darlehensvertrage wurde weiters vereinbart, daß die Zurückzahlung des Darlehens und die Zahlung der Zinsen in der jeweiligen österreichischen Landeswährung, jedoch mit jenem Betrage zu erfolgen habe, welcher dem Gegenwerte des Darlehens in Schweizer Franken, der am Tage der Darlehensgewährung mit 10.832 Schweizer Franken errechnet wurde, am Zahlungstage entspreche, wobei der Kurs der jeweiligen österreichischen Landeswährung gegenüber dem Schweizer Franken der Berechnung zugrunde gelegt werden solle. Die Forderung des verstorbenen Gatten der Erstklägerin ist im Erbwege auf die Erstklägerin übergegangen und hat die Beklagte als Erbin ihres verstorbenen Ehegatten seine Schulden übernommen. Die Kläger haben nun behauptet, daß die Beklagte mit der Zahlung der Darlehenszinsen ab 1. Dezember 1943, somit von neun Halbjahresraten, im Rückstande sei und daß die 5%ige Jahreszinsrate des Darlehens von 15.000 S unter Berücksichtigung des derzeitigen Mittelkurses der Österreichischen Nationalbank von 232.55 S für 100 Schweizer Franken, daher von dem umgerechneten Kapitalsbetrage von 25.189.81 S, rechnungsmäßig 1259.49 S betrage. Sie stellten das Klagsbegehren, die Beklagte zur Bezahlung der rückständigen Zinsen seit 1. Dezember 1943 im Betrage von 5667.70 S samt 4% Zinsen vom Klagstage an zu verurteilen.

Das Prozeßgericht ist bei seiner Entscheidung von der Annahme ausgegangen, daß die Kläger berechtigt seien, der Zinsenberechnung die im Darlehensvertrage vom 4. August 1932 vereinbarte Wertsicherungsklausel zugrundezulegen, und daß nach dieser Klausel die 5%igen Zinsen des Darlehens von 15.000 S, gleich 10.832 Schweizer Franken, unter Berücksichtigung des derzeitigen Kurses der Österreichischen Nationalbank für Schweizer Franken von 232.55 S für 100 Schweizer Franken von dem umgerechneten Kapitalsbetrage von 25.189.81 S jährlich mit 1259.49 S zu berechnen seien. Es stellte jedoch fest, daß die Beklagte die Zinsen bis 31. Dezember 1943 gezahlt habe und daher nur mit vier Jahresraten im Rückstande sei. Es verurteilte daher die Beklagte zur Zahlung der vierjährigen rückständigen Zinsen in der Höhe von 5037.36 S samt 4% Zinsen vom Klagstage und wies das Mehrbegehren ab.

Infolge Berufung der Beklagten änderte das Berufungsgericht dieses Urteil ab und verurteilte die Beklagte zur Zahlung der rückständigen 5%igen Zinsen vom Kapitalbetrage von 10.000 RM, das sind 10.000 S, für die Zeit vom 1. Jänner 1944 bis 31. Dezember 1947, somit zur Zahlung eines Betrages von 2000 S samt 4% Zinsen vom Klagstage und wies das Mehrbegehren ab.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Parteien Folge und stellte das Urteil des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die zwischen den Vertragsteilen vereinbarte Wertsicherungsklausel verstößt weder gegen das Gesetz noch gegen die guten Sitten. Schon nach den Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches kann der Darlehensgeber sich ausbedingen, daß er das Darlehen nach dem inneren Wert, den es zur Zeit der Darlehensgebung hatte, zurückerhalte (s. §§ 988 und 992 ABGB.). Die zwischen den Parteien vereinbarte Wertsicherungsklausel verstößt nicht gegen die guten Sitten, da sie nur den Zweck verfolgte, die Darlehensgeber vor einem Schaden zu bewahren, der sie infolge einer später eintretenden Entwertung der österreichischen Währung treffen könnte (s. E. v. 1. Dezember 1948, 1 Ob 390/48 (SZ. XXI/165)).

