TE OGH 1949/10/5 3Ob247/49

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Veröffentlicht am 05.10.1949
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Norm

ABGB §1501
Fristengesetz §1
Fristengesetz §2

Kopf

SZ 22/147

Spruch

Die §§ 1 und 2 des Fristengesetzes beziehen sich auch auf die einredeweise Geltendmachung von Rechten.

Entscheidung vom 5. Oktober 1949, 3 Ob 247/49.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Klägerin als Eigentümerin einer Liegenschaft begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Einwilligung in die Einverleibung der Löschung des auf der erwähnten Liegenschaft zugunsten der Beklagten einverleibten Pfandrechtes für die Darlehensforderung im Betrage von 9765.92 Schilling Gold samt 8% Zinsen, 9% Verzugs- und Zinseszinsen und einer Nebengebührenkaution von 2000 Schilling Gold mit der Begründung, sie habe den ganzen am 1. März 1940 fällig gewordenen Darlehensbetrag samt Nebengebühren für drei Jahre durch gerichtlichen Erlag eines Betrages von 9459 S am 29. November 1947 bezahlt.

Das Prozeßgericht gab dem Klagebegehren statt. Es vertrat die Rechtsansicht, daß die Klägerin den ganzen Schuldbetrag samt Nebengebühren bezahlt habe, daß zwar die Zinsen für die ganze Zeit bis zum gerichtlichen Erlag gemäß den Bestimmungen der §§ 1 und 2 Abs. 1 des Fristengesetzes vom 2. Juli 1947, BGBl. Nr. 193, in der jetzt geltenden Fassung zu bezahlen gewesen wären, da die beklagte Partei wegen ihrer Zugehörigkeit zum Judentum am 19. Oktober 1941 nach Litzmannstadt verschleppt, somit an der gerichtlichen Geltendmachung ihrer Zinsenforderungen verhindert worden sei, daß aber die Beklagte eine Einwendung in dieser Richtung nicht erhoben habe und das Gericht gemäß § 1501 ABGB. von Amts wegen ohne Einwendung der Parteien auf die Verjährung keinen Bedacht zu nehmen habe, somit der erlegte Betrag die Schuldforderung der Beklagten samt Nebengebühren für drei Jahre erreiche.

Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren nicht Folge, wobei es feststellte, daß im Hinblick auf die Bestimmungen des § 2 des Fristengesetzes eine Verjährung überhaupt nicht eingetreten sei und die beklagte Partei eine Einrede der Verjährung gar nicht hätte erheben können. Die Beklagte habe geltend gemacht, daß eine Verjährung der Nebengebühren nicht eingetreten sei, indem sie behauptete, daß der Erlag der noch unberichtigten Schuld samt Nebengebühren nicht entspreche. Im Hinblick auf den mehr als dreijährigen Zinsrückstand sei daher die Schuld durch den gerichtlichen Erlag nicht zur Gänze berichtigt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin keine Folge.

Rechtliche Beurteilung

Entscheidungsgründe:

Der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wird lediglich dahin ausgeführt, daß sich das Fristengesetz nur auf solche Rechte beziehe, die durch Klage gerichtlich geltend gemacht werden, nicht aber auf Einreden. Durch das erwähnte Gesetz sollte lediglich dem Schuldner die Möglichkeit genommen werden, Einwendungen gemäß § 1501 ABGB. zu erheben.

Die Revision ist nicht begrundet. Die Bestimmungen des § 1 des Fristengesetzes, die auch im Falle des § 2 anzuwenden sind, unterscheiden zwischen der Beschreitung des Rechtsweges und der anderweitigen Geltendmachung von Rechten im gerichtlichen Verfahren; auf beide Arten von Ansprüchen sind die Bestimmungen des erwähnten Gesetzes anzuwenden. Sowohl nach dem Wortlaute als auch nach dem Sinne des Gesetzes kann es keinem Zweifel unterliegen, daß sich dieses Gesetz keineswegs nur auf die klageweise Geltendmachung von Rechten bezieht. Der Zweck dieses Gesetzes ist es vielmehr unter anderem, wie dies die Revision richtig hervorhebt, den Gläubiger dagegen zu schützen, daß der Schuldner sich unter dem Hinweis auf die eingetretene Verjährung einer Verpflichtung entzieht, die er hätte erfüllen müssen, wenn der Gläubiger nicht an der rechtzeitigen Geltendmachung seines Rechtes gehindert worden wäre. Es macht nun keinen Unterschied, ob der Gläubiger sein Recht auf die Zahlung von Zinsen dadurch geltend macht, daß er diese Zinsen einklagt, oder ob er der Löschungsklage die Einwendung entgegensetzt, daß er noch Zinsen zu erhalten habe, deren Verjährung durch das Fristengesetz unterbrochen ist. In beiden Fällen soll durch das Fristengesetz dem Gläubiger die Möglichkeit gegeben werden, trotz Ablaufes der Verjährungsfrist seinen Anspruch zu behalten. Das Fristengesetz hat somit auch dann Anwendung zu finden, wenn ein Recht nicht durch Klage, sondern durch Einrede geltend gemacht wird.

Anmerkung

Z22147

Schlagworte

Einrede Fristengesetz auch für einredeweise Geltendmachung von Rechten, Fristengesetz einredeweise Geltendmachung von Rechten, Fristengesetz Erweiterung der Pfandhaftung für verjährte Zinsen?, Pfandrecht Haftungserweiterung für verjährte Zinsen durch FristenG., Verjährung Fristengesetz auch für einredeweise Geltendmachung von, Rechten, Verjährung trotz Fristengesetz keine Erweiterung der Pfandhaftung für, verjährte Zinsen?, Zinsen Erweiterung der Pfandhaftung durch FristenG.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1949:0030OB00247.49.1005.000

Dokumentnummer

JJT_19491005_OGH0002_0030OB00247_4900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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