TE OGH 1950/3/8 1Ob122/50

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Veröffentlicht am 08.03.1950
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Norm

EO §37
EO §42 Z5
Drittes Rückstellungsgesetz §1

Kopf

SZ 23/58

Spruch

Ein Recht im Sinne des § 37 EO. wird erst durch das rechtskräftige Erkenntnis der Rückstellungskommission, nicht schon durch das Einbringen eines Rückstellungsantrages begrundet.

Entscheidung vom 8. März 1950, 1 Ob 122/50.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt vom 25. Juli 1949, 47 C 510/48-10, wurde Hans A. schuldig erkannt, das Geschäftslokal in Wien VIII., A.-Straße 21, Tür Nr. 8, der beklagten Partei geräumt zu übergeben.

Auf Antrag der beklagten Partei wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt vom 2. Dezember 1949 dieser die zwangsweise Räumung des obgenannten Geschäftslokales bewilligt.

Zu 44 C 358/50 des Bezirksgerichtes Innere Stadt hat Johann E. gegen die beklagte Partei gemäß § 37 EO. die Widerspruchsklage erhoben, in der ausgeführt wird, daß ihm an dem in Exekution gezogenen Objekt, nämlich an dem Geschäftslokal, Rechte zustehen, die die Vornahme der bewilligten Exekution unzulässig machen.

Das Geschäftslokal und das Geschäftsunternehmen im obgenannten Hause stehe nicht im Eigentum der beklagten Partei, sondern im Eigentum des Klägers; die beklagte Partei habe dieses Unternehmen samt dem Lokal mit Vertrag vom 17. April 1938 arisiert und sei daher nach dem Dritten Rückstellungsgesetz zur Rückstellung verpflichtet. Das diesbezügliche Rückstellungsverfahren sei zu 50 Rk 410/49 bei der Rückstellungskommission beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien anhängig.

Gleichzeitig mit dieser Klage beantragte der Kläger die Aufschiebung der bewilligten Exekution gemäß § 42 Z. 5 EO., da er bei Durchführung der Räumung einen unwiderbringlichen Schaden erleiden würde.

Das Erstgericht hat die Aufschiebung der Exekution gegen Erlag einer Sicherheitsleistung von 1000 S bewilligt.

Infolge Rekurses der beklagten Partei hat das Rekursgericht den Aufschiebungsantrag abgewiesen. Das Rekursgericht stellte sich auf den Standpunkt, daß einerseits der vom Kläger behauptete Rückstellungsanspruch eine Forderung, sohin ein Vermögensrecht, sei, welches aber die Vornahme einer Räumungsexekution im Sinne des § 37 EO. nicht zulässig mache, und anderseits mangels eines rechtskräftigen Erkenntnisses der Rückstellungskommission der Kläger noch nicht Inhaber eines die Exekution ändernden Rechtes sei. Zufolge Aussichtslosigkeit des Klagebegehrens sei daher der Aufschiebungsantrag abzuweisen gewesen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Bei Entscheidung der gegenständlichen Frage sind die Bestimmungen des Nichtigkeitsgesetzes vom 15. Mai 1946, BGBl. Nr. 106, und des Dritten Rückstellungsgesetzes heranzuziehen, nach welchen gesetzlichen Bestimmungen jede Vermögensentziehung, die während der deutschen Besetzung Österreichs, sei es eigenmächtig, sei es auf Grund eines Gesetzes oder einer anderen Anordnung, insbesondere durch Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Machtergreifung erfolgte, nichtig und der geschädigte Eigentümer berechtigt ist, das entzogene Vermögen zurückzufordern. Diese Nichtigkeit des während der Besetzung Österreichs abgeschlossenen entgeltlichen oder unentgeltlichen Rechtsgeschäftes ist aber, wie sich aus dem Dritten Rückstellungsgesetz ergibt, keine absolute, sondern nur eine relative, d. h., daß die Nichtigkeit die Anfechtung des Rechtsgeschäftes oder der Rechtshandlung zur Voraussetzung hat.

Ist aber diese Anfechtung des Rechtsgeschäftes die Voraussetzung für dessen Nichtigkeit, dann folgt daraus, daß der geschädigte Eigentümer auf Grund seines Rückstellungsanspruches ein die Exekution unzulässig machendes Recht erst dann geltend machen kann, wenn durch ein rechtskräftiges Erkenntnis der Rückstellungskommission festgestellt wurde, daß das Rechtsgeschäft nichtig und infolge dieser Nichtigkeit das entzogene Vermögen zurückzustellen ist.

Da nach dem Vorbringen der klagenden Partei diese nur einen Rückstellungsantrag zu 50 Rk 410/49 bei der Rückstellungskommission beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien überreicht hat, aber ein Erkenntnis noch nicht gefällt wurde, daß der zwischen den Streitteilen abgeschlossene Vertrag vom 17. April 1938 nichtig ist, steht dem Kläger ein die Exekution unzulässig machendes Recht nicht zu, weshalb das Rekursgericht mit Recht mangels Aussichtslosigkeit der Klage den Antrag auf Aufschiebung der Exekution abgewiesen hat.

Dem Revisionsrekurs war daher aus diesen Erwägungen der Erfolg zu versagen, wobei es sich erübrigte, auf die Frage, ob der Rückstellungsanspruch dinglicher oder obligatorischer Natur ist, einzugehen.

Wenn der Kläger in seinem Revisionsrekurs auf den drohenden Schaden hinweist, der entstehen würde, wenn die Beklagte sich wieder in den Besitz des Lokales setzt, so muß dem Kläger diesbezüglich erwidert werden, daß dies im Wege einer Klage nach § 37 EO. nicht möglich ist und das Verwaltergesetz dem Kläger den Weg weist, den er einzuschlagen hat, um sich gegen diese von ihm behaupteten Gefahren zu schützen.

Anmerkung

Z23058

Schlagworte

Eigentümer, geschädigter, Exszindierungsklage, Exekution Exszindierungsklage wegen Rückstellungsanspruches, Exszindierungsklage wegen Rückstellungsanspruches, Geschädigter Eigentümer, Exszindierungsklage, Rückstellungsantrag kein Exszindierungsgrund

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1950:0010OB00122.5.0308.000

Dokumentnummer

JJT_19500308_OGH0002_0010OB00122_5000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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