Allerdings hat sich der Gesetzgeber veranlaßt gesehen, gewisse Wertsicherungsklauseln, insbesondere Goldklauseln, im Interesse der Aufrechterhaltung der inländischen Währung in ihrer Wirkung durch gesetzliche Anordnungen zu beschränken oder zu beseitigen, so durch das GoldklauselG. vom 27. April 1937, BGBl. Nr. 130, die Verordnung vom 21. Juni 1939, DRGBl. I S. 1037, das Gesetz vom 30. April 1936, BGBl. Nr. 131, und die Verordnung vom 16. November 1940, DRGBl. I S. 1521. Diese Vorschriften finden aber auf den vorliegenden Fall keine Anwendung.

In der Revisionsbeantwortung wird die Ansicht vertreten, daß die Wertsicherungsklausel deshalb gegen die guten Sitten verstoße, weil ursprünglich eine 12%ige Verzinsung der Darlehensschuld, außerdem eine Überwälzung der von den Darlehensgebern zu zahlenden Steuern, Abgaben und der Rentensteuer auf den Schuldner sowie eine weitere Sicherung des Darlehens durch Wechsel und Konzessionsverpfändung ausbedungen worden sei. Überdies habe der Vertrag vom 4. August 1932 mehrere für die Schuldner drückende Bedingungen enthalten, so daß es den Gläubigern freistehe, die Frankenklausel oder eine andere ausländische Währung oder Sachwerte bei der Beurteilung des inneren Wertes des gewährten Darlehens heranzuziehen, daß sie berechtigt seien, von der getroffenen Wahl zurückzutreten und andere Modalitäten zu wählen und daß sie das Recht haben sollen, die vollwertige Rückzahlung zu verlangen, wenn auch durch Gesetze oder Verordnungen Zwangskurse eingeführt werden sollten. Diesen Ausführungen ist folgendes entgegenzuhalten: Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger lediglich die Bezahlung der rückständigen 5%igen Zinsen des Darlehensbetrages von 15.000 S, umgerechnet nach der im Vertrage vom 4. August 1932 vereinbarten, bereits oben angeführten Wertsicherungsklausel. Daß dieses Begehren nicht gegen die guten Sitten verstößt, wurde bereits dargetan. Ob die übrigen Nebenvereinbarungen in diesem Vertrage sittenwidrig sind oder nicht, ist in diesem Rechtsstreite nicht zu überprüfen, da die Kläger von der Beklagten keine Leistungen auf Grund dieser Nebenvereinbarungen begehren. Die in der Revisionsbeantwortung vertretene Ansicht, daß der ganze Vertrag vom 4. August 1932 oder zumindest die Wertsicherungsklausel ungültig sei, wenn auch nur einzelne Bestimmungen dieses Vertrages gegen die guten Sitten verstoßen, findet im Gesetze keine Grundlage. Nach Lehre und Rechtsprechung zieht eine gegen die guten Sitten verstoßende Nebenverabredung nur dann die Ungültigkeit des ganzen Vertrages nach sich, wenn sich diese Nebenabrede von den übrigen Vertragsbestimmungen inhaltlich nicht trennen läßt. Im vorliegenden Fall steht aber die Wertsicherungsklausel mit den von der Beklagten beanständeten Nebenverbindlichkeiten nicht in einem untrennbaren sachlichen Zusammenhang (s. Klang, Kommentar zu § 878 ABGB. und SZ. III/62).

Aus diesen Gründen war der Revision Folge zu geben und das Urteil des Prozeßgerichtes wiederherzustellen.

Anmerkung

Z22082

Schlagworte

Fremdwährungsklausel, Geld Valutaklauseln, Nichtigkeit von Nebenvereinbarungen, Valutaklauseln, Währung, Valutaklauseln, Wertsicherungsklauseln Valutaklauseln

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1949:0030OB00152.49.0525.000

Dokumentnummer

JJT_19490525_OGH0002_0030OB00152_4900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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