TE OGH 1949/10/18 2Ob255/49

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Veröffentlicht am 18.10.1949
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Norm

Mietengesetz §19 Abs1
Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz §15

Kopf

SZ 22/156

Spruch

Solange der Eigentümer eines bombenbeschädigten Hauses die Fondshilfe nach dem Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz beanspruchen kann, darf er ein aufrechtgebliebenes Bestandverhältnis nicht deshalb kundigen (§ 19 Abs. 1 MietG.), weil er mangels eigener Geldmittel einen Mieter aufnehmen müsse, der im Gegensatz zum gekundigten Mieter wirtschaftlich in der Lage sei, die Wiederherstellung der Wohnung durchzuführen.

Entscheidung vom 18. Oktober 1949, 2 Ob 255/49.

I. Instanz: Bezirksgericht Favoriten; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Der Eigentümer eines bombenbeschädigten Hauses hat vor dem Inkrafttreten des Wohnhaus-Wiederaufbaugesetzes den Mieter einer teilweise beschädigten Wohnung mit der Begründung gekundigt, daß ihm die Mittel zum vollständigen Wiederaufbau des Hauses fehlen und auch der Mieter über solche nicht verfüge, weshalb er einen Mieter suchen müsse, der die weiteren Wiederherstellungsarbeiten an der beschädigten Wohnung zu finanzieren in der Lage sei.

Das Prozeßgericht hat die Kündigung für unwirksam erklärt.

Das Berufungsgericht hat das Urteil des Prozeßgerichtes bestätigt.

Der Oberste Gerichtshof gab der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

In der Revision wird u. a. vorgebracht, daß es unzutreffend sei, es stunde der kundigenden Partei der Weg der Fondshilfe nach dem Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz für jene Wiederaufbauarbeiten offen, die sie nach dem Stichtag 1. Juni 1948 leisten würde. Denn nach den Bestimmungen § 15 Abs. 1 WWG. läge es im Ermessen der Verleihungsbehörde, wem sie finanzielle Hilfe gewähren wolle, was überdies im Hinblicke auf die relativ beschränkt zur Verfügung stehenden Mittel geringe Aussichten biete. Es sei daher die Meinung der Untergerichte, es könne sich die Rechtsmittelwerberin die Mittel zum Wiederaufbau auf Grund des Wohnhaus-Wiederaufbaugesetzes beschaffen, unzutreffend.

Diese Bemängelung hält einer Prüfung nicht stand. Nach dem Stande der Gesetzgebung steht der Schutz der Mieter im Vordergrund. Es müssen daher Umstände, welche diesen außer Kraft setzen sollen, mit aller Strenge geprüft werden. Gewiß könnte ein Umstand wie der vorliegende zu einer Kündigung führen; er setzt aber voraus, daß die kundigende Partei nichts unversucht gelassen hat, dieser Fondshilfe teilhaftig zu werden, die ihr das Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz für jene Wiederaufbauarbeiten zusichert, welche nach dem Stichtag 1. Juni 1948 geleistet werden sollen. Steht also der kundigenden Partei dieser Weg noch offen, kann sie nur dann eine Kündigung aus den von ihr angeführten Gründen erwirken, wenn sie dartut, daß sie mit ihrem Ansuchen um Gewährung der Fondshilfe abgelehnt oder ihr eröffnet wurde, daß sie noch eine Zeit zuwarten müsse, was mit der Gefahr einer Schädigung des begonnenen Wiederaufbaues infolge Unterlassung der weiteren Arbeiten verbunden wäre. Die Verweisung der kundigenden Partei auf diese Fondshilfe durch die Untergerichte war somit zutreffend.

Anmerkung

Z22156

Schlagworte

Baukostenbeitrag, Kündigung eines nicht zahlungskräftigen Mieters, Kriegsschäden als Kündigungsgrund, Einfluß des WWG., Kündigung wegen Kriegsschäden, Einfluß des WWG., Wiederaufbaukosten, Kündigung eines nicht zahlungskräftigen Mieters, Wohnhaus-Wiederaufbau, Kündigung eines nicht zahlungskräftigen Mieters

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1949:0020OB00255.49.1018.000

Dokumentnummer

JJT_19491018_OGH0002_0020OB00255_4900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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